Wirtschaftsunterlagen archivieren
Bericht vom Studientag der Archive der anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften am 22. Jänner 2018 in Salzburg.
Abb. 1: Altregistratur im Kammeramt des Stiftes Herzogenburg.
Sowohl in den eigenständigen Klöstern wie auch an den Provinzsitzen von Ordensgemeinschaften machen die Unterlagen, die die Wirtschaft betreffen, oft den größten Teil der Schriftproduktion aus. Die Leiterinnen und Leiter der Wirtschaftsabteilungen, also die Kämmerinnen und Kämmerer, Prokuratorinnen und Prokuratoren, Ökonominnen und Ökonomen, bekleiden ein wichtiges Amt. Der Studientag der Archive der Kirchen und Religionsgemeinschaften im Jahr 2018 hat sich der Frage der Archivierung der Wirtschaftsunterlagen besonders in Diözesan- und Ordensarchiven gewidmet. Martina Lehner vom Provinzarchiv der Gesellschaft Jesu in Wien, Isabella Hödl-Notter vom Provinzarchiv der Don Bosco Schwestern in München und Johanna Kößler, damals Projektmitarbeiterin im Archiv der Schwestern vom Armen Kinde Jesus in Wien haben darüber referiert. Der Vortrag von Frau Hödl-Notter war zum Zeitpunkt der Abfassung für eine separate Publikation vorgesehen. Die Ausführungen der beiden anderen Referentinnen fasse ich auf Grundlage ihrer Vortragsnotizen, die sie mir zu diesem Zweck überlassen haben, im Folgenden zusammen, meinen eigenen Vortrag über das Stiftsarchiv Herzogenburg gebe ich in einer erweiterten Fassung wieder.
1. Wirtschaftsunterlagen archivieren im Provinzarchiv der Jesuiten
Martina Lehner, Provinzarchivarin der Jesuiten, berichtete, dass ihre erste Tätigkeit bei der Archivierung der Wirtschaftsunterlagen die Erstellung eines Aktenplans für das Ökonomat, die zentrale Wirtschaftsstelle des Ordens, war. Als Archivarin begleitete sie diese Aufgabe in beratender Funktion. Die fertige Ablageordnung umfasst zehn Bereiche.
Abb. 2: Folie aus der Präsentation von Martina Lehner über das Provinzarchiv der Jesuiten.
Position 1, Jahresbilanzen, enthält die Gewinn- und Verlustrechnungen, die Unterlagen der internen Revision, die Bilanzen der Häuser und Werke, eine konsolidierte Gesamtbilanz der Provinz sowie die nach anderen Kriterien gewichtete „Rom-Bilanz“ zur Vorlage an das Generalat des Ordens. Wurden Bilanzen und Jahresrechnungsabschlüsse früher vom Ökonomen selbst erstellt, wird heute ein Wirtschaftsprüfer damit betraut. Position 2, Finanzbuchhaltung, enthält Eingangsrechnungen, Ausgangsrechnungen, Kontoauszüge, Umsatzsteuerunterlagen und Messstipendien. Position 3, Kostenrechnung, umfasst Controlling, Budget, Berichte und Prognosen. Unter Position 4, Personal, werden Personalakten, Zeitaufzeichnungen, Lohndaten und Bewerbungen abgelegt. Position 5, Generalat und Assistenz, trägt der Ordensstruktur Rechnung und enthält Korrespondenzen und Vereinbarungen mit dem Generalat und der Assistenzleitung. In den Assistenzen sind Provinzen der gleichen Region zusammengefasst, die Österreichische Provinz der Gesellschaft Jesu gehört zur Mitteleuropäischen Assistenz. Position 6, Häuser und Werke, bildet die Organisationsstruktur innerhalb der Provinz ab und enthält Korrespondenzen und Abrechnungen zwischen den einzelnen Niederlassungen und dem Ökonomat am Provinzsitz. Die Liegenschaftsverwaltung unter Position 7 umfasst neben dem Schriftverkehr mit Hausverwaltungen auch Bauprojekte, Pläne und Abrechnungen, Grundbuchauszüge, Käufe und Verkäufe, Mietverträge und die Friedhofsakten. Die Sachthemen in Position 8 betreffen Unterlagen über EDV-Anlagen und Bürotechnik, ebenso Versicherungen und Verträge und die dazu anfallenden Akten. Position 9, Bankgeschäfte, enthält die Bankunterlagen. Unter Position 10, Sonstiges, sind Legate und Verlassenschaften ebenso abgelegt wie die Unterlagen der Wirtschaftskommission des Ordens, einer ordensinternen Planungsgruppe für die wirtschaftliche und finanzielle Gebarung der Provinz, die 2006 ins Leben gerufen wurde.
Nach Fertigstellung des Aktenplans wurden in einem zweiten Schritt für diese zehn Bereiche die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen festgehalten. Das beinhaltet von den üblichen sieben Jahren für Rechnungsbelege, die für Steuerangelegenheiten aufzubewahren sind, auch wesentlich längere Fristen für Mietverträge und Personalakten:
Aktenplan |
Gesetzliche Aufbewahrungsfristen |
Archivwürdigkeit |
1 Jahresbilanzen |
7 Jahre |
JA |
2 Finanzbuchhaltung |
7 Jahre |
NEIN bis auf Messstipendien |
3 Kostenrechnung |
NEIN |
|
4 Personal |
1/10/30 Jahre |
NEIN |
5 Generalat und Assistenz |
JA |
|
6 Häuser und Werke |
JA |
|
7 Liegenschaften |
12/22 Jahre |
JA |
8 Sachthemen |
zu prüfen |
|
9 Bankgeschäfte |
NEIN |
|
10 Sonstiges |
bedarfsorientiert |
zu prüfen |
Tabelle 1: Fristen- und Skartierplan für das Ökonomat der Jesuiten
Grundsätzlich verbleiben die Akten im Ökonomat, solange der betreffende Vorgang aktuell ist. Wird er abgeschlossen, erfolgt die Übergabe an das Archiv.
In einem dritten Schritt wurden die Unterlagen bewertet. Was als nicht archivwürdig bewertet wurde, kann das Ökonomat nach Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen selbständig skartieren. Das sind Rechnungen und als nicht bedeutungsvoll bewertete Akten. Da nicht bei allen Unterlagen vorab die Archivwürdigkeit zu entscheiden war, wurde für einiges vereinbart, dass es dem Archiv anzubieten und dann im Einzelfall zu bewerten ist. Das betrifft insbesondere die Positionen „Sachthemen“ und „Sonstiges“.
Die als archivwürdig bewerteten Unterlagen werden jährlich vom Ökonomat an das Archiv übergeben. Im Archiv erfolgt eine Ordnung und Erschließung, die dem Aktenplan folgt. Der Archivbestand an Wirtschaftsunterlagen umfasst daher im Provinzarchiv einen bereits im Archiv vorhandenen und abgeschlossenen Altbestand aus den Jahren 1877 bis 1954, die Bilanzen und Rechnungsabschlüsse der Provinz und der Häuser, Unterlagen betreffend Generalat und Assistenz, weiters ein Bestand mit den Unterlagen der Liegenschaftsverwaltung, die Akten und Protokolle der Wirtschaftskommission, Unterlagen über Verlassenschaften, in denen Erbschaftsangelegenheiten dokumentiert werden, die Messintentionen sowie ein Bestand „Varia“ für anderweitig nicht zuordenbare Unterlagen.
