Zwischen Traditionsbewahrung und moderner Archivarbeit
Vortrag gehalten am Studientag der Archive am 30. Jänner 2023 in Salzburg.
Einleitung: Von Theorie und Praxis
Die archivische Bewertung ist der grundlegende erste Schritt bei der Übernahme von Schriftgut in ein Archiv.[1] Deren Ziel besteht darin, die Archivwürdigkeit der Dokumente festzustellen, wobei zwischen einer Übernahme oder der Skartierung (fachgerechte Entsorgung) von Dokumenten entschieden wird. Diese Entscheidungsfindung mag vielen Archivar:innen als die schwerste Aufgabe in einem Archiv erscheinen und meines Erachtens ist dem auch so, weshalb es auch beängstigend ist, einen dementsprechenden Beitrag zu dieser Königsdisziplin der Archivwissenschaft zu leisten.
Theoretische Grundlagen finden sich in der fachspezifischen Literatur en masse,[2] die Schwierigkeit dieser Kernkompetenz liegt jedoch in der Anwendbarkeit und Praxis im jeweiligen Archiv. Die Doktrin einer schrittweisen Erschließung, eines vorgefertigten Bewertungsmodells und strenger Bewertungskataloge ließen sich bei meiner täglichen Arbeit in der Vergangenheit selten anwenden. Dieser Beitrag soll dementsprechend weniger auf standardisierte Arbeitsschritte hinweisen, als viel mehr Mitarbeiter:innen von kleineren (Ordens-) Archiven praxisnahe und konsequente Ansätze zur archivischen Bewertung aufzeigen.
Das Ziel einer jeder Bewertung, unabhängig von der Größe und Ausrichtung der Institution, der das Archiv angehört, bleibt auch in einem Ordensarchiv dasselbe: die Archivierung von würdigem und (im besten Falle) archivreifem Schriftgut, sowie die Dokumentation einer Institution in Vergangenheit und Gegenwart mit Blick und Verständnis für die Zukunft.
Die traditionellen Arbeitsschritte des Archivierens zeigen eine idealtypische schrittweise Arbeitsabfolge auf:
Bewerten Übernehmen Ordnen Erfassen Verwahren und Erhalten Erschließen Bereitstellen
Hierbei steht die Bewertung an erster Stelle, somit noch vor – und dies ist bzw. wäre der springende Punkt – einer Übernahme der Unterlagen.
Allerdings ist es in der Praxis, insbesondere in kleineren Institutionen mit teilweise familiären und ungewöhnlichen Strukturen und Abläufen nicht immer möglich, die vordefinierte Reihung einzuhalten. Unkontrollierte Übergaben, Platz- und Personalmangel führen häufig dazu, dass das betreffende Archiv zuerst einen Bestand in seiner Gänze übernimmt oder übernehmen muss.
Abb. 1: Spontane Übergabe an das Stiftsarchiv Wilten. Derartige Bestände bleiben oftmals längere Zeit ungesichtet und unbearbeitet liegen.
© Prämonstratenser Chorherrenstift Wilten/Miriam Trojer
Anschließend wird dieser aus Zeitmangel für einige Zeit verwahrt, ohne jegliche Bewertung, Konservierung oder Erfassung vorgenommen zu haben. Erst wenn dieser Bestand dann effektiv und meistens in seiner Gänze bearbeitet wird, werden die Unterlagen auch bewertet. Im Zuge der weiteren Arbeitsschritte wird: der Bestand dann geordnet, gesäubert und ggf. neuverpackt, bewertet, erfasst, erschlossen und bereitgestellt, wobei die genaue Reihenfolge dieser Schritte manchmal an die eigenen Umstände angepasst werden muss: In der Praxis erfolgt die Bewertung demzufolge oft ad hoc, eine Vorgangsweise, die in der Fachliteratur nicht empfohlen wird, aber nicht nur im Ordensbereich, sondern auch behördlichen Archiven durchaus gängig sein kann.[3]
Diese Abweichungen von der Idealreihenfolge spiegeln die realen Arbeitsbedingungen in einem kleineren Archiv wider. Dort gibt es selten konsequente Registraturen, auch handelt es sich nicht um behördliches Schriftgut und oftmals fehlen genaue Rechtsvorschriften. In Ordensarchiven, wo der Orden einerseits oft weltweit vertreten, andererseits aber vergleichbar mit einer kleinen, privaten Familie ist, gilt es, sich beim Archivierungsprozess vorwiegend einer gewissen archivischen Intuition zu bedienen, um einerseits dem Standard nahe zu kommen, gleichzeitig aber den Orden in seiner Gänze zu dokumentieren und vor allem zu respektieren und letzten Endes einen Traditionsbruch zu verhindern.
Die theoretischen Grundlagen einer Bewertung beinhalten eine systematische Herangehensweise an die Bewertung in einer Vorbereitungsphase, die die Ansammlung an verschiedensten Informationen zum Ziel hat, allen voran die Kenntnis der Verwaltungsstrukturen und Aufgaben, die Sichtung der Registraturen und dergleichen. Bevor jedoch mit dieser Vorbereitung begonnen werden kann, müssen grundlegende Fragen und Definitionen geklärt werden, um eine solide Basis für den Bewertungsprozess zu schaffen.
Hierbei spielen Rechtsnormen und Richtlinien ebenso eine große Rolle wie die Kriterien der Archivwürdigkeit im Ordensbereich. Als Hilfsmittel können hier verschiedene Richtlinien und Handreichungen dienen, welche die nötigen Antworten liefern.
