Jahrestagung der ARGE Ordensarchive 2021, Tag 2 & 3: Vielfältige Archivlandschaft
Tag 2: Fokus auf der "Archiv-Szene" in Salzburg
Enge Kooperation zwischen den drei Salzburger Archiven als Vorbild für ähnliche Projekte war das Thema von Peter F. Kramml. (c) Erstellung der Powerpoint-Präsentation: Kramml, Screenshot: OG
Stärkere Vernetzung bringt Vorteile
Zur verstärkten Vernetzung untereinander und über die eigenen kirchlichen Grenzen hinaus hat der Salzburger Erzabt Korbinian Birnbacher die Verantwortlichen der heimischen Ordensarchive aufgerufen. Der Vorsitzende der Österreichischen Ordenskonferenz äußerte sich am zweiten Tag der Jahrestagung der ARGE Ordensarchive Österreich, die online abgehalten wurde.
Ein positives Beispiel einer solchen Vernetzung über den kirchlichen Bereich hinaus präsentierte Peter Kramml vom Stadtarchiv Salzburg. Sein Vortrag stand unter dem Generalthema "Gelebte regionale Archiv-Kooperation in Salzburg". Kramml hob dabei u. a. die drei großen Salzburger Archive - das Landesarchiv, das Archiv der Erzdiözese Salzburg, und das Stadtarchiv Salzburg - hervor. Zwischen den drei Institutionen gebe es seit vielen Jahren Kooperationen auf vielfältige Weise. Man stimme sich bei Projekten wie auch Erwerbungen ab und finanziere u.a. auch gemeinsame Forschungsaufträge. Gemeinsam Publikationen seien ebenfalls Normalität.
Neben den drei großen Archiven gebe es in Salzburg freilich noch viele weitere Archive, so Kramml, der u. a. auf kirchlicher Seite jenes der Erzabtei St. Peter, der Benediktinerabtei Michaelbeuern und des Benediktinerinnenstifts Nonnberg erwähnte.
Die Präsenz der Archive in der Öffentlichkeit habe sich in den vergangenen Jahren wesentlich verbessert, zeigte sich der Stadtarchivar zufrieden. Das sei freilich zum einen auch eine Bringschuld der Archive, mit der zunehmenden Digitalisierung aber auch einfacher. Zudem sei die Expertise der Archivarinnen und Archivare immer mehr gefragt. "Wir positionieren uns als moderne Dienstleister", brachte es Kramml auf den Punkt.
Er wies in diesem Zusammenhang auf ein aktuelles Projekt in der Stadt Salzburg hin: Die Straßenbenennungen nach NS-belasteten Personen würden seit 2015 von einem Fachbeirat wissenschaftlich aufgearbeitet; u. a. mit der Textierung von Erläuterungstafeln für sämtliche personenbezogene Verkehrsflächen. Dabei spiele auch das Stadtarchiv eine wichtige Rolle.
Ostkirchenforschung in Salzburg
Der Ostkirchenexperte Prof. Dietmar Winkler referierte über die Ostkirchenforschung der Benediktiner. (c) Erstellung der Powerpoint-Präsentation: Winkler, Screenshot: OG
Ein Stück universitärer und kirchlicher Zeitgeschichte vermittelte der Salzburger Ostkirchenexperte Prof. Dietmar Winkler in seinen Ausführungen. Er referierte über die Benediktiner und deren Ostkirchenforschung im Kontext der Wiedererrichtung der Salzburger Universität nach 1945.
Unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden Pläne aufgegriffen, in Salzburg eine katholische Universität zu gründen. Dabei sollte auch die Ostkirchenforschung eine wichtige Rolle spielen. Und dabei wiederum war den Benediktinern eine wesentliche Rolle zugedacht. Ostkirchenforschung sei im deutschsprachigen benediktinischen Umfeld keineswegs fremd gewesen und es sei auch in keiner Weise abwegig erschienen, dass nun auch für die zukünftige Salzburger Universität von Anfang an Ostkirchenforschung mit eingeplant war, erläuterte Winkler; nicht nur, aber auch im Blick auf die Salzburger Bendiktinererzabtei St. Peter. Der Salzburger Erzbischof Andreas Rohracher sei ebenfalls ein engagierter Verfechter dieser Ausrichtung gen Osten gewesen.
Es dürfe zudem nicht vergessen werden, so Prof. Winkler, dass Salzburg mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs zur amerikanisch besetzten Zone gehörte und Zufluchtsort für Flüchtlinge aus dem Osten war. U.a. lebten an die fünftausend Russen in der Stadt und ihren Lagern, ebenso einige tausend Flüchtlinge aus der Ukraine. Winkler: "Bei der Reorganisation der katholischen Seelsorge in Salzburg war die Begegnung mit den Ostkirchen, vor allem des byzantinischen Ritus, eine Realität. Für die geplante zukünftige Ostkirchenforschung an einer Salzburger Universität war also durchaus ein praktisches Umfeld in Salzburg gegeben."
Spätestens Ende der 1950er-Jahre sei aber klar gewesen, dass aus finanziellen Gründen eine Universität im traditionellen Sinne nicht umsetzbar sei. Dafür gab es aber Pläne für eine "Forschungsuniversität". Diese wurde schließlich im Jahr 1961 mit dem "Internationale Forschungszentrum" auf dem Mönchsberg realisiert. Erster Präsident war der Benediktiner und Ostkirchenexperte P. Thomas Michels. Von den anfangs sieben Instituten am IFZ war eines das "Ostinstitut". Dieses hatte für einige Jahre zwei Abteilungen, eine für den christlichen Osten und eine für den nichtchristlichen. Die zweite Abteilung bestand aber nur für einige Jahre.
