Von annus qui hunc (1749) zu sacrosanctum concilium (1963)
Vortrag gehalten am Balduin-Sulzer-Symposium im Zisterzienserstift Wilhering am 17. März 2023.
Wie eine „Bombe“ hätte die Liturgiereform des II. Vaticanum eingeschlagen, urteilten viele Zeitgenoss:innen. Die Fenster, die Papst Johannes XXIII. (*1881, †1963, reg. 1958–1963) im Vatikan öffnen wollte, um endlich „frische Luft“ hereinzulassen, hätten einen „Wirbelsturm“ an Innovationen freigesetzt, dessen Radikalität und Konsequenz zwar von vielen Gläubigen seit Jahrzehnten erhofft, deren Erfüllung sich aber kaum jemand (vor allem in der kurzen Zeit des Konzils von 1962 bis 1965 – das Tridentinum hatte rund doppelt so lange gedauert, von 1545–15631) erhofft hatte. Unerwartet waren zwar die kurzfristige Ankündigung eines großen ökumenischen Konzils und dass lange schon von der Kirchenbasis wie auch vielen Klerikern als notwendig erachtete Reformen tatsächlich in Konzilsdokumente „gegossen“ und somit für die Weltkirche verbindlich wurden.2 Dadurch entstand ein gewisser „Umbruchs-“ bzw. „Revolutions-Mythos“, den es jedoch aus Sicht der (Musik-)Historikerin oder des (Musik-)Historikers ein wenig zu relativieren gilt. Und dazu eignet sich nichts besser als die vatikanischen Dokumente selbst.
1 Erste Schritte
Die Sehnsucht der Gläubigen, aktiv ihrem religiösen Empfinden Ausdruck zu verleihen und sich am liturgischen Geschehen vor allem mit Gebet und Gesang beteiligen zu können, hatte in der katholischen Erneuerung des 16. und 17. Jahrhunderts zum Aufschwung von Paraliturgien (von exercitia pia bis hin zu an Aberglauben grenzenden Formen der Volksfrömmigkeit) geführt, da mit dem Tridentinum und der Einführung einer einheitlichen Liturgie nach römischem Vorbild die Durchführung der Liturgie in den Händen der Klerikern lag – das Kirchenvolk hingegen „wohnte der Messe bei“ (beschäftigte sich mit Rosenkranzbeten oder dem Lesen von Erbauungsbüchlein) und die Kirchenmusik bildete im Wesentlichen eine Klangfolie unter bzw. um die Liturgie, war jedoch nicht liturgischer Akteur (und wenn Teile der Liturgie choraliter gesungen wurden, dann von Klerikern oder zumindest von Knaben und Männern).
Bewegung brachten die italienische Aufklärung und vor allem die Schriften von Ludovico Antonio Muratori (*1672, †1750), deren Gedanken ebenfalls in die für die Kirchenmusik relevante Enzyklika Annus qui hunc von 1749 eingeflossen sind.3 Einerseits wetterten Muratori und seine zahlreichen Anhänger (v.a. aus den Reihen des jungen, aufstrebenden Klerus) gegen Andächteleien und die Anbetung von Götzenbildern4, d.h. einen übertriebenen Heiligenkult, andererseits sollte das weitgehend religiös ungebildete Kirchenvolk wieder mittels „Christenlehre“ an die Geheimnisse der „wahren Andacht“ (so der deutsche Titel eines der populärsten Werke Muratoris5), d.h. der Messliturgie, herangeführt werden. Eine Betonung der Messe gegenüber allen anderen liturgischen Formen, die Verwendung der Volkssprache und neue Liederbücher sollten die Gläubigen mit den zentralen Inhalten der Liturgie vertraut machen und so eine wissende Beteiligung ermöglichen. Die kirchlichen Reformen unter Maria Theresia (*1717, †1780) und Joseph II. (*1741, †1790) sind vor diesem Hintergrund zu sehen; und diese Aspekte der sogenannten Josephinischen Reformen blieben weitgehend auch unter Franz II./I. (*1768, †1835) bestehen und wurden weiterhin von vielen Klerikern unterstützt. Und ungeachtet des römischen „Schaukelkurses“ zwischen Aufklärung und Restauration blieb im Kaisertum Österreich der Wunsch nach einer aktiven Beteiligung der Gläubigen (und sei es nur via Musik) und nach der Volkssprache aufrecht (auch die josephinische Gottesdienstordnung von 1783 blieb, nur geringfügig modifiziert, im Wesentlichen bis 1855 in Kraft).
