Kirchenpädagogik-Tagung: Akzente für die Kulturhauptstadt Europas 2024
Natur und Kultur im Einklang: Die Tagungsteilnehmer:innen nützten das schöne Wetter für ein gemeinsames Morgenlob am Traunsee. (c) Teresa Kaineder
Die Tagung, die am 21. und 22. April 2023 dem Anlass entsprechend im Salzkammergut stattfand, wurde vom Bereich Kultur und Dokumentation (ARGE Kirchenpädagogik) der Österreichischen Ordenskonferenz in Kooperation mit der Diözese Linz, die kirchliche Projekte und Initiativen rund um „Salzkammergut 2024“ setzen möchte, durchgeführt. Karin Mayer, Leiterin des Bereichs Kultur und Dokumentation der Österreichischen Ordenskonferenz, betont: „Es geht darum, Kirchenräume und Kulturbetriebe enger zusammenzubringen und Menschen dafür zu begeistern, ihre Kirchen zu öffnen und der Öffentlichkeit zu zeigen.“ Teresa Kaineder, die engagierte Leiterin des diözesanen Projekts, ergänzt: „Vor allem im Hinblick auf das Interesse, das 2024 europaweit an der Region Salzkammergut herrschen wird, wollen wir bewusst machen, dass in Kirchenführungen eine besondere Chance liegt, vor allem, wenn sie mehr als ein Rezitieren von Zahlen, Namen und Begriffen sind!“
Das Interesse war entsprechend groß – unter den mehr als 40 Teilnehmenden befanden sich u.a. Tourismusverantwortliche, Kirchenführer:innen und Religionslehrer:innen. Sie alle fanden sich am 21. April im Karmelitinnenkloster Gmunden ein, um sich wichtige Impulse zu holen, neue Methoden zu entdecken und interessante Kontakte zu knüpfen.
Mensch und Kirchenraum in Beziehung bringen
Nach der Begrüßung durch Karin Mayer und einer kurzen Einführung zur Spiritualität des Veranstaltungsortes widmete sich Sr. Ruth Pucher MC dem spannenden Thema „Kirche entdecken – Anliegen der Kirchenpädagogik“. Aufgrund des strahlenden Wetters fand dieser Programmpunkt kurzerhand im Klostergarten des Karmelitinnenklosters statt. Die Leiterin der ARGE Kirchenpädagogik der Österreichischen Ordenskonferenz appellierte in ihrem Vortrag voller Leidenschaft: „Bringen Sie Mensch und Kirchenraum in Beziehung!“ Welche Möglichkeiten es dazu gibt, erläuterte sie anhand von acht Thesen, die der Bundesverband für Kirchenpädagogik in Deutschland dazu erarbeitet hat und seit vielen Jahren erfolgreich in der Vermittlungsarbeit anwendet. Alle Punkte laufen darauf hinaus, dass der Sinngehalt einer Kirche mit Kopf, Herz und Hand erschlossen werden kann. Abseits der nüchternen Fakten ist es wichtig, Inhalte des christlichen Glaubens zeitgemäß zu vermitteln und einen Zugang zu spirituellen Dimensionen zu ermöglichen.
Tagungsraum Klostergarten: Sr. Ruth Pucher erläuterte in ihrem Auftaktvortrag die Anliegen der Kirchenpädagogik. (c) ÖOK
Was bedeuten Kirchenräume für Kultur und Tourismus?
Der nächste Programmpunkt bot einen äußerst lebendigen und abwechslungsreichen Austausch zur Bedeutung von Kirchenräumen für Kultur und Tourismus. Die Podiumsdiskussion, zu der fünf Expert:innen eingeladen waren, war von sehr vielen persönlichen Einblicken geprägt, in denen die Teilnehmer:innen erzählten, welche Kirchenräume sie geprägt haben, welche Themen Menschen in einen Kirchenraum bringen und was sie dort beschäftigt.
- Geheimnisse der Kirchenräume neu eröffnen
Anja Häse von der Stiftung Frauenkirche Dresden, die gleichzeitig auch 1. Vorsitzende des Bundesverbandes für Kirchenpädagogik ist, beleuchtete die Aufgaben und Angebote des Verbandes und schilderte die intensiven Bestrebungen, um kirchenpädagogische Angebote auf ein neues Qualitätslevel zu heben. Dieser Wille kommt unter anderem in einem eigenen Gütesiegel für kirchenpädagogische Angebote zum Ausdruck. Ausgehend von der Ausstrahlungskraft von Kirchen machte sie sich dafür stark, das Geheimnis der Kirchenräume für Menschen von heute – auch ohne Kirchen- und Konfessionszugehörigkeit – neu zu eröffnen.
- Kirchen als Möglichkeitsräume
Anna Minta von der Katholischen Theologischen Universität Linz ist Professorin für Geschichte und Theorie der Architektur und Initiatorin des Projekts „Licht. Schatten. Dasein. - Frauenbilder im Mariendom.“ Sie zeigte sich davon überzeugt, dass Kirchen Möglichkeitsräume sind, in denen man einen Gegenwartsbezug herstellen und auf gesellschaftliche Themen hinweisen soll. Als Verfechterin der kritischen Auseinandersetzung richtete sie einen Weckruf an das Publikum: „Wir müssen uns als Kirchenbenutzer:innen positionieren!“
- Bedeutung von Begegnungen
Jakob E. Reitinger, Kunsthistoriker und Geschäftsführer des Tourismusverbands Bad Ischl, pflichtete bei, dass die Erfahrung von Spiritualität in einem Kirchenraum äußerst wichtig ist. Darüber hinaus wies er mit verschiedenen Aspekten auf die Bedeutung von Begegnungen im Kirchenraum hin. Stärkende Impulse zu setzen, sei nicht nur für die Menschen in der Region wichtig, sondern für den gesamten Tourismus.