Für Österreich bieten die "Richtlinien zur Sicherung und Nutzung der Archive der Ordensgemeinschaften in der Katholischen Kirche Österreichs" von 2006[4] wertvolle Anhaltspunkte, welche man im Bewertungsprozess berücksichtigen sollte. Bereits im „§1 Grundsätzliches“ wird definiert, dass Ordensarchive zur Wahrung der Rechtssicherheit beitragen und die Verwaltungsführung unterstützen. Sie seien ein „nützliches Instrument für die Pastoraltätigkeit, denn als Gedächtnisorte überliefern sie die Erfahrungen der Inkulturation des Evangeliums und verleihen der Tradition Konkretheit“. Das Archivieren „liegt darüber hinaus im öffentlichen Interesse und schafft Voraussetzungen für historische und sozialwissenschaftliche Forschung ebenso wie für kulturvermittelnde Tätigkeit“.
Die grundsätzliche Frage nach einer Definition von Archivwürdigkeit wird ebenfalls behandelt: „§3 (3) Archivwürdig sind Unterlagen, die für die unter § 1 genannten Funktionen eines Ordensarchivs von Bedeutung und darum von bleibendem Wert sind.“
Ähnliche Vorgaben finden wir in der Archiv- und Benutzungsordnung, die von der ARGE Ordensarchive als Muster 2015 veröffentlicht und 2022 aktualisiert wurde: „Pkt. 3 […] Archivwürdig und von bleibendem Wert sind Unterlagen, die die rechtlichen Grundlagen, den inneren Aufbau, das apostolische Wirken, das Charisma und die wirtschaftliche Gestion der Ordensgemeinschaft dokumentieren.“[5]
Diese Richtlinien geben dem Bewertungsprozess ein klares Ziel und legen die erforderlichen Prämissen fest. Bei der Umsetzung der praktischen Archivarbeit müssen diese Vorgaben jedoch in ihrer Anwendung präzisiert werden.
Die Verwaltungsstruktur des Ordens vs. der Orden als Familie
Eine der größten Schwierigkeiten bei der Bewertung in einem Ordensarchiv ergibt sich aus der Vermischung von Privatleben und Gemeinschaft. Mag es auch eine singuläre Ausgangslage sein, so erscheint einem der Vergleich mit einem Familienunternehmen doch am nächsten. Auf der einen Seite gibt es das Unternehmen, welches eine Verwaltung besitzt, Sekretär:innen, Buchhaltung, eine Chefin oder einen Chef – auch wenn es sich um eine:n Verwandte:n handelt. Gleichzeitig gibt es die Familie dahinter, die mit ihren familiären Strukturen das Unternehmen natürlich beeinflusst. Jedoch ist jedes Familienmitglied eine Privatperson per se. Ein Orden spiegelt dies genauso wider: Einerseits gibt es den Orden mit seinen Verwaltungsstrukturen, es gibt verschiedene hierarchische Ebenen, Ordensmitglieder, welche Aufgaben im Verwaltungsapparat übernehmen, aber auch Laien, welche dem eingeordnet sind. Die Ordensmitglieder sind gleichzeitig ein Teil der Ordensfamilie und somit Privatpersonen. Diese duale Struktur erfordert eine besondere Sensibilität bei der Bewertung, da sowohl die offiziellen Dokumente des Ordens als auch die persönlichen Aufzeichnungen der einzelnen Mitglieder berücksichtigt werden müssen.
Abb. 2: Ordensfamilie und Ordensunternehmen als Provenienzbildner. © Miriam Trojer
In diesem Vergleich ist das Unternehmen selbst, also die Ordensgemeinschaft, der Konvent oder die Ordensprovinz nur einer der Provenienzbildner. Und es ist auch diese Seite eines Ordens, welche mit Vorgaben, Kriterien, Plänen und Richtlinien einfacher zu erschließen ist und für die ein Bewertungskatalog Sinn macht. Demzufolge können wir uns in der Bewertungsvorbereitung auch an Leitfäden wie jenen aus dem Standardwerk „Praktische Archivkunde“ richten.
Die Bewertungsvorbereitung beginnt im besten Falle immer mit einer Informationssammlung. In Bezug auf den Verwaltungsapparat werden Kenntnisse der Verwaltungsstrukturen und Aufgaben jeglicher Beteiligter gesammelt. Diese Kenntnisse werden mit Gesprächen mit den Dienststellen und der Sammlung von Organisationshilfsmitteln angereichert.[6]
In einem typischen (Familien-)Unternehmen gibt es verschiedene Arten von Plänen, die die Arbeitsabläufe des Unternehmens darstellen können. Tiemann erwähnt dabei Begriffe wie Aufgaben- und Verwaltungsgliederungsplan, Produktbuch sowie Organisations- und Geschäftsverteilungsplan. Diese Begrifflichkeiten auf eine Ordensstruktur anzuwenden ist nicht zielführend, da sich die Strukturen zu sehr voneinander unterscheiden. Dennoch sind die Fragen nach der Verwaltungsstruktur und den damit verbunden Aufgaben grundlegende Kenntnisse, die eine Archivarin oder ein Archivar über die eigene Institution wissen muss, unabhängig ob es sich um ein kleines Kloster, ein großes Stift oder eine Firma handelt.