2 Pseudo-Tridentinische Restauration und Cäcilianismus im „Pianischen Zeitalter“
Das sogenannte „Pianische Zeitalter“6, das seine Antwort auf die Herausforderungen der Moderne in einer fatalen Realitätsverweigerung und Rückzug in eine konstruierte „gute alte Zeit“ zwischen Scholastik und Tridentinum fand, forderte – unterstützt von der Cäcilianismus-Bewegung – ein ebenso radikales „Rückwärts-Salto“ von der Kirchenmusik.7 Deutlich kommt diese Kluft zwischen Theorie und kirchenmusikalischer Praxis im konservativen Motu proprio Tra le sollecitudini (eigentlich Inter plurimas pastoralis officii8) von Pius X. (*1835, †1914, reg. 1903–1914) vom 22. November 1903 zum Ausdruck, das nicht nur eine Beteiligung der Laien deutlich in die Schranken wies bzw. untersagte (mit der Begründung, dass „die Sänger in der Kirche ein liturgisches Amt bekleiden“ würden), Frauen überhaupt ausschloss, Gregorianischen Choral als einzig wahre Kirchenmusik betonte und nur in Ausnahmefällen vokale Mehrstimmigkeit im Stile Palestrinas (*1525?, †1594) tolerierte. In aller Konsequenz hätte die Befolgung aller Vorschriften eine Auflösung aller Kirchenmusikvereine wie einen Verlust von gut 90% des gängigen Kirchenmusikrepertoires zur Folge gehabt. Dementsprechend halbherzig wurde dieses Motu proprio in der Monarchie rezipiert (zumal der Kaiserhof für sich eine Ausnahmeregelung im Rom erwirken konnte)9.
Eingedenk der realen Kirchenmusiksituation in Europa wurde am 20. Dezember 1928 mit der Apostolischen Konstitution Divini cultus sanctitatem10 durch Pius XI. (*1857, †1939, reg. 1922–1939) die Radikalität des Motu proprio von 1903 gemildert und der Realität der Praxis in den meisten katholischen Ländern angepasst. Zwar blieben die 1903 festgelegten Rahmenbedingungen im Wesentlichen unverändert, doch werden nun explizit (Abschnitt V) Kirchenchöre erlaubt, jedoch nur mit Knaben in den Oberstimmen. Auch den Gläubigen wurde im Wechselgesang mit Priestern und Sängern eine (wenngleich geringe) Beteiligung zugebilligt. So lautet Abschnitt IX in deutscher Übersetzung: „Damit aber die Gläubigen aktiver am Gottesdienst teilnehmen, soll der Gregorianische Choral beim Volke wieder eingeführt werden, soweit er für das Volk in Betracht kommt. Es ist in der Tat durchaus notwendig, dass die Gläubigen nicht wie Fremde und stumme Zuschauer, sondern, von der Schönheit der Liturgie ganz ergriffen, an den heiligen Zeremonien so teilnehmen, dass sie mit dem Priester und dem Sängerchor nach den gegebenen Vorschriften im Gesange abwechseln. Das gilt auch, wenn bei feierlichen Umzügen, Prozessionen genannt, Klerus und fromme Vereine in geordnetem Zuge mitgehen. Wenn das gut gelingt, dann wird es nicht mehr vorkommen, dass das Volk entweder gar nicht, oder kaum mit einem leisen, unverständlichen Gemurmel auf die gemeinsamen Gebete antwortet, die in der liturgischen oder der Volkssprache vorgebetet werden.“11
Den diversen volksliturgischen Bewegungen, die sich in unterschiedlicher Intensität und Ausprägung ab den 1920er Jahren in mehreren europäischen Ländern entwickelten, wurde damit jedoch noch keine participatio actuosa zugebilligt, wenngleich es als großer Schritt vorwärts zu werten ist, dass die strikte Trennung von Klerusliturgie und Kirchenvolk durch den Wechselgesang zwischen Klerus/Zelebrant und Gläubige erstmals (wieder) in einem vatikanischen Dokument überwunden wurde. Hart verurteilt wird jedoch die Verwendung von Kirchen als Konzerträume bzw. eine überbordende musikalische Gestaltung der Liturgie, da diese dadurch überdeckt würde – dies kann (und wurde auch von den Zeitgenossinnen und Zeitgenossen so interpretiert) als Kritik an den eben in Deutschland und Österreich gefeierten Komponistenjubiläen von Ludwig van Beethoven (*1770, †1827) 1927 und Franz Schubert (*1797, †1828) 1928 gesehen.12
Doch erst die traumatischen Erfahrungen der totalitären Regime der 1930er und 1940er Jahre, aufgrund deren im katholischen Widerstand Kleriker und Laien eng kooperierten und Berührungsängste abgebaut wurden, haben den volksliturgischen wie den zahlreichen und engagierten Jugendbewegungen und deren Drängen nach Einbindung in das liturgische Geschehen Rechnung getragen. Gleichsam an der Schwelle zum II. Vaticanum steht die mit 25. Dezember 1955 von Papst Pius XII. (*1876, †1958, reg. 1939–1958) veröffentlichte Enzyklika Musicae sacrae disciplina.13 Wie hier in Abschnitt II (§ 34) ausgeführt wird, gilt weiterhin der Dienst in der Messe und im Chorgebet als „Königsdisziplin“ der Kirchenmusik: „Daraus lässt sich leicht folgern, dass Würde und Wirkungskraft der Kirchenmusik umso größer sind, je näher diese an das heiligste Geschehen des christlichen Kultes herankommt, an das eucharistische Opfer des Altares. Sie kann darum nichts Höheres und Erhabeneres tun, als die Stimme des Priesters, der das göttliche Opfer darbringt, mit zartem Klange begleiten, auf seine Anrufungen freudig mit dem umstehenden Volke antworten und die ganze heilige Handlung durch ihre edle Kunst erhellen. An diesen hohen Dienst reicht jener nahe heran, den die sakrale Musik auch ausübt, wenn sie die anderen liturgischen Verrichtungen, besonders das Chorgebet, begleitet und verschönert. So ist also dieser ‚liturgischen‘ Tonkunst höchste Ehre und größtes Lob zu zollen.“14
