Vom Wert der Sammlungen
Vortrag gehalten am Vernetzungstreffen Kulturgüter am 28. März 2023 im Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal.
Sehr viele Leitungsverantwortliche von Museen und Sammlungen wurden zur Arbeit im Museum über die Geisteswissenschaften berufen, als Historiker:in vielleicht oder als Kunsthistoriker:in, und es gibt eigentlich wenig Ausbildungsformen1, die sich mit den Strukturen von Museen und deren Rechtsfragen beschäftigen.2 Da Kuratorinnen und Kuratoren von Museen und Sammlungen nicht nur Kulturgut, sondern auch Vermögenswerte verwahren, haben deren Handlungen rechtliche Relevanz und es ist demnach durchaus angebracht, Kunstgegenstände nicht nur aus künstlerischer oder historischer Sicht zu betrachten, sondern in ihnen auch Vermögenswerte zu sehen, für die öffentliche Sammlungen verantwortlich sind.3
Abb. 1: Der Autor während seines Vortrags im Sommerrefektorium des Benediktinerstifts St. Paul im Lavanttal © ÖOK/Karin Mayer
1. Wer oder was ist ein Museum in rechtlicher Hinsicht?
Museum ist kein rechtlich geschützter Begriff. Das kann von einer Vinothek bis hin zu einer wissenschaftlichen Anstalt, wie dem Kunsthistorischen Museum, nahezu alles sein. Eine Richtlinie bildet nur die aktuelle Definition von Museum, die das International Council of Museums (ICOM) beschlossen hat:
Ein Museum ist eine dauerhafte Einrichtung, die keinen Gewinn erzielen will, öffentlich zugänglich ist und im Dienst der Gesellschaft und deren Entwicklung steht. Sie erwirbt, bewahrt, beforscht, präsentiert und vermittelt das materielle und immaterielle Erbe der Menschheit und deren Umwelt zum Zweck von Studien, der Bildung und des Genusses.4
Wenn man nun überprüft, ob das in dem Zusammenhang der eingangs genannten Überlegungen einen Nutzen schafft, so muss man mit Bedauern feststellen, dass mit „Einrichtung“ (englisch „institution“ oder französisch „institution“) wenig gewonnen ist, denn den Rechtsbegriff „Einrichtung“ gibt es auch nicht. Die relevante Frage ist, mit wem habe ich es zu tun, wenn ich mit einer Sammlung in ein Rechtsverhältnis trete, etwa einen Leihvertrag schließe. Es geht also um die Frage der „Rechtsfähigkeit“. Das war früher ganz einfach, da kein Museum oder keine Sammlung eine eigene Rechtsfähigkeit hatte, sondern nur ein Organ des jeweiligen Rechtsträgers war. Rechtsfähigkeit bedeutet Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Das kann nach österreichischem Recht eine natürliche Person sein, oder eine künstliche Konstruktion, die sogenannten „juristischen Personen“.5 Das kann aber nicht einfach für irgendeine „Einrichtung“ behauptet werden, das wäre für die Sicherheit des Rechtsverkehrs unbrauchbar, sondern dafür gibt es bestimmte Formen für den jeweiligen Zweck, die bekanntesten sind die Gesellschaft mit beschränkter Haftung und die Aktiengesellschaft. In diesem Sinn ist also die Zahl und Art der juristischen Personen vom Gesetz bestimmt. Für Sammlungen werden dafür in der Regel die Form der Stiftung verwendet oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, unter Umständen auch die Form eines Vereins.6
Von der Rechtsfähigkeit zu unterscheiden ist die Handlungsfähigkeit. Gemeint ist damit durch eigenes Verhalten Rechte und Pflichten begründen zu können. Das kann nun ihrerseits wieder in einem Zwischenschritt eine juristische Person sein, letztlich wird aber immer am Ende ein Mensch stehen müssen, der sogenannte Organ-Walter, d.h. derjenige der die Einrichtung vertritt und ihren Willen bildet. In der Zeit, in der das Kunsthistorische Museum noch keine eigene Rechtsfähigkeit hatte, lauteten daher aller Verträge wie folgt: „Die Republik Österreich, vertreten durch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, vertreten durch das Kunsthistorische Museum, vertreten durch den Ersten Direktor.“ Damit war klar, der Erste Direktor des Kunsthistorischen Museums konnte die Rechtsperson Republik Österreich in dem ihm übertragenen Bereich verpflichten, war aber in der Kette den jeweiligen Institutionen haftbar und verantwortlich. Im Bereich der öffentlichen Verwaltung ist das ein normaler Vorgang. Das bedeutet, dass zunächst die Frage entscheidend ist, wer oder was sind eigentlich Rechtsträger meiner Sammlung und wie weit bin ich berechtigt für diese Sammlung rechtsverbindlich zu handeln. Bei manchen Klöstern ist den Leihverträgen zu entnehmen, dass der Abt oder Propst als rechtlicher Vertreter der monastischen Gemeinschaft gilt und die Sammlung keine eigene Rechtsfähigkeit besitzt; bei anderen gibt es ein eigenes Statut, in dessen Rahmen die Direktion der Sammlung als verantwortliches Organ die Sammlung vertreten darf.
Beispielweise heißt es im publizierten Statut des Dommuseums Salzburg7 in Punkt 2: „Rechtsträger des Dommuseums ist der Domkirchenfond.“ Und Punkt 5 meint, „zur Leitung des Dommuseums werden ein Direktor und ein Verwalter bestellt, zur Aufsicht und Beratung der beiden ein Direktorium.“ Weiters ist dem Statut zu entnehmen, wozu der Direktor ermächtigt und verpflichtet ist, und andererseits auch bis zu welchem Betrag der Direktor allein verfügungsberechtigt ist. Die Zuständigkeiten sind in diesem Fall klar formuliert.