Die Arbeitsweise in einem Ordensarchiv ist oft von der familiären und gleichzeitig komplexen Struktur des Ordens geprägt. Diese beeinflusst die Archivarbeit erheblich. Mitarbeiter:innen in Ordensarchiven können vielleicht nicht immer auf Organigramme zurückgreifen oder ein Produktbuch zu Rate ziehen, es gibt dennoch viele Möglichkeiten, den Orden kennenzulernen, allen voran durch die Statuten, jedoch noch genauer und authentischer im persönlichen Gespräch, durch die oftmals jahrhundertelange Geschichte, in der Beobachtung der täglichen Arbeit, im Verstehen des ordenseigenen Charismas.
In Reimanns Standardwerk „Praktische Archivkunde“ wird eine Chronik unter „Sonstige Literatur“ geführt, spielt quasi eine nebensächliche Rolle bei der Informationsbeschaffung. Für Ordensarchivar:innen hingegen ist eine Chronik oder Festschrift eine wichtige und grundlegende Quelle, um erste Einblicke in die Geschichte und das Wesen des Ordenshauses und des Ordens zu gewinnen. In Anlehnung an Tiemanns Schema der Bewertungsvorbereitung wird hier ein auf die Besonderheiten einer Ordensstruktur adaptiertes Modell abgebildet:
Information |
Erklärung |
Art der Informationsbeschaffung |
Kenntnisse des Ordens und dessen Verwaltung |
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Basisinformationen des Generalordens |
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Basisinformationen des Hauses |
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Dienst- und Verwaltungsstellen früher und heute |
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Organigramm der Provinz/des Konvents |
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Aufgabengliederungsplan |
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Kenntnisse der Aktenüberlieferung |
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Registraturübersicht |
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Bisherige Bewertung und Archivierung |
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Über das einfache Verwaltungsschriftgut
In archivischen Regelwerken spricht man für gewöhnlich von einer Ausarbeitung formaler und inhaltlicher Bewertungskriterien, die vor einer erfolgreichen Bewertungsentscheidung definiert werden sollen. Dieser Zwischenschritt ist auch in kleineren Archiven unabdingbar, die Vorgaben entspringen jedoch einer einfachen Logik und werden vermutlich bei vielen Archivar:innen angewendet, ohne als solche betitelt zu werden.
Unter „formale Bewertungskriterien“ fallen die Vermeidung von Doppel- oder Mehrfachüberlieferung (Beispiel: Aussonderung von Durchschlägen, wenn sich das Original bereits im Akt befindet, doppelte Fotografien etc.).
Auch die Berücksichtigung der Aufbewahrungsfristen fallen hier hinein. So werden gewöhnliche Rechnungen bereits oft von der Klosterverwaltung selbst nach Ablauf der Frist von sieben Jahren aussortiert. Das Archiv sollte hierbei im ständigen Austausch mit den Verantwortlichen stehen, da aufgrund von Platzmangel in den Büroräumen mehr aussortiert werden könnte als vom archivischen Standpunkt aus gewünscht. Skartierungs- und Abgabepläne, die gemeinsam mit den Dienststellen erstellt werden, helfen dabei, Routine in die Archivabgabe zu bringen.
Die Bewertung von Unterlagen untermauert die Rechtssicherheit einer Institution in verschiedenen Belangen. Diese Archivalien, die in Ordenshäusern oft über lange Zeiträume eine wichtige Rolle spielen und deshalb auch nach 200 Jahren zumindest in Kopie in der Verwaltung zu finden sind, müssen ausnahmslos aufbewahrt werden.
Für eine langfristige und konsequente Bewertung von Verwaltungsschriftgut ist ein Aktenplan notwendig, der beiden Seiten, der Verwaltung und dem Archiv, den entsprechenden Rahmen bietet. Einen Aktenplan im Zuge des als Archivaufgabe definierten Records Managements zu erstellen, ist mit Sicherheit eine große Aufgabe, insbesondere im heutigen digitalen Zeitalter, in dem ein digitales Äquivalent nicht mehr Kür, sondern Pflicht ist.[8] Dabei können sich Ordensarchivar:innen jedoch auf das Archiv und die Vergangenheit stützen und sie als Grundpfeiler benützen. Für gewöhnlich ist die Struktur eines Ordens im positiven Sinne träge, da sie Beständigkeit garantiert und nur langsame Veränderungen aufweist. Der innere Aufbau eines Ordens, den wir für die Vorbereitung einer Bewertungsarbeit benötigen, bildet den Grundstein für eine Tektonik und oftmals für einen guten Aktenplan, da die historische Struktur oft noch heute gültig ist. Im Stiftsarchiv Wilten entstand durch Abt Alois Röggl (amt. 1820–1851) ein neues System der Aktenablage für den Abt selbst, welches bis in die Zwischenkriegszeit bedient wurde. Dieses so genannte „Abteiarchiv“ weist eine gute Tektonik auf und bildet die damalige Struktur des Stiftes einwandfrei ab. Und sie dient heute dem Archiv als Grundlage für den Aktenplan des Abtes.
Abb. 3: Auszug aus der Tektonik des Abteiarchives im Stiftsarchiv Wilten. © Prämonstratenser Chorherrenstift Wilten
Bereits im 18. und 19. Jahrhundert war es in Ordensarchiven durchaus eine gängige Praxis, eine Art Aktenplan zu erstellen. Beispielsweise gab es bei der Tiroler Kapuzinerprovinz Ende des 19. Jahrhundert einen solchen, der für sämtliche Klosterarchive in der Provinz erstellt wurde und wonach sowohl Guardiane als auch Archivare ihre Aufbewahrung richteten.