In den folgenden und Abschnitt II abschließenden Absätzen werden zudem auch Volksgesang und angemessene (Kirchen-)Musik für Jugend und Erwachsene zur Erbauung bzw. Rekreation wie auch zur Verschönerung „feierlicher Treffen“ auch außerhalb der Kirche und liturgischer Handlungen anempfohlen. Ebenso wird das Amt in Volkssprache bereits angesprochen (§ 47), jedoch als geduldete Ausnahme in klaren Grenzen, ebenso „in Landessprache verfasste religiöse Volksgesänge“ (§ 62) – es wurde so schon vor dem II. Vaticanum eine offenbar gelebte Praxis erlaubt, die landläufig (und fälschlicherweise) erst mit letzterem in Verbindung gebracht wird. Und Kirchenliedgut und Volksgesang sollen auch ausdrücklich gepflegt werden (§ 66 und 67). Doch trotz allem wird betont, dass dennoch Latein als verbindende Kirchensprache der Vorzug zu geben sei wie auch dem Gregorianischen Choral (Abschnitt III, § 45 in deutscher Übersetzung): „Wenn dies wirklich in jeder Beziehung beachtet wird, so wird auch jener anderen Eigenschaft der Kirchenmusik gebührend Genüge getan, dass sie nämlich ein Musterbild wahrer Kunst darbiete; und wenn in den katholischen Kirchen der ganzen Welt der Gregorianische Gesang unverfälscht und rein erklingt, dann trägt er auch wie die heilige Römische Liturgie das Zeichen der Allgemeinheit an sich, so dass die Christgläubigen, wo immer sie auf der Erde weilen, die ihnen vertrauten und beinahe heimischen Weisen vernehmen und die wunderbare Einheit der Kirche mit tiefem Trost an sich erfahren. Das aber ist einer der Hauptgründe, warum die Kirche so sehr wünscht, dass mit den lateinischen Worten der heiligen Liturgie deren Gregorianischer Gesang zu einer Einheit verbunden bleibe.“15
Und mit einer weiteren Novität kann diese Enzyklika aufwarten, die jedoch in den meisten Ländern bereits seit Langem gelebte Praxis war (in den österreichischen Ländern seit dem 18. Jahrhundert): dass Mädchen und Frauen gemeinsam mit Knaben und Männern in der Kirche musizieren dürfen – allerdings in einer in der Realität nicht durchführbaren strikten Geschlechtertrennung (Abschnitt IV, § 74 in deutscher Übersetzung): „Wo aber solche Scholae cantorum nicht eingerichtet werden können oder sich die entsprechende Zahl von Sängerknaben nicht findet, ist gestattet, dass ein Chor von Männern und Frauen oder Mädchen an einem nur für ihn bestimmten Platz außerhalb des Altarraumes im feierlichen Hochamt die liturgischen Texte singen könne, vorausgesetzt, dass die Männer von den Frauen und Mädchen ganz getrennt sind, unter Vermeidung alles Unpassenden, wobei die Verantwortung dafür die Oberhirten trifft.“16
3 Participatio actuosa – Kirchenmusik und Gläubige als Akteure der Liturgie
Was war nun der entscheidende Schritt, der mit der Liturgie-Enzyklika Sacrosanctum Concilium17 am 4. Dezember 1963 verkündet wurde? Er bestand in einem mehrfachen Perspektiven-Wechsel: Die Gläubigen wohnen nun nicht mehr der Messe, die der Kleriker zwar mit Blick zum Altar (zu Gott), aber den Gläubigen abgewandt, zelebriert, bloß bei, sondern feiern mit dem Zelebranten gemeinsam die Liturgie, sich aktiv einbringend (participatio actuosa), wie es in § 10 heißt: „Denn die apostolische Arbeit ist darauf hingeordnet, daß alle, die durch Glauben und Taufe Kinder Gottes geworden sind, sich versammeln, inmitten der Kirche Gott loben, am Opfer teilnehmen und das Herrenmahl genießen.“ Als Vorbilder dienen die Eucharistiefeiern der frühen christlichen Gemeinden und Sinnbild für diese Neubewertung ist eine den Gläubigen zugewandte Zelebration an einem Volksaltar, der im Idealfall inmitten der Gemeinde steht,18 denn „[§ 14] die Mutter Kirche wünscht sehr, alle Gläubigen möchten zu der vollen, bewußten und tätigen Teilnahme an der liturgischen Feier geführt werden.“
Abb.1: Die Konzilsgedächtniskirche „Zur Allerheiligsten Dreifaltigkeit“ (1130 Wien, Kardinal König-Platz 3) wurde 1967/68 nach Plänen von Josef Lackner als eine der ersten errichtet, deren Innenraumgestaltung speziell auf die neuen liturgischen Anforderungen des II. Vaticanum zugeschnitten war. Foto vom Ordenstag 2022 © ÖOK/ Elisabeth Wimmer-Mayr.