Wie ist es aber nun, wenn sich der Direktor nicht entsprechend dieser Struktur verhält? Ist dann bei Gültigkeit das dem Dommuseum, bzw. dem Domkirchenfond zuzurechnen? Es gibt glücklicherweise nicht viele Höchstgericht-Entscheidungen in Museumsbelangen, aber es gibt einen, der durch das Ungeschick der Rechtsvertreter der Stadt Linz unter verschiedenen Aspekten das Höchstgericht vielfach beschäftigt hat, und die daher noch öfters zitiert werden soll.8
Der Sachverhalt: Die Stadt Linz hat 1947 die „Neue Galerie der Stadt Linz“ eingerichtet, deren Inhalt primär aus Leihgaben Dritter, etwa des Kunsthändlers Wolfgang Gurlitt (*1888, †1965), bestand. Jedem, der ein Kunstwerk als Dauerleihgabe zur Verfügung stellte, wurde ein Leihschein ausgefolgt, der als Briefkopf den Aufdruck mit dem Wappen der Stadt Linz und dem Kopf „Neue Galerie der Stadt Linz, Gründer und Leiter Wolfgang Gurlitt" enthielt und vom Direktor unterzeichnet war. Das geschah auch 1951 für mehrere Kunstwerke, die bei Kündigung des Leihverhältnisses durch die Erben der Eigentümerin im Jahr 2006 nicht mehr auffindbar waren. Was uns in diesem Zusammenhang interessiert, war der untaugliche Versuch der Stadt Linz auf das Haushaltsrecht der Stadt Bezug zu nehmen. In der Begründung des Urteils heißt es dazu: „Die 1947 gegründete Neue Galerie der Stadt Linz habe die Übernahme dieser von O***** J***** als Leihgaben übergebenen Kunstwerke durch den Vertreter der Stadt Linz, Walter Kasten, dessen Handeln der beklagten Partei als Rechtsträgerin des Museums zuzurechnen sei, bestätigt. Walter Kasten sei ab 1947 stellvertretender Leiter und von 1957 bis 1973 Direktor der Neuen Galerie der Stadt Linz gewesen. Diese Galerie sei ab 1947 von der beklagten Partei ausdrücklich als Leihmuseum konzipiert worden; es seien von einer ganzen Reihe privater Leihgeber Kunstwerke übernommen worden. Keineswegs seien die darüber getroffenen Vereinbarungen jeweils vom Bürgermeister und zwei Gemeinderäten - also von drei Gemeindefunktionären, die nichts mit dem laufenden Museumsbetrieb zu tun gehabt hätten - unterfertigt worden. Derartiges wäre lebensfremd und im laufenden Museumsbetrieb nicht praktikabel.“9 Das bedeutet, dass sich die Stadt Linz als Rechtsträger das nachlässige Verhalten des Kurators zurechnen lassen muss. Damit ist aber der Kurator nicht seiner Pflichten ledig, weil er natürlich intern der Stadt gegenüber schadenersatzpflichtig sein kann.
In diesem Zusammenhang ist aber auf das Dienstnehmer-Haftpflichtgesetz zu verweisen, das die Haftung des Angestellten stark beschränkt,10 sofern nur ein Fall von leichter Fahrlässigkeit vorliegt. Anders ist das, wenn es sich um den Leiter einer selbständigen Sammlung handelt.11 Hier ist die Haftung nach der Grundlage der jeweiligen Rechtsform zu betrachten.
2. Einmal Museum – Immer Museum?
Kunstsammlungen stehen im Spannungsfeld zwischen kulturellem Auftrag und der Aufgabe der Verwaltung wirtschaftlicher Werte. Keines der öffentlichen Museen sammelt Kunstgegenstände in wirtschaftlich spekulativer Absicht, sondern als Zeugnisse kultureller Identität. Dennoch kann der wirtschaftliche Wert der verwahrten Kunstwerke nicht außer Acht bleiben, und es ist oftmals so, dass bei Pressekonferenzen von Ausstellungen die anwesenden Journalist:innen weniger das Konzept als die Höhe des Versicherungswertes interessiert. Hat dieser Wert überhaupt für öffentliche Sammlungen eine Bedeutung, und wenn ja welchen? Mit der Frage des Wertes aufs engste verbunden ist die Möglichkeit der Veräußerung. Was nicht gehandelt wird oder werden kann, hat dementsprechend zunächst einmal keinen Handelswert. Davon getrennt zu sehen ist die Frage der Entschädigung bei Verlust eines Gegenstandes.
Üblicherweise geht man bei Gegenständen in öffentlichen Sammlungen von sogenanntem Deaccessioning aus.12 Das bedeutet, dass ein Gegenstand, der einmal in einer öffentlichen Sammlung ist, im Regelfall dem Kunstmarkt dauerhaft entzogen ist.13 Das wird für unsere spätere Beurteilung der wirtschaftlichen Bewertung von Kunstgegenständen noch von Bedeutung sein.14
Dieses Prinzip ist nicht ganz unumstritten, denn es gab und gibt sehr wohl Fälle, in denen Kunstgegenstände aus öffentlichen Sammlungen wieder in den freien Verkehr gelangt sind. Das betrifft etwa vor allem amerikanische Museen, die in dieser Hinsicht relativ frei sind,15 aber auch gerade im Bereich der Ordensgemeinschaften hatten die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Benediktiner-Klöster in den 30er Jahren schmerzhafte Folgen für die Sammlungen. Im deutschsprachigen Raum tritt hier das Recht auf Eigentum vor allfällige kulturelle Überlegungen, sodass der Verkauf von Gegenständen aus privaten Sammlungen unter Einhaltung der Beschränkungen des Ausfuhrverbotsgesetzes möglich ist und nach den jeweiligen Statuten beurteilt werden müssen. Ich erwähne hier nur die „Gutenberg-Bibel“ des Benediktinerstifts St. Paul im Lavanttal (Kärnten), die heute ein Highlight der Library of Congress in Washington ist.16
Ein weiterer Fall ist die kriminelle Entwendung von Sammlungsgegenständen. In diesem Zusammenhang kommen der Dokumentation und Anzeige von Verlusten besondere Bedeutung zu. Ein aktueller Fall betraf eine geätzte Blankwaffe, die in einem Auktionshaus aufgetaucht ist, und bei der anhand charakteristischer Schäden an der Klinge nachweisbar war, dass sie einem österreichischen Museum gehört hatte. Allerdings trug das Objekt keine Inventarnummer. Bei der Durchsicht des entsprechenden Inventars konnte der Verlust für die Jahre zwischen 1960 und 1980 bestimmt werden, wobei in der jüngeren Inventarisierung der Vermerk „Verlust“ auf der Karteikarte eingetragen war. Welcher Art der Verlust war und ob die Polizei eingeschaltet worden war, ging aus dem Eintrag nicht hervor, womit der Eintrag wertlos war. Der Vorfall war längst verjährt und das Auktionshaus unwillig einen Ersatzverkauf zu machen. Bei der Versteigerung unterlag das gegenständliche Museum, sodass diese Waffe nunmehr definitiv in Privatbesitz ist. Hier ist an die Regelung des § 367 ABGB zu verweisen, nachdem der gutgläubige Erwerber einer Sache „dass er die Sache gegen Entgelt in einer öffentlichen Versteigerung, von einem Unternehmer im gewöhnlichen Betrieb seines Unternehmens“ erworben hat. Das Objekt muss zudem tatsächlich übergeben sein.
Ein weiterer Fall, in dem öffentliches Sammlungsgut wieder in den Verkehr kommt, ist bei Restitutionen. Grundlage dafür ist die Washingtoner Erklärung vom 3. Dezember 1998, deren Ziel es war, die während der Zeit des Nationalsozialismus als Raubkunst beschlagnahmten Kunstwerke zu identifizieren, deren Vorkriegseigentümer oder Erben ausfindig zu machen und eine „gerechte und faire Lösung“ zu finden. Das Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen (BGBl. I Nr. 181/1998),17 kurz Rückgabe von Kunstgegenständen, amtlicher Kurztitel Kunstrückgabegesetz, verpflichtete den Staat, auf Rückforderungen von Kunstwerken, die in der Zeit des Nationalsozialismus entzogen oder unter Druck verkauft wurden, mit weniger Formalismus und mehr Fairness zu reagieren. Aufgrund dieser Regelung wurden zahlreiche Sammlungsgegenstände der Bundesmuseen an die Erben der früheren Eigentümer übergeben und gelangten in der Regel danach durch Versteigerung wieder in den Kunstmarkt. Diese Regelung betrifft aber nicht die zwischen 1938 und 1945 aufgrund der nationalsozialistischen Politik enteigneten Gegenstände, die in Privatbesitz gelangten, wie etwa die Privatstiftung Leopold Museum.
