Salzburger Hochschulwochen zeichnen Jesuit Klaus Mertes mit "Theologischem Preis" aus
"Salzburger Hochschulwochen" würdigen Einsatz von Mertes zur Aufklärung sexuellen und geistlichen Missbrauchs und seine theologische Reflexion der Ursachen. v.l.: Abt Theodor Hausmann, Kardinal Reinhard Marx, Rektor Hendrik Lehnert, P. Klaus Mertes, Prof. Martin Dürnberger, ZdK-Präsident Thomas Sternberg, Erzbischof Franz Lackner (c) kathpress/Henning Klingen
P. Klaus Mertes machte 2010 als damaliger Schulleiter des Berliner Canisius-Kollegs einen Missbrauchsskandal öffentlich. Die nachfolgenden Untersuchungen machten nicht nur den Jesuiten über die grenzen Deutschlands hinaus bekannt, sondern lösten auch eine große Debatte über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche aus und führten zur Aufdeckung weiterer Fälle auch in nicht-kirchlichen Einrichtungen.
Prof. Martin Dürnberger, Obmann der Salzburger Hochschulwochen, zitierte aus der Jury-Begründung: Der Preis würdige Mertes nicht nur, weil er die Schweigespiralen beim Thema Missbrauch durchbrochen habe, sondern auch "seine beharrliche Reflexion auf die systemischen Ursachen und deren Bearbeitung" sowie "den klaren Ton, den er dabei anschlägt". All dies trage "das ignatianische Profil einer Unterscheidung der Geister, die in einem hochsensiblen Feld eingespielt wird und die diskursive Standards in der Theologie und darüber hinaus setzt."
Thomas Sternberg: Mertes hat geschulten Blick für die Armen und Opfer
Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), wies in seiner Laudatio darauf hin, dass Mertes immer wieder Mut bewiesen und dazu beigetragen habe, dass "Geheimhaltungen und fehlende Strategien überwunden wurden." Im Hintergrund stehe bei Mertes dabei nicht nur eine ignatianische Spiritualität und praxissatte Frömmigkeit, sondern auch ein an der Befreiungstheologie geschulter Blick für die Armen und Opfer.
"Transparenz statt Geheimhaltung, Opfer- statt Institutionenorientierung, Zusammenarbeit mit der Öffentlichkeit statt innerkirchlicher Abriegelung, Selbstkritik aller Beteiligten statt selbstgerechter Übertragung auf eine Tätergruppe" - nach Ansicht Sternbergs seien dies die Aufgaben, die sich heute kirchlicherseits Dank des Einsatzes von Mertes stellen würden. Mertes sei damit für viele Menschen zu einem "Vorbild aus dem Geist des Evangeliums" geworden. Die katholische Kirche in Deutschland und darüber hinaus habe daher "allen Anlass, ihm für seinen Mut zu danken", so der ZdK-Präsident.
P. Klaus Mertes betonte in seinen Dankesworten die Wichtigkeit einer tragfähigen Kommunikationsbasis zwischen beiden Seiten - Täter und Opfer. (c) kathpress/Henning Klingen
Klaus Mertes: Dialog Opfer-Täter braucht unabhängige Instanz
In seinen Dankesworten unterstrich Mertes die Notwendigkeit, eine sowohl von der Täter- als auch von der Opferseite unabhängige Instanz zu schaffen. Nur so könne es gelingen, "das Eckige der Konfrontation mit dem Runden der Kooperation irgendwie in Verbindung zu bringen" und zwischen beiden Seite eine tragfähige Kommunikationsbasis zu schaffen. Für die Kirche bleibe die Aufgabe gestellt, "auf sich selbst zu blicken, aber nicht narzisstisch verklärend, sondern eben auf die hässliche Seite der Kirche".
Auf diesem Weg gebe es kirchlicherseits jedoch weiterhin zahlreiche Stolpersteine, wies Mertes hin: etwa das Fehlen einer kirchlichen Sprache, die Brücken zu den Opfern baut, statt Traumata auszulösen; oder die fortbestehende Versuchung eines klerikalen Machtmissbrauchs, durch den jegliche Bemühungen "kontaminiert und vergiftet" würden: "Kinder und Jugendliche wurden von Inhabern der Aura geistlicher Macht in Fallen geführt, ihr Gottesvertrauen wurde missbraucht, in dem die Täter es auf ihre Person lenkten und dann nutzten. Dieses perverse Spiel hört in der Phase der Aufarbeitung nun nicht einfach auf."
Traditionsreiche Auszeichnung
Der "Theologische Preis" zählt zu den renommiertesten theologischen Auszeichnungen im deutschen Sprachraum. Er würdigt das theologische Lebenswerk des jeweiligen Preisträgers. Der Jury gehören der Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät Salzburg, Prof. Alois Halbmayr, der emeritierte Rektor der Universität Salzburg, Prof. Heinrich Schmidinger, der Erzabt von St. Peter, Korbinian Birnbacher, die Vizerektorin für Forschung an der Universität Innsbruck, Prof. Ulrike Tanzer, sowie der Obmann der Salzburger Hochschulwochen, Prof. Martin Dürnberger, an.
4. bis 8. August 2021
Die Salzburger Hochschulwochen finden heuer von 4. bis 8. August 2021 großteils online statt. Das Thema der diesjährigen Hochschulwochen lautet "Was hält uns (noch) zusammen? Über Verbindlichkeit und Fragmentierung". (Infos und kostenlose Anmeldung: www.salzburger-hochschulwochen.at)
Quelle: kathpress/Salzburger Hochschulwochen
[robert sonnleitner]