Einen ersten Schritt in diese Richtung hatte der Vatikan bereits mit der Enzyklika Mediator Dei19 vom 20. November 1947 (Papst Pius XII.) gemacht, in der erstmals von einer actuosa paticipatio der Gläubigen, die über die innere Anteilnahme hinausgeht, gesprochen wird; Mediator Dei wiederum bildet die Basis für die sehr ausführliche Kirchenmusik-Instruktion De musica sacra20 der Heiligen Ritenkongregation vom 3. September 1958. Und in beiden zeigen sich schon deutlich die Diskussionen um eine Reform und Erneuerung von Liturgie und Neudefinition der Rolle der Gläubigen und des Zelebranten, wie sie dann im II. Vaticanum kodifiziert wurden.
4 Die neue Rolle der Kirchenmusik aufgrund der Liturgiereform des II. Vaticanum
Die Rolle der Kirchenmusik wird in Folge des II. Vaticanum deutlich aufgewertet bzw. neu definiert: Sie begleitet nun nicht mehr die Liturgie, sondern vollzieht in den wesentlichen Ordinarium-Teilen selbst Liturgie (die Propriums-Gesänge hingegen begleiten liturgische Handlungen), sodass der Dienst der Kirchenmusiker (und in vermehrtem Maße nun der Kirchenmusikerinnen) und Kirchenchöre nun selbst liturgischer Dienst ist (§ 29).21
Abb. 2: Dass sich das Konzept des zentralen Altares unter Wahrung des Denkmalschutzes selbst in alten Kirchenräumen umsetzen lässt, zeigt das Beispiel von Maria Hietzing (1130 Wien, Am Platz 1). © Pfarre Hietzing/Martin Wihsbeck.
Da die Kirchenmusik (Kapitel VI, § 112–121) in der Enzyklika eher kurz abgehandelt wurde (und ohne große Unterschiede zu Musicae sacrae disciplina bzw. De Musica Sacra), gab die Heilige Ritenkongregation mit 5. März 1967 unter Paul VI. (*1897, †1978, reg. 1963–1978) mit der Instruktion Musicam sacram22 eine aktualisierte Durchführungsrichtlinie heraus, wie in der Praxis die Beteiligung der Gläubigen in Bezug auf die Kirchenmusik umzusetzen, wie mit Tradition, bewährtem und neuem Musikgut zu verfahren sei, wie mit neuen Stilen und neuem Instrumentarium (Jazz, Pop und Rock, Neues geistliche Lied, „Schlager“ etc.). Musicam sacram beruft sich gerade in Bezug auf neue Musikstile und deren Instrumentarium wie die Verwendung von religiöser Musik in weiterem Sinn auf die Instruktion De musica sacra (1958).
5 Neue Musik für eine erneuerte Liturgie
Schon knapp nach der Veröffentlichung von Sacrosanctum Concilium erschienen die ersten Messen nach den neuen Vorgaben, wie Hans Haselböcks (*1928, †2021) Salzburger Messe (1966), ein Auftragswerk der Katholischen Jugend (siehe Abb. 3). Diese neue Praxis eines Wechselgesanges von Kantorin oder Kantor, Chor und Volk ist § 34 von Musicam sacram geschuldet: „Wenn die Gesänge des sogenannten Ordinarium Missae mehrstimmig gesungen werden, können sie vom Sängerchor in der gewohnten Weise mit oder ohne Instrumentalbegleitung vorgetragen werden unter der Voraussetzung, dass das Volk nicht gänzlich von der Teilnahme am Gesang ausgeschlossen wird.“
Abb. 3: Hans Haselböck, Salzburger Messe, Beginn des Kyrie. Wie man bereits in den ersten vier Takten sieht, werden die Kantorin oder der Kantor, die den Volksgesang führen, durch die Instrumente begleitet, der respondierende Chor (hier nicht mehr abgebildet) jedoch nur harmonisch gestützt © Musikverlag Doblinger, Wien.
Diese Forderung schloss jedoch implizit einen Großteil der musikalischen Tradition aus (beispielsweise die beliebten „Klassiker“-Messen für Hochämter), erwies sich in der Praxis jedoch, mangels musikalischen Könnens und oft auch Wollens der Gemeinden, als nicht bzw. nur schwer oder zögerlich durchführbar.
Die meisten musikalischen Neuschöpfungen wurden für die neue Kantor:innenpraxis benötigt, die nicht nur Zwischenverse anstelle des Graduale, sondern auch Halleluja-Verse anstelle des Tractus fordern und respondierend von Kantorin oder Kantor und Gemeinde zu singen ist. Auch die Propriumsgesänge wurden aufgewertet, galten sie auch dann als verbindlich, wenn (für Haupt-, bzw. Dom- und Metropolitankirchen erlaubt) das Ordinarium von einem Chor/Orchester musiziert und somit die Gemeinde vom Mitagieren ausgeschlossen war. Hier konnte man fürs Erste kurzfristig auf die unzähligen alten lokalen Gesangbücher zurückgreifen, deren Texte aber vielfach modernen theologischen Standpunkten nicht mehr oder nur unzureichend entsprachen – die Lösung in Form des ersten, alle deutschsprachigen Diözesen verbindenden Gesangbuches, des Gotteslob sollte jedoch erst 1975 erfolgen.