Eine umgekehrte Regelung gibt es im Übrigen nicht. Der Artikel 24 des Staatsvertrages von 1955 schließt Forderungen gegenüber den ehemaligen Alliierten des Zweiten Weltkrieges aus. „1. Österreich verzichtet im Namen der österreichischen Regierung oder österreichischer Staatsangehöriger auf alle Ansprüche irgendwelcher Art gegen die Alliierten und Assoziierten Mächte, soweit sich solche Ansprüche unmittelbar aus dem Krieg in Europa nach dem 1. September 1939 oder aus Maßnahmen, die infolge des Kriegszustandes in Europa nach diesem Datum ergriffen wurden, ergeben, gleichgültig, ob sich die Alliierte oder Assoziierte Macht zu jenem Zeitpunkt mit Deutschland im Krieg befand oder nicht. Dieser Verzicht umfasst folgende Ansprüche: a) Ansprüche für Verluste oder Schäden, die infolge von Handlungen der Streitkräfte oder Behörden Alliierter oder Assoziierter Mächte erlitten wurden; b) Ansprüche, die sich aus der Anwesenheit, aus Operationen oder Handlungen von Streitkräften oder Behörden Alliierter oder Assoziierter Mächte auf österreichischem Staatsgebiet ergeben;“
So gelang es zwar, das Objekt mit der Inventarnummer WA 001 des Salzburgmuseums, ein wertvolles Doppel-Radschloss-Gewehr von Erzbischof Matthäus Lang von Wellenbug (*1468, †1540) in den Vereinigten Staaten von Amerika zu lokalisieren. Das Gewehr war 1945 bei der Bergung entwendet worden, wobei die genauen Umstände im Dunkel verblieben. Unglückseligerweise starb der aktuelle Besitzer in Amerika während der Verhandlungen, und dessen Erben waren nicht zu einer kulanten Rückgabe der Waffe bereit, sodass sie letztlich vom Salzburgmuseum zurückgekauft werden musste.18 Ähnlich war die Problematik für den Domschatz von Quedlinburg, der 1945 eindeutig von einem Mitglied der US-Streitkräfte gestohlen wurde, und von dem Teile im Jahr 1992 nur durch Kauf wieder nach Deutschland zurückzubringen waren. Dieser Fall ist besonders bemerkenswert, weil gegen den US Lieutenant ein militärgerichtliches Verfahren stattgefunden hatte.19 Nicht zuletzt ist in diesem Zusammenhang an das österreichische Sammlungsgut zu erinnern, das sich nach wie vor in Russland befindet. Hier war es ein einmaliger Glücksfall und das Ergebnis geschickter Verhandlungen, dass die Sammlung Esterhazy zahlreiche wertvolle Druckschriften 2012 aus Russland wieder zurückbekam.20
Nicht zuletzt erfordern derartige Restitutionen eine entsprechende Sorgfalt in der Recherche. Ein Fall, in dem das nicht ausreichend geschehen ist, war der Fall des Bildes „Apfelbaum II“ von Gustav Klimt, das sich im Wiener Belvedere befand, und aufgrund einer Verwechslung im Jahr 2001 an die Erben nach Nora Stiasny (*als Eleonore Zuckerkandl 1898, †1942) restituiert wurde.21 Die Erben brachten es auf den Kunstmarkt, und es wurde von der Stiftung Louis Vuitton in Paris erworben. Als sich der Irrtum herausstellte, und die Republik Frankreich, die das tatsächliche Bild von Nora Stiasny im Musée d’Orsay hängen hatte, dieses den Erben restituierte, konnte das Bild aus dem Belvedere nicht mehr zurückgeholt werden, denn die Stiftung Louis Vuitton hatte das Bild rechtmäßig erworben und war nicht willens, den Kauf rückgängig zu machen. Die Angelegenheit endete damit, dass die Erbengemeinschaft der Republik Österreich den Betrag von EURO 10.600.000 als Entschädigung bezahlten. Somit erhält die Republik Österreich einen Ertrag, der ihr nach Bundeshaushaltsrecht eigentlich nicht zusteht, denn die Veräußerung von Kunstbesitz der Republik Österreich ist nach Bundeshaushaltsgesetz an bestimmte Voraussetzungen gebunden, die nicht erfolgt sind. Das Geld sollte also dem eigenrechtsfähigen Belvedere Museum zukommen, das der eigentliche Geschädigte ist. Wir werden auf diese Problematik im Bereich der Versicherung noch zurückkommen.
Ein Objekt wird grundsätzlich durch Inventarisierung in die Sammlung aufgenommen. Das umfasst eine Beschreibung, die die unzweifelhafte Identifizierung des Objektes ermöglicht, die Erfassung der Umstände der Eingliederung in die Sammlung unter Einschluss der Dokumente, die für die Bearbeitung und Beschreibung des Objektes von Relevanz sind, sowie die Zuordnung zu einer fortlaufenden Inventarnummer. Diese Inventarisierung ist für den Eigentumsnachweis von großer Bedeutung. Es sollte also auch bei einer elektronischen Inventarisierung in periodischen Abständen ein Ausdruck hinterlegt werden. Als Eigentumsnachweis sollten auch die Umstände der Erwerbung und Informationen über die Provenienz miterfasst werden. Neben dem Inventarbuch mit den eigenen Objekten muss aber auch eine Evidenz über Dauerleihgaben geführt werden.
3. Wie bestimmt sich der Geldwert eines Sammlungsobjektes?
Bei der allgemeinen Bewertung von Gegenständen sind verschiedene Perspektiven zu überlegen:22
3.1. Der Materialwert
Dieser Wert ist für unsere Zwecke in der Regel unbrauchbar. Das liegt daran, dass Kunstgegenstände, selbst im Bereich des Kunsthandwerks, einen geringeren Materialwert haben, als sie den Anschein erwecken. Ein gutes Beispiel dafür ist der Raub im „Grünen Gewölbe“ in Dresden, bei dem Juwelen mit einen Versicherungswert von insgesamt EURO 113.800.000 gestohlen wurden. Bei einer Analyse der Preziosen durch einen Juwelier stellte sich heraus, dass der Materialwert der Steine dem gegenüber vergleichsweise gering ist, weshalb diese auch nicht in den Schwarzmarkt gelangten. Der begutachtende Juwelier meinte, solche Steine würde man großteils heute nicht mehr schleifen. Anders sieht es bei Gegenständen aus reinem Gold aus, die von denselben Tätern bei anderer Gelegenheit im Bode-Museum in Berlin gestohlen wurden, und die vermutlich eingeschmolzen wurden.
