„Im Advent loslassen, was uns belastet“
Die angeblich stillste Zeit des Jahres kehrt sich für viele Meschen ins genaue Gegenteil um, und Hektik und Stress nehmen überhand. Wie kann man das vermeiden und was soll man tun, um den Advent als Zeit der Ruhe zu erleben? „Loslassen!“, lautet ein Tipp der Ordensfrau.
Adventzeit ist Vorbereitungszeit
Sr. M. Johanna Jarma ist Karmelitin im Karmel Mater Dolorosa in Maria Jeutendorf, einer zehnköpfigen Gemeinschaft, in deren Zentrum laut Selbstbeschreibung „das Gebet, die Freundschaft mit Gott und das Verweilen in Seiner Gegenwart“ steht. Für die Ordensfrauen stellt der Advent eine besondere Zeit dar, weil es eine Vorbereitungszeit auf das Weihnachtsfest, das Fest der Geburt Jesu Christi ist, der Mensch geworden war, um mit jedem Menschen zu leben. „Ich stehe an der Tür und klopfe an. Wohl dem, der aufmacht und mich einlässt“, zitiert Sr. Johanna aus der Offenbarung des Johannes, und sie interpretiert den Text mit eignen Worten: „Gott ist immer da und er klopft immer an bei uns, an unser Herz. Und er wartet immer, dass wir ihn aufnehmen, dass wir ihn einlassen.“
Geduldiges Warten auf die Wiederkunft Christi
Dabei helfen die Texte der Liturgie. Und: „Wir haben ein eigenes Gebetsbuch für den Advent. Und dieses Gebetsbuch ist voll von Texten der Sehnsucht und der Erwartung auf das Kommen Jesu. Voll mit Texten des geduldigen Wartens, der Verheißung, dass Gott mit uns sein wird“, so Sr. Johanna Jarma. Mehr noch: „Der Advent möchte auch ins Bewusstsein rufen, dass wir das Kommen Jesu Christi als Wiederkunft erwarten am Ende der Zeiten. Auch darauf möchten wir uns vorbereiten.“
Gefahr der Kommerzialisierung
Weihnachten sei für viele Menschen mit glücklichen Kindheitserinnerungen wie Keksbacken oder Besuche am Christkindlmarkt verknüpft. Die Gefahr sei aber, dass damit viele Erwartungen und Sehnsüchte verbunden sind und hier eine positive Erwartungshaltung aufgebaut wird, die oft nicht erfüllt werden kann und enttäuschend endet. Die Sehnsucht nach etwas Größerem, nach Liebe, nach Freundschaft, könne durch Geschenke nicht gestillt werden. Sr. Johanna: „Ich glaube, diese Kommerzialisierung, dieses Viele-Geschenke-Kaufen, ist oft eine Kompensation für Beziehungen, Freundschaften, Partnerschaften, die nicht gelebt werden.“
Vorbereitungsstress
Hand in Hand gehe damit auch, dass die stillste Zeit in Wirklichkeit die stressigste Zeit des Jahres wird. „Jedes Fest braucht auch Vorbereitungen“, weiß die Ordensfrau, „Aber Vorbereitungen für ein Fest sind auch immer mit Stress oder mit Anspannung verbunden. Gelingt das Fest? Werde ich rechtzeitig fertig mit allen Vorbereitungen? Habe ich an alle gedacht? Habe ich Geschenke für jeden? Passt alles?“ Um das Weihnachtsfest so perfekt wie möglich zu gestalten, kann das schon zu einer erschöpfenden Herausforderung werden – besonders wenn Spannungen in der Familie herrschen.
Auf das Wesentliche besinnen …
Doch dabei heißt Advent, sich auf das Wesentliche zu besinnen. „Ich denke, man darf nicht vergessen, dass wir ja einander beschenken, weil wir zu Weihnachten beschenkt werden von Jesus Christus. Und das ist ja das größte Geschenk, dass Jesus Mensch geworden ist.“ Um den Stress zu entgehen, lautet daher der Rat von Sr. Johanna, sich bewusst zu fragen: „Wie will ich den Advent gestalten? Was ist mir wichtig? Vielleicht ist es möglich, dass ich in der Adventszeit zum Beispiel jeden Tag eine halbe Stunde Zeit nehme, um zu beten, um in der Stille da zu sein, um ein Buch zu lesen. Oder mich einfach hinsetzen und meine Gedanken ordnen oder meine Erwartungen, Hoffnungen, Wünsche aufschreiben.“
… und Ballast loslassen
„Ich würde jeden raten, dass er diese Zeit einfach für eine Zeit der Selbstbesinnung nutzt, dass er vielleicht am Abend eine Kerze anzündet und sich fünf Minuten vor diese Kerze setzt“, so Sr. Johanna Jarma. Ihr Vorbild sei der Heilige Johannes vom Kreuz. „Er spricht davon, dass wir mit leichtem Gepäck auf dem Berg Karmel aufsteigen sollen, dass wir alles loslassen sollen, was uns belastet. Seelischen oder materiellen Ballast, den ich schon zu lange mit mir herumtrage, loslassen. Indem ich zur Beichte gehe oder Konflikte aufarbeite und bereinige“. Auch das könne eine Vorbereitung auf Jesus zu Weihnachten sein.
„Orden on air“ – der Podcast der Ordensgemeinschaften Österreich
Das Medienbüro hat im März 2022 mit dem Podcast „Orden on air“ einen neuen Medienkanal der Ordensgemeinschaften Österreich ins Leben gerufen. Und der Name ist Programm: Der Podcast der Ordensgemeinschaften Österreich holt Ordensfrauen und -männer vor den Vorhang und – im wahrsten Sinne des Wortes – vor das Mikrofon. Ziel ist es, interessante Persönlichkeiten und besondere Talente vorzustellen sowie das Engagement von Ordensleuten in den vielfältigen Bereichen des Lebens zu zeigen.
Der Podcast der Ordensgemeinschaften Österreich ist auf allen größeren Audioplattformen wie Apple, Spotify, Soundcloud, Amazon Music, Deezer, iHeart, JioSaavn, Listen Notes, Player FM, Podcast Addict, Podchaser und RadioPublic zu finden.
Weiterlesen:
Alle Folgen von "Orden on air"
Karmelitinnen von Maria Jeutendorf
[rs]