Zur Verwendung des Gregorianischen Chorales, zur Einbindung der musikalischen Tradition und der Verwendung der lateinischen Sprache finden sich klare Worte in den Texten von Sacrosanctum Concilium. Sie sind nicht nur erlaubt, sondern Choral und lateinische Sprache ausdrücklich erwünscht (§ 36, 1. § 1: „Der Gebrauch der lateinischen Sprache soll in den lateinischen Riten erhalten bleiben, soweit nicht Sonderrecht entgegensteht“, sowie § 54: „Der Muttersprache darf im Sinne von Art. 36 dieser Konstitution in den mit dem Volk gefeierten Messen ein gebührender Raum zugeteilt werden, besonders in den Lesungen und im ‚Allgemeinen Gebet‘ sowie je nach den örtlichen Verhältnissen in den Teilen, die dem Volk zukommen. Es soll jedoch Vorsorge getroffen werden, daß die Christgläubigen die ihnen zukommenden Teile des Mess-Ordinariums auch lateinisch miteinander sprechen oder singen können. Wenn indes darüber hinaus irgendwo der Gebrauch der Muttersprache bei der Messe in weiterem Umfang angebracht zu sein scheint, so ist die Vorschrift des Artikels 40 dieser Konstitution einzuhalten.“).23
Schwieriger und auch etwas schwammig formuliert ist der Umgang mit Strömungen aus dem Bereich der Popularmusik bzw. der Verwendung von solcher im Rahmen liturgischer Handlungen (Stichwort „Jazz-Messen“ bzw. Schlager wie beispielsweise Weus’d a Herz hast wia a Bergwerk von Rainhard Fendrich). Musicam sacram (§ 9) formuliert sehr offen: „Die Kirche verschließt ihre liturgischen Handlungen keiner Art von Kirchenmusik, sofern sie dem Geist der betreffenden liturgischen Handlung und dem Wesen ihrer einzelnen Teile entspricht und die gebührende tätige Teilnahme des Volkes nicht behindert.“
Diese Teilnahme der Gläubigen ist nun eine zweifache: eine innere und eine äußere. Die innere (diese war von den Gläubigen seit dem Tridentinum gefordert worden und als wissende innere Anteilnahme eine Forderung der katholischen Aufklärung des 18. Jahrhunderts) sollte die gesamte Dauer der liturgischen Handlung umfassen, die äußere kann hingegen – nach Art und Können der Gemeinde – variieren: vom bloßen Antworten auf die Akklamationen des Priesters, dem Singen des Antwortpsalms und des Halleluja-Verses sowie von zumindest Eingangs- und Danklied. Idealerweise sollte das Volk auch in die übrigen Gesänge eingebunden werden, doch können diese von einem geübten Chor (vor allem in bedeutenden Kirchen bzw. bei entsprechend feierlichen Ämtern) übernommen werden (§ 16c). Neu ist der Passus über das gemeinsame „heilige Schweigen“, das nun als Ankerpunkt und zur Vertiefung der Mysterien seinen Platz in der Liturgie explizit zugewiesen bekommt. (§ 17).
Sacrosanctum Concilium ist nun fast 60 Jahre alt, sodass es nur mehr wenige Gläubige gibt, die sich an die liturgische Praxis vor dem II. Vaticanum erinnern können. Und wenn auch auf den ersten Blick in den diversen vatikanischen Vorschriften zur Kirchenmusik aus den 1940er und 1950er Jahren vieles schon vorweggenommen scheint, so hat sich mit der endgültigen „liturgischen Kooperation“ (wenngleich unter gewissen Vorbehalten) von Gläubigen und Klerikern, dem Agieren von Laien als Kantorinnen oder Kantoren im Altarraum und der Aufwertung der Kirchenmusik zu einem liturgischen Akteur der lange gewünschte und geforderte Schritt in die Moderne wie auch zurück zu den Wurzeln eines gemeinsamen Feierns der Eucharistie in den Urgemeinden vollzogen. Die Kirche selbst hat sich seither weiterentwickelt, ist in verstärktem Maße zu einer Weltkirche geworden mit spezifischen regionalen Eigenheiten und Problemen und mit allen daraus resultierenden Konsequenzen auch für die musikalische Praxis, die zwar in Sacrosanctum Concilium bereits angedacht wurden, deren Relevanz sich aber erst in den folgenden Jahrzehnten gezeigt hat.
Und auch auf den kleinen österreichischen Raum heruntergebrochen haben sich viele der ambitionierten Ansätze zu einer neuen kirchenmusikalischen Praxis – auch aufgrund der strukturellen Änderungen in den Pfarrgemeinden wie der Diözesanstrukturen selbst – nicht bzw. nur teilweise bewährt. Geblieben sind eine participatio actuosa, die ein aktives Mitgestalten der Liturgie durch Laien gemeinsam mit Klerikern und Diakonen oder Pastoralassistentinnen, nicht nur in der Messe, sondern auch (bzw. hier vor allem) in der Vorbereitung in Arbeitskreisen und Ausschlüssen in den Pfarren umfasst, und das verbindliche Gesangbuch Gotteslob mit Orgel- und Kantorenbuch, das 2013 bereits in seine zweite Auflage gegangen ist.