3.2. Der Ankaufswert
Auch die Überlegungen zum Ankaufswert sind weniger hilfreich, da die Bestände, die zum größten Teil zu verwalten sind, zu einer Zeit erworben wurden, die einem anderen Wertesystem unterlag und für die gar keine Ankaufs- oder Schenkungsunterlagen vorliegen.
3.3. Der Wiederbeschaffungswert
Der Wiederbeschaffungswert umfasst jene Kosten, die aufgewendet werden müssen, um am Bewertungstag einen gleichartigen Gegenstand erwerben zu können. Voraussetzung ist, dass ein gleichartiger Gegenstand überhaupt existiert oder geschaffen werden kann. Das ist vor allem im Bereich der Gegenwartskunst denkbar, vor allem bei serieller Kunst, etwa im Bereich der Druckgraphik. Hier ist es etwa möglich, ein verlorenes Blatt mit dem Kupferstich von Adam und Eva von Albrecht Dürer (*1471?, †1528) erneut zu erwerben. Bei der Ermittlung des Wertes muss dabei aber nicht nur der zu erwartende Ankaufspreis in Rechnung gestellt werden, sondern auch der Aufwand, der mit der Suche nach einem Ersatzobjekt verbunden ist.
Ist ein Objekt beschädigt, so errechnet sich der Wert auf Basis des Wiederbeschaffungswertes, der Restaurierungskosten und des verbleibenden Restwertes. Bei verlorenen Gegenständen ist – sofern wie oben erwähnt kein Ersatzobjekt beschaffbar ist – der erzielbare Erlös relevant.
3.4. Der Marktwert
Der Marktwert, das ist jener „Preis, den eine Sache zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort gewöhnlich und allgemein hat“ (§ 304 ff ABGB).
3.5. Wert der besonderen Vorliebe (§ 1331 ABGB)
Das ist ein besonderes Interesse an einer Sache, das jemand hat, welche nicht dem allgemeinen Wert entspricht, also ein ideeller Wert. Das kann aber gerade bei Sammlungsgegenständen der Fall sein, deren „Wert“ im Zusammenhang mit den jeweiligen Besitzverhältnissen liegt,23 für den allgemeinen Kunstmarkt aber irrelevant ist. Ein weiteres Problem stellen sogenannte „Serien“ dar. Der Wert eines Blattes aus dem Marienleben von Dürer ist in versicherungsrechtlicher Hinsicht anders, wenn die komplette Serie in der Sammlung vorhanden ist, oder ob es sich um ein Einzelblatt handelt. Geht ein Teil der Serie verloren, so verliert der Rest der Serie automatisch mit an Wert und der Schaden ist entsprechend größer als bei Verlust eines Einzelblattes.
Wie kann man nun den Wert von Kunstwerken bestimmen und muss man das überhaupt? Dazu ist grundsätzlich zu sagen, dass Objekte, die nicht gehandelt werden, weil sie, wie oben erwähnt, dauerhaft in die Sammlung eingegliedert sind, keinen materiellen Wert haben. Diese Sammlungsgegenstände werden ja nicht aus Spekulationsgründen gesammelt, sondern als originäre menschliche Schöpfung. Dieser Schöpfungsakt ist bei Kunstwerken nicht wiederholbar, eine Zweitfassung ist nur eine Wiederholung der Kreation und die meisten Künstler:innen, die sich in Ihren Sammlungen verewigt haben, sind überdies bereits lange tot. Wir brauchen aber eine Bewertung der Sammlungsgegenstände bei der Frage der Versicherung, zu der wir später kommen.
4. Wonach richtet sich also der Wert des einzelnen Objektes?
Dafür wurde ein methodischer Grundraster entwickelt, der für die Beurteilung herangezogen wird:24
4.1. Echtheit, Authentizität, Signatur
Da an der Echtheit in Ihren Sammlungen in der Regel kein Zweifel besteht, so liegen die Kriterien hier in unserem Fall besser in der Frage der künstlerischen Qualität, sowie des Nachweises der Urheberschaft. Es ist leicht verständlich, dass ein beweisbares Gemälde von Martin Johann Schmidt (genannt „Kremser Schmidt“, *1718, †1801) einen anderen Wert hat, als ein nur zugeschriebenes Bild. Bestes Beispiel ist der aktuelle Fall des sogenannten „Salvator Mundi“, der 1958 um GBP 45 den Besitzer wechselte, nach seiner Zuschreibung als vermeintlicher Leonardo da Vinci dasselbe Bild auf einmal 2013 um USD 80.000.000 gehandelt wurde, um schließlich an seinen aktuellen Besitzer 2017 um USD 450.000.000 zu gelangen.25 Auch wenn hier vermutlich letztlich doch die Mehrheit der Fachwelt zur Einsicht kommen wird, dass das Bild kein eigenhändiges Werk von Leonardo ist, hat es bereits eine außergewöhnliche Provenienz-Geschichte, dass es kaum mehr wesentlich im Wert sinken wird. Sensation zählt mehr als Qualität.
4.2. Provenienz
Die Provenienz eines Kunstwerkes beschreibt die Kette der Vorbesitzer des Werkes bis zu seiner Entstehung. Die Bedeutung dieser Kategorie kommt in sogenannten „One Owner Sales“ großer Auktionshäuser zum Ausdruck, wo nur Werke einer einzelnen Sammlung versteigert werden, und damit auf das Prestige dieser Sammlung Bezug genommen wird. Es gibt etwa Gemälde mit alten Fideikommiss-Stempeln,26 die neben dem künstlerischen auch einen historischen Wert haben.
4.3. Erhaltungszustand
Eine wesentliche Rolle spielt auch der Erhaltungszustand. Das meint nicht nur allfällige Schadstellen, sondern auch die Frage, wie viel Prozent des Werkes im Originalzustand erhalten sind.
4.4. Technik, Sujet und Format
Dass die Technik einen Einfluss auf den wirtschaftlichen Wert eines Sammlungsgegenstandes hat, liegt auf der Hand, ein Ölgemälde erzielt einen höheren Preis als eine Zeichnung. Aber auch das Sujet spielt eine wichtige Rolle. Religiöse Motive oder Historienbilder sind bei Auktionen weniger gefragt als Landschaften, auch das Format spielt eine Rolle, übergroße Formate sind verständlicherweise schwerer zu veräußern.
5. Wie ist nun vorzugehen?
5.1. Bestimmung
Möglichst genaue Bestimmung des Objektes, um eine Grundlage für den Vergleich mit ähnlichen oder gleichen Arbeiten zu bekommen.
5.2. Ermittlung von Vergleichswerten über kostenpflichtige Datenbanken (Artprice oder Artnet) oder kostenfreie:
Bonhams: https://www.bonhams.com
Druot: https://drouot.de
Dorotheum: https://www.dorotheum.com
Kinsky: https://imkinsky.com
Sotheby’s: https://www.sothebys.com
Christie’s: https://www.christies.com/
5.3. Abschläge im Vergleichswert
Wenn es mehrere Vergleichs-Auktions-Ergebnisse gibt, so müssen die tiefsten und höchsten aus der Bewertung genommen werden.