2. Wirtschaftsunterlagen archivieren im Archiv der Schwestern vom Armen Kinde Jesus
Die Schwestern vom Armen Kinde Jesus, die seit 1857 in Wien als Schulorden tätig sind, hatten 2017 vom Referat für die Kulturgüter der Orden, welches die Autorin damals leitete, um Vermittlung einer Fachkraft für Ordnung und Erschließung ihres Archivs gebeten. So empfahl die Autorin Johanna Kößler, die seit 2019 dem Diözesanarchiv Wien als Direktorin vorsteht, und begleitete das Erschließungsprojekt. Der Aufbau des Provinzarchivs wurde als einjähriges Projekt geplant, um die Bestände der verschiedenen österreichischen Niederlassungen mit dem bisherigen Provinzarchiv zu vereinen. Für die Zukunft ist eine Übergabe des Provinzarchivs an das Generalatsarchiv des Ordens geplant.
Finanzielle und juristische Angelegenheiten sowie die gesamte Liegenschaftsverwaltung wurden ausschließlich auf Provinzebene behandelt und archiviert, in den an die Provinz überstellten Hausarchiven waren kaum Wirtschaftsunterlagen zu finden. Da viele Akten im Original an das Generalat zur Weiterbearbeitung verschickt wurden, sind in den Archivbeständen oft nur noch Dubletten und Abschriften vorhanden. Der Bestand der vorhandenen Wirtschaftsunterlagen wurde in fünf Serien gegliedert: 1. Grundbuch und Immobilien, 2. Rechtliche Angelegenheiten (Verträge, Streitsachen, Versicherungen), 3. Testamente, Legate und Schenkungen, 4. Bankgeschäfte (Darlehen, Förderungen) und 5. Finanzwesen (Protokolle des Wirtschaftsrats, Finanzberichte).
3. Wirtschaftsunterlagen archivieren im Stift Herzogenburg
Im Augustiner-Chorherrenstift Herzogenburg stellte die Ordnung und Erschließung der Wirtschaftsunterlagen eine der größten Herausforderungen für mich als Archivarin dar. Denn es handelt sich um umfangreiche Bestände mit einem hohen Anteil an vergleichsweise junger und aktueller Überlieferung.
Ich begann meine Tätigkeit im Stiftsarchiv mit der Erarbeitung einer Beständetektonik, die natürlich auch die Übergaben aus dem stiftlichen Kammeramt, der zentralen Verwaltungs- und Wirtschaftsstelle des Stiftes, vorsehen musste. Der einzige Findbehelf des Stiftsarchivs war bis dahin ein Zettelkatalog aus dem Jahr 1933, der allerdings lediglich den historischen Altbestand bis um etwa 1800 erfasste. Die Kartei enthält eine Sachgruppe „Wirtschaftsakten“, in der hauptsächlich Unterlagen zum älteren Rechnungswesen erfasst sind. Schriftgut aus den Kapitelämtern (Küchenamt, Waldamt und Kelleramt) war ebenfalls in eigenen Sachgruppen zusammengefasst.
4. Ordnung schaffen: Beständeübersicht und Gliederung
Der Aufbau des neuen Findbehelfs erfolgte nach den Richtlinien des International Standard of Archival Description (ISAD), also dem internationalen Standard archivischer Erschließung, und umfasst fünf Verzeichnungsstufen: Abteilung (Beständegruppen), Bestand, Teilbestand, Serie und Akt/Einzelstück. Da die Erschließung von Einzelstücken im Stiftsarchiv nur in der Urkundenreihe erfolgt, wurden die Verzeichnungsstufen „Akt“ und „Einzelstück“ zusammengelegt. Das Stiftsarchiv Herzogenburg hat vier Abteilungen: das Herzogenburger Archiv, das St. Andräer Archiv, das Dürnsteiner Archiv und das Archiv der Dürnsteiner Klarissen. Stift Herzogenburg hat nach der Aufhebung der Chorherrenstifte St. Andrä und Dürnstein unter Kaiser Joseph II. im 18. Jahrhundert deren Verwaltung übernommen. Das Klarissenkloster erlosch im 16. Jahrhundert und sein Archiv ist als eigener Archivkörper im Dürnsteiner Stiftsarchiv überliefert.
Die Beständeübersicht im Herzogenburger Archiv sieht folgendermaßen aus:
1 Urkunden und wichtige Einzelakten
2 Bücher, ältere Reihe
3 Haus und Konvent
4 Bauamt, Inventare, Sammlungen, Kultur
5 Stiftspfarren, Kirchen und Schulen
6 Wirtschaft und Kammeramt
7 Ständische Akten, Zentralkanzlei und Militaria
8 Grundherrschaft
9 Varia und fremde Provenienzen
10 Pläne
Die Hauptüberlieferung für die Wirtschaftsunterlagen ist im Bestand 6, Wirtschaft und Kammeramt, zu finden. Schriftgut zu Wirtschaft und Verwaltung der Grundherrschaft bis zur Grundentlastung 1848/49 ist im Bestand 8, Grundherrschaft, eingeordnet. Darauf wird im Folgenden nicht eingegangen, denn hilfreiche Sekundärliteratur über Struktur und Archivgut von Grundherrschaften gibt es bereits,1 und eine klösterliche Grundherrschaft weist in Hinblick auf die produzierten Textsorten keine Besonderheiten auf.
Bei der Gliederung des Bestandes 6, Wirtschaft und Kammeramt, musste den historischen und bereits archivierten Unterlagen ebenso Rechnung getragen werden wie der aktuellen und zukünftigen Überlieferung. Die fertige Gliederung der Teilbestände und Serien sieht nun so aus:
6.1. Rechnungswesen
a) Hofrichterrechnungen
b) Grundschreiber- und Kämmererrechnungen
c) Rentamtsrechnungen
d) Extrakte und Einzelrechnungen
e) Religionsfond und Gebührenäquivalent
f) Vermögen, Anlagen und Darlehen
g) Buchhaltung
h) Steuern
i) Abrechnungen mit Chorherren, Stiftspfarren und diözesanen Finanzkammern
6.2. Eigenwirtschaft und Wirtschaftsamt
a) Gut Primmersdorf
b) Kasten- und Wirtschaftsamt
c) Meierhof
6.3. Forstamt
a) Waldamtsakten bis 1900
b) Wald- und Forstamtsrechnungen
c) Forsteinrichtungen
d) Forstamtsakten 1901 bis 1945
e) Forstamtsakten 1946 bis 1969
f) Forstamtsakten 1970 bis 1990
g) Forstamtsakten ab 1990
h) Jagd und Fischerei
6.4. Kelleramt
a) Kellerbücher und -rechnungen
b) Königstetten und Kritzendorf
c) Kelleramtsakten bis 1800
d) Kelleramtsakten 1800 bis 1918
e) Kelleramtsakten 1924 bis 1965
6.5. Küchen-, Garten- und Gastamt
a) Jahresrechnungen des Küchen- und Gartenamts
b) Küchenamt
c) Gartenamt
d) Gastamt
6.6. E-Werk und Mühlbach
a) Mühlbach
b) Sägemühle und Ziegelofen
c) E-Werk
6.7. Grundbesitz und Pacht
a) Bücher betreffend Grundbesitz und Pacht
b) Allgemeine Grundakten bis 1930
c) Allgemeine Grundakten ab 1938
d) Grundbuch
e) Bescheide der Baubehörde und Wasserrechtsbescheide
f) Kauf, Verkauf und Tausch von Grundbesitz
g) Grundabtretungen, Kommassierungen, Vermessungen, Teilungen
h) Pacht
i) Schottergruben
6.8. Häuser und Vermietungen
a) Herzogenburger Hof in Wien
b) Häuser in Klosterneuburg und Kritzendorf
c) Häuser in Herzogenburg
d) Forsthäuser
e) Meierhof
f) Vermietungen
6.9. Kultur und Tourismus
a) Kellerstüberl
b) Klosterladen und Führungsbetrieb
6.10. Personal
a) Personalkarteien
b) Personalakten
6.11. Versicherungen
6.12. Korrespondenz des Kammeramts
Die Teilbestände orientieren sich gemäß dem Provenienzprinzip an der Verwaltungsgeschichte der klösterlichen Wirtschaft, also an Ämtern und Aufgaben und ihrem Wandel in der 900jährigen Geschichte des Klosters. Für die jüngeren Unterlagen ist die Ablageordnung in den einzelnen Wirtschaftsstellen auch die Grundlage für die Ordnung im Archiv. Die Serienbildung dient als Ordnungselement, durch das die einzelnen Teilbestände übersichtlich gegliedert wurden.2
Strukturwechsel in der Verwaltung sind auch im Kloster nicht selten durch politische Veränderungen bedingt. Die Aufhebung der Grundherrschaft, das Ende der Monarchie, die Kriege und das nationalsozialistische Regime wirkten sich direkt auf Aufgaben, Funktionen und Aktenbildung aus, sodass die Seriengliederung dieser Chronologie folgt. Auch interne Wirtschaftsentscheidungen, wie zum Beispiel die Aufgabe der vom Stift in Eigenregie betriebenen Landwirtschaft im Jahr 1965, spiegeln sich in der Ordnung im Archiv wider.
