Das Archiv der Legion Mariens in Wien
In der Wiener Zentrale der Legion Mariens1 lagern Archivbestände, die den gesamten chronologischen Verlauf der Legionsarbeit in Österreich seit 1948 dokumentieren. Laut Angaben der obersten Leitung der Legion in Dublin wirkt sie in mehr als 170 Ländern und zählt mehrere Millionen Mitglieder.2 In Afrika und Asien ist die Legion heute bekannter als in Europa; gerade die Verfolgung chinesischer Legionäre in den 1950er Jahren hat der Weltkirche ein Beispiel von Bekenntnis und Märtyrermut geschenkt.3 Mitglieder sind zu einem Teil Ordensleute, aber die Legion ist eine Laienorganisation, die „wie eine Armee aufgebaut ist“ und allen Katholiken offensteht, die „ihre Religion treu praktizieren“.4
Den Grundbestand des Wiener Archivs bilden die Senatus-Protokolle (1949–heute); sie sind eine wichtige Registratur für das Wirken der Legion und wachsen weiterhin. Der Senatus ist das höchste nationale Gremium der Legion im jeweiligen politischen Land und steht daher als höchster Rat in einer Pyramide, die auf der lokalen Ebene der Pfarrei basiert; der Rat auf der Pfarrebene nennt sich Präsidium. In allen Räten gibt es vier Amtsträger (Präsident, Vizepräsident, Schriftführer und Kassenführer) und – wo es möglich ist – einen Priester, der den Rat geistlich begleitet. Die Präsidien treffen sich wöchentlich, der Senatus dafür nur monatlich.
Abb. 1: Die Grundstruktur der Räte in der Legion Mariens (Bildquelle: Andrea Maria Červenka).
Es gibt zusätzliche Räte auf den dazwischen liegenden Ebenen. Die strukturell wichtigste unter ihnen ist die Curia; sie hat die Verwaltungshoheit über eine Anzahl von Präsidien. Generell gilt in der Legion, dass alle Räte dem nächsthöheren Rat berichten, sodass ein effizientes Kommunikationsnetzwerk entsteht; jeder Rat ist in die Pyramide eingebunden. Dieses Netz breitet sich im Fall von Österreich auch international aus, weil der Senatus mehrfach Missionsinitiativen ins europäische Ausland lanciert hat und lanciert; auch die regelmäßige Berichterstattung darüber wurde archiviert.
Die Bestände in der Rochusgasse umfassen etwa sieben Laufmeter Aktenmaterial. Das Archiv enthält Protokolle, Briefe und einige von der Legion herausgegebene Publikationen. Drei gebundene Briefsammlungen im Archiv umfassen Briefe des Gründers der Legion, Frank Duff,5 an die Gesandte Marie-Victoire Zacherl (die Briefe datieren von 1954–1979), an Anna Coreth (datieren von 1954–1963) und an verschiedene österreichische Senatuspräsidenten aus der Zeit von 1948 bis 1979.
Das Wiener Archiv ist von überaus großem Forschungswert für ein vertieftes Verständnis der apostolischen Bewegung der Legion Mariens in Österreich, aber auch für das Leben und Werk von Frank Duff und das religiöse Wirken zwei engagierter Katholikinnen adeliger Abstammung in der Nachkriegszeit. Zusammen mit den Protokollen ergeben sich wertvolle Einsichten in eine Gruppe von hochherzigen katholischen Laien und Klerikern, die über Jahrzehnte eine leitende Funktion in der Legion Mariens innehatten.
1. Zur Geschichte der Legion Mariens in Wien
Theodor Kardinal Innitzer bewilligte die Gründung der Legion Mariens in der Erzdiözese Wien am 23. Dezember 1948; Initiator der Bewegung war Universitätsprofessor Friedrich Wessely (1901–1970). Wessely war Priester der Erzdiözese Wien, Spezialist für Spirituelle Theologie und Kenner der Schriften des 1947 heiliggesprochenen Ludwig Maria Grignion de Montfort (1673–1716), dessen Mariologie die Legion prägt.
Die Präsidien der Legion tragen stets marianische Namen: das erste Präsidium in Österreich hieß „Königin des Weltalls“. Die Treffen fanden zunächst in der Wohnung des „Legionskaplans“ Friedrich Wessely statt, später im Sprechzimmer des Salesianerinnenklosters am Rennweg 10. Das zweite Wiener Präsidium hieß „Mutter der göttlichen Gnade“, das dritte „Mittlerin aller Gnaden“. Der Titel des ersten österreichischen Präsidiums, „Königin des Weltalls“, erinnert an die der Legion gestellte Aufgabe, „die Welt für Maria zu erobern.“6 Erste Kontakte zur Gründung weiterer Präsidien wurden eifrig in der Wiener Umgebung, aber auch in Linz und Salzburg geknüpft.7 Kopien der Protokolle der Wiener Präsidien wurden nach Dublin geschickt, an das Concilium.
2. Die vier Geistlichen Leiter des Senatus seit der Wiener Gründung
Die vier Geistlichen Leiter des Senatus, die seit 1949 im Amt waren, bekleideten auch außerhalb der Legion hohe kirchliche Ämter. Sie waren: Prof. Friedrich Wessely (1949–1970), P. Hans Hermann Groër OSB (1970–1987), P. Columban Luser OSB (1987–2001) und Lic. Florian Calice CO (seit 2001).8
Friedrich Wessely, am 12. Mai 1901 in Wien geboren und im Milieu einer österreichischen Beamtenfamilie in Dornbach (Wien XVII.) aufgewachsen, wurde 1923 Mitglied des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung; 1926 promovierte er an der Universität Wien im Fach Geschichte. Er wurde 1930 zum Priester geweiht, 1936 in Theologie promoviert und erhielt 1938 die Venia Legendi (Habilitation) für Moraltheologie. Während des Dritten Reiches wurde ihm ab 1940 die Lehre verboten, 1945 aber kehrte er an die Fakultät zurück. 1955 gründete er das „Jahrbuch für mystische Theologie“. Stets von schlechter Gesundheit geschwächt, musste er sich 1961 von der Universität Wien frühpensionieren lassen. Fortan widmete er sich in der Hauptsache der Legion Mariens. Sie wurde bis zum Lebensende seine Bestimmung; nach Wesselys Tod am 6. Dezember 1970 stand auf seiner Todesanzeige: „Sein Lebenswerk war die Begründung und der Ausbau der Legio Mariä in Österreich.“ Er hat 19 Bücher bzw. Kleinschriften veröffentlicht und Hunderte von gezeichneten und anonymen Publikationen in Zeitschriften.9
Hans Hermann Groër (1919–2003), der spätere Erzbischof von Wien, war seit seiner Zeit im Priesterseminar der Erzdiözese Wien (ab 1937) ein Schüler und Bewunderer von Friedrich Wessely. Der Professor war Groërs Primizprediger im Jahr 1942. Zwei Jahre danach trat der Neupriester, der einer altösterreichischen Offiziersfamilie in Wien entstammte, dem von Wessely gegründeten Oratorium Sanctissimae Trinitatis bei. 1947 promovierte er mit einer Arbeit in Dogmatik an der Wiener Katholisch-Theologischen Fakultät bei Karl Jellouschek OSB. Er war Studentenseelsorger und in mehreren Jugendgruppen als Kurat tätig. Die starke Prägung durch Wessely machte die intensive Zusammenarbeit in der Legion Mariens zur Selbstverständlichkeit.