Abb. 4: Was als übliches Repertorium erscheint, ist in erster Linie ein ausgeklügelter Aktenplan für die gesamte damalige Tiroler Kapuzinerprovinz.
© Deutsche Kapuzinerprovinz, Delegation Tirol/Miriam Trojer
Ebenfalls im Prämonstratenser Chorherrenstift Wilten wurde bereits Ende des 18. Jahrhunderts eine Art Aktenplan erstellt: Wie für Stiftsarchive durchaus üblich, wurde hier ein Ladensystem eingeführt, welches bis ins 20. Jahrhundert benutzt wurde.
Abb. 5: Die Urkundenreihe des Stiftes Wilten basiert auf einem Ladensystem. © Prämonstratenser Chorherrenstift Wilten/Miriam Trojer
Beiden Archiven ist die Unterbrechung des Systems in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gemein. Diese „dunkle Phase“ in den Archiven führte zu einer Durchbrechung der systematischen Aufbewahrung und einer Vernachlässigung des Aktenplans, weshalb die Bestände ab dieser Zeit oft chaotisch oder unorganisiert vorzufinden sind.
Für die Bewertungsarbeit ist, wie bereits geschildert, eine organisierte Übernahme von großem Vorteil, weshalb es ratsam ist, zusammen mit den Dienststellen einen Aktenplan bzw. zumindest eine Skartierungs- und Übernahmeordnung zu erstellen. Diese Aufgabe ist mit Sicherheit groß und bedarf viel Zeit und Engagement.[9]
Doch selbst wenn ein Aktenplan bereits existiert oder gemeinsam generiert werden kann, bedeutet es nicht, dass das Archiv jedweden Bruch damit verhindert. Eine gute Aktenablage bedeutet zwar in der Regel eine bessere Übernahme, aber aufgrund der Vermischung von privaten und geschäftlichen „Welten“ hält sich mit Sicherheit nicht jeder daran. Daher kann es sinnvoller sein, die gesamten Unterlagen von einem Ordensmitglied, welches möglicherweise weniger Interesse an Archivarbeit zeigt und einfach Platz benötigt, zu übernehmen, anstatt wertvolle Informationen zu verlieren. In der heutigen Zeit ist es leider üblich, dass durch die Fülle an digitalen Daten, welche man schwer bewahren kann, automatisch zu einen gewissen Traditionsbruch kommt: Emails werden gelöscht, dafür gibt es regelrechte Datenfriedhofe an Fotografien, lediglich das rechtssichernde Geschäftsschriftgut ist davor gefeit. Diesem Problem sollte man mit allen Mitteln, die dem Archiv zur Verfügung stehen, entgegenwirken. Die Erstellung einer digitalen Ablage anhand des bestehenden Aktenplanes ist ein einfacher, doch effizienter Schritt.[10]
Quantitative Verringerung vs. qualitative Verdichtung
Übernimmt man nun als Ordensarchivar:in einen großen, ungeordneten Bestand, so gilt es zum gewählten Zeitpunkt diesen schon aus Platzgründen zu verringern.
Diese Aufgabe ist bei den Verwaltungsakten relativ einfach. Jahresbilanzen etwa werden aufbewahrt, jedoch keine Kontoauszüge oder Einzelrechnungen, Protokolle sind archivwürdig, jedoch kann der Schriftverkehr vor der entsprechenden Sitzung größtenteils skartiert werden. Wie bereits erwähnt sollte man Doppeltes aussondern und die Aufbewahrungsfristen einhalten.
Abb. 6: Im Archiv des Prämonstratenser Chorherrenstifts Wilten wurden sämtliche Kontoauszüge bis in die 1960er Jahre aufbewahrt, diese gilt es zu skartieren.
© Prämonstratenser Chorherrenstift Wilten/Miriam Trojer
In einem erfolgreichen Bewertungsverfahren gilt es ebenfalls den inhaltlichen Aspekt zu begutachten. Hierbei geht es um den Informationswert, den eine Archivalie hat, haben kann oder eben nicht hat. Diesbezüglich sollte man sich die grundlegende Frage stellen, was eine Ordensgemeinschaft beschreiben kann. Dafür können wir auf die Definition von „archivwürdig“ für Ordensarchive zurückgreifen: „Pkt. 3 […] Archivwürdig und von bleibendem Wert sind Unterlagen, die die rechtlichen Grundlagen, den inneren Aufbau, das apostolische Wirken, das Charisma und die wirtschaftliche Gestion der Ordensgemeinschaft dokumentieren.“[11]
Die Fragen, die sich stellen, sind:
- Was beschreibt das Charisma eines Ordens?
- Wie werden die Erfahrungen der Inkulturation des Evangeliums überliefert?
Und in einem zweiten Schritt:
- Was interessiert die Öffentlichkeit und schafft Voraussetzungen für historische und sozialwissenschaftliche Forschung ebenso wie für kulturvermittelnde Tätigkeit?