5. Dem Archiv verschrieben: Erschließung und Findbehelf
Für die Erschließung des Stiftsarchivs Herzogenburg verwendete ich die Archivdatenbank, die das Referat für die Kulturgüter der Orden kostenlos zur Verfügung stellt.3 Die aus der Datenbank generierten Findmittel aller vier Abteilungen können als pdf-Dokument von der Website des Stiftes Herzogenburg heruntergeladen werden.4
Der Erschließungsstandard sieht für alle Verzeichnungsstufen sechs Pflichtfelder vor: Signatur, Titel, Entstehungszeitraum (Datierung), Verzeichnungsstufe, Umfang und Provenienz.
5.1. Signatur
Diese wird im Stiftsarchiv Herzogenburg zusammengesetzt aus der Sigle für die Abteilung (H für Herzogenburger Archiv), der Bestands- und Teilbestandsnummer (für Wirtschaft und Kammeramt 6.1 bis 6.12) sowie der Urkunden-, Buch- oder Faszikelnummer (Verzeichnungsstufe Akt/Einzelstück).
Abb. 3.: Etikettierte Archivkartons, Stiftsarchiv Herzogenburg.
Zur Unterscheidung der äußeren Form der Textsorten und dementsprechend auch der Aufstellung im Archivdepot wurde bereits 1933 eingeführt, Akten mit einem F für Faszikel (Archivkartons), Bücher mit B für Buch und Urkunden mit n für Nummer (Urkundenschachteln) zu kennzeichnen. Da die fortlaufende Nummerierung für die Signierung von Akten und buchförmigen Archivalien innerhalb des Teilbestands erfolgt, wird die Serienebene nicht in der Signatur abgebildet. So können Unterlagen im selben Teilbestand auch von einer zu einer anderen Serie umgeordnet werden, ohne dass eine Signaturänderung anfällt. Das erleichtert die Ordnungsarbeiten und die Erweiterung um neue Serien.
5.2. Titel
Ein Titel für eine Verzeichnungseinheit soll, wenn möglich, vom Original übernommen, ansonsten aber ein neuer Titel „kurz und prägnant“ formuliert werden.5 Auf der Verzeichnungsstufe Akt/Einzelstück konnten für die jüngere Überlieferung zumeist die Ordneraufschriften als Titel übernommen werden, diese sind deswegen auch im Akzessionsjournal des Stiftsarchivs wortgetreu festgehalten. Ältere Originaltitel werden in Anführungszeichen gesetzt, z.B. "Arbeitsregister für die Taglöhnungen bey dem Wirtschafthsamte" (H.6.2.-F.1011/2). Da ein Findbehelf langlebig ist, muss bedacht werden, dass manche Begriffe mit der Zeit nicht mehr allgemein verständlich sind, wie zum Beispiel die Bezeichnung Fechsung für Ernte oder Marchung für Grenzziehung. Entweder wird dann ein moderner Begriff für den Titel gewählt, oder der ältere Ausdruck wird im Inhaltsfeld erklärt.
5.3. Datierung
Eine Zeitangabe – selten ein einzelnes Datum, meistens eine Zeitspanne – wird auf jeder Verzeichnungsstufe angegeben. Sind einem Akt als Vorakt weiter vor dem Entstehungszeitraum liegende Einzelstücke beigegeben, wird die Datierung in folgender Weise angegeben: (1823) 1857-1887. Die Datierung von Serienakten mit Lücken erfolgt so: 1722-1805. 1807-1816. 1818-1819. 1822-1825. 1827-1862. 1864-1926. 1928. Undatierte Unterlagen wurden stets mit einer ungefähren Datierung (Jahrhunderthälfte) aufgrund von Inhalts- oder Schriftmerkmalen angegeben.
5.4. Verzeichnungsstufe
Die Ebene, auf der erschlossen wird, ist in jeder Verzeichnungseinheit angegeben. Das schreibt nicht nur ISAD vor, es ist für eine Archivdatenbank auch unbedingt notwendig, damit der Kontext und die Eingliederung aller Verzeichnungseinheiten in die Beständeübersicht und Gliederung gewährt sind.
5.5. Umfang
Da die Faszikelnummern im Stiftsarchiv Herzogenburg im Regelfall auch gleichzeitig die Kartonnummern sind, wird auf der Verzeichnungsstufe Akt/Einzelstück kein Umfang angegeben. Erst wenn ein Buch mehrere Bände oder ein Serienakt mehrere Kartons umfasst, erfolgt ein entsprechender Vermerk. Umfangangaben auf Teilbestandsebene geben nicht nur den Benützerinnen und Benützern, sondern auch dem Stiftsarchivar einen guten Überblick über den Gesamtumfang der Archivbestände.
5.6. Provenienz
Es wurde das Prinzip von ISAD angewandt, dass Felder auf den unteren Verzeichnungsstufen nicht auszufüllen sind, wenn auf einer höheren Ebene bereits eine Verzeichnung erfolgt ist, die auch für alle darunterliegenden Ebenen gilt. Dies ist bei der Provenienzangabe naturgemäß besonders häufig, weil die Gliederung nach Provenienz erfolgt, Akten/Einzelstücke gleicher Provenienz also in einer Serie oder einem Teilbestand zusammengefasst sind.
Wirtschaftsunterlagen sind von verschiedenen Provenienzstellen überliefert, und zwar von: Propst, Kammeramt, Kelleramt, Kammeramt, Forstamt, Küchenamt, Gartenamt und Gastamt. Chorherren, die die ewigen Gelübde abgelegt und Sitz und Stimme im Kapitel haben, leiten das ihnen übertragene Amt und geben darüber in den Kapitelsitzungen Rechenschaft. In den meisten Ämtern sind auch weltliche Angestellte tätig. Erst seit kurzem hat das Stift auch einen eigenen Verantwortlichen für Kultur und Tourismus, eine Funktion, die früher der Sammlungskustos mit ausübte. Die Überlieferung dieser wirtschaftlichen Seite des stiftlichen Kulturbetriebs ist im Bestand Wirtschaft und Kammeramt archiviert, während das Schriftgut zur Tätigkeit des Kustos sowie zur Vorbereitung und Durchführung von Sonderausstellungen in der Überlieferung des Bestandes 4, Bauamt, Inventare, Sammlungen und Kultur, überliefert ist.