5.4. Feststellung und Gewichtung der Vergleichswerte, etwa Erhaltungszustand, Provenienz, Format, Sujet
Die Methode des Vergleichs wurde auch vom Obersten Gerichtshof in dem eingangs zitierten Rechtsfall der verlorenen Linzer Bilder als relevant angesehen. Die Stadt Linz hatte zunächst eingewendet, dass es keinen Beweis gegeben hätte, dass die Bilder echt gewesen wären. Hier verwies das Gericht auf den § 1426 ABGB, wonach die Beweislast der mangelnden Echtheit bei der Stadt Linz gelegen hätte. Wörtlich heißt es, Leihgaben an Museen erfolgten nach der Erfahrung wegen ihrer Echtheit, sodass auch die Quittungen (Übernahmebestätigung) über die Abgabe der Bilder den Erhalt des Quantums (Anzahl der Bilder), einer bestimmten Art (von Schiele und von Klimt), im Hinblick auf einen bestimmten Vertrag (Leihe zur Ausstellung) die Vermutungsbasis bestätigten. Zudem lasse auch die vorbehaltlose Übernahme die qualitative Erfüllung, also die Echtheit vermuten. Die Übernahmebestätigungen seien damit kein Beweis für die „direkte“ Echtheit, aber nach § 1426 ABGB ausreichende Grundlage für die Vermutung der Echtheit. Hätten Zweifel des Museums an der Echtheit der übernommenen Bilder bestanden, so hätte dies durch Zusätze wie „angeblich“ oder ähnliches kenntlich gemacht werden müssen.27
Die Wertbestimmung der nicht mehr vorhandenen Bilder erfolgte dann auf Grundlage dieser Vermutung durch den Vergleich mit Auktionsergebnissen gleichartiger Bilder. Die Geschichte hatte noch ein Nachspiel, weil 2018 das Blatt von Gustav Klimt „Zwei Liegende“ wieder auftauchte. Damit musste aber für diesen Teil die Entschädigung wieder rückgängig gemacht werden, das heißt der Geschädigte bekam das Blatt retour und musste dafür die Entschädigungssumme wieder retournieren.
Dazu ein praktisches, willkürlich gewähltes Beispiel aus der Sammlung „Peindre en Normandie“ in Caen (Frankreich), deren Gemälde mehrfach in Ausstellungen gezeigt wurde und die Bewertung der Sammlung bekannt ist.
5.5. Wie kommt man nun zum Versicherungswert?
Beispiel 1
Pierre Bonnard (*1867, †1947): Le bassin des Yachts à Deauville, 1910, Öl auf Leinwand, 40 x 49 cm.
Auf der Website von Sotherby’s findet sich ein vergleichbares Bild des Künstlers gleicher Periode und Größe: Erzieltes Ergebnis Sotheby’s Pierre Bonnard: Montmartre, 1905, Öl auf Leinwand, 46 x 50,3 cm, GBP 250.000 bis 350.000. (Versteigerung 30. Juni 2022, London Modern & Contemporary Day Auction, Lot 433) oder das Bild Soleil couchant sur la port de Saint-Tropez, ca. 1921, Öl auf Leinwand, 37 x 49 cm, USD 300.000 bis 500.000 (Versteigerung 18. Mai 2022, New York, Modern Day Auction, Lot 397).
Der Versicherungswert den die Sammlung Peindre en Normandie für die Ausstellung des Werkes angegeben hatte, war somit konsequenterweise EURO 300.000.
Abb. 2: Pierre Bonnard, Le Bassin des Yachts à Deauville © Collection « Peindre en Normandie »
Beispiel 2
Spiegelverkehrte Kopie nach Louis-Léopold Boilly (*1761, †1845): Die Pockenimpfung, Öl auf Leinwand 44,5 x 52 cm, aus Privatbesitz.28
Vergleichbar ist das mit Louis-Léopold Boilly: The Doctor’s Visit, Öl auf Leinwand, 68,2 x 100,5 cm (Auktion 2. November 2016, London, Auction 12307) GBP 5.000. Wenn man bedenkt, dass es sich um eine Kopie handelt, anonym, allerdings von guter Qualität und etwa aus der Entstehungszeit der Arbeiten des Originals, wird man den Wert darunter ansetzen, also etwa EURO 4.000. Als Gegenbeweis haben wir noch eine andere, namentlich signierte Kopie nach Boilly bei Christies die etwa um diesen Preis versteigert wurde (29. April 2015, London Auction 10669, Lot 139). Allerdings sind hier Überraschungen nicht ausgeschlossen. Grundsätzlich ist ein derart ausgefallenes Thema schwerer verkäuflich, aber es ist nicht ausgeschlossen, dass bei einer Auktion ein Bieter, etwa ein Arzt, ein besonderes Interesse an dem Bild haben könnte, wodurch das Auktionsergebnis erheblich steigen könnte. Doch dazu kommen wir weiter unten.
Abb. 3: Spiegelverkehrte Kopie nach Louis-Léopold Boilly, Die Pockenimpfung, Privatbesitz © Ramharter
Beispiel 3
Druckgraphik: Albrecht Dürer: Das apokalyptische Weib, 1498 aus der Serie „Die Apokalypse“
Vergleichsblatt: Dorotheum, 27.03.2018, Lot 26, erzielter Preis EURO 13.750. Zu berücksichtigen ist aber der Zustand. Beim Blatt im Dorotheum steht als Angabe: „Ganz hervorragender, kräftiger und kontrastreicher Abdruck der deutschen Urausgabe von 1498. Kleinere restaurierte Randeinrisse sowie ein restaurierter Riss vom mittleren linken Rand bis zum Engel. Eine Fehlstelle im Mantel der Figur in Rückenansicht im linken Vordergrund mit kleinen Retuschen. Abgesehen von den erwähnten Mängeln in gutem Erhaltungszustand. In der deutschen Urausgabe 1498 von großer Seltenheit.“ Wenn mängelfrei Zuschlag für den Riss und die Fehlstelle vorliegt und wenn die Serie komplett ist, gibt es einen Zuschlag für den Serienschaden. Das heißt der Versicherungswert beträgt ca. EURO 20.000.
Abb. 4: Albrecht Dürer, Das apokalyptische Weib © Wikipedia gemeinfrei
Die Vergleichsmethode ist eine vorstellbare Methode zur Ermittlung des Wertes, kann aber, wie oben bereits angeführt, kräftig von einem tatsächlich bei Auktionen erzielten Ergebnis abweichen, weil der Markt bei Auktionen nicht vorhersehbar ist. Allerdings sollte mit mehr Sorgfalt vorgegangen werden, als der Gutachter in der TV-Sendung „Bares für Rares“, der ungeachtet ausreichender Vorbereitungszeit ein Gemälde von Ferdinand von Rayski (*1806, †1890) in der Sendung nur auf EURO 550 schätzte, während es nachfolgend im Wiener Dorotheum für EURO 43.520 versteigert wurde. Man sollte vielleicht Etiketten auf Bildrückseiten doch mehr Aufmerksamkeit zuwenden.29
In unserem konkreten Fall der Bewertung von Museumsbesitz ist es allerdings nicht ganz so schlimm, wenn wir den Wert eines Auktionsergebnisses nicht genau erraten, da wir den Wert ja für die Versicherung benötigen. Warum das so ist, werde ich wie folgend erörtern.