1974 wurde Hans Groër nach mehr als 30 Priesterjahren Regularoblate im Benediktinerstift Göttweig; er verstärkte seine Bindung an das Stift durch den Eintritt ins Noviziat am 8. September 1976 und nahm Hermann als Ordensname an. Die Verbindung seines bisherigen Wirkens mit dem Mönchsorden erfolgte bei der Gründung des dem Stift Göttweig eingegliederten Benediktiner-Priorates St. Josef in Maria Roggendorf am 7. September 1991.
In der Legion Mariens wirkte Groër auf vielen Ebenen, schließlich war er ab 1970 als Geistlicher Leiter für den Senatus verantwortlich. 1986 wurde er unmittelbar – ohne vorausgehende bischöfliche Erfahrung – zum Erzbischof von Wien ernannt und geweiht. Am 28. Juni 1988 wurde er in das Kardinalskollegium aufgenommen. Nach Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen trat er 1995 als Erzbischof von Wien zurück; vier österreichische Bischöfe haben 1998 eine Erklärung veröffentlicht, in der sie die Vorwürfe für zutreffend erklärten; Groër bekannte sich nie dazu und wurde nicht verurteilt.10 Groër gab die geistliche Leitung des Senatus bereits 1987 an seinen langjährigen Assistenten und Göttweiger Mitbruder Columban Luser ab.11
Columban Luser, seit 2009 Abt des Stiftes Göttweig, wurde 1955 in Seitzersdorf-Wolfpassing (Erzdiözese Wien) geboren und besuchte das Gymnasium in Hollabrunn, wo er den Religionslehrer Hans Hermann Groër kennenlernte. Luser wurde am 8. September 1976, gemeinsam mit Groër, in Göttweig eingekleidet und studierte Theologie in Wien und Salzburg. Seine Magisterarbeit verfasste er über die Jugendpastoral der Legion Mariens in Wien.12 P. Columban wurde 1980 zum Priester geweiht und wirkte von 1987 bis 2001, in direkter Nachfolge Groërs, als Geistlicher Leiter des Senatus. Seit 1976 war er Groërs Assistent gewesen.
P. Florian Calice, wie alle seine Vorgänger ein Wiener, gehört seit April 1985 der Legion Mariens an: Bei seinem Eintritt stand er im 17. Lebensjahr. Seit 2001 ist er Geistlicher Leiter des Senatus. Calice ist seit 1986 Mitglied des Oratoriums des hl. Philipp Neri, wurde 1996 zum Priester geweiht und ist heute Pfarrer der Pfarre St. Rochus (Wien III.). Von 1999 bis 2001 war er Assistent von P. Columban Luser.13
Die Geistlichen Leiter prägen die Senatus-Sitzungen durch ihre Ansprachen und helfen oft bei der Entscheidungsfindung während eines Treffens. Gerade in der Zeit des Aufbaus und der Expansion der Legion in Österreich haben sie weichenstellend gewirkt; die Weiterentwicklung von einstigen Geistlichen Leitern zum Bischof oder Abt verleiht den Archivalien einen erheblichen Wert, weil sie den Werdegang der hohen Kleriker gründlich dokumentieren.
3. Zur Person von Frank Duff
Frank Duff (1889–1980) entstammte einer bürgerlichen Familie in Dublin; er war ab 1908 im Landwirtschaftsministerium, später im Finanzministerium tätig. An einer katholischen Schule kirchlich sozialisiert und inspiriert durch seine Mitgliedschaft in der St. Vinzenz von Paul-Gesellschaft (seit 1913), setzte er sich für die Verbreitung des katholischen Glaubens ein. Die Mittel dafür waren Hausbesuche und Straßenapostolat.
Abb. 2: Frank Duff (Bildquelle: Archiv der Legion Mariens).
Die soziale Not und das Leid von Prostituierten zu lindern machte er zu zwei Schwerpunkten seiner Tätigkeit; seine Mission war von marianischer Spiritualität durchdrungen. Von 1914 bis zu seinem Tod besuchte er täglich die Hl. Messe, sofern er nicht durch Krankheit verhindert war. In seiner Marienverehrung folgte er den Schriften von Louis-Marie Grignion de Montfort.14
Die Legion gründete er mit seinem Beichtvater P. Michael Toher; erst nach vier Jahren (1925) erhielt sie den Namen „Legio Mariae“. Duff hat auch die Erstauflage des Handbuchs der Legion verfasst, die er im Laufe seines Lebens mehrfach revidierte; nach seinem Tod gab es andere, leicht veränderte Auflagen. Dutzende weiterer mariologischer Schriften entstammten seiner Feder; viele wurden als Kleindrucke in gewaltigen Auflagen international verbreitet. Duff, der weder Theologie studiert, noch ein Priesterseminar besucht hatte, stellte ab 1934 sein ganzes Leben in den Dienst der Legion, die stets auf dem Prinzip freiwilliger Arbeit auf allen Leitungsebenen beruhte. Die vatikanische Einladung, als Laienauditor am Zweiten Vatikanischen Konzil teilzunehmen, war ein Höhepunkt in Frank Duffs Leben. Seit Pius XI. wurde er von jedem Papst des 20. Jahrhunderts in Privataudienz empfangen. 1996 wurde sein Seligsprechungsverfahren eingeleitet.15
Generell zeichnen sich Duffs in Wien liegende Briefe durch ihren hohen Informationsinhalt aus. Sein Schreibstil verrät ausgeprägte Gewissenhaftigkeit, die sich im präzisen Aufgreifen von dem, was seine jeweilige Korrespondentin ihm zuvor geschrieben hatte, niederschlägt. Er wiederholt die wichtigsten Inhalte des von ihm empfangenen Briefes und kommentiert sie Schritt für Schritt. Da im Wiener Archiv weder Abschriften noch Konzepte der Briefe nach Dublin erhalten sind, ist Duffs dialogischer Schreibstil für die historische Forschung besonders hilfreich.