Manche Provenienzen wie Wirtschaftsdirektor oder Kastenamt sind historisch und die Überlieferung ist abgeschlossen. In der älteren Überlieferung vor dem 20. Jahrhundert sind Provenienzen allerdings oft nicht mehr verlässlich rekonstruierbar.
Bei den Wirtschaftsunterlagen wurden im Archiv früher auch viele Pertinenzbestände und Selekte gebildet, heute versuchen wir das zu vermeiden. Denn nur Schriftgut, das in seinem Entstehungszusammenhang auch im Archiv geschlossen erhalten wird, garantiert die Aussagekraft und den Quellenwert von Überlieferung, weil die vollständigen Unterlagen eines Funktionsträgers oder einer Stelle vorhanden sind und deren Arbeit nachvollziehbar ist. In Selekten und Pertinenzbeständen sind nur mehr die Inhalte von Einzelstücken zugänglich, Arbeitsvorgänge und Entscheidungsprozesse können aber nicht mehr erschlossen werden. Und bei fehlendem Schriftgut kann nicht mehr gesagt werden, ob es in einem anderen Selekt überliefert oder verlorengegangen ist, skartiert wurde oder die Sachmaterie überhaupt nicht verschriftlicht wurde.
Das Provenienzfeld ist ein Indikator für gutes archivisches Arbeiten, denn je einfacher dieses Feld auszufüllen ist, desto besser funktionieren Überlieferungsbildung und Übergaben aus den einzelnen aktenproduzierenden Stellen. Die Ordnung im Archiv folgt der Ablageordnung in diesen Stellen.
Zusätzlich zum Provenienzfeld sieht ISAD auch ein Feld „Abgebende Stelle“ vor. Damit können auch Aktenläufe im Findbehelf abgebildet werden. Denn mit einer Sachmaterie ist nicht nur das Kammeramt, sondern oft auch der Propst befasst, an bestimmten Agenden des Forstamts wiederum ist auch das Kammeramt beteiligt. Im Stiftsarchiv Herzogenburg wird im Feld „Abgebende Stelle“ auch die Akzessionsnummer, die auf den entsprechenden Eintrag im Zuwachsprotokoll, in dem die Übergaben an das Archiv dokumentiert sind, angegeben.
6. Wirtschaftsunterlagen verstehen: Verwaltungsgeschichten im Findbehelf
Neben den besprochenen sechs Pflichtfeldern bietet der Erschließungsstandard noch zwanzig weitere Verzeichnungselemente. Wichtig bei der Archivierung der Wirtschaftsunterlagen sind vor allem Angaben, die zu einem besseren Verständnis für das klösterliche Wirtschaften beitragen.
Ein Findbehelf sollte nämlich nicht nur eine Aktenliste sein. Archivalien entstehen aus Zusammenhängen und Geschäftsgängen, die auch erläutert werden sollten. Mein Ziel war es, bei der Erschließung der Wirtschaftsunterlagen deren Kontext zu erklären und Strukturen der Klosterwirtschaft transparent zu machen. Der Erschließungsstandard sieht dafür das Feld „Verwaltungsgeschichte“ vor. Für das Kelleramt ist im Findbehelf des Stiftsarchivs dort folgendes nachzulesen:
Das Kelleramt leitete die Bewirtschaftung und Verpachtung der klösterlichen Weingärten, Lese und Weinproduktion, Presse und Lagerung im Stiftskeller in Wielandsthal, Weinausschank im Kellerstüberl des Klosters, Weinverbrauch im Haus und Weinverkauf. Das Amt wurde ursprünglich einem weltlichen Angestellten, dem Kellner, übertragen, ab dem 18. Jahrhundert einem Kapitularen, und seit 1939 gehört es zu den Agenden des Kämmerers. Der Weinbau wurde von Pächtern betrieben. Das Stift erhielt als Pacht ein Drittel des Ertrags (Drittelbau). Die Weingartenpacht wurde ursprünglich vom Kelleramt administriert, seit dem 20. Jahrhundert vom Kammeramt.
Von 1935 bis 1963 ist eine Rebanlage (Rebschule) und der Verkauf von Rebsetzlingen durch das Kelleramt belegt. 1965 endete der vom Kloster betriebene Weinbau, die Weingärten des Stiftes sind seitdem zur Gänze verpachtet. Der als "Weingut Herzogenburg" zusammengefasste Weingartenbesitz des Stiftes in Wielandsthal, Reichersdorf und Inzersdorf wurde von 1963 bis 2008 an Familie Maurer verpachtet, seit 2009 an Hans Jörg Schelling.
Im Anschluss ist noch eine Liste der stiftlichen Kellermeister angegeben.
Für derartige Verwaltungsgeschichten braucht es Recherchen, und als Archivarin musste ich mir Kenntnisse über Wirtschaftsführung aneignen, um den Quellenwert der Archivalien richtig einschätzen zu können. So lernte ich beispielsweise, dass die wichtigsten Unterlagen in einer Forstwirtschaft die sogenannten Forsteinrichtungen sind. Ich habe dafür eine eigene Serie im Teilbestand H.6.3. Forstamt gebildet und folgende Verwaltungsgeschichte verfasst:
Abb. 4.: Forsteinrichtung, 1900, Stiftsarchiv Herzogenburg.
Eine Forsteinrichtung, auch Forstwirtschaftsplan, Forstoperat oder Forstinventur genannt, ist die mittel- und langfristige Planung für die Bewirtschaftung des Waldes und die Holzgewinnung. Sie besteht aus: allgemeine Forstbeschreibung, oft auch mit einer Forstgeschichte, Beschreibung der Bestände, d.i. die Beschreibung der kleinsten räumlichen Einheiten und ihrer Besonderheiten, Zustandsbeschreibung (Ertragstafeln), Flächen- und Altersklassentabellen, Nutzungsplanungen, Kartenmaterial, Handbücher im Kleinformat mit Bestandsbeschreibung und Detailplanung für die direkte Verwendung im Forst (Revierbücher), und Ähnlichem. Die Forsteinrichtungen - die erste erfolgte 1890 - waren in der Regel für einen Planungszeitraum von zehn Jahren angelegt, wurden aber teilweise auch länger fortgeschrieben. Mitunter wurden für einzelne Hoch- und die Niederwaldreviere auch eigene Forsteinrichtungen angefertigt.
Das Ziel von Erschließung und Verzeichnung ist nicht bloß die Wiederauffindbarkeit von Archivalien im Depot, dafür würde eine Aktenliste mit Kartonnummern reichen. Vielmehr soll ein Findbehelf die Zugänglichkeit zu den Archivalien auch inhaltlich gewährleisten. Kirchliche Vermögensverwaltung und Wirtschaftsführung weisen aufgrund historischer Entwicklungen und des kirchlichen Rechts Besonderheiten auf, die erklärt werden müssen. Hier ist zum Beispiel die Verwaltungsgeschichte zum Teilbestand 6.7. Grundbesitz und Pacht:
Abb. 5: Ablage im Kammeramt des Stiftes Herzogenburg.
Der landwirtschaftlich genutzte Grundbesitz des Stiftes gliedert sich grundsätzlich in drei Eigentumsverhältnisse: in Stiftsbesitz, in Pfarr- und in Kirchenbesitz. Die Unterscheidung von Pfarr- und Kirchenbesitz geht auf die historische Trennung von Pfründenvermögen und Pfarrkirchenvermögen zurück. Das Pfründenvermögen (Pfarrbesitz) diente vor der Einführung der Priesterbesoldung dem Unterhalt des Pfarrers und wurde vom Inkorporationsträger gestellt. Das Pfarrkirchenvermögen (Kirchenbesitz) gehörte der Pfarre und war Teil der Kirchenrechnung. Der Liegenschaftsbesitz der inkorporierten Stiftspfarren wird vom Stift administriert. Die Einnahmen aus dem Kirchenbesitz werden von der stiftlichen Verwaltung an die Pfarren weitergegeben.
