4. Heritage Science Austria Meeting in Krems
Großes Interesse: Rund 90 Teilnehmer:innen informierten sich beim Heritage Science Austria Meeting in Krems über die neuesten Entwicklungen im Bereich Adels- und Klosterkultur. © Landessammlungen Niederösterreich
Im Mittelpunkt der Tagung standen Sammlungen aus dem 18. und 19. Jahrhundert in Österreich und Südtirol. Konkret ging es um die Sammlungsmethoden und deren Bedeutung in der Gesellschaft, insbesondere im Hinblick auf Veränderungen in den Besitzverhältnissen und Alterungsschäden an den Objekten. Expertinnen und Experten aus verschiedenen Fachbereichen teilten ihr Wissen rund um den Schutz und die hochwertige Erhaltung dieses Kulturerbes. Veranstaltende Institutionen waren die Landessammlungen Niederösterreich und das Zentrum für Museale Sammlungswissenschaften sowie Heritage Science Austria.
Für die Zukunft gerüstet: Der Trend zur Digitalisierung macht auch vor den klösterlichen Sammlungen nicht Halt. © Landessammlungen Niederösterreich
Sammlungen der Klosterkultur
Die Naturhistorischen Sammlungen des Benediktinerstifts Seitenstetten stellten Markus Bürscher, Mitarbeiter für Archiv und Bibliothek, sowie der Biologe und Kustos der Naturwissenschaftlichen Sammlungen, Mathias Weis, vor. Die Sammelleidenschaft der Benediktinermönche zeigt die langjährige wissenschaftliche Betätigung auf. Forschungskooperationen zu historischen botanischen und zoologischen Sammlungsobjekten belegen Veränderungen biologischer Organismen und den Verlust von Biodiversität. Vor allem die umfassende „Flechten-Sammlung“ eines Herbariums führte zu bemerkenswerten wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Einblicke in Klostersammlungen des späten 19. Jahrhunderts ermöglichte Hanns-Paul Ties, Kustos des Augustiner Chorherrenstift Neustift bei Brixen in Südtirol. Während der bayerischen Herrschaft in Tirol um 1810 wurden aus dem zwischenzeitig aufgehobenen Stift viele der wertvollen Gemälde und Skulpturen nach München verschleppt, wo sie noch heute in der Alten Pinakothek und im Bayerischen Nationalmuseum aufbewahrt werden. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts hat das Stift selbst einzelne Kunstwerke veräußert. Im Rahmen eines Forschungsprojektes wird versucht, die Neustifter Sammlungen und ihr Schicksal zu rekonstruieren.
P. Roman Nägele OCist aus dem Zisterzienserstift Heiligenkreuz stellte sein umfassendes Tätigkeitsfeld als Kustos der Sammlungen vor. Das kulturelle Erbe des Stiftes Heiligenkreuz umfasst vielfältige Sammlungen, die im 18. und 19. Jahrhundert angelegt und kontinuierlich erweitert wurden. Dazu zählen Gemälde, Bozzetti von Giovanni Giuliani, Notenbestände im Musikarchiv, Münzen sowie Grafiken. Der Kustos P. Roman Nägele OCist legt großen Wert darauf, diese Schätze Forschenden, Studierenden und anderen Interessierten zugänglich zu machen. Verschiedene Bestände werden bereits auf entsprechenden Plattformen präsentiert.
Umfassendes Tätigkeitsfeld: Kustos P. Roman Nägele OCist legt großen Wert darauf, die Schätze des Stiftes Heiligenkreuz Forschenden, Studierenden und anderen Interessierten zugänglich zu machen. © ÖOK/km
Archive und Bibliotheken der Klosterkultur
Bernhard Rameder, Leiter der Sammlungen des Benediktinerstifts Göttweig, berichtete über das Göttweiger Kunst- und Naturalienkabinett. Es wurde durch Abt Gottfried Blessl (reg. 1714-17499) angelegt. Die barocke Sammlung stand in der Tradition der berühmten „Kunst- und Wunderkammern“ und umfasste neben einer Kunst- und Antikensammlung auch eine umfangreiche Graphische Sammlung mit rund 32.000 Blättern, eine bedeutende Münzsammlung sowie eine einst beeindruckende, aber leider nicht mehr erhaltene Naturaliensammlung. Aus den Inventaren lassen sich Veränderungen einer klösterlichen Sammlung zwischen Repräsentation und Wissenschaft ablesen.