Neben den Ordensstatuten, liturgischen Aufzeichnungen und dem Gesamtbild der täglichen Arbeit, das etwa auch in Messintentionen und Verwaltungsakten sichtbar werden kann, sind vor allem die Nachlässe der einzelnen Ordensmitglieder für die oben genannten Fragen von Bedeutung. Besonders hilfreich ist hierbei die Handreichung der Ordensgemeinschaften zum Umgang mit Nachlässen. Folgende Prinzipien sollen demnach besonders beachtet werden:
- Aufbewahrte Aufzeichnungen sollen einmalig, verwendbar und nützlich sein;
- Alter und/oder Seltenheit steigern im Allgemeinen den Wert von Aufzeichnungen;
- im Leben der einzelnen Mitbrüder/Mitschwestern wird eine Ordensgemeinschaft real und konkret; daher sind Aufzeichnungen über ihr Leben in der Gemeinschaft im Allgemeinen wertvoller als solche über ihr persönliches Leben;
- des Weiteren sind aber auch Aufzeichnungen über die charakteristischen Arbeiten und Interessen eines/einer Einzelnen zu berücksichtigen.“[12]
Die letzteren beiden Punkte bergen einige Schwierigkeit, da es oftmals unmöglich erscheint, klare Grenzen zwischen dem Leben als Individuum in der Gemeinschaft und des persönlichen Lebens derselben Person zu unterscheiden.
Ein praktisches Beispiel verdeutlicht diese Herausforderung: Ein Ordensbruder, der leidenschaftlich Krippen baute und im Krippenverein aktiv war, hinterließ umfangreiche Korrespondenz und Aufzeichnungen zu diesem Hobby. Obwohl der Orden dieses Interesse stillschweigend akzeptierte und es nichts über das Charisma des Ordens aussagt, nahm es einen großen Teil des Lebens des Bruders ein. Die Frage ist, wie mit seinem Nachlass umzugehen ist: Soll der Großteil der Korrespondenz skartiert oder dem Krippenverein als Nachlass angeboten werden?
Natürlich sollte man die Ressourcen eines Archivs in die Überlegungen miteinberechnen, aber meines Erachtens sollte jede Persönlichkeit im Orden das grundsätzliche Recht besitzen, in vollem Umfang im Nachlass dargestellt zu werden, sofern es der Platz erlaubt. Eine Alternative wäre, Teile des Nachlasses der Herkunftsfamilie anzubieten, doch dies führt selten zum gewünschten Erfolg, da Familien meist nur einige Fotos als Erinnerung wünschen.
Unabhängig von der schwierigen Entscheidung der Archivarin oder des Archivars sollten hierbei immer die Oberen in die Entscheidung miteinbezogen werden. Des Weiteren, da aus Erfahrung die Vorgesetzten grundsätzlich für eine Aussonderung plädieren, müssen derartige Entscheidungen unbedingt festgehalten werden. In einem Skartierungsprotokoll oder einer Bestandsgeschichte kann verzeichnet werden, nach welchen Kriterien man aussonderte und was vorher vorhanden war.
Nachlässe sind sehr heterogen. Wir finden Korrespondenz, Rechtsdokumente, persönliche Aufzeichnungen, finanzielle Aufzeichnungen, Vorträge, Predigten, Ansprachen, Tagebücher, Notizen, Publikationen, unveröffentlichte Manuskripte, Fotografien, Dias, audiovisuelle Medien, Presseausschnitte oder Erinnerungsstücke.
In einem Bewertungskatalog festzulegen, bei welcher Person welche Art von Unterlagen archivwürdig sind und welche nicht, ist schwer realisierbar. Hier gilt es die Person hinter dem Nachlass kennenzulernen und mit dem Orden zu verknüpfen und letzten Endes intuitiv, aber konsequent zu handeln.
Ein weiteres Beispiel zeigt der Nachlass des Prämonstratenser Chorherren D. Hermann-Josef Lentze (*1909, †1970). Dieser war Ordenspriester, Rechtshistoriker, Universitätsprofessor in Innsbruck und Wien und Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Demzufolge ist der Nachlass von D. Hermann äußerst umfangreich. Im Stift Wilten war man der Ansicht, dass der Nachlass einer derart schillernden Persönlichkeit in seiner Gänze aufbewahrt gehört, inklusive Notizzettel, Karteikarten, Dubletten seiner, aber auch fremder Publikationen etc. Allerdings weist dieser Nachlass kaum Bezug zum Orden und der Arbeit der Prämonstratenser auf.
Abb. 7: Fremdpublikationen im Nachlass von D. Hermann-Josef Lentze, welche skartiert oder in den Bibliotheksbestand integriert werden.
© Prämonstratenser Chorherrenstift Wilten/Miriam Trojer
Dennoch ist dieser Nachlass aufgrund des öffentlichen Interesses ohne Frage aufzubewahren, wenn auch durchaus noch eine Bewertung inklusive Skartierung stattfinden sollte.
Bei einer Bewertung werden Notizzettel und Karteikarten großzügig ausgesondert, sodass der Bestand quantitativ grundlegend dezimiert werden kann und dennoch nichts von der Qualität einbüßt.
Andere große Nachlässe sind vielleicht auf den ersten Blick nicht so im Fokus des öffentlichen Interesses und man würde eher dazu neigen, diese auszusondern. Dennoch liegt meines Erachtens die Entscheidung, welche Persönlichkeiten in ihrem Nachlass aufbewahrungswürdig sind und welche nicht, nicht nur im Ermessen einer Archivarin oder eines Archivars, weshalb jeder Nachlass als einzigartig und archivwürdig gelten sollte.
