Missionstag: Kirche um Inkulturation bemüht
"Die Kirche muss zu einem einfacheren Lebensstil finden" betont Sr. Anna Damas (c) magdalena schauer
Anna Damas erzählte von vollen Kirchen und wissbegierigen Teilnehmern von Bibelkursen, zugleich aber auch von noch weit verbreitetem Glauben an Geister oder Polygamie. Die Kirche befinde sich zudem gerade in einem Prozess, in dem sie den Schritt von einer gönnerhaften reichen Institution, die über der Bevölkerungsmehrheit steht, zu einer Instituion unternimmt, in der sich die Menschen selbst einbringen können.
Die ersten Missionare kamen erst im 19. Jahrhundert ins Land, viele abgelegene Regionen erreichten sie erst um die Mitte des 20. Jahrhunderts. Vor allem die Steyler-Missionare bemühten sich um Papua-Neuguinea. Rund 30 Prozent der fast 8,5 Millionen Einwohner Papua-Neuguineas sind Katholiken, etwa 60 Prozent gehören anderen christlichen Konfessionen an. Neben der katholischen Kirche stark vertreten sind auch Lutheraner, Anglikaner und zahlreiche Freikirchen. Rund 850 verschiedene Sprachen - nicht bloß Dialekte - werden in Papua-Neuguinea gesprochen. Die kirchlichen Strukturen sind mit Euroap nicht vergleichbar. Eine Pfarre bestehe in der Regel aus einer zentralen Station mit Kirche, zu der dann noch bis zu 30 Dörfern gehören, die zum Teil auch nur zu Fuß erreichbar seien, so Sr. Damas.
Gespannte Zuhörer lauschten Sr. Damas (c) magdalena schauer
Anna Damas stammt aus Duisburg. Nach ihrem Theologiestudium machte sie zwischen 1998 und 2005 ihre Ausbildung zur Pastoralassistentin in der Diözese Aachen und war als Seelsorgerin in Mönchengladbach tätig. Von 2006 bis April 2019 war sie Missionarin in Papua Neuguinea und dort vor allem für die pastorale und katechetische Ausbildung von Ordensleuten und Laien zuständig. Nunmehr arbeitet sie in Rom zur Geschichte und Spiritualität der Steyler Missionsschwestern und gehört der internationalen Arbeitsgruppe (SVD und SSpS) zur Interkulturalität an.
Die katholische Kirche setze sich sehr für die Inkulturation des Christentums in Papua-Neuguina ein. Das unterscheide sie etwa auch von den evangelikalen Kirchen, die der einheimischen Kultur sehr abwertend gegenüber stehen würden. Vor allem in der Liturgie werde dies etwa in den unzähligen Prozessionen und Liedern deutlich.
Man müsse sich dessen stets bewusst sein, "dass schon unsere bloße Anwesenheit die Kultur der Einheimischen verändert", so Damas. Die Kulturen seien dabei immer im Fluss und die wirkmächtigste Veränderung gehe vom Internet aus. Seit rund fünf Jahren geben es im Hochland von Neuguinea Internet und damit verbunden fast flächendeckend Smartphones unter den Jungen. "Und schon nach drei Jahren ziehen sich etwa die jungen Mädchen ganz anders an als früher und tragen auch ihre Haare anders", berichtete die Missionarin.
Männerdominierte Gesellschaft
Papua-Neuguinea sei auch nach wie vor eine stark von Männern dominierte Gesellschaft, so Sr. Damas weiter. Dementsprechend würden etwa auch Frauen als Katechistinnen nicht so gerne angenommen. Und Frauen würden während ihrer Menstruation auch immer noch als unrein angesehen.
Hinsichtlich des Geisterglaubens seien die Übergänge fließend, wenn etwa Krankheiten immer auch mit einer ganzheitlichen spirituellen Sicht wahrgenommen würden. Im Bibelunterricht gelte es etwa auch, Vorstellungen von der Bibel als "magischem Wort Gottes" entgegenzuwirken. Dass die Einheimischen hingegen weniger abstrakt als vielmehr in Geschichten denken, komme dem Charakter der Bibel wiederum sehr entgegen. "Der Wissensdurst der Leute ist riesengroß", so Sr. Anna.
Als wichtigsten Schlüssel für eine nachhaltige Entwicklung des Landes nannte die Ordensfrau Bildung. Und deshalb sollten die Kirchen und andere Hilfsorganisationen bei Projekten auch vor allem in Bildung investieren.