Stephanie Zima von der Forschungsstelle für Kulturwissenschaftliche Studien (FoKuS) stellte die bedeutende Büchersammlung des Vincenz Sebak (1805-1890) vor, die sich in der Stiftsbibliothek Klosterneuburg befindet. Diese außergewöhnliche Sammlung ist ein wertvoller Teil des literarischen Erbes und umfasst Werke aus verschiedenen Epochen und Disziplinen. Zima betonte, dass die Sammlung von Sebak, einem Augustiner-Chorherrn, nicht nur durch ihren Umfang, sondern auch durch die Vielfalt der Themen beeindruckt. Sie bietet einen tiefen Einblick in das Geistesleben des 19. Jahrhunderts und spiegelt sowohl religiöse als auch wissenschaftliche Interessen wider. Von theologischen Schriften bis hin zu naturwissenschaftlichen Abhandlungen – die Büchersammlung ist ein Spiegel der intellektuellen Auseinandersetzung ihrer Zeit.
Runde Sache: Im Rahmen des „Eligius-Projekts“ stellte der Numismatiker Martin Baer vom Zentrum für Museale Sammlungswissenschaften der Universität Krems ein innovatives digitales Portal vor, das der Erschließung klösterlicher Münzsammlungen dient. © ÖOK/sb
Besondere Projekte zu klösterlichen Sammlungen
Mimetische Speisen – also künstlich nachgeahmte Lebensmittel, die optisch andere Objekte nachahmen – stellen ein faszinierendes Phänomen im Spannungsfeld zwischen Tischkultur und Sammelleidenschaft dar. Besonders Fruchtimitationen spielen in klösterlichen Sammlungen eine bedeutende Rolle. In ihrem Vortrag beleuchtete Teresa Kraxberger vom Institut für Geschichte in Salzburg dieses kulturelle Phänomen, das sich an der Schnittstelle von spielerischem Schabernack und Besitzerstolz bewegt. Kraxberger betonte die historischen und ästhetischen Dimensionen dieser kunstvoll gestalteten Speisen, die nicht nur als Sammelobjekte dienten, sondern mehreren Verwendungszwecken zugeordnet waren.
Im Rahmen des „Eligius-Projekts“ stellte der Numismatiker Martin Baer vom Zentrum für Museale Sammlungswissenschaften der Universität Krems ein innovatives digitales Portal vor, das der Erschließung klösterlicher Münzsammlungen dient. Baer betonte in seiner Präsentation, dass das Projekt nicht nur der Bewahrung und wissenschaftlichen Aufarbeitung der Sammlungen dient, sondern auch den Klöstern selbst eine moderne Möglichkeit bietet, ihre Sammlungen zu präsentieren und zu pflegen. Die Digitalisierung trägt dazu bei, das Wissen über diese einzigartigen Sammlungen breiter zu streuen und gleichzeitig den Zugang für Forscher:innen und Sammler:innen zu erleichtern. Mit diesem Projekt wird ein entscheidender Schritt unternommen, um die wertvollen Münzbestände der Klöster vor dem Vergessen zu bewahren und sie einer globalen Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen.
Wiederentdeckte Schätze: Im „Kunsthaus Marianna“ der Elisabethinen in Klagenfurt können zahlreiche Kunstgegenstände, die bisher im Verborgenen lagerten, auf Anfrage besichtigt werden. © Kunsthaus Marianna
Erhalt von Sammlungen
Zum Thema Sammlungserhalt in vier historischen Bibliotheken präsentierte der Experte Pasqual Querner die Ergebnisse vom HS-Projekt über Schädlinge und Klimawandel in den Stiften Klosterneuburg, Melk, Altenburg und dem Kapuzinerkloster in Wien. Es wurden Daten über Insekten, Pilze und das Innenklima in einem zweijährigen Monitoring gesammelt. Schon jetzt zeigen die warmen Sommer der vergangenen Jahre ihre Auswirkungen auf die Insekten und Mikroorganismen.
Eva Lenhart und Caroline Ocks vom Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst in Wien stellten die Sammlungen der Elisabethinen in Klagenfurt in den Fokus – das „Kunsthaus Marianna“ und seine wiederentdeckten Schätze. Die Sammlung an kostbaren Gemälden, Schmuckstücken, Kunstgegenständen und Gewändern lagerte lange Zeit im Verborgenen. Mehr als 400 Gemälde, davon 140 Habsburger-Bildnisse, zwei prunkvolle Kleider, 151 Schmuckstücke und Kunstgegenstände kamen zutage. Durch Studierende des Instituts erfolgte eine umfassende Erfassung und Dokumentation dieses wertvollen Bestandes. Heute ist er in einem neu errichteten Schaudepot fachgerecht gelagert und auf Anfrage zugänglich. Die erhobenen Daten wurden jüngst in eine Kunstdatenbank migriert, die durch die Österreichische Ordenskonferenz kostenfrei zur Verfügung gestellt wurde.
Ein Tagungsband zur Veranstaltung ist für das Jahr 2025 in Planung.