4. Senatus-Protokolle
Beginnend mit 1949 setzt sich die Reihe der Protokolle mit wenigen Lücken bis heute fort. Die ersten 13 Mitglieder (elf Frauen und zwei Männer) traten am Fest der Darstellung des Herrn am 2. Februar 1949 in die Legion ein. Angaben zu den Mitgliedern der ersten Stunde umfassen ihren Namen, Wohnsitz, das Eintrittsdatum in die Legion, die von ihnen erhaltenen Ämter und Arbeitsaufträge sowohl innerhalb der Legionsstruktur als auch in missionarischen Initiativen nach außen. Ebenso liegen Namenslisten von „Hilfslegionären“ vor; diese Personen übernehmen freiwillige Gebetsverpflichtungen für die Legion, sind aber nicht bei den Veranstaltungen anwesend. Laien und Ordensleute können Hilfslegionäre werden.
Entsprechend dem Wachstum und der Entwicklung der Legion in Österreich entwickelten sich auch die Protokolle. Anfangs dokumentierten sie die Ebene einer kleinen Lokalgruppe der Legion (Präsidium). In den Anfangsjahren umfasste diese Gruppe etwa 20 Legionäre. Die von ihnen transkribierten Berichte sind auf die Pfarrgrenzen von St. Karl (Wien IV.) beschränkt und geben detaillierte Auskunft über Arbeitseinsätze und damit verbundene Gesprächsinhalte im Wien der Nachkriegszeit. Im Laufe der Jahre veränderten sich die Protokollinhalte, vor allem, als im Juli 1950 aus dem Präsidium ein Senatus wurde.16 Damit wechselten die Protokolle auf die nationale Ebene und befassten sich auch mit der Verwaltung von untergeordneten Räten. Die Teilnehmerzahl nahm auf ca. 60 Personen im Jahr 1970 zu; bis in die Gegenwart bleibt die Zahl der Teilnehmer zwischen 60 und 70 konstant. Zu den niedrigeren Stufen der Leitungspyramide gehörten Hunderte von Präsidien in allen Bundesländern und die von ihnen lancierten Ausbreitungsinitiativen in benachbarte Länder. Dazu kamen Berichte über peregrinationes – Auslandsinitiativen in weit entfernten Städten, die von Legionären in ihrem Urlaub auf eigene Kosten betrieben wurden. Auch Kopien der englischen Übersetzungen von Senatus-Protokollen, die monatlich nach Dublin geschickt wurden, sind in Wien erhalten.
Üblicherweise verzeichnet ein Senatus-Protokoll die Präsenz der anwesenden und der von der Teilnahme entschuldigten Mitglieder, kurze Zusammenfassungen von den geistlichen Ansprachen des verantwortlichen Priesters, Kurzfassungen der Berichte über apostolische Einsätze, Angaben zur Korrespondenz mit Auslandsinitiativen, Kassenberichte, sogenannte „Jahresberichte“ über die Tätigkeiten von Präsidien in Österreich und Allfälliges.
Der Dokumentationswert dieser Protokolle ist erheblich, entwickelte sich aber im Profil je nach der Wachstumsetappe der Legion in Österreich. Beschreibungen der Erfahrungen, die Legionäre bei Arbeitsaufträgen in den Jahren nach 1949 machten, zeugen von der damaligen Notlage in Wien. Es wird häufig Trauer über Gefallene vermerkt und über die Folgen von politisch motivierten Austritten aus der Katholischen Kirche berichtet.
Einige von den ersten apostolischen Einsätzen fanden im Umfeld der Pfarre St. Karl statt, später auch St. Rochus. Ein häufiger Arbeitsauftrag bestand damals und besteht auch heute in Hausbesuchen, unter anderem bei Familien, in denen sich ein Kind auf die Erstkommunion vorbereitete. Weitere frühe Initiativen waren ab 1949 die Etablierung von Seminarpräsidien in Hollabrunn (für Priesteranwärter) und bei den Schwestern vom armen Kinde Jesu (für Lehrerinnen).
Der Veranschaulichung wegen seien Angaben in einem Protokoll aus dem Jahr 1972 genannt. Das aus 45 Typoskriptseiten bestehende Protokoll schildert unter anderem eine Ausbreitungsinitiative in der DDR (Deutsche Demokratische Republik). Aus den Reihen der neun Teilnehmer, die im August 1972 zwölf Tage in den kommunistischen Teil Deutschlandes reisten, wurde der Geistliche Leiter später Generalvikar der Erzdiözese Wien; Seminaristen nahmen teil, die später Pfarrer wurden. Unter anderen Details geht der Bericht auf die kommunistische Reiseleiterin ein, die im Zielland für die Legionsgruppe zuständig war. Die apostolischen Tätigkeiten der Gruppe wurden der Reihe nach verzeichnet: Besuche bei katholischen Priestern, Mithilfe bei Kindertagen, Straßenapostolat und Kontakte mit Ausländern. Eine Dia-Reihe über die Fahrt wurde über niederösterreichische Legionäre als Nacharbeit der Missionsreise vertrieben. Das betreffende Senatus-Protokoll beinhaltet auch Nachrichten über Legionsgruppen in Österreich, darunter ein Blindenpräsidium in Wien.17
5. Briefe an den Senatus
288 von Duffs Briefen an den Senatus von 1948 bis 1979 liegen in zwei Bänden vor; zusätzlich zu den gebundenen Originalen ist ein weiteres photokopiertes Exemplar von jedem Band überliefert. Dem ersten Brief geht ein zehnseitiges Inhaltsverzeichnis voraus, worin jeder Brief nummeriert und datiert aufgelistet wird. Die Briefe sind (beinahe) alle Typoskripte und wurden eigenhändig vom Gründer der Legion Mariens unterschrieben. Handschriftliche Ergänzungen sind nicht selten, auch eigenhändige Korrekturen kommen vor, sowie gelegentliche Marginalien der Empfänger mit Notizen zur Übersetzung ins Deutsche. Alle Briefe von Duff sind auf Englisch verfasst; Empfänger sind oft die Amtsträger des Senatus. Mehrere sind an den Geistlichen Leiter, Friedrich Wessely, adressiert.
