Von Martinskirchen und Martinsklöstern
Simone Martini: Martin teilt seinen Mantel (um 1321). Fresko in der Unterkirche der Basilika di San Francesco in Assisi. (c) wikicommons
Der heilige Martin von Tours (316/17 bis 397), der durch seinen geteilten Mantel berühmt wurde, hat seine Spuren auch im klösterlichen Leben hinterlassen. Zuerst im Frankenreich, wo er die Kloster Ligugé und Marmoutier gegründet hat, später verehrte man ihn bis weit über die Landesgrenzen hinaus. Der Martinskult hat sich dann insbesondere in Südwestdeutschland festgesetzt und kam von dort auch nach Österreich. Viele neue Kirchen wurden damals dem hl. Martin geweiht. So kommt es, dass die ältesten Kirchen in Regionen oft Martinskirchen sind – in Österreich gilt etwa die Martinskirche in Linz als älteste Kirche.
„In Liebe teilen“
Heute gibt es in Österreich sechs dem heiligen Martin geweihte Kirchen, die noch von Ordensleuten betreut werden.
In Kärnten die Pfarrkirche St. Martin im Granitztal und die Martinskirche von Fischering, eine Filiale der Stadtpfarre St. Andrä. Beide werden von den Benediktinern des Stiftes Paul betreut.
In Niederösterreich betreuen die Augustiner Chorherren von Klosterneuburg die Pfarre St. Martin in Klosterneuburg.
Die oberösterreichische Pfarre St. Martin im Mühlkreis wird von den Augustiner Chorherren des Stiftes St. Florian betreut. Zwei zweitere dem hl. Martin geweihte Pfarrkirchen werden von den Benediktern des Stiftes Kremsmünster betreut: Kematen an der Krems und Steinerkirchen an der Traun.
Beide Pfarren feiern rund um den 11. November üblicherweise ein großes Fest mit der gesamten Kirchengemeinde, es gibt einen feierlichen Gottesdienst und die bei Groß und Klein beliebten Laternenumzüge. Letztere sind Corona-bedingt dieses Jahr in der gewohnten Art nicht möglich, feiern möchte man dennoch: In St. Martin im Mühlkreis gehen die Kleinen mit ihrer Laterne um den Kindergarten. Die Pfarre St. Martin in Klosterneuburg empfiehlt allen als Ersatz für den Laternenumzug ein Licht ans Fenster zu stellen, um trotzdem verbunden zu bleiben, wie es auf der Homepage sowie Facebook-Seite der Pfarre heißt.
Wie die Pfarrsekretärin von Klosterneuburg, Maria Pohle, uns verrät, sei ein beliebter Brauch der Pfarre das alljährliche „Brezel-Teilen“: Untereinander wird ein Brezel geteilt, das wie eine in sich geschlungene Umarmung aussieht. Für den Pfarrer Leopold Streit Can Reg ein großes Zeichen der Verbundenheit untereinander.
Die Pfarrkirche zum heiligen Martin in St. Martin im Mühlkreis. (c)
Auch für den Pfarrer in St. Martin im Mühlkreis, den Augustiner Chorherren Reinhard Bell, sind das Teilen sowie die Verbundenheit untereinander wichtig. „Wir versuchen nach dem Vorbild des hl. Martins das Leben mit den Menschen liebevoll zu teilen.“. Üblicherweise gibt es eine große Pfarrfeier, bei der auch die Kirche bis auf den letzten Platz besetzt ist. Dieses Jahr findet zwar ein Gottesdienst statt, aber nur ein „kleiner, der natürlich Corona-konform sein muss. Aber besser als nichts“, empfindet der Pfarrer.
Ihm sei es seit fünfzehn Jahren, seitdem er Pfarrer der Gemeinde ist, ein wesentliches Anliegen, seiner Gemeinde den hl. Martin näherzubringen. So gab es bereits Pfarrreisen zum Geburts- und Sterbeort des hl. Martin von Tours. Es werde auch jährlich rund um Martini ein großes Pfarrprojekt gefeiert, wie 2011 die Präsentation des Pfarrweins, der jedes Jahr mit einem eigenen Etikett geliefert wird. Ganz nach dem Motto: „Sankt Martin trinkt den guten Wein, lässt’s Wasser für die Gänse sein.“
Martinsklöster nur außerhalb des Landes
In Österreich fehlen ordensübergreifende Verzeichnisse, um mit Sicherheit feststellen zu können, ob und wie viele "Martinsklöster" es im Lande gibt, wie Dr. Gerald Hirtner, Archivar im Stift St. Peter, berichtet. Generell lässt sich die Tendenz erkennen, "dass der hl. Martin besonders in Benediktinerklöstern verehrt wurde", berichtet er. "Bekannte ehemalige Benediktinerklöster, die dem hl. Martin geweiht waren, sind beispielsweise Weingarten und Wiblingen." Aktuell findet sich in Deutschland nur die Benediktiner-Erzabtei St. Martin zu Beuron.
Doch auch andere Orden sind mit dem heiligen Martin verbunden, so waren es die Augustiner Chorherren, die 1077 das Kloster in Beuron "St. Maria und St. Martin" gründeten und bis 1806 dort wirkten. Die Franziskaner betrieben die ehemalige Martinsklöster Augsburg und Hildesheim, die Zisterzienserinnen hatten eine Niederlassung in Erfurt.
Die Abtei Pannonahalma in Ungarn ist dem hl Martin geweiht. (c) OG
Die Benediktiner-Erzabtei von Pannonhalma in Ungarn pflegt seit über 1.000 Jahren das Gedenken an den heiligen Martin. Der Bischof der spätrömischen Ära wurde 996 von Ungarns Fürst Geza zum Schutzpatron der ersten Abtei des Landes gewählt. Überdies ist er der Schutzheilige der Ungarischen Benediktinerkongregation. Eine lebendige Tradition besagt, dass Pannonhalma der Ort der Berufung des Heiligen gewesen sei. Die Hartwiglegende aus dem 12. Jahrhundert hält dazu fest: "An jenem Ort, auf dem Heiligen Berg, wo sich der heilige Martin einen Platz zum Beten ausgesucht hat, ließ Stefan, Ungarns erster König, ein Kloster bauen." Die Abtei trägt seitdem den Namen des heiligen Bischofs.
In Pannonhalma ist der 11. November ein großer Feiertag. Dieses Jahr findet Corona-bedingt nur ein kleiner Gottesdienst ohne Besucher*innen statt. Das Kloster produziert den Martinswein "St. Martinus" - es ist dies der erste junge Wein des Jahres. Damit steht der Brauch in der Tradition des "Martiniloben", der auch im Burgenland, dessen Landespatron der hl. Martin ist, gefeiert wird: Zu St. Martin wird jedes Jahr der erste Wein des Jahres gesegnet. Danach stoßt man gemeinsam an.
[elisabeth mayr]