Als Ordensarchivar:in macht man häufig die Erfahrung, dass insbesondere bei Nachlässen entweder der Gesamtinhalt der Zelle inklusive Alltagsgegenstände im Archiv abgegeben werden oder aber lediglich ein kleiner Bruchteil wie etwa ausschließlich Fotoalben der Verstorbenen. Das Ausräumen einer Zelle obliegt für gewöhnlich dem Oberen und nicht immer ist es möglich, dass das Archiv ein Mitspracherecht erhält, vor allem verständlicherweise, wenn es sich um Laienmitarbeiter:innen handelt. Es ist ein tiefer Eingriff in die Privatsphäre, weshalb dieses Thema mit äußerster Sorgfalt und Sensibilität behandelt werden muss. Aus Erfahrung ist jedoch anzumerken, dass es hierbei oft leichter ist anzugeben, das Archiv würde alles nehmen. Dies erleichtert die Arbeit der Oberen und wenn auch mit einem Mehraufwand für eine Archivarin oder einen Archivar verbunden, so kann die Bewertung anschließend in aller Ruhe stattfinden.[13]
Retrospektive Bewertung
Die retrospektive Bewertung ist ein Verfahren, bei dem Archivbestände nachträglich bewertet werden, um ihre langfristige Relevanz und Aufbewahrungswürdigkeit zu bestimmen. Dabei wird untersucht, welche Dokumente auch nach längerer Zeit noch von historischer, rechtlicher oder wissenschaftlicher Bedeutung sind.
Die rückwirkende Bewertung von Archivalien ist in vielen Fällen notwendig, insbesondere bei Übernahmen von Beständen, die zuvor von fachfremden Personen betreut wurden, wie dies in einem Ordensarchiv des Öfteren der Fall ist. Diese Art der Bewertung ermöglicht es, bestehende Ordnungen zu überarbeiten und künftige Skartierungsrichtlinien zu entwickeln. Ein weiterer Vorteil der retrospektiven Bewertung besteht darin, dass sie eine gezielte Reduktion von Archivgut ermöglicht, wodurch nur die wertvollsten Bestände erhalten bleiben.
Allerdings stellt die retrospektive Bewertung auch eine Herausforderung dar, da die ursprüngliche Ordnung und der Kontext der Dokumente bewahrt werden sollten. Gerade bei einer Übernahme eines kleinen Archivs wie üblicherweise jenes eines Ordens ist die vorgefundene Ordnung oftmals generisch gewachsen und folgt auch keiner archivischen Logik. Durch ein Bewertungsverfahren der bereits bestehenden Bestände könnte man so durch sorgfältige Analysen und fundierte Entscheidungen zur besseren Ordnung beitragen.
Diese Art der Bewertung steht bei den meisten Archiven auf der Tagesordnung, denn oftmals sind die Ressourcen zu knapp um jegliche oben angeführten Vorbereitungsschritte für eine prospektive Bewertung – einer Übernahme demnach, die in der Zukunft liegt – auszuführen. Meistens ist das bestehende Archiv noch nicht auf jenem Status der Erschließung, weshalb täglich ad hoc bewertet werden muss.
Die Frage, ob eine Archivarin oder ein Archivar die Dokumentationspraktiken der Vorgänger, die den heutigen Standards nicht mehr entsprechen, korrigieren sollte, lässt sich nicht pauschal beantworten. Hierbei kann man sich anhand von Leitfragen durch die Bestände arbeiten, allen voran die Frage nach der Einzigartigkeit der Archivalien.
Ein Beispiel ist die übliche Ansammlung von Amtsblättern in Archiven. Diese sind heutzutage meist digital abrufbar und in behördlichen Archiven analog vorhanden, sodass hier problemlos eine umfangreiche Aussonderung vorgenommen werden kann, da ihre Einzigartigkeit nicht gegeben ist. Anders verhält es sich mit diözesanen Verordnungsblättern. Aufgrund der inhaltlichen Relevanz, der Erwähnung von Ordensmitgliedern, und der Nutzung als Recherchehilfsmittel für Benutzer, können diese eine besondere Bedeutung haben. Ob ein Archiv diese letztlich aufbewahrt, hängt oft von den verfügbaren Platzressourcen ab.
Bei einer retrospektiven Bewertung sollte anfangs der Blick vor allem auf größere Bestände gelegt werden. Darunter könnten auch Fotosammlungen fallen. In jedem Ordensarchiv finden sich vermutlich unzählige Foto- und Diasammlungen von Pilgerreisen nach Rom, Jerusalem, Assisi, Lourdes, Međjugorje etc. Und wenn Sammlungen in Alben oder Kartons aufbewahrt wurden, ohne Beschriftung, dann ist die Arbeit einer Archivarin oder eines Archivars eine mühsame.
Auch hier kann man sich an Leitfragen und einigen Faustregeln halten:
- Geklebte Fotoalben bleiben integer und werden nicht getrennt (außer aus konservatorischen Gründen); zeigt das gesamte Fotoalbum ausschließlich Landschaften oder Sehenswürdigkeiten, kann es als Ganzes ausgesondert werden.
- Lose Fotografien kann man einzeln skartieren. Ist etwa eine Pilgerreise im betreffenden Nachlass oder anderswo inklusive Reiseablauf dokumentiert, können alle Fotos ohne die Abbildung einer Person oder einen Bezug zum Orden skartiert werden.
Abb. 8: Fotonachlass von D. Hugo Straub OPraem. (*1900, †1973) im Stiftsarchiv Wilten. Sammlungen an einzelnen Fotografien können leichter dezimiert werden als geklebte Fotoalben. © Prämonstratenser Chorherrenstift Wilten/Miriam Trojer
Es wird ersichtlich, dass bei einer retrospektiven Bewertung zwar durchaus Leitfäden und kleinere Bewertungskataloge von Nutzen sein können, man jedoch oftmals nicht umhinkommt, eine Einzelbewertung vorzunehmen. Der große Vorteil darin liegt aber in der automatischen Generierung eines Skartierungsmodells für die Zukunft.