In den 1950er Jahren schrieb Duff bis zu 30 Briefe im Jahr an den Senatus-Präsidenten. Ab 1958 geht die Frequenz radikal zurück. Für 1959 und 1960 sind nur vier Briefe pro Jahr erhalten und danach meist nie mehr als zwei oder drei; aus den Jahren 1965 und 1968–1970 sind keine Briefe im Archiv vorhanden.
Der Brief an Senatus-Schriftführer Gregor Zacherl vom 28. Februar 1953 ist repräsentativ. Er ist mehr als zwei getippte DIN A4-Seiten lang – ein typischer Umfang für diese Sammlung – und schildert die Arbeiten an der deutschen Ausgabe des Legionshandbuchs, Übersetzungsarbeiten durch die Schriftstellerin Hilde Firtel,18 nach Ungarn gesandte Legionäre, Ausbreitungen in Kärnten und ein Legionstreffen im Erzbistum Salzburg, an der ein Münchner Weihbischof teilgenommen hat. Ebenso teilt er Nachrichten mit, die er vom irischen Botschafter im Vatikan über ein Gespräch mit Giovanni Montini erfährt. Montini war damals Pro-Staatssekretär und wurde 1963 Papst Paul VI.
Der darauffolgende Brief, datiert mit 17. April 1953, belegt den vertraulichen Charakter der Briefe; sie sind also nicht für das Vorlesen bei den Senatus-Treffen bestimmt. Duff berichtet Zacherl im Vertrauen über die Konflikte zwischen dem Jesuitenorden und der Legion, einem immer wieder auftretenden Thema. Duff war der Meinung, dass die Gesellschaft Jesu die Legion verhindern wolle; dies habe er einem Pater aus der Curie des Ordens in einem stormy encounter (stürmische Begegnung) mitgeteilt. Ebenso berichtet Duff über Kontakte mit einem in Polen tätigen Repräsentanten der Legion. Auch zu diesem Thema soll sich der österreichische Briefempfänger nur im inneren Kreis äußern, da der Legionär unter kommunistischer Beobachtung stehe und sich länger nicht gemeldet habe, trotz der erfolgreichen Ausbreitung der Legion: this has made us profoundly anxious about him (wir machen uns folglich ernsthafte Sorgen um ihn), teilt Duff mit.
Duff zeigte sich in den Briefen erstaunlich offen. Er teilte Lesern Details aus seinem Privatleben mit (etwa zum Thema Urlaub) oder auch religiöse Ansichten, etwa zur Lage der Katholischen Kirche in der Schweiz. 1977 galt diese ihm diese als extraordinarily weak (außerordentlich schwach) und er mutmaßte, dass der Materialismus die eigentliche Religion des Landes sei (I fear that it can be said that materialism is the religion of the country).
6. Duff – Zacherl Korrespondenz
Marie-Victoire Zacherl (1904–1987) wurde als Tochter des Adolf Baron Pereira-Arnstein in Meran (Tirol) geboren; ihr Vater war Offizier bei den Kaiserjägern. Die Kinder wurden in einer vielsprachigen Familienumgebung erzogen; Deutsch und Französisch waren für Marie-Victoire in gleicher Weise Muttersprache. Sie besuchte die Schule zuerst im Pensionat „Notre Dame de Sion“ bei Trient und später in der Klosterschule der Benediktinerinnen am Nonnberg in Salzburg. Durch Kriege und die Weltwirtschaftskrise verarmte die Familie.19
Abb. 3: Marie-Victoire Zacherl (Bildquelle: Archiv der Legion Mariens).
Im Jahr 1929 gebar Marie-Victoire einen Sohn, den sie – heute schwer nachvollziehbar, damals aber nicht ungewöhnlich – wegen ihres ledigen Standes zur Adoption freigab. Sie arbeitete in verschiedenen Adelshäusern im deutschsprachigen Raum als Wirtschaftsdame, bis sie 1945 nach Wien übersiedelte. 1949 wurde sie Mitglied im ersten Präsidium der Legion Mariens in Österreich; im gleichen Jahr heiratete sie Gregor Zacherl, der sich ebenso für die Legion einsetzte. Das Ehepaar war an Ausbreitungsinitiativen in und außerhalb Wiens beteiligt. Gregor starb 1954, woraufhin Frank Duff die Witwe einlud, Gesandte der Legion Mariens zu werden: You are now beginning your third life. You must make it the most useful of all (Sie beginnen nun ihr drittes Leben. Sie müssen es zum größtmöglichen Nutzen gestalten).20
Die Gesandtschaft nach Südtirol begann Zacherl am Lourdes Gedenktag, dem 11. Februar 1955. Zunächst war sie vom Concilium für ein Jahr dazu bestimmt, in Südtirol zu wirken; die ersten Monate wurde sie von einer irischen Legionärin namens Mary Ingoldsby begleitet. Zacherl bewährte sich von 1955 bis 1962 als Botschafterin und Gründerin von Legionszellen in Griechenland, der Türkei, im Nahen Osten und im Libanon. 1963–1969 wirkte sie überwiegend in Wien, dann, von 1970 bis 1972, wiederum als Gesandte in Holland. Ihren Lebensabend widmete sie der Betreuung von Haftentlassenen in Wien.21 Im Legionsarchiv sind insgesamt 206 Briefe von Duff an Marie-Victoire Zacherl aus der Zeit 1954–1979 erhalten. Die Briefe sind Typoskripte, meist mehr als zwei Seiten lang, manche erreichen einen Umfang von sieben. Duff diktierte seine Briefe in ein Dictaphone; beinahe alle wurden zeitversetzt getippt.22 In Wien sind keine Briefe von Zacherl erhalten; da Duffs Stil äußerst präzise und gewissenhaft ist, geht er in seinen Antworten auf alle von Zacherl thematisierten Fragen und Beobachtungen ein. Aus seinen Antworten geht hervor, dass sie ihm französische Briefe schickte, er antwortet auf Englisch. Sie übte sich allerdings im Englischen und schickte ihm später englische Briefe.23 Sie schrieb ihm zu manchen Zeiten bis zu dreimal in der Woche; Duffs Antworten kamen in Abständen von mehreren Monaten.