6. Kann und soll man den Handelswert von Sammlungsgegenständen versichern?
Die Grundfrage lautet zunächst, was bedeutet „Versichern“? Erstaunlicherweise gibt es dazu keine sogenannte „Legaldefinition“, das heißt eine authentische Erklärung des Begriffes in einem Gesetzestext. In der Rechtswissenschaft haben sich folgende Merkmale von „Versicherung“ etabliert:30
1. Das Bestehen einer Gefahr in der Sphäre des Versicherungsnehmers. Dabei ist unter Gefahr der drohende Eintritt eines nachteiligen ungewissen Ereignisses für die Rechtsgüter des Versicherten gemeint.
2. Übernahme der Gefahr durch den Versicherer.
3. Zusammenfassung der Risken.
4. Entgeltlichkeit der Gefahrenübernahme und Rechtsanspruch des Versicherungsnehmers.
Wir beschäftigen uns heute nur mit Sachversicherungen, und hier um den Spezialfall der Kunstversicherung. Vereinfacht auf Basis der genannten Merkmale formuliert, sammelt der Versicherer Prämienleistungen unterschiedlicher Versicherungsnehmer und bildet damit einen Fonds in der Erwartung, dass die von ihm zu erbringenden Leistungen unterhalb der Höhe dieses Fonds liegen werden. Der Versicherer behält in der Regel aber zur Risikostreuung nicht das Gesamtrisiko, sondern er hat entweder Mitversicherer oder Rückversicherer. Bei der Mitversicherung wird das Versicherungsrisiko aufgeteilt, bei der Rückversicherung treten gleichsam Versicherungen für Versicherungen in das Risiko ein.
Einen derartigen Fonds kann man aber nicht nur auf finanziellem Weg über das genannte „Gesetz der großen Zahl“ bilden, sondern es könnte sich auch jemand finden, der das Risiko übernimmt und über ein adäquates Vermögen verfügt, sich das leisten zu können. Was zunächst seltsam klingt, gibt es in der Realität, es ist das System der öffentlichen Haftung: Eine Gebietskörperschaft hat ein derartiges Interesse, dass eine Ausstellung kostengünstig stattfindet, indem es sein Budgetvermögen als Risikokapital für allfällige Schadensfälle zur Verfügung stellt. Worin besteht nun der Unterschied:
Das Kapital, das die Versicherung gebildet hat, dient neben dem Gewinn der Versicherung ausschließlich dem Zweck der Befriedigung von Schadensansprüchen, das Kapital, das von der Gebietskörperschaft als Deckungssumme verwendet wird, ist grundsätzlich für andere Zwecke vorgesehen. Das bedeutet, dass die Gebietskörperschaft in noch höherem Maße darauf spekuliert, dass keine Zahlung geleistet werden muss, als ein kommerzieller Versicherer. Das wird schon alleine daran deutlich, dass die öffentlichen Haftungen ihre Leistungen auf eine bestimmte Schadenshöhe beschränken und Schäden unter einem bestimmten Level als sogenannte „Bagatellschäden“ nicht von der Haftung umfasst werden. Nur ist es so, dass in dem genannten Segment der „Bagatellschäden“ die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ungleich höher ist als im Bereich darüber. Da sich die Prämie aber aus der Gesamtversicherungssumme errechnet, trägt also der Versicherer, der das übernimmt, bei geringerer Prämie ein höheres Risiko, während der Haftungserklärer in der Regel ungeschoren bleibt.
Mit der Versicherungsprämie kauft der Versicherte ein Versprechen, nämlich das Versprechen unter bestimmten Umständen eine Entschädigungsleistung zu erbringen. Das ist zunächst nicht selbstverständlich, denn das ABGB sagt zum Schadenersatz, dass derjenige verpflichtet ist einen Schaden zu ersetzen, der ihn verursacht hat.31 Zum Wesen der Leihe gehört die Verpflichtung, den Gegenstand nach Ablauf der vereinbarten Zeit unversehrt wieder zurückzustellen. Wenn also ein Schaden eintritt, so müsste der Entlehner den Schaden tragen. Aus diesem Grund deckt er als Versicherungsnehmer eine Versicherung ab, die eigentlich nicht den Leihgeber schützt, sondern den Entlehner, da es im Schadensfall dem Leihgeber das Risiko nimmt, dass der Entlehner nicht liquide ist. Da der Entlehner aber nicht für den zufälligen Untergang einer Sache haftet, haben die Leihverträge mit den Bundesmuseen die ausdrückliche Klausel, dass der Leihnehmer im Falle, dass die Versicherung nicht leistet, für allfällige Schäden haftbar bleibt, auch wenn er nach der gesetzlichen Regelung nicht ersatzpflichtig wäre.
Das ist eine vertragliche Einigung und unterliegt in Österreich der Vertragsfreiheit. Das bedeutet, Sie können mit der Versicherung vereinbaren, was immer Sie wollen, allerdings muss die Versicherung das auch akzeptieren. Früher gab es sogenannte „Verbands-Bedingungen“, das bedeutete, dass sich die Versicherer abgesprochen haben, und einheitliche Versicherungs-Wordings für die einzelnen Sparten haben. Das gibt es zwar nicht mehr, aber aus praktischen Gründen sind die Bedingungen untereinander ziemlich ähnlich. Da das Versprechen des Versicherers seine vertragliche Gegenleistung ist, sollte man die Bedingungen genau lesen, um allfällige Sonderbestimmungen zu finden.
So bedeutet etwa die Klausel „Gegen alle Risken“, die den meisten Kunstversicherungsverträgen zugrunde liegt, nicht alle Risken im allgemeinen Sprachgebrauch. Es gibt zahlreiche Risken, die NICHT von der Versicherung unter dieser Klausel entschädigt werden, etwa Schäden durch klimatische Veränderungen oder Ungeziefer.
Ein wesentlicher Grundsatz der Kunstversicherung, der vielleicht zunächst banal klingt, aber erhebliche Auswirkungen hat, besteht darin, dass der Versicherer dem Geschädigten eine finanzielle Leistung erbringt. Das bedeutet, dass der Versicherer selbst nicht verpflichtet ist, den Schaden wiederherzustellen. Der Versicherer leistet somit im Schadensfall folgendes:
1. Die Übernahme der Erstellung eines Gutachtens, um die Schadenshöhe festzustellen.
2. Die Übernahme der Kosten einer sachgemäßen Restaurierung des Objektes.
3. Die Zahlung einer allenfalls nach der Restaurierung verbleibenden Minderung des Wertes.
4. Die Übernahme der Zahlung der Versicherungssumme im Fall eines Totalverlustes aufgrund von Zerstörung oder Entwendung.