Verständliche und unverständliche Lücken
Ein Traditionsbruch in einem Archiv kann durch vielerlei passiert sein: durch Brände vernichtete Unterlagen, Verluste in Kriegszeiten oder durch Nachlässigkeit von Seiten der Ordensmitglieder. Aber es gibt auch Fehlstellen in einem Ordensarchiv, die unbewusst geschaffen wurden und dennoch wertvolle Informationen hervorbringen können. Lücken in den Beständen können auf bestimmte Praktiken oder Ereignisse hinweisen und sogar das Charisma eines Ordens beschreiben. Das Fehlen von Predigten in einem Archiv der Kapuziner etwa weist auf die franziskanisch-kapuzinische Bescheidenheit hin. Die Wertschätzung gegenüber dem eigenen Tun wird nicht durch die Dokumentation eines einzelnen Bruders, sondern durch die der Gemeinschaft definiert. Ein einzelner Bruder sieht sich als Teil des Ganzen und somit wird seine eigene Predigt nicht als „wichtig“ und in weiterer Folge nicht als „archivwürdig“ erachtet. Dieser Umstand ist für Außenstehende oftmals schwer nachzuvollziehen, sollte aber als Vorwissen bei der Forschungsarbeit in einem Kapuzinerarchiv mitgebracht werden. Für die zukünftige Schließung derartiger Lücken können Archivar:innen lediglich durch eine immerwährende Sensibilisierungsarbeit innerhalb des Ordens, indem sie auf die Wichtigkeit einer jeden einzelnen Predigt hinweisen und sie ggf. sogar in den Abgabeplan integrieren.
Ein Ordensarchiv ist, wie jedes andere Archiv, ein Spiegelbild der Institution, der es angehört. Auch dieses Wissen müssen Forschende in einem Archiv mitbringen. Handelt es sich etwa um das Archiv eines Stiftes kann es durchaus sein, dass man die in der Forschung beliebten Kochbücher aus dem Mittelalter findet. Hingegen in einem Archiv eines Bettelordens, welcher provinzbasiert geführt wird und immer wurde, wäre ein solcher Fund einem Zufall zu verdanken, da in derartigen Archiven nur das Notwendigste aufbewahrt wurde, sprich Verwaltungsakten, Verträge etc. Diese Lücken stoßen oftmals auf Unverständnis, sind aber nicht die Schuld ehemaliger Archivar:innen, sondern gründen sich in der Ausrichtung, der Geschichte und im Charisma des Ordens. Eine Archivarin oder ein Archivar sollte durch diese Lücken nicht entmutigt werden und aufgrund von vermeintlichen zukünftigen Forschungsfragen bei einer Bewertung von klösterlichen Archivgut den eigentlichen Auftrag nicht aus dem Fokus verlieren. Ihre Hauptaufgabe besteht in der Dokumentation der Arbeit des Ordens und seiner Mitglieder, nicht in der Erfüllung allgemeiner wissenschaftlicher Anforderungen. Natürlich ist es möglich, über diese Grundsätze hinaus Bestände zu archivieren, und dies ist durchaus wünschenswert, doch dürfen hierbei weder Platz-, Geld- noch Personalmangel bestehen.
Unser digitales Zeitalter birgt weitere Herausforderungen insbesondere für kleine Archive, wo es keine Grundlagen für eine digitale Langzeitarchivierung gibt und im Moment geben kann. Sich dieser Problematik zu stellen ist jedoch unabdingbar, um eben keinen Traditionsbruch herbeizuführen, jedoch bedarf es keiner großen Lösungen. Die oben erwähnte „digitale Ablage“ ist ein guter und praktikabler Weg, um einem Bruch entgegenzuwirken.
Fazit
Wie im Titel bereits dargelegt, liegt die Herausforderung einer Bewertung in Ordensarchiven im Balanceakt zwischen Traditionsbewahrung und moderner Archivarbeit. Aufgrund von äußeren Umständen ist es oftmals nicht möglich in kleinen Archiven sämtliche Arbeitsschritte nach dem Lehrbuch zu vollziehen, doch ist dies auch nicht zwingend notwendig. Das vorrangige Ziel ist es, einen Traditionsbruch zu vermeiden, denn gerade die Klöster zeugen von einer Konstante, welche nur selten anderswo zu finden ist. Mit einfachen Hilfsmitteln wie Leitfragen, Skartierungsprotokollen und Abgabeplänen, einfachen Aktenplänen und vielen Gesprächen im Haus können bereits entstandene und vermeintlich entstehende Lücken größtenteils geschlossen werden. Die Angst vor einer „falschen“ Bewertung sollte Archivar:innen nicht in der Arbeit lähmen. Wenn man als Ordensarchivar:in sinnvoll arbeiten und bewerten will, sollte man der Informationsbeschaffung, dem Kennenlernen des Alltags und der Menschen oberste Priorität einräumen. Dann erst hat man genügend „Fach“-Wissen und kann durchaus auch intuitiv bewerten. Bei einer intuitiven Ad-hoc-Bewertung ist eine konsequente Handlungsweise wichtig, daraus entsteht ein Bewertungskatalog, den man für die Zukunft nutzen kann.