Die Briefe sind für ein Studium der Entwicklung der Legion in Österreich durchaus aussagekräftig, auch wenn sie sich zum größeren Teil mit Zacherls Auslandseinsätzen befassen. Als Mitarbeiterin im offiziellen Status einer Gesandten war Zacherl vor allem mit der Ausbreitung der Legion in Südtirol, Griechenland, im Libanon und darüber hinaus beschäftigt.
Duffs sprachlicher Stil, ob im Handbuch oder in privaten Briefen, war martialisch geprägt, muss aber im Kontext seiner ausgesprochen milden und demütigen Persönlichkeit verstanden werden. In den Briefen aus den frühen 1950er Jahren wiederholte er gewisse Sätze aus dem Handbuch mit Überzeugung, wie zum Beispiel diese Ansicht: „Hat man die Familien gewonnen, erobert man die Gesellschaft. Will man aber die Familien gewinnen, muss man sie zu Hause besuchen.“24 Auch war ihm das militärische Erbe der Habsburger-Monarchie bekannt, und er stellte Marie-Victoire Zacherls Arbeit als Botin Christi in den Kontext der Ausbreitung des Heiligen Römischen Reiches: You begin to renew those ancient days of conquest by Austria. This is the second chapter of the Holy Roman Empire!25 Duff war sich bewusst, dass er in Zacherl eine Verkörperung des österreichischen Adels als Mitarbeiterin geschenkt bekommen hatte; er wollte zwar in seinen Briefen an sie ihren Adelstitel verwenden, wurde aber von ihr daran gehindert.26
Duffs Antworten auf Zacherls Fragen über den Griechenland Einsatz sind besonders aufschlussreich, weil die Katholikin dort in einem gesellschaftlichen und kirchlichen Milieu Anschluss suchte, als die Sorge um Ökumene kaum bekannt war. In diesem Zusammenhang stellte sie Duff Fragen über den bei orthodoxen Christen wenig bekannten Rosenkranz, den Unterschied zwischen ostkirchlichen Ikonen und römisch-katholischen Marienstatuen und darüber, ob eine Ikone als Legionsbild dienen darf.27 Duff zeigte sich diesen Unterschieden gegenüber gelassen und hatte Verständnis dafür, dass man bei den Zusammenkünften der griechischen Legionäre sogar auf den Rosenkranz verzichtete. Er schlug die Gründung von zwei Curien vor: eine mit orthodoxem Ritus, eine mit römischem. Was aber seine theologische Haltung gegenüber der orthodoxen Theologie betraf, so war sie in jenen Punkten, wo es eine Dissonanz mit römischer Lehre gab, eindeutig ablehnend.
Nicht selten sind hochrangige Kleriker und Bischöfe das Thema der Briefe, denn Duff bestand auf der ordentlichen Approbation der Legion in jeder Diözese, wo sie aktiv werden sollte. Wiederholt kommt im Handbuch vor, dass die Legionäre sich in erster Linie immer als Beauftragte des Priesters verstehen sollten, daher musste die Legionsarbeit mit pfarrlichen und diözesanen Strukturen gut akkordiert sein. Umso empfindlicher war Duff, wenn er Ablehnung vom Episkopat erfuhr. Diese war ihm – zumindest seinem Empfinden nach – oft widerfahren, und in Wien empfand er sogar eine „feindliche“ Haltung gegenüber der Legion von den Bischöfen.28 Da Zacherl in Rom Vorträge im elitären deutschsprachigen Priesterseminar Germanicum hielt und immer wieder mit Bischöfen in Kontakt kam, war Duff sehr an ihrer Vermittlungsarbeit interessiert; mit ihr korrespondierte er über das italienische Legionsperiodikum „La Voce“ und fehlerhafte Berichterstattung über die Legion im „Osservatore Romano“.29
Weitere Konfliktfelder ergaben sich mit der „Katholischen Aktion“ in den meisten Diözesen, wo Zacherl als Gesandte aktiv war. Vor allem die etablierten Bistümer in Mittel- und Südeuropa hatten gut ausgebaute Diözesanstrukturen für die Katholische Aktion, welche die Legion Mariens als Konkurrenz verstand. Msgr. Giovanni Urbani etwa, war seit 1946 Sekretär und der Nationale Rat der Katholischen Aktion in Italien; als er Bischof von Verona und später Erzbischof und Patriarch von Venedig und in das Kardinalskollegium aufgenommen wurde, verstand Duff das als Rückschlag für die Legion. Ebenso erwartete Duff sich wenig Unterstützung von Jesuiten, wo auch immer sie wirkten, denn sie sahen – so Duff – in der Legion eine Konkurrenz für die „Marianischen Kongregationen“, die von Patres der Gesellschaft Jesu erfolgreich auf mehreren Kontinenten errichtet worden waren. Mehrfach ermunterte Duff seine Korrespondentin Zacherl während ihres Mailandaufenthalts, Erzbischof Montini, den späteren Papst Paul VI., zu besuchen und für die Legion zu werben. Accept no denial – „finden Sie sich mit keiner Ablehnung ab“, schrieb er im Jahr 1958.30
Die sich über 25 Jahre erstreckende Briefsammlung bietet wertvolle Perspektiven auf die Legionsgeschichte, besonders im Hinblick auf die beteiligten Personen. Duff äußert sich zum System und Aufbau der Legion, zu ihrer Spiritualität, aber auch zu den geistlichen und persönlichen Charakteristika vieler beschriebener Legionäre. Nicht zuletzt dokumentiert der Bestand die Ablehnung Duffs in Bezug auf Modernisierungsinitiativen innerhalb der Legion. Diese hielt bis 1969 an, also auch nach dem Abschluss des Zweiten Vatikanums, des großen Modernisierungskonzils, an dem Duff immerhin persönlich teilnehmen durfte.31
