„Hüterin“ der Geschichte von St. Gabriel verstorben
Sr. Maura Steiner-Treuendorf im Jahr 2004 an ihrem Schreibtisch im Archiv der damaligen Benediktinerinnenabtei St. Gabriel. (c) Wiesflecker
Väterlicher- wie mütterlicherseits stammte Maria Immaculata Steiner (Edle von Treuendorf) aus geadelten Offiziersfamilien. Nach der Matura begann die spätere Ordensfrau vorerst ein Studium der Kunstgeschichte und Geschichte in Innsbruck. Ihre Interessen und Intentionen waren jedoch andere, die sie mit dem Besuch des „Seminars für kirchliche Frauenberufe“ in Wien in den Jahren 1946 bis 1948 umsetzte. Dies brachte sie in Kontakt mit der Abtei St. Gabriel auf Burg Bertholdstein in der Südoststeiermark, dem ältesten Frauenkloster der Beuroner Kongregation, wo sie im Mai 1949 ihr Noviziat begann und 1950 die ersten und 1954 die Feierlichen Gelübde ablegte.
Fortan war sie in unterschiedlichsten Bereichen und Ämtern des Hauses tätig, u. a. in der Landwirtschaft, der Küche, der Sakristei, ab 1966 als Priorin und einige Jahre später auch als Cellerarin. Ihr letztes Amt, das sie – bereits in den Siebzigern stehend – übernahm, war jenes der Archivarin. Unter begleitender Betreuung durch das Steiermärkische Landesarchiv wurde 1999 ein Plan zur Adaptierung eines geeigneten Archivraums und in Folge zur Ordnung des Abteiarchivs erstellt. Mit der ihr eigenen Akkuratesse und Geduld ordnete und verzeichnete Sr. Maura das Archiv ihrer Gemeinschaft.
Lob für Archiv
Als die Arbeiten 2004 abgeschlossen werden konnten, resümierte ich als „visitierender“ Berufsarchivar: „Der Ordnungsgrad des Archivs, die Handhabung der Registratur und die Verzeichnung des Sammlungsbestandes sind tadellos. Das Archiv der Abtei bietet damit ein gutes Beispiel dafür, wie mit großem persönlichem Einsatz und Interesse und trotz beschränkter Mittel ein Privatarchiv geführt und verwaltet werden kann.“
Ab 2006 befand sich Sr. Maura erstmals im Pflegeheim in Pitten. 2009 konnte sie in ihre Gemeinschaft an deren neuen Standort in St. Johann bei Herberstein zurückkehren. Nachdem das eigentliche Abteiarchiv bereits im Juli 2007 unter Eigentumsvorbehalt dem Steiermärkischen Landesarchiv übergeben worden, oblag Sr. Maura die Betreuung der bei der Kommunität verbliebenen Registratur und die Aufarbeitung von disparaten Beständen, die sich noch vor Ort befanden. Zuletzt war es vor allem die Dokumentation der künstlerischen Tätigkeit von Altäbtissin Basilia Gürth.
2023 Rückkehr nach Pitten
Als sich die klein gewordene Gemeinschaft entschloss, das gemeinschaftliche Leben aufzugeben, trug Sr. Maura dies mit der ihr eigenen realistischen Sicht auf Möglichkeiten und Ressourcen mit. Wiederum in Pitten Aufnahme zu finden, war ihr großer Wunsch. Dieser konnte im Herbst 2023 auch umgesetzt werden.
In ihrem langen Ordensleben hat Sr. Maura höchst unterschiedliche Prozesse der Transformation ihrer Gemeinschaft erlebt, mitgetragen und mitgestaltet. Sr. Maura war nicht nur Zeugin und Akteurin, sondern durch ihre Tätigkeit als Archivarin zugleich auch die „Hüterin“ der wechselvollen Geschichte von St. Gabriel.
Text: Peter Wiesflecker (Steiermärkisches Landesarchiv)