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„Es geht nichts ohne Beziehungen“

Diese Woche fand die Gesamtösterreichische Tagung der SchulerhalterInnen und DirektorInnen Katholischer Mittelschulen statt. Dabei dreht sich alles um das Thema Beziehungen und wie stark ihr Einfluss auf den Lernerfolg ist.

 
20210310 Clemens"Nichts geht ohne Beziehung" sollte die Tagung der SchulerhalterInnen und DirektorInnen Katholischer Mittelschulen zeigen, zu der Clemens Paulovics einlud. (c) Felten

Clemens Paulovics, Bereichsleiter für Bildung und Ordensschulen der Ordensgemeinschaften, begrüßte die über Zoom zugeschalteten Teilnehmer*innen von der Freyung aus und brachte gleich seine Freude zum Ausdruck, dass die Tagung dieses Jahr überhaupt stattfinden konnte ­– 2020 fiel sie in die erste Woche des Corona-Lockdowns und wurde komplett abgesagt.

Das Thema der Tagung „Unterrichten ist Beziehung“ soll die Wichtigkeit von sozialer Interaktion und von Kommunikation auf Lehrer-Schüler-Ebene unterstreichen, erklärt Paulovics, warum man sich für dieses Thema entschieden hat. Dazu hat er zwei Experten eingeladen, die Inputs dazu geben. Ziel der Tagung war, dass die teilnehmenden Schulleiter*innen die Bedeutung von Beziehung innerhalb des Unterrichtsgeschehens zu reflektieren und noch mehr wertzuschätzen lernen.

Wirksam kommunzieren

 20210310 Rauchenwald

Der erste Referent, Werner Rauchenwald, führte in das Thema „Aktive Rollenführung und wirksam kommunizieren“ ein. Er leitet das Institut für Führungskompetenz und Motivation in Wien, das maßgeschneiderte Bildungs- und Qualifizierungsprogramme anbietet. Seine Kunden dabei sind u. a. Universitäten, Schulen, Akademien aber auch Ministerien, Alten- und Pflegeheime etc.

In seinem Vortrag, währenddessen er die Zuhörer*innen immer wieder zu aktiver Mitarbeit und Selbsterfahrung einlud, zeigte er, wie schwierig es ist, „im Dialog miteinander auf einen grünen Zweig zu kommen“, sich gegenseitig zu verstehen, gab umgekehrt aber Tipps, wie besser und „wirksamer kommuniziert werden kann“: fragen und aktiv zuhören.

„Schwerter der Kommunikation“

Rauchenwald: „Fragen sind Schwerter der Kommunikation, denn wer fragt, der führt.“ Umgekehrt: „Wer antwortet, hat die Verantwortung.“ Konkrete Fragen strukturieren ein Gespräch und erleichtern es, diesem zu folgen. Andererseits können hypothetische Fragen – wie etwa beim Coaching üblich – Denkprozesse auslösen, die bewusstseinsbildend sind.

Auch aktives Zuhören zählt zu den Instrumenten guter Kommunikation, „ist gar ihr Fundament“. Ohne aktiv zuzuhören hält man weder ein Gespräch am Laufen, noch versteht man den Sprecher richtig oder kann Fragen beantworten. Wichtig ist, seinem Gegenüber stets zu signalisieren, dass aktiv zugehört werde, sei es durch aktives Nachfragen oder durch Gesprächsnotizen.

„Voraktivierte Netzwerke“

In einer anschließenden Übung zeigte Rauchenwald, wie einfach es ist, einander in einem Gespräch „falsch zu verstehen“. Er benutzte dafür den Begriff „voraktivierte Netzwerke“: „Jeder von uns hört und spricht immer im eigenen ‚voraktivierten Netzwerk‘.“ Dieses Netzwerk speist sich aus der je eigenen Erfahrung und deswegen passiere es häufig, dass Menschen miteinander sprechen, aber einander doch nicht verstehen. Jeder habe ein eigenes Bild zu Begriffen und Wörtern, diese können, müssen sich aber nicht mit jenen vom Gesprächspartner treffen.

Die Übung bestand darin, dass alle Teilnehmer*innen ein anderes Wort für das Wort „Geld“ aufschreiben sollten. Später sollten in Kleingruppen diese Begriffe miteinander verglichen und so herausgefunden werden, wie oft von unterschiedlichen Personen die gleichen Begriffe verwendet werden. Das Ergebnis: erstaunlich selten.

Was können Schulleiter*innen daraus lernen? „Wenn man in einer Gruppe über ein Thema redet, ist die Chance sehr hoch, dass immer jemand dabei ist, der die Sache nicht oder anders versteht“.  Diese Fallstricke der Kommunikation sollten bei den Anwesenden immer im Hinterkopf bleiben.