Wie er in seiner Korrespondenz mit Anna Coreth (vgl. unten) kritische Äußerungen über die Schweiz zu machen pflegte, brachte Duff Zacherl gegenüber seine Meinung über Italien ungeschminkt zum Ausdruck. Das Land sei nicht mehr als katholisches Land zu bezeichnen, die große Mehrheit der Bevölkerung sei inzwischen ohne jede Religion, und auch die Priester seien am Apostolat nicht im Geringsten interessiert.32
7. Duff – Coreth Korrespondenz
Anna Coreth (1915–2008) kam aus einem Tiroler Adelsgeschlecht und promovierte nach einem Studium an der Universität Wien 1940 zur Doktorin der Geschichtswissenschaft. Von 1940 bis 1944 hielt sie im Rahmen ihrer Assistentenstelle bei Professor Heinrich Fichtenau Vorlesungen am Institut für Österreichische Geschichtsforschung und war somit die erste Frau, die in der Geschichte des damals elitären Instituts am selbigen lehrte. Eine Anstellung am damaligen Wiener Reichsarchiv wurde während des Dritten Reichs abgelehnt, weil Coreths kirchliche Gesinnung zu stark ausgeprägt war. 1946 trat sie in den Dienst des Haus-, Hof- und Staatsarchivs, wo sie wiederum die erste weibliche wissenschaftliche Arbeitskraft in der Geschichte der Institution war. 1956 wurde sie stellvertretende Direktorin und 1976 Direktorin dieses monumentalen Archivs. 1978 wurde sie emeritiert. Ihre Monographie über die „Pietas Austriaca“ kann „man heute mit Fug und Recht als eine der wenigen klassischen Studien der österreichischen Geschichtswissenschaft nach dem 2. Weltkrieg bezeichnen.“33 Seit 1949 war sie Mitglied der Legion Mariens. Sie verfasste Artikel für das von Wessely herausgegebene Jahrbuch für mystische Theologie und stellte den Löwenanteil ihrer Freizeit in den Dienst der Legion, sowohl in der Leitung des Senatus als auch im apostolischen Einsatz im In- und Ausland.34
Abb. 4: Legionäre zu Besuch beim hl. Vater Papst Johannes Paul II., rechts Anna Coreth (Bildquelle: Archiv der Legion Mariens).
Die erhaltenen Briefe von Duff an Coreth beschränken sich auf die Zeit von 1954 bis 1960 und umfassen 13 Briefe. Im Vergleich zu Duffs Briefen an Zacherl sind die an Coreth überschaubar. Österreich erscheint in Duffs Briefen an die Berufsarchivarin als Zelle der moralischen Integrität und als gutes Beispiel für den benachbarten Ostblock. Coreth hatte den „Escadron“-Auftrag vom Senatus erhalten, sollte also gerade in diesen Ländern neue Mitglieder für die Legion anwerben. Sie berichtete über Polen, Jugoslawien, Ungarn, die Tschechoslowakei und Russland. Eine von Coreths Strategien bestand in der Rekrutierung von Wienern mit familiären Beziehungen zu Ländern im damaligen Ostblock für die Legion. Auch unter den Mitgliedern des Diplomatischen Corps, zu denen Coreth verwandtschaftliche und professionelle Beziehungen hatte, verbreitete sie gute Nachrichten über Duffs marianische Initiative für die Weltkirche.35 Ähnliche Ausbreitungsimpulse nannte Duff aus seiner Korrespondenz mit Ungarn, die in die USA ausgewandert waren und dort zur Legion gefunden hatten.36 In den Briefen an Coreth schrieb Duff gelegentlich in einer Art Geheimsprache. Er verzichtete bewusst auf die Nennung von Orts- und Personennamen, wohl damit rechnend, dass Unbefugte die Briefe lesen würden. Unter anderem machte Duff durch Hinweise auf China klar, dass es ein erklärtes Ziel der Legion sei, den internationalen Kommunismus zu Fall zu bringen. Hinweise auf die verhältnismäßig starke Präsenz des Kommunismus in Österreich, wie etwa die „Weltjugendfestspiele“ von 1959 in der Wiener Stadthalle, bezeichnet Duff als Apostolatsgelegenheit. Diese Festspiele waren von der Kommunistischen Partei Österreichs nahestehenden Arbeitervereinigungen als Jugendfestival konzipiert worden.37 Der Widerstand von Jesuiten wurde hier thematisiert, wie auch Duffs Priorisierung der missionarischen Arbeit unter Wiens Prostituierten.38
Der Ton in Duffs Briefen an Anna Coreth ist anders als in der Korrespondenz zwischen Duff und Zacherl. Duff holte Coreth gegenüber oft ausführlich über Wesen und Bekämpfung des Kommunismus aus und thematisierte die Rolle von Legionären in dieser Initiative. In diesem Sinne reisten irische Legionäre am Ende der 1950er Jahre als Touristen nach Russland, um erste Informationen für spätere Einsätze zu sammeln; in Dublin wurde Legionären Russischunterricht angeboten.39 Eventuell geht der Unterschied auf Coreths wissenschaftliche Ausbildung und ihren hohen Bildungsgrad zurück; in dieser Hinsicht unterschied sie sich von Marie-Victoire Zacherl.
8. Im Archiv lagernde Publikationen
8.1. „Maria Legionis“ (Dublin)
Jahrgänge von der internationalen englischsprachigen Legionszeitschrift „Maria Legionis“ sind ab 1938 in Wien erhalten. Die Zeitschrift trug den Untertitel The Organ (später: Voice) of the Legion of Mary. Detailreiche Berichte über die Ausbreitung in Südtirol durch Gesandte Mary Ingoldsby ergeben die seltene Chance, eine Brücke zu den in Wien lagernden Briefen über dasselbe Apostolat zu schlagen.40 Die Zeitschrift enthält wertvollstes Bildmaterial über die Legionsarbeit in diversen, teils äußerst schwer zu erreichenden Teilen der Erde.
Abb. 5: Einblick in das Wiener Legionsarchiv (Bildquelle: Archiv der Legion Mariens).
