IPM Monitoring (Integrated Pest Management)
Vortrag beim Vernetzungstreffen Kulturgüterpflege am 11.2.2019 in Innsbruck
70.000 Bände beherbergt in ihrer einzigartigen Konzeption die weltgrößte Stiftsbibliothek Admont. Die spätbarocke Ausstattung des Raumes und die Bücher vereinen sich zu einem Gesamtkunstwerk. Es sind verschiedene Materialien wie Papier, Pergament, Leder, Holz, Metall, aber auch unterschiedliche Klebstoffe und Bindemittel, die allesamt dafür verwendet wurden, Wissen sichtbar zu machen und dieses für die Zukunft zu erhalten.
Abb. 1: Stiftsbibliothek Admont Foto: Marcel Peda
Die naturwissenschaftlichen allgegenwärtigen Abbaumechanismen werden poetisch in der Dichtung zum Ausdruck gebracht: Es nagt der Zahn der Zeit. Für die Schadinsekten stellt die Fülle an organischem Material eine beliebte Nahrungsquelle dar. Alle Bibliotheken stehen vor dieser Problematik von Angebot und Nachfrage. Sie ist schlichtweg allgegenwärtig.
Nachdem man bei einzelnen Büchern Bohrmehl fand, wurde im Oktober 2014 im Bibliothekssaal eine Schadenserhebung am Buchbestand vorgenommen, das Ausmaß der Schäden gesichtet und weitere Vorgehensweisen mit Fachleuten ausgearbeitet. Eine Begasung des Bibliothekssaales war nun der erste Schritt einer Schadensabwehr. Hierbei wurde der Saal im November 2014 hermetisch abgedichtet und 69 Stunden mit Sulfuryldifluorid begast. Da sich nun im Buchfalz Kotrückstände der Insekten, tote Larven und vieles mehr befand, wurde im Mai 2015 begonnen, alle 70.000 Bücher von vier Mitarbeiterinnen mit externen Staubsaugern, die außerhalb der Bibliothek in Holzeinhausungen geschützt an der Stiftsfassade platziert wurden, Seite für Seite abzusaugen und zu reinigen. Mit kolloidalem Silberwasser desinfizierte man prophylaktisch die Holzregale und danach konnten die gereinigten Bücher wieder in die Regale zurückgestellt werden. Während der Reinigung gab es immer wieder Arbeitsproben und Besprechungen, um einen hohen Qualitätsanspruch zu gewährleisten. Im September 2016 wurde das Projekt der Bücherreinigung abgeschlossen.
Abb. 2: Bohrmehlfund
Abb. 3: Buchabsaugung
Um weiterhin den Buchbestand zu erhalten, wurde ich beauftragt, weitere Schritte einzuleiten. Ich nahm in Wien an einem Kurs, unter der Leitung von Dr. Pascal Querner teil, bei dem ich viel über die Insekten und deren Entwicklungen, Schadenserhebung und Schadensbekämpfung und das Monitoring erfuhr. Die Klebefallen sind ein sehr wichtiger Teil, um das Problem zu evaluieren und die Schädlinge und deren Verbreitung zu bestimmen und einzudämmen. Im Stift finden nun vier verschiedene Fallentypen ihren Einsatz. Sie werden in kurzen Abständen von mir kontrolliert, zweimal im Jahr ausgetauscht und ausgewertet.
Abb. 4: Schabenfalle
Um die Übersicht nicht zu verlieren, habe ich für jeden einzelnen Bereich, in dem ich die Fallen aufgestellt habe, eigene Lagepläne entworfen. Diese Pläne erleichtern mir die Arbeit, indem ich die auszuwechselnden Fallen am Schreibtisch vorbereiten kann. Jede Falle hat eine bestimmte Bezeichnung und das jeweilige Datum. Vor Ort wird dann von der Falle die Schutzfolie abgezogen, gefaltet und ausgetauscht. Die Auswertung erfolgt dann wiederum am Schreibtisch mit Fotografieren, Begutachten mit Mikroskop und anschließendem Festhalten der Daten in einer Exceltabelle. Es ist dann übersichtlich zusammengefasst in welchem Zeitraum welche Arten von Käfer oder Larven und deren Anzahl vorhanden waren.
Abb. 5: Fallenauswertung
Eine weitere Form der Schädlingsbekämpfung ist das Ausbringen von Nützlingen, denn IPM setzt primär alternative Bekämpfungsmaßnamen ein und vermeidet den Einsatz von giftigen Insektiziden. In unserem Fall habe ich Schlupfwespen in den Regalen, in denen Bohrmehl gefunden wurde, verteilt. Diese Insekten finden mit ihrem ausgeprägten Geruchsinn die Larven der Schädlinge und legen in diese ihre Eier ab. Schlüpfen die Larven der Schlupfwespen, leben sie als Parasiten in der Schädlingslarve und fressen diese dann von innen her auf. Es ist aber nicht nachvollziehbar, wie viele Schädlinge wirklich durch diese Vorgangsweise vernichtet werden.
Leider ist es uns im Stift noch nicht wirklich gelungen, den genauen Herkunftsort zu lokalisieren, wo die Insekten in das Gebäude eindringen. Mit dem Monitoring kann herausgefunden werden, wo sich die meisten Insekten aufhalten um dort gezielt Maßnahmen zu setzen. Oberstes Gebot ist jedoch vor allem die Sauberkeit. Eine regelmäßige Reinigung aller Ausstellungs- und Depotbereiche ist unbedingt notwendig. Bei uns im Stift wird nun im nächsten Schritt der Dachboden oberhalb der Bibliothek von den Baurückständen befreit und an einer Lösung für die Fledermäuse gearbeitet, die dort den Schädlingen genug Nahrung bieten. Weiters werden auch die Fugen im Fußboden der Bibliothek gesaugt und nicht nur gewischt. Neu angelieferte Kartonagen werden nicht im Archiv, sondern getrennt in einem eigenen Lagerraum aufbewahrt und beobachtet. Durch die Umwelteinflüsse, Klimaveränderungen und die Fähigkeit der Insekten, sich der jeweiligen Umgebung anpassen zu können, wird es uns sicher nicht gelingen, sie auszurotten. Doch vielleicht können wir ihre Anzahl in Schach halten und so unsere Schätze für unsere Nachkommen weiterhin erhalten.
Ute Rohrer ist seit 2015 Mitarbeiterin im Archiv des Stiftes Admont. Sie war zwei Jahre mit dem Projekt der Bücherreinigung in der Bibliothek betraut und hat 2017 das IPM-Management im Stift übernommen. Derzeit ist sie mit der Erschließung der Postkartensammlung beschäftigt und kontrolliert in der Bibliothek den Standort der Bücher und macht die Vorarbeiten für die neue Katalogisierung.
Kontakt: Ute.Rohrer@stiftadmont.at