„Alle müssen nicht nach Schema F funktionieren“
Sr. Heidrun Bauer SDS: „Gott offenbart sich auch in Kunstwerken, um Menschen in ihrem Inneren anzusprechen und dann über den Glauben, oder was Glaube sein kann, ins Gespräch zu kommen.“ (c) ÖOK/manu nitsch | Download
Für Sr. Heidrun Bauer war die Entscheidung, Jesus zu folgen, ein Ruf des Herzens. Sie fühlte sich lange Zeit von Jesus umworben und sagte „Ja“ zu diesem geistlichen Weg um die Jahreswende 1991/1992 in demselben Haus in Pitten (NÖ), in dem sie heute lebt und arbeitet. „Ich habe gewusst, die Welt wird sich auf den Kopf stellen“, erinnert sich Sr. Heidrun im Gespräch. „Und ich habe gewusst, es wird alles anders werden. Ich habe gewusst, ich werde meinen Beruf, meine Wohnung aufgeben. Ich werde mein altes Leben zurücklassen und wirklich so, wie Jesus damals die Jünger berufen hat, ihm nachfolgen.“
Lebensfreude
In Pitten fand vor über 30 Jahren eine Kooperation mit der katholischen Jugend statt, bei der monatliche Einkehrnachmittage für junge Erwachsene ausgerichtet wurden; zusätzlich gab es Gebetsabende. Die Begegnung mit den lebensfrohen Salvatorianerinnen prägte diese Zeit. Die internationalen Kandidatinnen aus Ländern wie Indien, den Philippinen und Afrika trugen mit ihrer Lebensfreude dazu bei, Jesus als Heiland zu verkünden. „Ich wollte wissen, wer hat diese Gemeinschaft gegründet?“, erzählt Sr. Heidrun. „So bin ich auf P. Jordan gestoßen, und ich habe dann sein geistliches Tagebuch gelesen. Diese Einträge, wie er seinen Weg konsequent mit Gott geht, haben mich fasziniert. Er spürt, er muss eine Gemeinschaft gründen, weil er Männer und Frauen gemeinsam aussenden möchte, damit das Evangelium von Jesus dem Heiland verkündet wird. Da habe ich Feuer gefangen.“
Berufung und Kreativität
Ihre geistliche Berufung mit ihrer kreativen Leidenschaft zu vereinen ist für die Salvatorianerin natürlich eine Herausforderung. „Das ist ein Spagat, denn diese Kunst ist erwachsen aus einer Vertiefung meiner geistlichen Berufung“, betont Sr. Heidrun. Nach einer tiefen Lebenskrise entschied sie, ihren innersten Impulsen zu folgen und begann vor 25 Jahren, ihr Innenleben in Kunst auszudrücken. Die Ordensfrau musste mit ihrer Ordensgemeinschaft aushandeln, wie sie als Künstlerin die Lebensregeln des Ordens einhalten und gleichzeitig ihren Impulsen folgen kann. Ehrlichkeit gegenüber der Ordensführung und das Ringen um Verständnis prägten diesen Prozess. „Doch die Salvatorianerinnen waren immer wieder mutig, neue Wege auszuprobieren und Mitgliedern Räume zu ermöglichen, dass sie ihre Charismen leben können“, zeigt sich Sr. Heidrun dankbar. „Das ist eigentlich unser Sendungsauftrag, mit allen Mitteln, die die Liebe Christi eingibt, das Evangelium zu verkünden. Und da kann man nicht sagen, alle sind gleich und alle müssen nach Schema F funktionieren.“ Das Teilen von persönlichen Dingen, Talenten und Finanzen in Gemeinschaft hat Vorbildwirkung für die Gesellschaft und würde ihr auch guttun.