8.2. „Regina Legionis“ (Wien)
Diese Zeitschrift gründete Friedrich Wessely im Jahr 1951 und blieb ihr Herausgeber bis zu seinem Tod im Jahr 1970. Die Jahrgänge ab 1954 sind im Legionsarchiv vorhanden. Anfangs bestand der Titelzusatz in dem Ausdruck „Die Stimme der Legion Mariens“. Die Zeitschrift erschien anfangs monatlich; heute erscheint sie alle zwei Monate. Die im Schnitt 32 Seiten langen Hefte werden heute in einer Auflage von 9.500 Stück gedruckt.
Der Inhalt der Zeitschrift war und ist von mariologischen und missionarischen Artikeln gekennzeichnet; erwartungsgemäß liegt ein Schwerpunkt auf der Verbreitung von deutschsprachigen Schriften, die aus der Legionszentrale in Dublin stammten und für Deutschland, Österreich und die Schweiz übersetzt worden waren. Als Autoren wirkten und wirken der Legion nahestehende Priester und aktive Legionäre. Inhalte sind Berichte über außergewöhnliche Apostolate, die Geschichte der Bewegung, den Legionsalltag und von der Legion veranstaltete Exerzitien, Einkehrtage und Schulungen. Sie berichten auch über Seligsprechungskandidaten aus dem Kreis der Legion Mariens. Gewisse Hefte, wie etwa eine Nummer im Jahr 1959, waren „in besonderer Weise für die Priester geschrieben“,41 liefern Unterlagen und Arbeitsvorschläge und gewähren daher einen Einblick in die klerikale Arbeitswelt jener Epoche.
8.3. Kleinschriften und „Graue Literatur“
Im Wiener Legionsarchiv befinden sich weiters missionarische Schriften zur Erklärung des Katholizismus und der Marienverehrung, Aufklärungsschriften über die Legion an sich, Anleitungen zur Fortbildung der Legionäre und Kleinschriften über die im Ruf der Heiligkeit stehenden Legionäre wie Frank Duff, Edel Quinn (1907–1944; Gesandte in Afrika) und Alfie Lambe (1932–1959; Gesandter in Lateinamerika). Sie sind, im Gegensatz zu den oben beschriebenen Beständen, weder gebunden noch verzeichnet.
8.4. Handbücher
Aufgrund der freiwilligen Natur der Zusammenarbeit in der Legion Mariens und ihrer ausgeprägten internationalen Verbreitung ist eine Gesamtanzahl der Handbuchübersetzungen schwer festzustellen und ein Verzeichnis darüber nicht bekannt. Schließlich bleiben manche Übersetzungsinitiativen Torso und andere werden der Dubliner Zentrale nie bekannt. Daher ist die Sammlung der 15 in Wien lagernden Übersetzungen des ebenso vorhanden englischen Originals (in diversen Auflagen) besonders wertvoll. Vorhanden sind Handbuchausgaben in: Chinesisch – Deutsch – Duala – Englisch – Hindi – Italienisch – Kirundi – Kisuaheli – Kroatisch – Lingála – Malayalam – Polnisch – Russisch – Slowenisch – Swahili – Ungarisch.
9. Forschungswert und archivarische Zuständigkeit
Weil die Legion Mariens mit äußerst bescheidenen finanziellen und personellen Ressourcen arbeitet, ist ein gepflegter und gewissenhaft überlieferter Archivbestand wie der in der Wiener Rochusgasse eine auffällige Seltenheit, besonders aus der internationalen Perspektive. Die Bestände dienen der Forschung generell als Einführungs- und Auskunftsstelle über eine weltweit erfolgreiche Laieninitiative der kirchlichen Zeitgeschichte. Allein die dichte Überlieferung der Zeitschriftenbestände ist in Europas Periodika-Repositorien selten. Ebenso könnten Recherchen im Wiener Legionsarchiv Einsichten in die pastorale Arbeit und Sozialgeschichte Österreichs seit der Nachkriegszeit bereichern. Regelmäßige Berichterstattung von Hausbesuchen, Verkündigung des Evangeliums im Rotlichtmilieu und in der Gefangenenseelsorge ergibt eine dichte Dokumentation über die Bewegung in Österreich und an den Einsatzorten österreichischer Legionäre bis nach Russland und in die Türkei. Ein thematischer Schwerpunkt ist dabei die katholische Laienmission in kommunistisch regierten Ländern Osteuropas. Schließlich dokumentiert das Archiv in den Brief- und Protokollbeständen eine Reihe von außergewöhnlichen Persönlichkeiten. Vor allem leuchten Charakteristiken des Legionsgründers Frank Duff in seinen Briefen auf, darüber hinaus sagen die Quellen über weitere Personen aus der österreichischen Aristokratie und dem hohen Klerus der Erzdiözese Wien aus.
Bei Berücksichtigung der üblichen Sperrfristen erfolgt die Einsichtnahme nach Anmeldung beim amtierenden Präsidenten des Senatus.
P. Alkuin Volker Schachenmayr OCist studierte Theaterwissenschaft in Swarthmore (PA) und Stanford (CA). 1998 trat er in Heiligenkreuz in den Zisterzienserorden ein. An der Universität Wien studierte er Theologie, Geschichtswissenschaft und Geschichtsforschung und wurde 2005 im Fach Kirchengeschichte promoviert. 2008–2020 war er Herausgeber der Zeitschrift Analecta Cisterciensia. 2016 habilitierte sich Schachenmayr an der Universität Würzburg im Fach Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit. P. Alkuin Schachenmayr ist aktives Mitglied der Legion Mariens.
Kontakt: nota@schachenmayr.net
1 Rochusgasse 9/21, 1030 Wien. Website: http://www.legion-mariens.at/ [Zugriff: 24.02.2021].
2 „[...] a worldwide organisation with several million members.‟ Homepage der Legion of Mary, https://www.legionofmary.ie [Zugriff: 10.12.2020] archiviert unter https://perma.cc/4M2H-R3HK.
3 Ohne Verfasserangabe, Chinese Legionaries in War Zone. Continuous Air Raids Fail to Interrupt Praesidium Meetings, in: Maria Legionis 1.7 (1938) 4–5; D. E. MUNGELLO, The Catholic Invasion of China: Remaking Chinese Christianity (Lanham [Maryland] 2015) 92.