Was mit einem kritischen Hinterfragen der Praxis und vor allem der an Aberglauben grenzenden paraliturgischen Auswüchse der barocken Ecclesia triumphans durch Kleriker, geprägt vom Geist der italienischen Aufklärung zu Beginn des 18. Jahrhunderts begonnen hat, setzte einen rund 150 Jahre dauernden Prozess in Gang, der über mehrere Stufen, Umwege und Schleifen letztlich mit dem II. Vaticanum in das erste abgeschlossene ökumenische Konzil und die größte Liturgiereform seit dem Tridentinum mündete. Auch wenn das II. Vaticanum vielleicht für Zeitgenossinnen und Zeitgenossen als „Umbruch“ und seine Ankündigung als revolutionär gewirkt haben mag, so war dieses Konzils eine mehr als überfällige Konsequenz aus Entwicklungen und Desiderata in der katholischen Kirche und deren kanonische Regelungen. Es setzte sich zum Ziel, einen – bereits in vielen Gemeinden praktizierten – „Wildwuchs“ an durch aktives Agieren der Gläubigen und von urkirchlichen Prinzipien geprägten liturgischen Usus sowohl zu regulieren als auch in die Schranken zu weisen. Wie in vielen anderen Bereichen auch ist das Agieren des Vatikans betreffend Kirchenmusik seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts ein reaktives und vorsichtig tastendes gewesen, selbst in der grundlegenden Liturgiereform des II. Vaticanum. Doch ist darin auch eine Stärke vatikanischer Vorschriften zu sehen, dass sie grundsätzlich sehr weit gefasst und offen gegenüber Regionalismen sind, sofern diese die zentralen pastoralen Anliegen der katholischen Kirche unterstützen – denn Pastoralarbeit ist schließlich eine der „Kerndisziplinen“ der katholischen Kirche.
Elisabeth Hilscher studierte Musikwissenschaft und Geschichte an der Universität Wien und forscht seit 1988 an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Zu ihren Arbeitsschwerpunkten zählen die Musik an den Habsburgerhöfen, Musiküberlieferung im kirchlichen Bereich und Fragen der Mentalitäts- und Spiritualitätsgeschichte im Spannungsfeld zwischen Liturgie, Zeremoniell und Repräsentation. Aktuelles Forschungsprojekt ist die Musik an der Metropolitan- und Domkirche St. Stephan.
Kontakt: elisabeth.hilscher@oeaw.ac.at
1 Das II. Vatikanische Konzil war auch das erste ökumenische Konzil seit dem Konzil von Trient, das erfolgreich zum Abschluss gebracht werden konnte. Das I. Vatikanische Konzil, das sich ebenso hohe Ziele gesteckt hatte, war gleichsam auf halbem Weg wegen des Ausbruchs des deutsch-französischen Krieges 1870 abgebrochen worden.
2 Vgl. dazu die Website des Vatikans, auf der die wesentlichen Konzilsdokumente online zur Verfügung gestellt werden: https://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/index_ge.htm [Zugriff: 26.06.2023].
3 Annus qui hunc, mit 19. Februar 1749 durch Papst Benedikt XIV. (*1675, †1758, reg. 1740–1758) veröffentlicht, kreidete mehrere Missstände, die eine überschäumende barocke Frömmigkeit in der katholischen Kirche hat einreißen lassen, an: 1) sollten Kirchen wie Gotteshäuser und nicht wie Paläste aussehen, 2) erinnerte er an das Stundengebet, das auch in Metropolitan-, Dom- und Kollegiatskirchen gemäß den Beschlüssen des Tridentinum regelmäßig gebetet werden sollte, wozu man sich des Gregorianischen Chorales zu bedienen hätte, und 3) – dies als Hauptteil der Enzyklika – geht Benedikt XIV. mit der zeitgenössischen Kirchenmusik und deren „Verweltlichung“ hart ins Gericht (vgl.: https://www.vatican.va/content/benedictus-xiv/it/documents/enciclica--i-annus-qui-hunc--i---19-febbraio-1749--nell--8217-im.html [Zugriff: 26.06.2023]).
4 Als Paradebeispiel kann der berühmte Hirtenbrief des Wiener Fürsterzbischofs Johann Joseph Fürst Trautson (*1707, †1757, reg. 1751–1757) vom 1. Jänner 1752 gelten, der sich an den Klerus der Erzdiözese wandte: Predigten, in denen kein Theatrum veranstaltet, sondern das Wort Gottes verkündigt werde, ein scharfes Vorgehen gegen an Aberglauben grenzenden Wunderglauben des Volkes und alle Arten von Frömmeleien und Andächteleien wird darin gefordert; die Kanzel und die Predigt seien Instrumente der Bildung, wobei die Verkündigung nicht nur streng den Lehrsätzen der katholischen Kirche gehorchen müsse, sondern auch den Verordnungen und Vorschriften der weltlichen Obrigkeit (Johann Joseph TRAUTSON, Des Ertzbischoffs von Wien Hirtenbrief an seine Geistlichkeit [Wien, 01.01.1752] online: https://digital.onb.ac.at/OnbViewer/viewer.faces?doc=ABO_%2BZ95500606 [Zugriff: 27.06.2023]).
