Der Traum von meiner Kirche
Am 23. Oktober 1931 wurde em. Weihbischof Helmut Krätzl in Wien geboren. Foto: zvg
Weihbischof Helmut Krätzl, der in diesen Tagen seinen 90. Geburtstag feiert, zählt zu den letzten Zeitzeugen des II. Vatikanischen Konzils. Er nahm aber nicht nur als Stenograph am Konzil teil, sondern setzte sich auch sein ganzes Leben für die Umsetzung des damals beschlossenen „Sprung nach vorwärts“ ein. Nicht nur in seinen Büchern, sondern vor allem in unzähligen Vorträgen, Diskussionsrunden und Medienbeiträgen versuchte er die Menschen auf die damals neu erschlossene Gedankenwelt der Kirche aufmerksam zu machen.
Eng verbunden mit Ordensgemeinschaften
Seit vielen Jahren ist Weihbischof Helmut Krätzl eng mit Ordensgemeinschaften verbunden. Generalsekretärin Sr. Christine Rod verbindet eine besonders freundschaftliche Beziehung zu Weihbischof Krätzl. In Laa an der Thaya aufgewachsen sollte ihr der Pfarrer der Gemeinde Laa, der spätere Weihbischof Krätzl, der viele neue Initiativen - im Geist des Zweiten Vatikanischen Konzil - in der Pfarre durchführte, prägend in Erinnerung bleiben. Kirche als etwas Neues, Kirche im Aufbruch, Kirche als einen Ort, wo etwas spannendes passiert, diese Bild nahm sie sich mit: "Ich habe gelernt, dass sich Kirche verändern kann", so Sr. Christine Rod.
Bereits mit 22 Jahren Priester
Helmut Krätzl wurde am 23. Oktober 1931 in Wien geboren. Bereits mit 22 Jahren, am 29. Juni 1954, wurde er zum Priester geweiht. Die Stationen seines priesterlichen Wirkens bis zur Bischofsweihe waren: Kaplan in Baden bei Wien (bis 1956), Zeremoniär bei Kardinal Dr. Franz König, Pfarrer in Laa/Thaya (bis 1969), ab 1969 Ordinariatskanzler der Erzdiözese Wien. Am 30. September 1977 ernannte ihn Papst Paul VI. zum Weihbischof für die Erzdiözese Wien.
Prägende Zeit in Rom
Zum Doktor der Theologie promovierte er 1959 an der Universität Wien. Nach einem schweren, gemeinsam mit Kardinal Franz König erlittenen Autounfall 1960, begann er während seiner Rekonvaleszenz das Studium des Kirchenrechts in Rom. Hier ergab sich für ihn die Möglichkeit als Konzilsstenograph an den Konzilssitzungen teilzunehmen. Es war für Krätzl eine Zeit, die ihm nicht nur eine neue Gedankenwelt erschloss, sondern auch für sein weiteres Leben geprägt hat.
Helmut Krätzl hat aber nicht nur den Beginn des neuen und vor allem notwendigen Aufschwungs der Kirche durch das Konzil erlebt, sondern auch die Stagnation des begonnenen Aufbruchs. In vielen seiner Bücher setzte er sich darüber auseinander, vor allem in dem 1998 erschienen Buch „Im Sprung gehemmt, was mir nach dem Konzil noch alles fehlt“.
Leitfigur für viele Gläubige
Die Erzdiözese Wien hat Helmut Krätzl viel zu verdanken. Er vertrat deren Interessen in vielen Bereichen, vor allem im Schulbereich und der Erwachsenenbildung, in der Ökumene und dem interreligiösen Dialog. Seine Stellungnahmen wurden respektiert und leisteten immer einen wertvollen Beitrag zur Meinungsbildung und für einen zutreffenden Grundkonsens. In den für die Kirche von Österreich schwierigen Zeiten wurde Krätzl für viele Gläubige zu einer Leitfigur, die Orientierung und trotz allem Zuversicht bot.
Eine Kirche, die dient
„Ich träume von einer Kirche, die die Welt nicht beherrscht, sondern ihr dienen will... von einer Kirche, die mehr von Gott redet als von Moral“ – für die Verwirklichung dieses Traumes setzte der nun 90jährige Kirchenmann alle Kraft seines Lebens ein.
Am Samstag, den 23. Oktober 2021 findet um 18 Uhr ein Festgottesdienst aus Anlass des 90. Geburtstages von Helmut Krätzl im Wiener Stephansdom statt. Die Predigt hält P. Elmar Mitterstieler SJ.
Text: Ingeborg Schödl, Renate Magerl
[kerstin stelzmann]