Der Blick ins Atelier von Sr. Heidrun Bauer SDS; Raum für vielfältige kreative Entfaltungsmöglichkeiten. (c) ÖOK/manu nitsch | Download
Geistliche Begleitung
Neben ihrer Tätigkeit als Malerin bietet Sr. Heidrun seit 25 Jahren geistliche Begleitung an, bei der es darum geht, Glauben und Leben in Einklang zu bringen. Sie berichtet von positiven Erfahrungen mit Jesus als Heiland und der Bedeutung des Vertrauens in seine Pläne, auch wenn diese die eigenen durchkreuzen. „Da geht es darum, den Menschen dort abzuholen, wo er oder sie steht“, erzählt die Salvatorianerin, „und einmal nachzufragen, wonach sie sich eigentlich im Tiefsten sehnen, weil man sich ganz auf den Menschen, der vor einem sitzt, einlassen muss. Da ist meine 25-jährige Erfahrung gefragt. Wichtig ist, dass man mit dem Herzen zuhört und da ist.“
"Entlang großer Linien leben" (nach Psalm 139), 2017, Pastellkreide auf grundierter Leinwand, 70 x 100 cm. (c) Sr. Heidrun Bauer SDS | Download
Gott in der Kunst
Gott findet sie auch in der Kunst. „Wie offenbart sich Gott in der heutigen Zeit“, fragt die Ordensfrau sich selbst, und ihre Antwort lautet: „In Kunstwerken, um Menschen in ihrem Inneren anzusprechen und dann über den Glauben, oder was Glaube sein kann, ins Gespräch zu kommen.“ Bei ihren eigenen Gemälden folgt Sr. Heidrun inneren Impulsen: „Ein Beispiel: Ich bin hier unten im Büro gesessen, und plötzlich war ein innerer Impuls da: Gehe nach oben und ziehe große Linien. Ich habe das noch nie gemacht. Und innerhalb von zwei, drei Stunden ist ein Bild mit Pastellkreide entstanden. Ich nannte es ‚Entlang großer Linien leben‘.“ Die Künstlerin sieht sich selbst als Werkzeug im kreativen Prozess, der viel Vertrauen erfordert. Ihre Kunstwerke reflektieren oft einen inneren Prozess und sprechen tiefgründige Dimensionen in ihr an. Und sie bemerkt, dass Betrachter ihrer Bilder ähnliche Empfindungen haben und fühlen, wie die Kunstwerke etwas in ihnen bewegen.
Sr. Heidrun Bauer im Gespräch mit Robert Sonnleitner: "Die Salvatorianerinnen waren immer mutig, neue Wege auszuprobieren und Mitgliedern Räume zu ermöglichen, sodass sie ihre Charismen leben können.“ (c) ÖOK/manu nitsch | Download
Zur Person
Heidrun Bauer wuchs in der Marktgemeinde Bad Erlach (NÖ) auf. Bevor sie sich 1992 der Gemeinschaft der Salvatorianerinnen anschloss, arbeitete sie in der Exportabteilung einer Manufaktur für Glaserzeugnisse. Nachdem sie ihre Ordensausbildung absolviert und 1996 ihr erstes Gelübde abgelegt hatte, wirkte Sr. Heidrun Bauer SDS von da an bis zum August 2006 im kärntnerischen Gurk. Im Salvatorianerkolleg St. Hemma begleitete sie Gäste, die an Tagen der Stille oder an spirituellen Einkehrzeiten teilnahmen.
Schon 1998 fing sie an, in ihrem ersten Atelier im Propsthof in Gurk Kunstwerke zu kreieren. Als Salvatorianerin ist sie Teil der Gemeinschaft „Oase“, die auf dem Gelände des Wohn- und Pflegeheims Mater Salvatoris in Pitten (NÖ) beheimatet ist. Das vormalige Pförtnerhäuschen, das die Ordensfrau als Atelier nutzt, gehört, obwohl in unmittelbarer Nähe gelegen, allerdings zu Gemeinde Schwarzau am Steinfeld. Hier findet die Künstlerin unendlich kreative Entfaltungsmöglichkeiten. Sr. Heidrun Bauer hat eine Vielzahl von Ausstellungen in ganz Österreich realisiert und künstlerische Beiträge für öffentliche sowie Gebetsräume geleistet.
„Orden on air“ – der Podcast der Ordensgemeinschaften Österreich
Das Medienbüro hat im März 2022 mit dem Podcast „Orden on air“ einen neuen Medienkanal der Ordensgemeinschaften Österreich ins Leben gerufen. Und der Name ist Programm: Der Podcast der Ordensgemeinschaften Österreich holt Ordensfrauen und -männer vor den Vorhang und – im wahrsten Sinne des Wortes – vor das Mikrofon. Ziel ist es, interessante Persönlichkeiten und besondere Talente vorzustellen sowie das Engagement von Ordensleuten in den vielfältigen Bereichen des Lebens zu zeigen. Der Podcast der Ordensgemeinschaften Österreich ist auf allen größeren Audioplattformen zu finden.