- Im Kirchenraum erfahren, wer man ist
Elisabeth Schweeger ist für die künstlerische Leitung der Kulturhauptstadt Europas Bad Ischl – Salzkammergut 2024 verantwortlich. Sie berichtete in ihrem Diskussionsbeitrag über die Idee, Kirchen- und Theaterräume näher zusammenzubringen und Kirchen als Klangräume erfahrbar zu machen. Wer bereit sei, auszuloten, was der Raum mit einem mache, könne in einem Kirchenraum erfahren, wer er ist.
- Einblicke in die Region, ihre Geschichte, Orte und Kirchen
Katharina Steinkogler aus Bad Ischl ist Theologin, Religionslehrerin und staatlich geprüfte Fremdenführerin. Im Rahmen dieser Tätigkeit gewährt sie den Menschen, die von ihr geführt werden, interessante Einblicke in die Region, ihre Geschichte, Orte und Kirchen. Sie machte deutlich, welche Bedeutung der Tourismus im Salzkammergut hat und wie sie ihr Angebot auf die vielfältigen Menschen abstimmt, die aus unterschiedlichen Kulturen stammen. Ganz besonders augenscheinlich werde das in Hallstatt.
Impulsgeber:innen zum Thema Kirchenpädagogik: Das Veranstaltungsteam mit den Teilnehmer:innen der Podiumsdiskussion. (c) ÖOK
Ein Tag am See
Der zweite Veranstaltungstag begann stimmungsvoll mit einem von Sr. Ruth Pucher gestalteten Morgenlob am Traunsee. Anschließend standen drei Kirchenbesichtigungen auf dem Programm, bei denen das am Vortag Gehörte gleich in der Praxis erlebt werden konnte.
Die Tour begann in der Pfarrkirche Traunkirchen, die für ihre „Fischerkanzel“ berühmt ist. Sie gilt als Meisterwerk der Holzschnitzkunst und beinhaltet eine einmalige Darstellung des Wunders des reichen Fischfangs. Passend dazu wurden die Teilnehmenden eingeladen, in die Rolle einer der dargestellten Figuren auf der Kanzel zu schlüpfen – also zum Beispiel in die Figur des Apostels Petrus oder eines Fisches. Anschließend konnten sie ihre Empfindungen von der Kanzel aus mitteilen.
Rollenspiel mit Tiefgang: Alle waren eingeladen, ihre Gefühle als Fisch oder Apostel von der Kanzel aus mitzuteilen. (c) Teresa Kaineder
Schatten der Vergangenheit in der Kirche Ebensee
Der nächste Halt auf der Salzkammergut-Kirchentour war die Pfarrkirche in Ebensee. Katharina Steinkogler gab zunächst einen kurzen Überblick über die Geschichte von Ebensee, die sehr stark von der Salzgewinnung, aber auch von der NS-Zeit geprägt wurde. Danach waren alle Teilnehmenden eingeladen, den Sakralraum individuell zu erkunden und sich im Anschluss über ihre Beobachtungen auszutauschen. Interessante Einblicke und wichtige Hintergrundinformationen vermittelte abschließend Josef Sengschmid, der vor seiner Pensionierung als Pastoralassistent tätig war. Er erzählte von der Renovierung und Umgestaltung der Kirche im Sinne des II. Vatikanischen Konzils und wies auf ein besonderes Detail des Innenraums hin, der Anfang der 2000er-Jahre vom Künstler Herbert Friedl neu gestaltet wurde: Die Balken des Vortragekreuzes wurden aus dem Holz einer Baracke des KZ Mauthausen angefertigt. Damit soll symbolstark darauf hingewiesen werden, dass sich in der NS-Zeit in Ebensee eines der vielen Nebenlager von Mauthausen befand, in dem tausende Menschen gelitten haben und ums Leben gekommen sind.
Den Abschluss der Reise und auch der Tagung bildete ein Besuch in Bad Ischl. Um und in der Pfarrkirche Bad Ischl stellte der Künstler Christoph Mayer chm. seinen „Großen Welt-Raum-Weg“ vor – ein Projekt, das speziell für das kommende Jahr entwickelt wurde, in dem Bad Ischl die Kulturhauptstadt Europas sein wird. Dieser Weg beginnt in der Privatheit des eigenen Badezimmers und führt über die Stadtpfarrkirche, die Rettenbachalm und das Tote Gebirge bis zur letzten Station im eigenen Alltag – wo der Große Welt-Raum-Weg erst wirklich beginnt. Als Wegmarken fungieren Audiotracks, die vor Antritt auf das Smartphone geladen werden und Inhalte zu den verschiedenen Stationen des Weges beinhalten.
Ein kirchliches Projekt für die Kulturhauptstadt 2024: Der Künstler Christoph Mayer chm. präsentiert in der Pfarrkirche Bad Ischl seinen "Großen Welt-Raum-Weg". (c) ÖOK
Impulse, die weiterwirken
Gerade der letzte Programmpunkt brachte perfekt auf den Punkt, worum es in den beiden Tagen ging: Die vielen Impulse und Anstöße, Kirche vielfältig erfahrbar zu machen, Neues auszuprobieren und die Menschen in den Dialog mit dem sakralen Raum zu bringen, im eigenen Alltag umzusetzen. Kraft dazu schöpften die Tagungsteilnehmer:innen aus der Möglichkeit zu Austausch und Vernetzung, dem schönen Wetter und dem spannenden Einblick in die Planungen für die Kulturhauptstadt Bad Ischl 2024.
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[markus lahner]