5 Bereits 1759 erschien bei Hofbuchdrucker Johann Thomas Trattner in Wien diese im Original in italienischer Sprache erschienene Schrift Muratoris: Die | Wahre Andacht | Des | Christen | Untersuchet und von dem welt-|berühmten | Ludewig Anton Muratori, | Herzoglichem Büchersalvorsteher zu Modena, | unter dem Namen | Lamindi Pritanii, | In italienischer Sprache beschrieben,| nunmehr aber ins reine Deutsche übersetzet. | Wien, |gedruckt bey Johann Thomas Trattnern, | kaiserlichen königlichen Hofbuchdruckern, und | Buchhändlern 1759. (online: http://digital.onb.ac.at/OnbViewer/viewer.faces?doc=ABO_%2BZ21379100 [Zugriff: 26.06.2023]).
6 Vgl. dazu Markus THURNAU, Autorität und Wissenschaft. Zu einem theologischen Kernproblem der „Pianischen Epoche“, in: Matthias REMENYI (Hg.), Amt und Autorität. Kirche in der späten Moderne (Paderborn–München–Wien–Zürich 2012) 53–84, hier v.a. 53–56.
7 Vgl. dazu auch Hubert WOLF, Der Unfehlbare. Pius IX. und die Erfindung des Katholizismus im 19. Jahrhundert (München ³2020).
8 Vgl. https://www.vatican.va/content/pius-x/la/motu_proprio/documents/hf_p-x_motu-proprio_19031122_sollecitudini.html [Zugriff: 27.06.2023] (deutsche Übersetzung: https://www.kathpedia.de/index.php?title=Tra_le_sollecitudini_(Wortlaut) [Zugriff: 27.06.2023]).
9 Als solche wurde das persönliche Gutheißen der Praxis an der kaiserlichen Hofkapelle in Wien durch den Papst gewertet, das man in einer Privataudienz bei Papst Pius X. am 25. April 1904 erwirken konnte; vgl. dazu Karlheinz SCHENK †, Die Wiener Hofmusikkapelle zur Zeit der Restaurationsversuche von Papst Pius X., in: Elisabeth Theresia FRITZ-HILSCHER – Hartmut KRONES – Theophil ANTONICEK (Hg.), Die Wiener Hofmusikkapelle II. Krisenzeiten der Hofmusikkapellen (Wien–Köln–Weimar 2006) 201–211, hier 209–210; der gesamte Bericht zur Audienz findet sind in Wien, Österreichisches Staatsarchiv, Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Oberhofmeisteramt-Akten 59/A/4, 1904 (25.04.1904).
10 Vgl. https://www.vatican.va/content/pius-xi/la/apost_constitutions/documents/hf_p-xi_apc_19281220_divini-cultus-sanctitatem.html [Zugriff: 27.06.2023] (deutsche Übersetzung: https://kathpedia.com/index.php?title=Divini_cultus_sanctitatem_(Wortlaut) [Zugriff: 27.06.2023]).
11 Divini cultus sanctitatem (wie Anm. 10), 1928: im lateinischen Original: IX: Quo autem actuosius fideles divinum cultum participent, cantus gregorianus, in iis quae ad populum spectant, in usum populi restituatur. Ac revera pernecesse est ut fideles, non tamquam extranei vel muti spectatores, sed penitus liturgiae pulchritudine affecti, sic caerimoniis sacris intersint — tum etiam cum pompae seu processiones, quas vocant, instructo cleri ac sodalitatum agmine, aguntur — ut vocem suam sacerdotis vel scholae vocibus, ad praescriptas normas, alternent; quod si auspicato contingat, iam non illud eveniet ut populus aut nequaquam, aut levi quodam demissoque murmure communibus precibus, liturgica vulgarive lingua propositis, vix respondeat.
12 1922 war beispielsweise eine Kirchenmusikverein an der Metropolitan- und Domkirche St. Stephan gegründet worden, mithilfe dessen nicht nur die musikalische Ausgestaltung der Liturgien bewältigt werden sollte, sondern auch die Veranstaltung von Domkonzerten einher ging, um die finanzielle Lage der Kirchenmusik zu verbessern. 1923 wurde in diesem Rahmen die Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach aufgeführt, 1924 im Rahmen der Liturgie Bruckners f-moll-Messe, 1926 die Graner Festmesse von Franz Liszt. Vgl. dazu Bettina GRAF, Musikleben am Wiener Stephansdom zwischen 1824 und 1932 (Universität Wien, Masterarbeit 2023) 133–142.
13 Vgl. https://www.vatican.va/content/pius-xii/la/encyclicals/documents/hf_p-xii_enc_25121955_musicae-sacrae.html [Zugriff: 26.06.2023] (deutsche Übersetzung: https://www.kathpedia.de/index.php?title=Musicae_sacrae_disciplina_(Wortlaut) [Zugriff: 26.06.2023]).
