Venezuela: Corona-Krise bringt noch mehr Elend
„Die Kinder sind nicht schuld an den Zuständen in Venezuela. Sie haben ein Recht, einfach nur Kinder sein zu können“, sagt der Salvatorianer P. Luis Domingo Diaz. (c) Salvatorianer
Venezuela befindet sich seit mehreren Jahren in einer politischen und wirtschaftlichen Krise. Durch dein umfangreiches Engagement im sozialen Bereich und als Priester bist du fast täglich in Kontakt mit den Randgruppen in Caracas. Wie geht es den Menschen in Venezuela?
P. Luis Domingo Diaz: Im heutigen Venezuela arbeiten die Menschen aufgrund der Krise, die alle sozialen Schichten betrifft, hart, um voranzukommen. Sie suchen nach Möglichkeiten, ihr eigenes Einkommen zu erwirtschaften, da der von der Regierung festgelegte Mindestlohn bei vier Dollar liegt und nicht ausreicht, um die Grundbedürfnisse der Familie zu befriedigen. Darüber hinaus kann ich sagen, dass die Menschen traurig, müde und enttäuscht sind, eine Situation, die die körperliche, geistige, emotionale und spirituelle Gesundheit beeinträchtigt.
Wie stark ist Venezuela von der Corona Krise betroffen?
P. Luis Domingo Diaz: Sowohl in Venezuela als auch weltweit hat Corona die Wirtschaft radikal beeinträchtigt. Viele Menschen haben ihre Arbeit verloren und damit auch ihr festes Einkommen. Viele Menschen haben sich jedoch neu erfunden und neue Einkommensquellen erschaffen, indem sie zum Beispiel Lebensmittel und viele andere Dinge von zu Hause aus verkaufen. Doch das Gesundheitssystem ist zusammengebrochen, viele Menschen leiden an chronischen Krankheiten und viele sterben.
Die Salvatorianer in Venezuela unterhalten verschiedene soziale Dienste, angefangen bei Schulen, Gesundheitszentren oder Waisenhäusern. Inwieweit sind diese Institutionen von der Krise betroffen? Wie können diese Institutionen überleben?
P. Luis Domingo Diaz: Wir Salvatorianer arbeiten seit mehr als 60 Jahren in sozialen Programmen. Dieses Jahr hat sich die Krise im Land verschärft, dazu gehören die sozialen Dienste. Es gibt noch mehr Elend, Armut und Unterernährung. Es gibt noch mehr Straßenkinder und alte Menschen, die von ihren Angehörigen verlassen wurden. Wir haben jedoch auch mehr Reaktionen von karitativen Einrichtungen erhalten, die in diesem Jahr mehr Solidarität mit unseren Werken gezeigt haben. Angesichts der Coronavirus-Krise gibt es mehr Solidarität mit armen Menschen.
Eines Ihrer Projekte wird seit 2015 durch die Charity-Kunstauktion der Salvatorianer in Wien unterstützt, nämlich das Bildungsprojekt "Begegnung mit der Kunst". Im Rahmen dieses Projekts haben Kinder und Jugendliche die Möglichkeit, kostenlos an verschiedenen Workshops teilzunehmen. Was ist mit diesem Projekt? Wie erreicht man Jugendliche in der Corona-Zeit?
P. Luis Domingo Diaz: Die salvatorianische Sozialarbeit "Begegnung mit der Kunst" arbeitet aktuell kaum persönlich, denn wir wollen nicht das Risiko eingehen, dass sich unsere Teilnehmer, bei denen es sich hauptsächlich um Kinder und Jugendliche handelt, mit dem Virus infizieren. Wir wollen die Kinder und ihre Familien schützen. Um die Teilnehmer nicht zu entmutigen, führen wir online künstlerische Wettbewerbe durch, bei denen sie ihre Talente unter Beweis stellen und Preise erhalten können. All das geschieht, um sie weiterhin zu ermutigen und zu begleiten. Darüber hinaus haben wir dieses Jahr mit dem Geld aus der Versteigerung ein Projekt zur Förderung von Menschen mit Behinderungen finanziert.
Die humanitäre Krise in Venezuela ist heute eine der schwersten der Welt. Gibt es Zeichen der Hoffnung? Was macht den Menschen Mut?
[P. Luis Domingo Diaz: Der Venezolaner ist unter allen Umständen sehr enthusiastisch, immer positiv eingestellt, setzt auf das Beste und überwindet jedes auftretende Hindernis. Wichtig ist, dass viele Menschen daran arbeiten, das Venezuela weiter aufzubauen, von dem wir alle träumen: Frei, wohlhabend und friedlich. Die Menschen fühlen eine große Liebe zu ihrer Kultur und dem, was Venezuela ausmacht, ein Land fleißiger und glücklicher Menschen. Wir sind ein Land mit großem Glauben, und wir hoffen auf eine bessere Zukunft.
P. Luis Domingo Diaz
P. Luis Domingo Diaz ist Salvatorianer aus Venezuela. Er leitet eine Schule in Caracas bzw. Leiter des salvatorianischen Projektbüros „SOFIA Venezuela“, das die verschiedenen Sozialwerke des Ordens vor Ort leitet und koordiniert. In diesem schwierigem Lebensumfeld gibt der Salvatorianer auch hunderten Kindern und Jugendlichen durch ein kostenloses Bildungsprogramm neue Hoffnung.
„Die Kinder sind nicht schuld an den Zuständen in Venezuela. Sie haben ein Recht, einfach nur Kinder sein zu können“, so P. Luis. In Caracas, San Felix und Merida besuchten im letzten Jahr über 500 Kinder und Jugendliche 23 unterschiedliche Workshops, darunter etwa Tanz, Malen und Zeichnen, Musik- sowie Sportkurse, Theater und Handwerkskurse. Pater Luis: „Die Kunst-Workshops helfen den Kindern und Jugendlichen sich geliebt zu fühlen und zu sehen, dass sie einen Raum haben, in dem sie glücklich sind, wo sie frei und spontan trainieren können, und auch wieder lächeln können. In unseren Workshops sind ausnahmslos alle willkommen.“
Auch ein Inklusionsprogramm mit dem Namen „te acepto“ (zu Deutsch: „Ich akzeptiere dich so, wie du bist“) wurde gestartet. Hier liegt der Schwerpunkt auf Familienberatung, Hausbesuchen und Ausbildungsangeboten.
6. Charity Kunstauktion der Salvatorianer hilft Kindern in Venezuela
Die 6. Charity Kunstauktion der Salvatorianer findet heuer von 17. September bis 9. Oktober 2020 auf Dorotheum Online Auctions nur online statt. Der Reinerlös kommt u.a. auch dem Sozialprojekt von P. Luis Domingo Diaz zugute.
Hier finden Sie den Katalog als PDF zum Download
Besichtigung:
Montag, 5. bis Donnerstag 8. Oktober 2020,
15 bis 19 Uhr, Freitag 9. Oktober 2020, 15 bis 17 Uhr
Sommerrefektorium der Salvatorianer
1010 Wien, Habsburgergasse 12
Kontakt:
Lukas Korosec
E-Mail: charity@salvatorianer.at ,
Telefon: 0676 533 46 80
[robert sonnleitner]