ehemaliges Augustiner-Chorherrenstift
Röm.-kath. Stadtpfarrkirche
Burgtorgasse 121a
8786 Rottenman
Kaiser Friedrich III. machte das Ansinnen des begüterten Rottenmanner Bürgers Wolfgang Dietz, ein Augustiner-Chorherrenkloster im Geiste der Raudnitzer Reform zu stiften, zu seinem eigenen Anliegen. 1455 erhielt er die päpstliche Bestätigung. Die ersten Chorherren, die im Bürgerspital angesiedelt wurden, kamen aus dem Reformstift St. Dorothea in Wien. Gegen den Widerstand der Bürgergemeinde übernahmen die Chorherren die Leitung der Rottenmanner Stadtpfarre und übersiedelten 1478 in das Pfarrhaus. Anfang des 16. Jahrhunderts wurde die umgebaute St. Nikolauskirche eingeweiht und dem Stift wurden die Pfarren Irdning und Lassing mit der Filialkirche Liezen inkorporiert.
In der Reformationszeit verschärfte sich der Konflikt zwischen der nunmehr protestantischen Bürgerschaft und dem stark zusammengeschrumpften Konvent von Rottenmann. Die Rekatholisierung brachte zwar auch im Stift eine Konsolidierung, im 17. Jahrhundert bezichtigten aber die Chorherren ihren Propst Georg Christoph Mourat (1672-1683) unter anderem des Schuldenmachens und klagten ihn vor dem Abt von Admont als Archidiakon und damit Vertreter des zuständigen Salzburger Erzbischofs und vor der steierischen Landesregierung an. Anfang des 18. Jahrhunderts ging das Stift Bankrott und wurde unter die Administration des Chorherrenstiftes Vorau gestellt. Ab 1735 wurden Vorauer Chorherren nach Rottenmann entsandt, um den kleinen Konvent zu verstärken und als Dechanten und Administratoren zu leiten. Bis zur Aufhebung des Klosters unter Kaiser Joseph II. 1785 wurde kein Propst mehr gewählt. Nach der Aufhebung blieb die Stiftskirche als Stadtpfarrkirche bestehen, das Gebäude wird als Pfarrhof genutzt.
- Hannes P. Naschenweng, Rottenmann, in: Floridus Röhrig (Hg.), Die ehemaligen Stifte der Augustiner-Chorherren in Österreich und Südtirol (Klosterneuburg 2005) 285‒327.
- Ileane Schwarzkogler, Bankrott im Barock. Das Schicksal der Augustiner-Chorherren in Rottenmann, in: Lust und Leid: barocke Kunst, barocker Alltag. Steirische Landesausstellung 1992, Hg. Kulturreferat der Steiermärkischen Landesregierung, Red. Ileane Schwarzkogler (Graz 1992) 271ff.
Was vom Stiftsarchiv Rottenmann erhalten ist, befindet sich heute im Steiermärkischen Landesarchiv, die Urkunden wurden in die dortige Allgemeine Urkundenreihe eingeordnet, der Aktenbestand umfasst rund 30 Kartons, unter den Handschriften befindet sich auch ein Kopialbuch mit 300 Urkundenabschriften.
Vermutlich aus den Unterlagen der Aufhebungskommissäre gelangte ein „Fundationis urbarium“ in das Haus-, Hof- und Staatsarchiv.
Die Aufhebungskommission listete für das Kloster Rottenmann eine etwa 5000 Bände umfassende Bibliothek, welche zerstreut wurde und nicht mehr erhalten ist. Die handschriftliche Chronik des Propstes Johann Albert Kendlmayr (1683‒1702), das „Chronicon Rottenmannense“ sowie eine Anzahl gedruckter Werke befinden sich in der Universitätsbibliothek Graz. Auch in der Stiftsbibliothek Admont ist Rottenmanner Buchbestand nachweisbar.
Im Diözesanarchiv Graz befindet sich eine Sammlung von Musikalien aus dem 18. Jahrhundert mit Werken von Gluck, Ditters von Dittersdorf, Leopold Mozart und Joseph Haydn sowie des Rottenmanner Stiftsdechanten Franz Xaver Ortner. Der Bestand hat sich im Pfarrarchiv Bad Aussee erhalten.