Die in Eigenregie geführte Landwirtschaft wurde vom Stift in den 1960er Jahren aufgegeben und Ackerflächen und Weingärten verpachtet. Durch Verkauf von landwirtschaftlichen Flächen und Ankauf des Reviers Kleinzell im Jahr 1965 wurde der Schwerpunkt auf die Forstwirtschaft verlegt.
Die Kenntnis über Arbeitsabläufe und Textsorten, über Strukturwandel und Medienwechsel in der klösterlichen Wirtschaft kann bei Benützerinnen und Benützern nicht als bekannt vorausgesetzt werden. Entstehung und Geschichte von Wirtschaftsunterlagen werden darum erläutert. Für den Teilbestand Rechnungswesen sehen die Verwaltungsgeschichten folgendermaßen aus:
Verwaltungsgeschichte zum Teilbestand H.6.1. Rechnungswesen
Einzelne Rechnungen und Quittungen sind seit dem 16. Jahrhundert überliefert. Eine regelmäßige Rechnungslegung erfolgte ab dem 17. Jahrhundert durch den Hofrichter. Im 18. Jahrhundert sind Grundschreiber- und Kämmererrechnungen extra ausgewiesen. Seit 1722 gibt es jahresweise Rechnungsbücher, die bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts vom Rentamt, danach von der Buchhaltung im Kammeramt geführt wurden.
Die Stiftsgüter St. Andrä und Dürnstein hatten bis 1913 eigene Buchhaltungen. Kasten- bzw. Wirtschaftsamt (inklusive Gut Primmersdorf), Kelleramt, Waldamt und Küchenamt führten bis 1926 eigene Rechnungsbücher, deren Monats- bzw. Jahressummen in die Hauptrechnungen übernommen wurden. Auch Prälatur und Bauamt führten zeitweise ebenfalls eigene Rechnungsjournale.
Seit 1927 gibt es jahresweise Bilanzen und Rechnungsabschlüsse.
Verwaltungsgeschichte zur Serie Hofrichter im Teilbestand H.6.1. Rechnungswesen
Abb. 6: Rechnungsbücher, 17. Jh., Stiftsarchiv Herzogenburg.
Die Hofrichter legten als oberste Stiftsbeamte ihre Rechnungen vor dem Propst, und zwar in monatlichen Abrechnungen und in Jahresabrechnungen (Raitschlüsse). Die Rechnungsbelege waren nummeriert und den Monatsrechnungen beilegt. Von 1580 bis 1715 sind aus dem Hofrichteramt buchförmige Rechnungsregister überliefert, in denen die Ausgaben journalmäßig gebucht sind.
Verwaltungsgeschichte zur Serie Grundschreiber- und Kämmererrechnungen im Teilbestand H.6.1. Rechnungswesen
Um das Jahr 1715 erfolgte aufgrund des barocken Neubaus des Klosters eine Umstellung des stiftlichen Rechnungswesens. Erstmals erscheint das Stiftsamt des Kämmerers als Finanzverantwortlichen des Klosters, und zwar in Zusammenhang mit den Baurechnungen. Auch eigenständig geführte Grundschreiberrechnungen sind aus dem 18. Jahrhundert überliefert.
Verwaltungsgeschichte zur Serie Rentamtsrechnungen im Teilbestand H.6.1. Rechnungswesen
Zentraler Ort der Buchhaltung war das Rentamt. Die Bezeichnung leitet sich von „Renten“, den grundherrschaftlichen Abgaben der Grundholden, ab. Das Rentamt führte ab 1722 jahresweise Rechnungshauptbücher und ab 1809 Journalbücher.
Im Journal werden alle Geschäftsfälle chronologisch erfasst. Im Hauptbuch werden alle Buchungen des Journals auf Konten (Sachmaterien) eingetragen. Durch die Aufzeichnungen im Hauptbuch wird also die sachliche Ordnung der einzelnen Geschäftsvorfälle vorgenommen. Grundlage jeder Buchung und der Nachweis für die Richtigkeit der Aufzeichnung ist der Rechnungsbeleg. Die Belege tragen eine Nummer, die sich bei der entsprechenden Buchung im Journal und im Hauptbuch wiederfindet.
1795 wurde im Rentamt des Stiftes Herzogenburg auf eine doppelte Buchführung in Form einer Kameralbuchhaltung umgestellt. Doppelte Buchführung bedeutet, dass von nun an jede Buchung im Hauptbuch nicht nur einmal, sondern zwei Mal erfolgt. Jeder Geschäftsvorfall wird doppelt erfasst, jedoch auf verschiedenen Konten. Gebucht wird jeweils genau der gleiche Wert im Soll (Eingänge, Forderungen) und im Haben (Ausgänge, Verbindlichkeiten). Die Differenz der Summe der Einträge auf der Soll- bzw. auf der Haben-Seite ist der Saldo. Die Kameralbuchhaltung ist ein Sonderfall der doppelten Buchführung. Ihre Grundlage ist die Planrechnung, also ein Haushaltsplan oder Budget, und der Abgleich von Soll und Ist.
Zuständig für das Rentamt war bis zur Grundentlastung der Hofrichter, danach ein angestellter Verwalter und Buchhalter. Die leitende Verantwortung für die Vermögensverwaltung hat der Kämmerer.
1927 endeten die Rentamtsrechnungen und die Finanzgebarung wurde auf eine moderne Buchhaltung umgestellt.
Verwaltungsgeschichte zur Serie Buchhaltung im Teilbestand H.6.1. Rechnungswesen
Die Buchhaltung, die im Kammeramt des Stifts geführt wird, ist eine Fortsetzung der älteren Rentamtsrechnungen. Die neuen Reihen der Rechnungsbücher beginnen zwischen 1927 und 1929. Rechnungsbeilagen sind seriell seit 1795 überliefert.
1950 wurde von buchgestützter Buchhaltung auf die Karteibuchhaltung umgestellt. Dabei erfolgt die Buchung mithilfe eines Durchschreibeverfahrens gleichzeitig im Journal und auf das Konto des Hauptbuches in Form von Kontoblättern.
1995 wurde die Umstellung auf Elektronische Datenverarbeitung (EDV) vollzogen.
In Verwaltungsgeschichten werden auch Organisationsstrukturen staatlicher Behörden, besondere Steuerformen und ähnliches erklärt, die für das Verständnis der klösterlichen Wirtschaftsunterlagen wichtig sind, so zum Beispiel bei der Serie Religionsfond und Gebührenäquivalent im Teilbestand 6.1. Rechnungswesen:
Abb. 7: Unterlagen zum Religionsfond, 19. Jh., Stiftsarchiv Herzogenburg.
Der Religionsfond war eine Vermögensmasse, die unter der Regierung Kaiser Josephs II. (1780-1790) aus dem Besitz aufgehobener Klöster gebildet wurde und die der Priesterbesoldung und der Pfarrdotation diente. Das Stift zahlte nicht nur wie alle größeren kirchlichen Einrichtungen Abgaben an den Religionsfond, sondern empfing auch Beiträge zur Besoldung der Stiftspfarrer (Kongruaergänzung). Mit der Beschlagnahme des Religionsfonds 1938 durch das Nationalsozialistische Regime endeten die Zahlungen.
Ab 1850 wurde das Gebührenäquivalent eingehoben. Es war eine alle zehn Jahre vom Immobiliarvermögen kirchlicher Einrichtungen erhobene Steuer, die als Äquivalent der von anderen Steuerpflichtigen gezahlten Erbschaftssteuer diente. Die Steuer bestand bis 1938.