Mit 1. Oktober 2013 wurde das IFZ in die 1962 gegründete staatliche Universität Salzburg übergeleitet und dort als ZECO - "Zentrum zur Erforschung des Christlichen Ostens" - errichtet.
Mit einer virtuellen Exkursion durch die Salzburger Altstadt, darunter einer Präsentation über die Festung Hohensalzburg durch Jutta Baumgartner, und dem persönlichen Austausch der rund 60 Tagungsteilnehmer endete der zweite Tag der Archivtagung.
Tag 3: Vielfältige kirchliche Archivlandschaft
Auch am dritten Tag verfolgten wieder mehr als 60 Teilnehmende online die Vortäge. (c) OG
Die vielfältige kirchliche Archivstruktur in Österreich (und Deutschland) sowie neue Möglichkeiten der Kooperation standen im Mittelpunkt des dritten Tages der Jahrestagung der ARGE Ordensarchive Österreichs am Mittwoch, 14. April. So gibt es in Österreich neben den neun Diözesanarchiven auch die Archive der 192 Ordensgemeinschaften, letztere freilich von höchst unterschiedlicher Größe. Von besonderer Bedeutung sind dabei aber die Archive der heimischen Stifte, die umfangreiche Bestände beinhalten, die bis ins Mittelalter zurückgehen.
Kooperation zwischen Orden und Diözesen
Bunte Archivlandschaft in Österreich: Die zwei österreichischen Kirchenprovinzen beherbergen neun Diözesanarchive sowie die Archive von 192 Ordensgemeinschaften. (c) Erstellung der Powerpoint-Präsentation: Gigler, Screenshot: OG
Christine Gigler vom Archiv der Erzdiözese Salzburg plädierte in ihren Ausführungen für eine noch stärkere Kooperation zwischen Diözesan- und Ordensarchiven. Wobei man freilich nicht bei Null anfange. Sie verwies u. a. auf die gemeinsamen Tagungen der "ARGE Diözesanarchive Österreichs" mit der "ARGE Ordensarchive Österreichs". Auch im Rahmen einer kirchlichen Fachgruppe innerhalb des "Verbandes Österreichischer Archivarinnen und Archivare" gebe es eine strukturierte Zusammenarbeit.
Eine besondere Dringlichkeit zur Kooperation ortete die Expertin im Bereich der Digitalisierung. Diese sei vor allem von kleinen Archiven nicht alleine zu bewältigen. Möglich wären Verbünde von größeren mit kleineren Archiven oder auch eine Kooperation von mehreren kleineren Einheiten. Auf jeden Fall bestehe Handlungsbedarf.
So sieht die aktuelle Zusammenarbeit zwischen den Archiven aus. (c) Erstellung der Powerpoint-Präsentation: Gigler, Screenshot: OG
Auch im Bereich des Know-How-Transfers und der Öffentlichkeitsarbeit ortete Gigler noch Potenzial für mehr Zusammenarbeit. Ein Beispiel wäre ein gemeinsamer Internetauftritt der"ARGE Diözesanarchive" und der "ARGE Ordensarchive", regte sie mit Blick auf Deutschland an.
Missbrauchskrise ist auch eine Archivkrise
Über die Archivsituation in Deutschland berichtete Thomas Scharf-Wrede von der Bundeskonferenz der kirchlichen Archive Deutschlands. In dieser Bundeskonferenz sind auch die Ordensarchive vertreten. Auch Scharf-Wrede sprach von der großen Herausforderung der Digitalisierung, ein arbeits- wie auch kostenintensives Aufgabenfeld, so der Experte. Und das angesichts rückläufiger Kennzahlen (z.B. Mitgliederzahlen, Gottesdienstbesucher, Sakramentenspendungen) im Bereich der katholischen Kirche bzw. auch der Mitgliederzahlen der Orden. Ein gutes Digitalangebot der Archive sei aber eminent wichtig sowohl für das wissenschaftliche Arbeiten wie auch eine positive Öffentlichkeitsarbeit.
Wie wichtig eine gute Schriftgutverwaltung ist, werde leider am negativen Beispiel der Missbrauchskrise deutlich, so Scharf-Wrede weiter. Im Zuge der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle von den 1950er-Jahren bis in die Gegenwart sei deutlich geworden, dass viele Akten und Unterlagen nur sehr schlecht geführt bzw. archiviert worden waren. Hier seien Korrekturen dringend notwendig; gerade im Blick auf Personalakten von Klerikern und weiteren Kirchenmitarbeitern müssten unverfälschte und vollständige Dokumentation unbedingt zur Pflicht werden, forderte Scharf-Wrede.
Über die ARGE Ordensarchive
Die Jahrestagung der ARGE Ordensarchive Österreichs fand von Montag, 12. April bis Mittwoch, 14. April statt. Rund 60 Verantwortliche aus Ordensarchiven in Österreich und darüber hinaus nahmen an der Online-Tagung teil. Die ARGE der Ordensarchive Österreichs wurde am 11. Mai 2004 bei der 2. österreichischen Ordensarchivtagung in Salzburg gegründet. Vorsitzender ist zurzeit Dr. Gerald Hirtner, Archivar der Erzabtei St. Peter in Salzburg. Die ARGE Ordensarchive ist im Bereich Kultur und Dokumenation der Österreichischen Ordensgemeinschaften angesiedelt, der von Karin Mayer geleitet wird. Die ARGE arbeitet eng mit der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ordensarchive (AGOA) zusammen.
Quelle: Kathpress
[Elisabeth Mayr, Medienbüro der Ordensgemeinschaften Österreich]
Zum Weiterlesen: Jahrestagung der ARGE Ordensarchive Tag 1: Corona und kein Stillstand