IDA und ADOS

Im Anschluss an Rauchenwald schaltete sich die Leiterin des Interdiözesanen Amtes (IDA), Andrea Pinz, zu, um aktuelle Informationen zu besprechen. Sie brachte auch ihre Wertschätzung angesichts der großartigen Leistungen der Direktor*innen und Lehrer*innen an den Schulen während der Corona-Pandemie zum Ausdruck, Clemens Paulovics schloss sich im Namen der Ordensgemeinschaften an und sprach im Schlusswort allen Teilnehmer*innen noch besondere Mutworte für das kommende Jahr zu.

Zuvor bekamen die beiden Vertreterinnen der ADOS – Maria Gabriela Kopetzky und Hedwig Hartmann – die Möglichkeit, ADOS ((Arbeitsgemeinschaft der Direktor*innen an Ordensschulen) und ihre Arbeit dort kurz vorzustellen.

Unterrichten ist Beziehungssache

Prof. Michael Felten forscht und referierte zum Thema Lehrer-Schüler-Beziehung und ihre Auswirkung auf den Lernerfolg.

Prof. Michael Felten forscht und referierte zum Thema Lehrer-Schüler-Beziehung und ihre Auswirkung auf den Lernerfolg. (c) www.eltern-lehrer-fragen.de/

Am nächsten Tag referierte Prof. Michael Felten über die Beziehungsebene an den Schulen, in den Klassen. Michael Felten war mehr als 36 Jahre lang Lehrer und hat währenddessen zur Lehrer-Schüler-Beziehung geforscht. Seine Praxis und konstante Weiterbildung zu dem Thema gibt er in Büchern und Vorträgen weiter.

„Kommunikation an den Schulen hat sich seit Beginn von Grund auf verändert und gerade im letzten Jahr durch Corona und Home-Schooling nochmals einen ordentlichen Schub erhalten“, beginnt er den Nachmittag. Ein Unterricht über Zoom habe einige Nachteile – so vieles, wie der Lernerfolg, die Stimmung der Schüler*innen, etc. sei schwerer einzuschätzen, zudem fehle der direkte Blickkontakt. Aber „eine ganz positive Entwicklung dabei ist, dass der Beruf des Lehrers wieder mehr Hochachtung bekommen hat. Eltern haben gesehen, dass es gar nicht so einfach ist, zu unterrichten. Dass das eigentlich ganz schön viel Arbeit ist und nicht jeder tun kann.“

Und Corona habe auch gezeigt, was schon einige Studien haben vermuten lassen: Die direkte, persönliche Beziehung an Schulen ist ein Schlüssel zum Lernerfolg. „Schade, dass dieser Faktor oft sehr stiefmütterlich behandelt wird und in Schulentwicklungskonzepten gänzlich fehlt“.

Eine gute Lehrer-Schüler-Beziehung wirkt sich positiv auf den Lernerfolg aus. (c) Felten

Eine gute Lehrer-Schüler-Beziehung wirkt sich positiv auf den Lernerfolg aus. (c) Felten

Wie wichtig Beziehungen sind, zeige etwa die 2013 veröffentlichte, immer noch in Weiterbearbeitung stehende Hattie-Studie: Lehrpersonen seien nach wie vor entscheidend im Unterricht und für den Lernerfolg. Viele freie Lernkonzepte, bei denen Schüler*innen sich Themen selbst erarbeiten, Videos dazu ansehen, seien in ihrem Lerneffekt überbewertet. Außerdem zeigt die Studie, dass sich der Effekt von stark angeleitetem Unterricht immer noch nachweisen lässt. „Schulen bemühen sich oft, moderne Methodik und Infrastruktur bereitzustellen aber in Wirklichkeit braucht es nur gute Lehrer, es steht und fällt mit der falschen Lehrperson.“ Dazu haben auch die Peers – die Mitschüler*innen –einen enormen Einfluss auf den Lerneffekt. „Man sieht, es geht einfach nicht ohne Beziehungen.“

Schulleitung hat wichtige Rolle

Diese Beziehungsebenen können ganz aktiv von der Schulleitung im Lehrkörper gefördert werden, wobei die eingangs erwähnte Teilnahme der Direktor*innen an der Unterrichtsentwicklung den größten Effekt hätte. 

Aber auch Lehrer*innen können in der Klasse mit den Schüler*innen direkt an einer besseren Beziehung arbeiten: Es helfe etwa, eine „Unwissenheitsempathie“ zu schulen – sich immer in die Schüler*innen, die weniger können oder sich weniger zutrauen ­– hineinzuversetzen. Und ganz wichtig, das habe er auch selber als Lehrer erlebt und auch etabliert, sei eine Feedbackkultur „seitens des Lehrers, aber auch der Schüler“.

Es habe sich gezeigt, so Felten, dass eine gute Lehrer-Schüler-Beziehung maßgeblich zum Lernerfolg beiträgt und es sich für alle Beteiligten auszahlt, darin zu investieren.  

 [elisabeth mayr]

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