Verwaltungsgeschichten gibt es im Findbehelf des Stiftes Herzogenburg nicht nur auf der Ebene der Teilbestände und Serien, sondern sogar bisweilen in der Verzeichnungsstufe Akt/Einzelstück, zum Beispiel bei den Akten betreffend Wiederbesiedelungsgesetz von 1919 (H.6.7.-F.1014/2):
Das Gesetz über die "Wiederbesiedlung gelegter Bauerngüter und Häusleranwesen (Wiederbesiedlungsgesetz)" wurde am 31. Mai 1919 von der Republik Deutschösterreich erlassen (Staatsgesetzblatt 310/1919). Durch das Gesetz wurden die Agrarbehörden ermächtigt, Grundstücke zu enteignen, wenn sich diese vor dem 1. Jänner 1870 in (klein-)bäuerlichem Besitz befunden hatten und seitdem eine Änderung der Eigentumsverhältnisse stattgefunden hatte. Auf diesen „gelegten" Bauerngütern sollten wieder kleinbäuerliche Strukturen etabliert werden. Das Gesetz bezog sich auf Grundstücke, die hauptsächlich Zwecken der Jagd oder der Spekulation dienten, Grundstücke, die Teil eines vornehmlich forstwirtschaftlichen Betriebes geworden waren und solche, die nunmehr zu landwirtschaftlichen Großbetrieben gehörten. Auch gegen das Stift Herzogenburg wurde mehrere Enteignungsverfahren eingebracht, jedoch großteils abgewiesen.
In der langen Tradition eines Stiftes wie Herzogenburg gibt es natürlich auch Wechsel in den Organisationsstrukturen von Wirtschaft und Verwaltung. Das führt dazu, dass Unterlagen zu denselben Aufgabenbereichen oder Sachmaterien im Archiv in unterschiedlichen Teilbeständen oder Serien zu finden sind. Die Zuständigkeit für den klostereigenen Ziegelofen wechselte beispielsweise vom Forstamt zum Kelleramt und schließlich zum Kammeramt, daher gibt es dort in der Serie Sägemühle und Ziegelofen folgenden Verweis im Feld „Verwandte Unterlagen“:
H.6.3.-B.3 (Forst- und Ziegelofenrechnung 1823-1825); H.6.4.-B.8 (Kelleramt- und Ziegelofenrechnung 1831)
Im Teilbestand 6.10. Personal wird auf folgendes Schriftgut verwiesen:
Akten über Land- und Saisonarbeiter 1912-1950 im Teilbestand Wirtschaftsamt (H.6.2-F.1014).
Auch auf Pläne, die aus dem Aktenzusammenhang entnommen wurden, um sie im Planschrank zu lagern, wird verwiesen.
7. Was bisher geschah: Bestandgeschichten und Klassifikationen
Archivische Vorgeschichten, die verdeutlichen, warum Bestände, Teilbestände oder Serien so und nicht anders zusammengesetzt sind, werden im ISAD-Element „Bestandsgeschichte“ erklärt, zum Beispiel in der Serie Religionsfond und Gebührenäquivalent:
Im Zettelkatalog von 1933/34 sind nur zwei Faszikel als den Religionsfond betreffend ausgewiesen, welche dieser Serie zugewiesen wurden. Da Angelegenheiten des Religionsfonds Aktenverkehr mit staatlichen Stellen beinhaltet, sind Unterlagen zum Religionsfond auch in den Akten und Korrespondenzen der Pröpste enthalten. Die Religionsfondabgaben und das Gebührenäquivalent mussten für alle Liegenschaften, auch solche, die als Pfarrdotation dienten, zentral vom Stift geleistet werden. Als Bemessungsgrundlage wurden Vermögensausweise erstellt. Bei Erschließungsarbeiten in den 1990er Jahren wurden die chronologischen Serien dieser Vermögensausweise zum Teil nach topographischen Kriterien zerteilt und den Akten der einzelnen Stiftspfarren und der Stiftsgüter St. Andrä und Dürnstein zugeordnet.
Das Verzeichnungselement Ordnung und Klassifikation wurde benutzt, um die Ablageordnungen der übergebenden Stellen festzuhalten, für das Forstamt zum Beispiel in dieser Weise:
Von 1945 bis ca. 1970 wurde im Forstamt der Schriftverkehr in allgemeinen Korrespondenzordnern abgelegt und die weiteren Unterlagen wurden nach Revieren geordnet. Für manche Betreffe wurden außerdem Einzelakten gebildet. In den 1970er und 1980er Jahren wurden Konvolute in Mappen angelegt. Ungeordnete Einzelakten wurden im Archiv zu Sachakten gebündelt, und zwar in der Ordnung der Sachaktenablage des Forstamts, die seit ca. 1990 nachvollziehbar ist.
Und auf der Ebene Serie zum Beispiel für die Serie Jagd und Fischerei so:
Ablageordnung im Forstamt (Stand 2018):
- Jagd: Jagdgebietsfeststellung (inkl. Bescheide, Abrundungen…)
- Jagd: Verträge (Pacht und Abschussverträge samt div. Schriftstücken)
- Jagd: Abschusspläne und Abschusslisten nach Revieren
- Fischerei: Verträge, Lizenzen usw. samt div. Schriftstücken
8. Die Qual der Wahl: Bewertung und Skartierung
Im Findbehelf ist auch dokumentiert, was als nicht archivwürdig bewertet und daher ausgeschieden wurde. Für die Serie Bescheide der Baubehörde und Wasserrechtsbescheide sieht das dann beispielsweise so aus:
Aus sämtlichen Bescheiden, die das Stift erhält und die im Kammeramt abgelegt werden, sind im Archiv jene herausgezogen worden, die das Stift als Grundeigentümer oder Antragsteller betreffen oder in denen das Stift als Anrainer Stellung genommen hat. Alle anderen Verhandlungsschriften und Bescheide der Bau- bzw. Wasserrechtsbehörde, die an das Stift als Anrainer ergehen, werden skartiert.
Nicht nur aus Platzgründen ist es wichtig, die Überlieferungsbildung durch Skartierungen zu gestalten. Aufgabe der Bewertung ist eine qualitative Verdichtung durch quantitative Verringerung. Dabei wird im Stiftsarchiv Herzogenburg nach folgenden Bewertungskriterien vorgegangen:
8.1. Archivprofil
Das Stiftsarchiv kann zwar nur sehr beschränkt ein Abbild von Ordensleben sein, weil sich dieses in vielen, zumeist nicht verschriftlichten Formen ausdrückt. Es soll aber das Vorgehen beim klösterlichen Wirtschaften, in dem viel Schriftgut produziert wird, widerspiegeln. Es ist nicht Aufgabe des Stiftsarchivs zu dokumentieren, wie zum Beispiel eine Rauchfangkehrerrechnung, ein Erlagschein oder ein Behördenbescheid vor 100 Jahren ausgesehen hat. Vielmehr sollen klösterliche Verwaltungs- und Entscheidungsprozesse transparent gemacht und wichtige Vorfälle und Ereignisse in der Wirtschaftsgeschichte dokumentiert werden. Bei der Überlieferungsbildung wird also nach der Aussagekraft der Unterlagen unter diesem Aspekt gefragt.
8.2. Tradition
Klosterwirtschaften sind auch deswegen so einzigartig, weil sie wie das Stift Herzogenburg schon seit Jahrhunderten bestehen und daher eine Wirtschaftsgeschichte über einen viel längeren Zeitraum abbilden als jedes säkulare Wirtschaftsunternehmen. Darum wird im Stiftsarchiv grundsätzlich alles Schriftgut bis zum Jahr 1950 als archivwürdig bewertet, was möglich ist, weil die Überlieferung von Wirtschaftsunterlagen bis dahin noch nicht sehr umfangreich ist.