Im Falle serieller Kunst, etwa bei Druckgraphik, kann eine finanzielle Entschädigung zu einem vollwertigen Ersatz des verlorenen Kunstwerkes führen. Andere Objekte sind das einmalige Ergebnis eines künstlerischen Schöpfungsaktes, der logischerweise nicht wiederholbar ist. Ein restauriertes Kunstwerk ist etwas anderes als ein unversehrtes und verliert daher an Wert.
Bei der Versicherung geht es nicht um ein abstraktes Versprechen, sondern man sollte sich überlegen, welchen Schaden man in welcher Form abgegolten haben will. Dabei gelten für die Versicherung eines ruhenden Bestandes andere Grundlagen als für die Versicherung im Rahmen einer Ausstellung oder Leihe.
Bei der Bestandsversicherung eines grundsätzlich unveränderlichen Bestandes an Sammlungsgegenständen für eine längere Periode gibt es zwei Gruppen:
1. Die eigenen Objekte.
2. Objekte, die Ihnen als Dauerleihgaben anvertraut sind.
In der Regel liegt Ihre Haftung bei der zweiten Gruppe höher als bei der ersten. Denn während für den Rechtsträger der Sammlung der wirtschaftliche Wert eines Kunstwerkes aus den oben genannten Gründen eine geringere Rolle spielt, muss man den Eigentümer eines geliehenen Objektes voll entschädigen, also auch unter Berücksichtigung eines allenfalls verbleibenden Wertverlustes, der bei eigenen Objekten in der Regel unberücksichtigt bleiben kann.
Bei der Bestandsversicherung werden in der Regel nicht die Summe der Einzelwerte versichert. Das hat den Grund, dass andernfalls allfällige Bestandsveränderungen permanent gemeldet werden müssen und jedes einzelne Objekt zu bewerten ist. Bei einer entsprechend großen Zahl an Sammlungsgegenständen wäre das ein unzumutbarer Aufwand. Es wird hier in der Regel auf das Instrument der „Versicherung auf erstes Risiko“ zurückgegriffen. Bei der „Versicherung auf erstes Risiko“ wird eine Gesamt-Versicherungssumme vereinbart – diese kann durchwegs auch niedriger als der wahre Wert der Sache sein. Im Schadenfall werden die entstandenen Kosten bis maximal zur Höhe der Versicherungssumme voll vergütet. Ein Abzug aufgrund von Unterversicherung erfolgt in diesem Fall nicht. Die Höhe dieser Gesamt-Versicherungssumme sollte sich am maximalen Schaden orientieren, oder anders formuliert, dem Gesamtwert der Objekte, die innerhalb eines Brand-Abschnittes verwahrt werden, denn ein Feuer ist das „Worst-Case-Szenario“ im Versicherungsbereich.
Ein wichtiger Aspekt, der im Auge behalten werden muss, ist das grundsätzliche Wesen der Versicherung. Zum Schadenersatz ist grundsätzlich der Schädiger verpflichtet, bzw. derjenige, der zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist. Die Versicherung übernimmt nur den Schaden im Umfang des Versprechens der Versicherungsbedingungen. Das bedeutet, dass ein Rest verbleibt, der durch die Versicherung nicht gedeckt ist. Ein Beispiel dafür ist etwa mangelhafte Verpackung. Auf der anderen Seite muss ausdrücklich vereinbart werden, dass bei voller Entschädigung in Folge eines Totalschadens, etwa bei Diebstahl oder Zerstörung, allenfalls verbleibende Restteile dem Museum gehören. In diesem Sinn ist auch der Grundsatz des sogenannten „Bereicherungs-Verbotes“ zu beachten: Niemand darf bei der Sachversicherung im Schadensfall wirtschaftlich bessergestellt werden, als er davor war. In unserem Fall bedeutet das, dass bei Vollwertentschädigung aufgrund von Diebstahl eines Objektes, im Falle des Wiederauftauchens dieses wieder vom Eigentümer, der ja entschädigt wurde, zurückerworben werden muss. Problematisch ist das in den Fällen, in denen Geschädigter und Eigentümer nicht ident sind, also der Rechtsträger die Schadenssumme erhalten hat, das geschädigte Museum aber das Objekt verloren hat.
Johannes Ramharter studierte Kunstgeschichte und Jura an der Universität Wien und wurde 1986 promoviert. 1987 folgte seine Sponsion zum Mag.iur. am Juridicum der Universität Wien. 1989 legte er die Staatsprüfung des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung ab. Von 1986 bis 1990 war Ramharter als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Leiter der Sonderausstellungsorganisation im Kunsthistorischen Museum in Wien tätig. 1990 wechselte er als Geschäftsführer in die Firma Kunsttrans, in der er zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland organisierte, betreute und managte. Von 1997 bis 1998 arbeitete er in der Firma hs art service. Seit 1998 ist er Geschäftsführer der Firma PONTE Organisation für kulturelles Management.
Kontakt: ramharter@ponte.at
1 Das Angebot ist im deutschsprachigen Bereich inzwischen sehr umfangreich. https://www.museumsbund.at/aus-und-weiterbildung [Zugriff: 08.09.2023].
2 Folgendes Werk wurde mit Blick auf die deutsche Rechtssituation verfasst, ist aber in allgemeinen Fragen auch für Österreich nützlich: Klaus EBLING–Marcel SCHULZE (Hg.), Kunstrecht (München 2007) sowie für Österreich: Alexandra PFEFFER–Roman Alexander RAUTER (Hg.), Handbuch Kunstrecht (Wien 2020).
3 Über rechtliche und administrative Fragen des Museumsbetriebes hat man sich in Frankreich schon länger Gedanken gemacht: André GOB–Noémie DROUGUET, La muséologie (Paris 2003).
4 https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20230711_OTS0049/icom-museumsdefinition [Zugriff: 19.08.2023].
5 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) § 26 „Die Rechte der Mitglieder einer erlaubten Gesellschaft unter sich werden durch den Vertrag oder Zweck und die besonderen für dieselben bestehenden Vorschriften bestimmt. Im Verhältnis gegen Andere genießen erlaubte Gesellschaften in der Regel gleiche Rechte mit den einzelnen Personen.“
6 In diesem Sinn ist das Leopold-Museum rechtlich die „Leopold Museum Privatstiftung“, das Kunsthistorische Museum eine „Wissenschaftliche Anstalt öffentlichen Rechts“, das Volkskundemuseum „Verein/ Österreichisches Museum für Volkskunde“. Komplex wird es, wenn ein Vereinsmuseum, wie das Ferdinandeum in Innsbruck eine Betriebs-GmbH für den täglichen Betrieb ausgegliedert hat. Es empfiehlt sich also, jeweils die Statuten der jeweiligen Sammlung zu lesen, sofern sie überhaupt zugänglich sind.