Miriam Trojer studierte Geschichte, Historische Hilfswissenschaften und Kunstgeschichte an den Universitäten Innsbruck und München. Von 2012 bis 2019 war sie Provinzarchivarin und Kunstgutverwalterin der damaligen Kapuzinerprovinz von Österreich-Südtirol. Seit 2021 leitet sie die Bibliothek, Sammlungen und Archiv des Prämonstratenser Chorherrenstiftes Wilten in Innsbruck.
Kontakt: Miriam.Trojer@stift-wilten.at
[1] Einen grundlegenden Einblick in die Thematik und einen guten Überblick über den Stand der Forschung gibt Tamara KEFER, Überlieferungsbildung. Grundlagen, Ziele und Methoden, in: Mitteilungen des Referats für die Kulturgüter der Orden (MiRKO), Heft 1 (2016) 12–27, ebenfalls abrufbar unter: https://www.ordensgemeinschaften.at/kultur/miko/miko1/beitraege/article/183.html [Zugriff: 25.04.2024].
[2] Vgl. grundlegend dazu Angelika MENNE-HARITZ, Archivische Bewertung. Der Prozess der Umwidmung von geschlossenem Schriftgut zu auswertungsbereitem Archivgut, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 51 (2001) 448–460; Norbert REIMANN (Hg.), Praktische Archivkunde. Ein Leitfaden für Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste. Fachrichtung Archiv (Münster 2004).
[3] Vgl. hierzu im Bereich der Kommunalarchive Hans-Jürgen HÖÖTMANN–Katharina TIEMANN, Archivische Bewertung. Versuch eines praktischen Leitfadens zur Vorgehensweise bei Aussonderungen im Sachaktenbereich. Westfälisches Archivamt (Hg.), Archivpflege in Westfalen und Lippe 52 (2000) 1–11, abzurufen unter https://www.lwl.org/waa-download/archivpflege/heft52/heft52.pdf [Zugriff: 27.05.2024].
[4] Arbeitsgemeinschaft der Ordensarchive, Richtlinien zur Sicherung und Nutzung der Ordensarchive, in: Ordensnachrichten 02/2006, 25–30, abzurufen unter: https://www.ordensgemeinschaften.at/dl/rKtrJKJNmnoJqx4KJK/ON_2006_2_pdf [Zugriff: 24.09.2024].
[5] Österreichische Ordenskonferenz (ÖOK), Bereich Kultur und Dokumentation, abzurufen unter https://www.ordensgemeinschaften.at/kultur/fachbereiche/archive [Zugriff: 31.05.2024].
[6] Katharina TIEMANN, Bewertung und Übernahme von amtlichem Registraturgut, in: Norbert REIMANN (Hg.), Praktische Archivkunde (wie Anm. 2) 77–95, 77f.
[7] Monastische Orden sind weniger abhängig vom Generalat und verfügen über mehr Autonomie, Klöster von provinzbasierten Orden hingegen werden zentralisiert in erster Instanz von der Provinzleitung und letztendlich vom Generalat geführt.
[8] Zum Thema Records Management in kleinen Archiven vgl. Marta RIESS, „For the records…”. Positionieren kleiner Archive zwischen Compliance, Best Practice und Defensible Solution, MiRKO 4/2019, abrufbar unter https://www.ordensgemeinschaften.at/dl/rNLOJKJKLnJqx4KJK/mirko_2019_riess_record_pdf [Zugriff: 21.05.2024].
[9] Das Archiv der Erzdiözese Salzburg hat mit 1. Januar 2022 einen Rahmenaktenplan für die Pfarrämter der Erzdiözese Salzburg erarbeitet. Dieser ist auf die Pfarreien und deren Arbeit ausgelegt, bietet aber einen guten Einblick für die Erstellung eines eigenen Aktenplans, abrufbar unter https://eds.at/fileadmin/user_upload/subportale/Konsistorialarchiv/Informationen_Dienststellen_Pfarren/RahmenaktenplanPfarrenV1_2021.pdf [Zugriff: 31.05.2024].
[10] ÖOK, Richtiger Umgang mit digitalen Unterlagen in Leitungen, Verwaltungen und Archiven von Ordensgemeinschaften, abzurufen unter https://www.ordensgemeinschaften.at/dl/NLnsJmoJlOJqx4KJKJmMJKNmO/handreichung_digitale_unterlagen_pdf [Zugriff: 17.05.2024].
[11] Vgl. Anm. 5.
[12] ÖOK, Handreichung zum Umgang mit Nachlässen, https://www.ordensgemeinschaften.at/dl/lsqlJmoJMKJqx4KJKJmMJKNmO/handreichung_nachlaesse_pdf [Zugriff: 13.05.2024].
[13] Grundsätzlich gilt anzumerken, dass die Zuständigkeiten einer Archivarin oder eines Archivars in einem Ordenshaus bereits im Vorfeld geklärt werden müssen. In einem One-Person-Archiv hat man zwar grundsätzlich den Vorteil, Entscheidungen zur Bewertung autonom treffen zu können, vorausgesetzt ist jedoch, man besitzt die Erlaubnis zur Skartierung. In Ordensarchiven wird diese Erlaubnis typischerweise vom Oberen oder der Oberin erteilt. Wenn man jedoch einem Ordensmitglied als eigentliche:n Archivar:in untersteht, so müssen die Handlungsmöglichkeiten gut abgeklärt werden. In der Regel sind diese Grundlagen in den Konstitutionen des jeweiligen Ordens und/oder der entsprechenden Stellenbeschreibung der Mitarbeiter geregelt.