„Die verlängerte Hand Gottes für werdende Mütter“
Aufgewachsen in einer katholischen Familie als eines von sechs Kindern, plante Sr. Barbara Brunner eigentlich eine Familie zu gründen und Mutter zu werden. Dazu passte auch ihre Ausbildung: Als Hebamme wusste sie schon früh, was rund um eine Schwangerschaft zu beachten ist, worauf es bei der Geburt ankommt und wie die ersten Schritte ins Leben von Säuglingen gelingen. Doch es sollte anders kommen.
Berufung als Einladung Gottes
„Eines Tages hat der liebe Gott mich gefunden, nicht ich ihn“ – so bringt die bescheidene Ordensfrau ihre Berufungsgeschichte auf den Punkt. Alles begann damit, dass sie die Gemeinschaft der Schwestern Jesu kennenlernte und sich von dieser Ordensgemeinschaft angesprochen fühlte. Im Laufe der Zeit folgten auch Exerzitien, die sie zum Nachdenken brachten, und nach und nach machte sich das Gefühl breit, eine Entscheidung treffen zu müssen. An diesem Punkt „ist mir bewusst geworden, dass Gott es mir anbietet, diese Lebensweise zu probieren – du kannst, aber du musst nicht.“ Im Bewusstsein dieser Freiheit wagte sie schließlich nach einer kurzen, aber intensiven Entscheidungsphase den Schritt ins Ordensleben und ging nach Klagenfurt ins Noviziat. „Und dann habe ich in mir so einen inneren Frieden gespürt, so eine tiefe Freude, das ist unbeschreiblich!“ Dass mit dieser Entscheidung automatisch auch der Verzicht auf eigene Kinder verbunden war, nahm sie gerne in Kauf.
Befreiende Entscheidung fürs Ordensleben: „Und dann habe ich in mir so einen inneren Frieden gespürt, so eine tiefe Freude, das ist unbeschreiblich!“ (c) ÖOK/ml
Arbeiten, wo sich die Dimension der Ewigkeit öffnet
Als Hebamme im Krankenhaus St. Josef, einem Ordenskrankenhaus der Salvatorianerinnen, hat Schwester Barbara dennoch jede Menge mit Kindern zu tun – und das bereits seit 35 Jahren. Sie schätzt hier nicht nur das Klima im Haus und vor allem im Team, sondern fühlt sich auch als richtige Frau am richtigen Platz: „Ich weiß mich gesendet und spüre, dass Gott mich dort haben will.“
Auf die Frage, was sie auch nach 35 Jahren noch an ihrem Beruf fasziniert, beginnen die Augen von Schwester Barbara Brunner zu leuchten: „Am faszinierendsten ist für mich, dass ich quasi die verlängerte Hand Gottes sein darf. Zu Beginn des Lebens fügen sich Leib und Seele zu einem neuen Menschen zusammen. Der Leib stirbt eines Tages wieder, aber die Seele bleibt.“ Die Freude, an dieser Schnittstelle zum Leben dabei sein zu dürfen, ist für Schwester Barbara mit nichts anderem vergleichbar, „weil da öffnet sich einfach die Dimension der Ewigkeit.“
Doch zu ihrem beruflichen Alltag gehören leider nicht nur schöne, sondern auch schmerzhafte Momente. „Ich kann mich erinnern, dass ich das ein oder andere Kind notgetauft habe und das Kind dann danach bei der Mama verstorben ist.“ Gerade in solch einem Moment steht sie als verlängerte Hand Gottes an der Seite der trauernden Mutter und versucht, ihr Trost zu spenden.
Immer wieder ein großer Moment: Mit der Geburt eines Kindes öffnet sich die Dimension der Ewigkeit. (c) Unsplash/Sen
Tipps für werdende Mütter
Ob sie einen Tipp für werdende Mütter habe? Nicht nur einen, sondern gleich zwei: Einerseits, dass die Frauen ihre Kinder immer als Geschenk und nicht als Besitz sehen sollen – und andererseits, dass sie sich auf die Geburt einlassen sollen. Der Weg dorthin könne zwar sehr schmerzhaft sein, aber dieser Schmerz sei der einzige Schmerz, für den man etwas bekomme. „Es zahlt sich aus, der Lohn ist einfach wahnsinnig groß!“
Gemeinschaft der Schwestern Jesu
Seit ihrer Entscheidung für das Ordensleben sind mittlerweile 33 Jahre vergangen. Den Schritt, Jesus in der Gemeinschaft der Schwestern Jesu nachzufolgen, hat die 56-Jährige nie bereut. In der Wiener Niederlassung lebt sie gemeinsam mit drei Mitschwestern, davon sind zwei Schwestern in Pension, und eine tschechische Mitschwester unterrichtet Violine und Flöte in der Neulandschule. Was sie trägt und ihr Kraft gibt, sind die Gemeinschaft, die Eingliederung in die Kirche sowie ein intensives geistliches Leben, das kontemplativ in der Tätigkeit sein will. „Die Sendung, die Gott unserer Gemeinschaft anvertraut hat, ist, jungen Menschen zu helfen, die auf der Suche nach ihrem Lebensweg sind.“
Die Spiritualität des Ordens geht auf den heiligen Ignatius von Loyola zurück, dessen Charisma die Ordensfrau sehr schätzt. Seine pragmatische Herangehensweise, Dinge zu reflektieren und dann eine Entscheidung zu treffen, hat sie auch bei der Frage angewendet, ob sie für diese Ausgabe von „Orden on air“ bereitstehen solle. Herausgekommen ist dabei ein vorsichtiges „Warum nicht?“ Schön für alle Hörerinnen und Hörer!
„Orden on air“ – der Podcast der Ordensgemeinschaften Österreich
Das Medienbüro hat im März 2022 mit dem Podcast „Orden on air“ einen neuen Medienkanal der Ordensgemeinschaften Österreich ins Leben gerufen. Und der Name ist Programm: Der Podcast der Ordensgemeinschaften Österreich holt Ordensfrauen und -männer vor den Vorhang und – im wahrsten Sinne des Wortes – vor das Mikrofon. Ziel ist es, interessante Persönlichkeiten und besondere Talente vorzustellen sowie das Engagement von Ordensleuten in den vielfältigen Bereichen des Lebens zu zeigen.
Der Podcast der Ordensgemeinschaften Österreich ist auf allen größeren Audioplattformen zu finden.
Weiterlesen:
Interview mit Schwester Barbara Brunner im SONNTAG
„Die Zukunft in unseren Händen“ – Dokumentation über Hebammen auf ARTE
Gemeinschaft der Schwestern Jesu
[ml]