7 Verordnungsblatt der Erzdiözese Salzburg Nr. 7/8 (Juli/August), (Salzburg 2015) 62–68, Nr. 50.
8 Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs: OGH 6 Ob 249/09z (18.02.2010), OGH 6 Ob 129/10d (20.07.2011), OGH 5 Ob 87/13z (16.07.2013), OGH 5 Ob 65/16v (11.07.2016).
9 Entscheidung OGH 6 Ob 129/10d (18.07.2011).
10 DHG § 2 (1) Hat ein Dienstnehmer bei Erbringung seiner Dienstleistungen dem Dienstgeber durch ein Versehen einen Schaden zugefügt, so kann das Gericht aus Gründen der Billigkeit den Ersatz mäßigen oder, sofern der Schaden durch einen minderen Grad des Versehens zugefügt worden ist, auch ganz erlassen.
11 DHG § 2 (2) Bei der Entscheidung über die Ersatzpflicht im Sinn des Abs. 1 hat das Gericht vor allem auf das Ausmaß des Verschuldens des Dienstnehmers und außerdem insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen: 1. auf das Ausmaß der mit der ausgeübten Tätigkeit verbundenen Verantwortung, 2. Inwieweit bei der Bemessung des Entgelts ein mit der ausgeübten Tätigkeit verbundenes Wagnis berücksichtigt worden ist. 3. Auf den Grad der Ausbildung des Dienstnehmers. 4. Auf die Bedingungen, unter denen die Dienstleistung zu erbringen war. 5. Ob mit der vom Dienstnehmer erbrachten Dienstleistung erfahrungsgemäß die nur schwer vermeidbare Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens verbunden ist.
12 Allgemein, aber mit einer sehr persönlichen Rechtsposition: Haimo SCHACK, Erwerb und Veräußerung von Kunstgegenständen durch Museen, in: Haimo SCHACK–Karsten SCHMIDT (Hg.), Rechtsfragen der internationalen Museumspraxis (Köln–Berlin–München 2006) 13–28.
13 In Italien restriktiv geregelt durch: Testo unico delle disposizioni legislative in materia di beni culturali e ambientali (29.10.1999); in Frankreich ebenfalls sehr restriktiv; in Österreich gelten für die Bundesmuseen die allgemeinen Regeln des Bundeshaushaltsgesetztes (vgl. § 75 BHG) und unterliegen damit eindeutig nicht dem Ermessen des jeweiligen (General-)direktors.
14 Hier sind auch die Regelungen des Denkmalschutz-Gesetzes zu beachten: §1 (3) Gruppen von unbeweglichen Gegenständen (Ensembles) und Sammlungen von beweglichen Gegenständen können wegen ihres geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Zusammenhanges einschließlich ihrer Lage ein Ganzes bilden und ihre Erhaltung dieses Zusammenhanges wegen als Einheit im öffentlichen Interesse gelegen sein.
15 So wurden während der Pandemie auch Objekte verkauft, um die laufenden Betriebskosten zu decken, ein Vorgang, der zu heftigen Diskussionen führte: Katya KAZANKINA, The Met Museum Is Deaccessioning $1 Million Worth of Photos and Prints to Fill a Revenue Shortfall Caused by the Pandemic, Artnet News (17. 09.2021), https://news.artnet.com/market/met-deaccessioning-prints-photos-2010237 [Zugriff: 20.08.2023].
16 Johannes GRABMAYER–Günther HÖDL (Hg.), Schatzhaus Kärntens, Landesausstellung St. Paul 1991, I (Katalog), 477, Kat.Nr. 25.75. Siehe auch: Katharina KASKA–Christoph EGGER (Hg.), ,,...dass die Codices finanziell unproduktiv im Archiv des Stiftes liegen", Bücherverkäufe österreichischer Klöster in der Zwischenkriegszeit, VIÖG 77 (Wien 2022).
17Abkommen zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Vereinigten
Staaten von Amerika zur Regelung von Fragen der Entschädigung und Restitution für
Opfer des Nationalsozialismus, BGBl. 121 (29.06.2001).
18 https://www.sn.at/wiki/Prunkwaffe_des_F%C3%BCrsterzbischofs_Kardinal_Matth%C3%A4us_Lang_von_Wellenburg [Zugriff: 20.08.2023].
19 Siegfried KOGELFRANZ–Willi A. KORTE, Quedlinburg – Texas und zurück. Schwarzhandel mit geraubter Kunst (München 1994).
20 https://www.parlament.gv.at/dokument/BR/I-BR/8870/fname_281003.pdf [Zugriff: 19.09.2023].
21 Olga KRONSTEINER, "Apfelbaum II", Erben und Republik einigen sich nach irrtümlicher Klimt-Rückgabe, in: Der Standard (10.02.2023) [Zugriff: 20.08.2023].
22 Henriette BOECKEN, Bewertung von Kunst im Recht eine steuerrechtliche und zivilrechtliche Untersuchung (Zürich 2021); sowie: Carol SCOTT, Measuring the immeasurable, https://mpr.mini.icom.museum/wp-content/uploads/sites/22/2018/12/2011-Scott.pdf [Zugriff: 30.08.2023].
23 Als Beispiel kann hier die Browning-Pistole genommen werden, mit der der Thronfolger Franz Ferdinand (*1863, †1914) in Sarajewo erschossen wurde. An sich ist die Waffe nicht selten und um wenige hundert Euro im Waffenhandel erhältlich. Ihren besonderen Wert bekommt sie nur durch die Einzigartigkeit ihrer Verwendung.
24 Carl Heinz HEUER, Der gemeine Wert von Kunstgegenständen, in: Deutsches Steuerrecht (München 2002) Heft 40, 845–848.
25 Zur Geschichte des Bildes siehe Eintrag auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Salvator_mundi_ (Gemälde) [Zugriff: 30.08.2023].
26 Fideikommiss nennt man das unveräußerliche und unteilbare Vermögen einer Familie, das in einer Art Privatstiftung von einem Stifter eingerichtet wurde. Siehe auch: https://www.sn.at/wiki/Fideikommiss [Zugriff: 19.09.2023].
27 OGH 5 Ob 65/16v.
28 Das Original von Boilly befindet sich in London: La vaccine ou Le préjugé vaincu im Wellcome Institute for the History of Medicine.
29 Olga KRONSTEINER, Schlecht beraten, in: Der Standard (28. Februar 2023), https://www.derstandard.at/story/2000143973721/bei-bares-fuer-rares-schlecht-beraten-verkaeufer-fechtet-verkauf [Zugriff: 20.08.2023].
30 Als schnelle Übersicht bietet sich an: Markus WEICHBOLD, Versicherungsvertragsrecht (Wien 2022); sowie: Elisabeth OLLINGER, Kunstversicherung und Kunsttransport (Wien 2017).
31 § 1295 (1) ABGB: Jedermann ist berechtigt, von dem Beschädiger den Ersatz des Schadens, welchen dieser ihm aus Verschulden zugefügt hat, zu fordern. Allgemein siehe: Helmut KOZIOL, Haftpflichtrecht, 2 Bde. (Wien 1997) sowie Gerhard KOFLER, Haftpflichtversicherung (Innsbruck 2010).