Die Archivwürdigkeit von Serienakten, die besonders lange in gleichförmiger Weise geführt wurden, ist auch dann noch gegeben, wenn sie das Stichjahr überschreiten. So sind im Stiftsarchiv beispielsweise die Beilagen zur Jahresrechnung des Stiftes seit 1795, als die Umstellung auf Kameralbuchhaltung erfolgte, lückenlos überliefert. Obwohl Rechnungsbelege zwar grundsätzlich als nicht archivwürdig bewertet wurden, wird diese Serie im Archiv aber trotzdem bis 1979 weitergeführt. In diesem Jahr erfolgte die Wahl eines neuen Propstes und in Folge eine Umstellung des stiftlichen Rechnungswesen und die Modernisierung der Buchhaltung. Was mit der weiteren Rechnungsüberlieferung geschehen sollte, darüber führten wir im Stiftsarchiv eine ausführliche Bewertungsdiskussion. Die Grundfrage war, welche wichtigen Informationen in den Rechnungen in keiner anderen Unterlage enthalten sind, wie zum Beispiel die Dokumentation von Bauarbeiten in einer Stiftspfarre, der Ankauf eines Paraments für die Stiftskirche oder die Restaurierung eines Bildes im Stiftsmuseum. Es erschien uns am besten, dass die Buchhaltung nicht Hauptüberlieferungsträger für solche erinnerungswürdigen Informationen sein sollte. Vielmehr sollten die zuständigen Offiziale, also der Bauamtsleiter, der Sakristeidirektor oder der Sammlungskustos ihre Ablage so führen, dass Tätigkeiten und Anschaffungen gut dokumentiert sind und ihren Akten gegebenenfalls Kopien der Originalrechnungen beilegen. Die archivische Bewertungsdiskussion hatte also Auswirkungen auf die aktuelle Aktenführung. Das Archiv, auch das Wirtschaftsarchiv, soll ja nicht der tote Ort sein, an dem die Ämter sich dessen entledigten, was sie nicht mehr benötigen, sondern es ist die Kompetenzstelle für die Gedächtnispflege des Klosters. Die Frage danach, woran später erinnert werden soll, hat nicht nur Auswirkungen auf das Wirtschaftshandeln oder die Geschichtsforschung, sondern rührt am Kern klösterlichen Lebens, weil sie gleichzeitig auch die Frage nach Selbstverständnis und Kontinuität stellt.
8.3. Primärwert und Sekundärwert
Der Primärwert ist die Bedeutung von Unterlagen im laufenden Verwaltungs- und Wirtschaftshandeln. Das Stiftsarchiv sichert die rechtlichen und strukturellen Grundlagen für Verwaltung und Wirtschaft des Klosters. Beispielsweise haben Verträge über Grundkäufe wegen ihrer rechtlichen Bedeutung einen hohen Primärwert. Da dieser Primärwert kein Ablaufdatum hat, sind solche Verträge archivwürdig. Wenn für das Stiftsarchiv der Primärwert nicht eindeutig einzuschätzen ist, wird mit den Verantwortlichen in den Wirtschaftsstellen Rücksprache gehalten.
Abb. 8: Archivkarton im Zwischenarchiv, Stiftsarchiv Herzogenburg.
Nicht selten bleibt der Primärwert auch nach Übergabe an das Archiv erhalten. Gerade bei den Wirtschaftsunterlagen, die Grundbesitz betreffen, werden immer wieder auch ältere Akten von Kammeramt oder Prälatur aus dem Stiftsarchiv angefordert. An das Archiv übergebene Unterlagen werden darum nicht sofort archiviert, was Bewertung und Skartierung miteinschließen würde, sondern verbleiben im Zwischenarchiv, für das im Archivdepot ein eigenes Regal vorgesehen ist. Skartierungen erfolgen erst bei Unterlagen, die älter als 50 Jahre sind. Das entspricht auch der Schutzfrist gemäß Archivordnung.
Natürlich werden auch Unterlagen archiviert, die für die laufende Verwaltung keine Bedeutung mehr besitzen, und zwar aufgrund ihres Sekundärwerts, den das Schriftgut als Archivgut erhält, weil es historische Entwicklungen nachvollziehbar macht. Ein Stiftsarchiv verwahrt solche Unterlagen nicht nur für die historische Forschung, sondern auch im Dienst der Memorialkultur des Klosters selbst. Die Verantwortlichen einer Klosterwirtschaft sind sich bewusst, dass sie nicht als Eigentümer agieren, sondern vielmehr als Treuhänder. Tradition und Nachhaltigkeit spielen daher eine wichtige Rolle in der Klosterwirtschaft, und die Archivierung von Wirtschaftsunterlagen stärkt die Identität des Stiftes und seines Wirtschaftshandelns.
Unterlagen, die weder Primär- noch Sekundärwert haben, müssen vom Kammeramt erst gar nicht an das Archiv übergeben werden. Sie werden für die Dauer der gesetzlich vorgeschriebenen Aufbewahrungsfristen in der dortigen Altregistratur aufbewahrt und dann an Ort und Stelle skartiert. Die Entscheidung über die Archivwürdigkeit wurde vom Stiftsarchiv für bestimmte Gruppen von Unterlagen getroffen. Dazu habe ich die vollständige Ordnerablage im Kammeramt in einer Liste erfasst und gemeinsam mit dem Stiftsarchivar bewertet, was ins Archiv übergeben werden soll und was nicht. Diese Skartierordnung wurde anschließend dem Kammeramt übergeben.
8.4. Informationswert und Evidenzwert
Wirtschaftsunterlagen werden als archivwürdig bewertet, wenn der Inhalt der Akten wichtig ist (Informationswert) und/oder wenn das Schriftgut Abläufe beim klösterlichen Verwalten und Wirtschaften dokumentiert (Evidenzwert). Der Bescheid einer Baubehörde hat einen hohen Informationswert, wenn er das Stift als Bauträger direkt betrifft, und einen geringen, wenn das Kloster nur Anrainer eines Bauvorhabens ist. Der Evidenzwert ist klein, weil die Dokumentation über die Verfahrensweise einer öffentlichen Behörde keine Aufgabe des Stiftsarchivs ist.
Einen hohen Evidenzwert haben beispielsweise die Pachtverträge des Stiftes, weil sie die Pachtverhältnisse zwischen Kloster und Pächter abbilden, allerdings ist ihr Informationswert vergleichsweise gering, weil die inhaltliche Information, wer wann einen Acker oder Weingarten vom Stift gepachtet hat, in den Pächterlisten besser und komprimierter enthalten ist. Es wurde daher entschieden, Bescheide der Baubehörde nur zu archivieren, wenn sie das Stift betreffen, und von gleichlautenden Pachtverträgen nur drei Einzelstücke zu Dokumentationszwecken zu archivieren, den Rest aber zu skartieren.
Abb. 9: Versicherungsakten, um 1970, Stiftsarchiv Herzogenburg.
Versicherungsunterlagen wie Polizzen und darauf bezogene Korrespondenzen haben weder nennenswerten Informations- noch Evidenzwert. Allerdings finden sich in der Ablage zu den Versicherungen bisweilen einzelne Schriftstücke, deren Informationswert groß ist, wenn sie zum Beispiel einen Brand dokumentieren oder zwecks Prämienbemessung eine Gebäudebeschreibung oder ein Inventar erstellt wird. Solche Einzelstücke werden dann aus den Akten herausgezogen und archiviert, der Rest jedoch skartiert.