4 Concilium Legionis Mariae, Das offizielle Handbuch der Legion Mariens (Dublin 2014, Mattersburg 2016) 100.
5 Biographika zu den Genannten folgen im entsprechenden Abschnitt.
6 Archiv der Legion Mariens in Wien, Protokoll des Curia-Treffens am 2. April 1949.
7 Maria Legionis (Dublin) June 1949, 16.
8 Geistliche Leiter des Senatus. Homepage der Legion Marien in Österreich, http://www.legion-mariens.at/persoenlichkeiten/geistliche-leiter-der-legion-mariens-oesterreich [Zugriff: 12.12.2020] archiviert unter https://perma.cc/MQM5-MXVR.
9 Franz LOIDL, Friedrich Wessely, ein Leben für Mystik und Legion Mariens, in: Günter VIRT (Hg.), Spiritualität in Moral, Festschrift Karl Hörmann (Wiener Beiträge zur Theologie 47, Wien 1975) 1–15, hier 10–11.
10 Wortlautauszüge aus Erklärungen um Causa Groer, in: Der Standard, 24. März 2003, https://www.derstandard.at/story/1249998/wortlautauszuege-aus-erklaerungen-um-causa-groer [Zugriff: 04.02.2021] archiviert unter https://perma.cc/RA7P-R2FS.
11 Gerhard HEGER, Hans Hermann Groër, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 26 (2006) Sp. 529–534.
12 Gerhard LUSER, Die Jugendarbeit der Legion Mariens im Vikariat Nord der Erzdiözese Wien: Eine Möglichkeit katholischer Jugendarbeit (ungedr. Magisterarbeit Universität Salzburg 1981).
13 Ohne Verfasserangabe, Menschen und Organisationen, Interview mit P. Florian Calice vom 30. April 2013, Homepage der Erzdiözese Wien, https://www.erzdioezese-wien.at/site/menschenorganisation/menschen/mitarbeitende/article/30435.html archiviert unter https://perma.cc/Q3NP-C3SA [Zugriff: 14.12.2020].
14 Andreas SEIDL, Art. Duff, Frank, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 36 (2015) Sp. 320–337.
15 SEIDL, Art. Duff (wie Anm. 14).
16 Handbuch (wie Anm. 4) 206.
17 Archiv der Legion Mariens in Wien, Protokoll des Senatus-Treffens am 24. September 1972.
18 Firtel war in Wien als Mitglied einer jüdischen Familie aufgewachsen und konvertierte zum Katholizismus. Sie entdeckte die Legion in England. Ab 1945 wirkte sie als Gesandte in Deutschland. Sie schrieb und übersetzte zahlreiche Publikationen über die Legion Mariens. Ohne Verfasserangabe, Hilde Firtel – Pionierin der Legion Mariens in Deutschland (1910–1991), Homepage der Legion Mariens (Deutschland), https://www.legion-mariens.de/legion-im-detail/personen/hilde-firtel [Zugriff: 07.01.2021] archiviert unter https://perma.cc/9KG3-2DFA.
19 Anni CECH, Sand wird Gold. Erinnerungen an Marie-Victoire Zacherl und ihr Briefwechsel mit dem Gründer (Wien 2020) 160.
20 Archiv der Legion Mariens in Wien, Frank Duff an Marie-Victoire Zacherl vom 7. August 1954. Übersetzung durch den Autor.
21 CECH, Sand wird Gold 160.
22 Duffs Erklärung in Brief Nr. 91.
23 Archiv der Legion Mariens in Wien, Frank Duff an Marie-Victoire Zacherl im November 1956.
24 Handbuch (wie Anm. 4) 228.
25 Archiv der Legion Mariens in Wien, Frank Duff an Marie-Victoire Zacherl vom 9. Februar 1955, p. 4.
26 Archiv der Legion Mariens in Wien, Frank Duff an Marie-Victoire Zacherl vom 3. Juni 1955.
27 Schließlich lehnt er die Verwendung einer Ikone ab. Archiv der Legion Mariens in Wien, Frank Duff an Marie-Victoire Zacherl vom 21. November 1955.
28 Archiv der Legion Mariens in Wien, Frank Duff an Marie-Victoire Zacherl vom 25. Juni 1956; zum Legionär als „Beauftragen‟, siehe Handbuch 290, 404.
29 Es handelt sich um die Osservatore Romano Ausgabe vom 12. April 1958.
30 Archiv der Legion Mariens in Wien, Frank Duff an Marie-Victoire Zacherl vom 22. März 1958.
31 Archiv der Legion Mariens in Wien, Frank Duff an Marie-Victoire Zacherl vom 22. Februar 1969.
32 Italy has definitely ceased to be a Catholic country. The great majority of the population are now without any religion […] its Priests [sic] will not take any interest in the apostolate. Archiv der Legion Mariens in Wien, Frank Duff an Marie-Victoire Zacherl vom 16. Jänner 1977.
33 Ilse KOROTIN–Nastasja STUPNICKI (Hg.), Biografien bedeutender österreichischer Wissenschafterinnen (Wien 2018) 126–127, hier 127.
34 Ebd.
35 Archiv der Legion Mariens in Wien, Frank Duff an Anna Coreth vom 2. Februar 1959.
36 Archiv der Legion Mariens in Wien, Frank Duff an Anna Coreth vom 21. April 1958.
37 „In den zehn Tagen des Festivals fanden an die 800 Veranstaltungen statt: künstlerische Darbietungen mit den Kulturprogrammen der Delegationen aus insgesamt 112 Ländern aller Kontinente.“ Hans HAUTMANN, Die Weltjugendfestspiele 1959 in Wien, http://www.klahrgesellschaft.at/Mitteilungen/Hautmann_3_99.html [Zugriff: 07.01.21], archiviert unter https://perma.cc/VDN8-923J.
38 Archiv der Legion Mariens in Wien, Frank Duff an Anna Coreth vom 2. Februar 1959.
39 Archiv der Legion Mariens in Wien, Frank Duff an Anna Coreth vom 13. August 1959.
40 Mary INGOLDSBY, Campaigning in the Italian and Austrian Tyrol. Our Italian Envoy enters a new territory and finds it very fertile, in: Maria Legionis 9.8 (1954) 8–11.
41 LOIDL, Friedrich Wessely (wie Anm. 9) 9.