Stift Göttweig: Von der Sebastiani-Kapelle zur Sebastiani-Bibliothek
Die neue Sebastiani-Bibliothek im Stift Göttweig. (c) Stift Göttweig/Bernhard Rameder
Die ehemalige Sebastiani-Kapelle im Erdgeschoß des Nordwesturmes wurde zum Beginn der Museumssaison 2024 umfassend restauriert und bekam eine neue Nutzung. Sie wurde in den letzten Jahren kaum genutzt. Auf Anregung der Leiterin Tourismus & Kultur Eveline Gruber-Jansen wurde der Raum, der zwischen bestehenden Museums-Räumlichkeiten liegt, adaptiert. Im Winter 2023/24 wurde die ehemalige Sebastiani-Kapelle als Präsentationsraum zum Thema „Die Göttweiger Klosterbibliothek und ihre Bücher“ umgestaltet.
Insbesondere für exklusive Kulturvermittlungen bietet sich dieser Bibliotheksraum nunmehr seit März 2024 an. Der runde Turmraum wurde nach der Restaurierung mit barocken Möbeln, Kunstgegenstanden und Teppichen eingerichtet. Am Tisch in der Mitte erfahren nun die Gäste durch einen Kulturvermittler Wissenswertes zu Büchern im Kloster.
Restaurierungsarbeiten in der ehemaligen Sebastiani-Kapelle. (c) Stift Göttweig/Bernhard Rameder
Im Vorraum der Kapelle wurden zwei barocke Buchregale aufgestellt, die sich zuvor im Handschriftenraum der Stiftsbibliothek befanden, wo sie seit den späten 1940er Jahren provisorisch aufgestellt waren. Im Zuge der Transferierung in die ehemalige Sebastiani-Kapelle mussten die Regale vom Stiftstischler Michael Hammerl und der Restauratorin Petra Gröger umfassend restauriert werden. Mehrere Tausend Bücher aus der Sammlung des früheren Kustos Pater Gregor Lechner fanden dort einen neuen und würdigen Platz.
Die Geschichte der Sebastiani-Kapelle
Der Turmraum war seit seiner Errichtung die Totenkapelle der Göttweiger Mönche, die dem heiligen Sebastian geweiht war. Dieser wurde in der Vergangenheit als Schutzpatron gegen die Pest angerufen und war zudem auch der Schutzpatron der Sterbenden. 1738 war der Turm baulich vollendet und man konnte mit dem Bau der Kaiserstiege beginnen. Am 1. August 1742 fand die feierliche Einweihung der Sebastiani-Kapelle durch Abt Gottfried Bessel satt. Für den Altar fertigte Johann Schmidt, der Vater des Malers Kremser-Schmidt, eine aus Holz geschnitzte Statue des Hl. Sebastian. Von der gesamten Möbelausstattung der Kapelle hat sich bis heute leider fast nichts erhalten.
Modernes Fresko im Vorraum der Sebastiani-Kapelle. (c) Stift Göttweig/Bernhard Rameder
Noch unter Abt Wilhelm Zedinek (gestorben 1971) nutze man die Kapelle als Ort der Aufbahrung für die verstorbenen Mönche. Später befand sich unter Kustos Pater Gregor Lechner die Graphische Sammlung (ab 2002 in der Burg) im ehemaligen Kapellenraum. 1980 wurde im Vorraum an der Gewölbedecke ein bemerkenswertes modernes Fresko von Friedrich Danielis (1944-2021) geschaffen. Das runde Bild mit etwa drei Metern Durchmesser ist eine farbliche, abstrakte Interpretation eines barocken Freskos von Giovanni Battista Tiepolo (1696-1770) und zeigt den „Triumph der Vernunft“.
Barocke Bücherregale im Vorraum der Sebsatsiani-Bibliothek. (c) Stift Göttweig/Bernhard Rameder
Die letzte große Sanierung dieses Raumes fand vor über 100 Jahren statt. Aus den Aufzeichnungen von Subprior und Sakristeidirektor Pater Karlmann von Schilling geht hervor, dass am 11. Juni 1907 eine Besichtigung der Sebastiani-Kapelle stattfand. Diese wäre in „miserablem Zustand“, die „Malerei grässlich“, der Stuck „teilweise abgebröckelt“, der „Aufbau über dem Altar ist morsch“, „das Sebastiani Altarbild grässlich“, so das Urteil von Pater Karlmann. Somit wurde der Beschluss gefasst, die Sebastiani-Kapelle noch im Jahr 1907 umfassend zu restaurieren.
Als 2023 die Überlegungen zur Nutzung der ehemaligen Sebastiani-Kapelle immer konkreter wurden, war schnell klar, dass der gesamte Raum wieder einmal restauriert werden muss. So wurden mit der Wiener Firma Thomas Mahr Stuckmarmorrestaurierungen GmbH alle Oberflächen und Vergoldungen sorgsam gereinigt, der teilweise abgefallene Stuck sowie die abgeblätterten Marmorierungen an den Wänden wieder ergänzt. Der ehemalige Kapellenraum bekam wieder seine prächtige, barocke Erscheinung und mit der Verwendung als Raum für die Kulturvermittlung ebenso eine würdige Nutzung.
Quelle: Göttweiger 2/2024