14 Musicae Sacrae disciplina (wie Anm. 13), Auszug aus Abschnitt II im lateinischen Original: Hinc facile concluditur musicae sacrae dignitatem et vim eo maiorem esse quo propius ad summum illud christiani cultus opus, Eucharisticum nempe altaris, sacrificium, accedit. Nihil igitur altius, nihil sublimius agere potest quam ut sacerdotis divina victima litantis vocem dulci comitetur sono, eiusque appellationibus cum populo adstante laete respondeat ac totam sacram actionem nobili sua arte collustret. Ad hoc excelsum ministerium illud prope accedit quod eadem sacra musica efficit, cum alias liturgicas caerimonias, imprimis Divini Officii in choro recitationem, comitatur et exornat. Huic igitur musicae “liturgicae” summus honor summaque laus tribuenda sunt.
15 Musicae Sacrae disciplina (wie Anm. 13), Auszug aus Abschnitt III im lateinischen Original: .Haec si reapse omni ex parte servata fuerint, alteri quoque musicae sacrae proprietati debito modo satisfactum erit, ut ea nempe verae artis specimen praebeat; et si in totius terrarum orbis catholicis templis Gregorianus cantus incorrupte et integre resonuerit, ipse quoque, sicut sacra Romana Liturgia, universitatis prae se feret notam, ita ut christifideles, ubicumque terrarum versantur, familiares sibi ac quasi domesticos percipiant concentus, atque adeo mirarn Ecclesiae unitatem vero cum animi solacio experiantur. Haec quidem una est ex praecipuis rationibus, cur Ecclesia tantopere exoptet ut cum latinis sacrae Liturgiae verbis eorundem verborum cantus Gregorianus arcte conectatur.
16 Musicae Sacrae disciplina (wie Anm. 13), Auszug aus Abschnitt IV im lateinischen Original: Ubi autem Scholae Cantorum haberi non possunt, vel congruus non invenitur numerus Puerorum Cantorum, conceditur, ut coetus tum virorum ac mulierum seu puellarum, in loco eius, soli usui destinato extra cancellos positus, textus liturgicos in Missa sollemni cantare possit, dummodo viri a mulieribus et puellis omnino sint separati, vitato quolibet inconvenienti et onerata super his Ordinariorum conscientia.
17 Vgl. https://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/documents/vat-ii_const_19631204_sacrosanctum-concilium_ge.html [Zugriff: 27.06.2023].
18 Um das historische und vor allem kunsthistorische Erbe der katholischen Kirche nicht „mit dem Bade“ ausschütten zu müssen, bedurfte es in vielen Kirchen entsprechender Kompromisse, die in einem an die Grenze zwischen Chorraum und Gemeindekirche gesetzten Volksaltar und Abbau von Kommuniongittern ihren Ausdruck fanden. Nur in Kirchenneubauten konnte das Konzept des zentralen Altares konsequent umgesetzt werden. Und auch die Positionierung der Orgel war nun in Altarnähe anstelle der traditionellen Westemporen-Orgel notwendig, um das Interagieren zwischen Zelebranten, Kantorin oder Kantor, Chor/Orchester und Gemeinde optimal begleiten bzw. leiten zu können. Klosterkirchen mit bereits existierenden Chororgeln waren hier im Vorteil gegenüber den gewöhnlichen Pfarrkirchen.
19 Vgl. https://www.vatican.va/content/pius-xii/la/encyclicals/documents/hf_p-xii_enc_20111947_mediator-dei.html [27.06.2023]; deutsche Übersetzung: https://www.kathpedia.de/index.php?title=Mediator_Dei_(Wortlaut) [Zugriff: 27.06.2023]. Mediator Dei beschäftigt sich intensiv mit Fragen der Liturgie und versucht Antworten auf das zunehmende Drängen der Kirchenbasis nach liturgischer Reform und Erneuerung zu geben; diese Enzyklika kann in vielen Aspekten als Vorbereitung der Liturgie-Enzyklika des II. Vaticanum, Sacrosanctum Concilium gesehen werden.
20 Der Originaltext ist nicht direkt auf der Website des Vatikan zugänglich, sondern über die Acta Apostolicae Sedis (AAS) 1958, 630–663 (https://www.vatican.va/archive/aas/documents/AAS-50-1958-ocr.pdf [Zugriff: 27.06.2023]); deutsche Übersetzung: https://www.kathpedia.de/index.php?title=De_musica_sacra_(Wortlaut) [Zugriff: 27.06.2023].
21 Dazu Eckhard JASCHINSKI, Musica sacra oder Musik im Gottesdienst? Die Entstehung der Aussagen über die Kirchenmusik in der Liturgiekonstitution „Sacrosanctum Concilium“ (1963) und bis zur Instruktion „Musicam Sacram“ (1967) (Studien zur Pastoralliturgie 8, Regensburg 1990).
22 Vgl. dazu https://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/documents/vat-ii_instr_19670305_musicam-sacram_en.html [Zugriff: 26.06.2023] (der lateinische Originaltext ist über die AAS 1967, 300–320, https://www.vatican.va/archive/aas/documents/AAS-59-1967-ocr.pdf [Zugriff: 26.06.2023], zugänglich); deutsche Übersetzung: https://www.kathpedia.de/index.php?title=Musicam_sacram_(Wortlaut) [Zugriff: 27.06.2023].
23 Vgl. Sacrosanctum Concilium (wie Anm. 17), https://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/documents/vat-ii_const_19631204_sacrosanctum-concilium_ge.html [Zugriff: 27.06.2023].