Welche Informations- und Evidenzwerte hoch sind, ist nicht immer leicht zu entscheiden. Als Guideline dient das bereits angesprochene Archivprofil. Wichtig ist, dass Skartierungen dokumentiert werden. Im Teilbestand Forstamt werden beispielsweise alle Zusendungen und Protokolle von Verbänden und Fachorganisationen, denen der stiftliche Forstbetrieb angehört, skartiert, dies wurde aber im Findbuch festgehalten, sodass die Evidenz darüber überliefert ist.
8.5. Redundanz
Steht fest, welche Information und welche Evidenz archivwürdig sind, ist noch zu entscheiden, in welcher Überlieferung beides am besten enthalten ist. Die Pachtverträge können deswegen skartiert werden, weil die Information über die Pächter übersichtlicher und knapper in den Pächterlisten enthalten ist.
8.6. Intrinsischer Wert
Es gibt Einzelstücke in Wirtschaftsunterlagen, die nach den bisher beschriebenen Kriterien nicht archivwürdig sind, die aber trotzdem archiviert werden, weil sie besondere, einzigartige Merkmale in der äußeren Erscheinungsform oder in ihrem Inhalt haben. Ein Pachtvertrag könnte zum Beispiel intrinsischen Wert haben, wenn der Pächter in einem nahen Verwandtschaftsverhältnis zum Propst steht. Zu den nicht archivwürdigen Unterlagen des Kammeramts gehören etwa alle Akten über den Fuhrpark des Stiftes, allerdings wurden die Kfz-Papiere des ersten Stiftsautos, das nach dem 2. Weltkrieg im Jahr 1952 angeschafft wurde, archiviert, weil sie auch ein Foto des Fahrzeugs enthalten. Derlei Einzelstücke sind besonders für Archivalienausstellungen, die das Stift regelmäßig im Stiftsmuseum und in der Stiftsbibliothek macht, reizvoll und haben daher einen hohen intrinsischen Wert.
9. Ausblick: Digitale Archivierung
Das Stiftsarchiv ist nicht nur ein Gedächtnisort des Klosters und Forschungsstelle für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, es ist auch eine Verwaltungsstelle. Im Wirtschaftsarchiv wird Rechtssicherheit geschaffen und Kontinuität und Transparenz in der Verwaltung sichergestellt. Im Archiv geht der Blick daher nicht nur in die Vergangenheit, sondern auch in die Zukunft.
In den klösterlichen Wirtschaftsstellen ist der Computer schon lange das wichtigste Arbeitsinstrument. Noch werden im Kammeramt des Stiftes Herzogenburg wichtige Dokumente ausgedruckt und in Ordnern abgelegt, aber viele temporäre Arbeitsmittel sind nur digital vorhanden, etwa Pläne, E-Mail-Korrespondenzen, Aktenvermerke und ähnliches. Die digitale Überlieferungsbildung ist keine Zukunftsvision, sie hat schon begonnen. Im Stiftsarchiv Herzogenburg setzen wir auf die Beratung der abgebenden Stellen, um die Grundlagen für die digitale Archivierung zu schaffen. Wichtig sind dabei eine klar strukturierte Abspeicherung, die der Gliederung der analogen Ordnerablage folgt, die Formatierung (nur Dokumente in pdf können archiviert werden), die richtige Benennung der Dateien und vieles mehr.
Abb. 10: Titelseite des Behelfs „Richtiger Umgang mit digitalen Unterlagen“.
Die Arbeitsgemeinschaft der Ordensarchive Österreichs hat den Behelf „Richtiger Umgang mit digitalen Unterlagen in Leitungen, Verwaltungen und Archiven von Ordensgemeinschaften“ herausgegeben.6 Dieses Dokument leitet zum Aufbau einer digitalen Schriftgutverwaltung als erster Stufe zur digitalen Archivierung an. Im Bereich des Digitalen reicht es nicht mehr, im Archiv abzuwarten, bis aus den Büros elektronische Unterlagen übergeben werden, denn wenn die Dateien nicht richtig strukturiert, formatiert und benannt sind, kann man damit im Archiv nichts anfangen.
Auch Datenschutzaspekte sind zu berücksichtigen. Eine Archivierung digitaler Unterlagen ist selbst dann möglich, wenn gesetzlich eine Vernichtung von Daten zu erfolgen hat, weil elektronische Archivierung eine Löschung ersetzt.7 Aber diese digitalen Unterlagen einfach im Computer in Ökonomat oder Kämmerei weiter zu speichern, ist keine Archivierung, die der Datenschutzgrundverordnung entspricht. Wie es richtig geht, wird im Behelf der österreichischen Ordensarchive ausführlich erläutert.
Das Kammeramt des Stiftes Herzogenburg hat schon viele Strukturwandel und Medienwechsel durchlebt, und das Stiftsarchiv gibt Zeugnis dieser wechselhaften und traditionsreichen Wirtschaftsgeschichte. Für zukünftige Veränderungen und den Aufbruch ins digitale Zeitalter ist das Stift mit seinem gut eingerichteten Wirtschaftsarchiv bestens gerüstet.
Helga Penz studierte Geschichte, Kunstgeschichte, Museumskunde und Archivwissenschaft in Wien. Als Archivarin und Historikerin arbeitete sie in mehreren Ordensarchiven, zuletzt im Stiftsarchiv Herzogenburg. Von 2010 bis 2018 leitete sie das Referat für die Kulturgüter der Orden. Seit 2019 ist sie für das Forschungsprojekt „Geschichte der Barmherzigen Schwestern des Hl. Vinzenz von Paul in Wien-Gumpendorf“ tätig.
Kontakt: helga.penz@yahoo.com
1 Helmuth FEIGL, Die niederösterreichische Grundherrschaft vom ausgehenden Mittelalter bis zu den theresianisch-josephinischen Reformen (Forschungen zur Landeskunde von Niederösterreich 16, St. Pölten 21998).
2 Zur Serienebene als Ordnungselement siehe: Verband Österreichischer Archivarinnen und Archivare (VÖA), Umsetzungsempfehlungen zu ISAD(G) und ISDIAH, in: Scrinium 68 (2014) 113–179, hier 146. Online unter https://www.voea.at/tl_files/content/Standards/Empfehlungen_ISDAG(G)_ISDIAH_Scrinium_68.pdf [Zugriff 18.08.2019].
3 Ich danke herzlich Robert Passini, der die Archivdatenbank für das Referat für die Kulturgüter programmiert und mich beim Aufbau der Datenbank für das Stift Herzogenburg unterstützt hat. Zum Download der Datenbank: http://kulturgueter.ordensgemeinschaften.at/termine-service/datenbanken [Zugriff 03.10.2019].
4 Zum Download der Findmittel des Stiftsarchivs Herzogenburg: https://www.stift-herzogenburg.at/besuchen-und-entdecken/archiv/ [Zugriff 03.10.2019].
5 ISAD(G) – Internationale Grundsätze für die archivische Verzeichnung, übersetzt und neu bearbeitet von Rainer Brüning, Werner Heegewaldt und Nils Brübach (Veröffentlichungen der Archivschule Marburg 23, 2. überarb. Aufl. 2002) 36. Online unter https://www.archivschule.de/uploads/Publikation/VOE23/VOe23_2011_Gesamt.pdf [Zugriff 18.08.2019].
6 Zum Download des Behelfs: https://www.ordensgemeinschaften.at/dl/NqMOJKJkNLMJqx4KJK/handreichung_2019_print_pdf [Zugriff 03.10.2019].
7 Kurzinformation des Verbandes Österreichischer Archivarinnen und Archivare zur EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Online unter http://www.voea.at/tl_files/content/DSGVO/Information_zur_DSGVO_2018%202.pdf [Zugriff 03.10.2019].