Im Verhältnis des Westens zu Papua-Neuguine aber auch im Verhältnis der Kirche vor Ort zu den Gläubigen brauche es viel mehr Partnerschaft auf Augenhöhe, zeigte sich die Ordensfrau überzeugt. Die Kirche werde von den Menschen immer noch als reiche Patronin wahrgenommen, von der man versorgt wird, wenn man sich ihr "unterwirft" und loyal ist. Selbiges gelte, wenn man sich zur Realisierung von Vorhaben immer an den Westen um Geld wende. Diese Abhängigkeitsverhältnisse müssten überwunden werden.
Ein gravierender Kulturbruch war dabei die Einführung von Geld durch die Kolonialmächte und Missionare. Bis dahin gab es im Land eine reine Tauschkultur von in der Regel gleichberechtigten Partnern. Mit dem von außen gebrachten Geld und den Zuwendungen, die vor allem die Missionare ohne Gegenleistung erbrachten, seien die Menschen in Abhängigkeiten abgeglitten.
Eine große Herausforderung für die Kirche sei auch die Vermittlung bei Stammeskonflikten, die nach wie vor ein großes Probleme darstellen würden. Die Kirche werde als Friedensinstitution wahrgenommen, weil eine Pfarre immer auch mehrere der meiste sehr kleinen Stämme zusammenbringe, so die Ordensfrau..
Papua-Neuguinea sei zwar auf dem Papier ein demokratisches Land, doch die Menschen würden unter Demokratie etwas anderes als im Westen verstehen. Die Loyalität der Politiker gelte fast ausschließlich ihrem eigenen Clan, das Gemeinwohl spiele kaum eine Rolle. Freilich, bei der jungen Generation sei durchaus schon ein Umdenken spürbar, so Sr. Damas: "Sie denken etwa kritischer über die weit verbreitete Korruption oder das defizitäre Demokratieverständnis".
7,8 Millionen Euro für Hilfsprojekte
Sr. Anna Damas war die Hauptreferentin beim Missionstag am Mittwoch im Rahmen der Herbsttagungen. P. Franz Pilz, Leiter des Missionsreferats, konnte dazu die Missionsverantwortlichen der heimischen Frauen- und Männerorden begrüßen. Bei der Jahrestagung wurden auch einige Daten aus dem aktuell verfügbaren Jahresbericht (2018) der Koordinierungsstelle der österreichischen Bischofskonferenz (KOO) präsentiert. Demnach brachten die heimischen Ordensgemeinschaften 2018 rund 7,8 Millionen Euro für Hilfsprojekte in Entwicklungsländern auf. Allerdings dürfte die tatsächliche Zahl noch deutlich höher liegen, da nicht alle Orden ihre Zahlen an die KOO bekanntgaben.
KOO-Geschäftsführerin Anja Appel ging in ihren Ausführungen auch auf die Amazonien-Synode im vergangenen Oktober im Vatikan ein und hob dabei die wichtige Rolle der Orden hervor; sowohl innerhalb der Synodenaula durch Delegierte und Experten, als auch außerhalb beim Rahmenprogramm in Rom. Das Abschlusspapier propagiere eine vierfache Umkehr: pastoral, kulturell, ökologisch und synodal. In diesem Sinne gelte es nun intensiv weiterzuarbeiten.
Katrin Morales referierte am Nachmittag des Missionstags (c) magdalena schauer
Die österreichische Bischofskonferenz ist mit ihrem bereits im März 2019 beschlossenen Rückzug des Kirchenvermögens aus allen Unternehmen, die fossile Energieträger fördern, weltweit ein Vorreiter, so Appel weiter. Sie sprach von einer Entscheidung mit "enormer Signalwirkung". Österreich sei nach Belgien und Irland erst die dritte Bischofskonferenz weltweit, die sich mit allen Diözesen zum sogenannten "Divestment" entschieden hat, also den Abstoß unethischer Investitionen.
Diese Nachricht habe international auch für großes Aufsehen gesorgt, "nur in Österreich selbst nicht". Der Grund dafür erklärte sich Appel damit, dass "zeitgleich mit der Veröffentlichung dieser Entscheidung auch die Krebserkrankung von Kardinal Christoph Schönborn publik wurde". Damit sei die Aufmerksamkeit dahin gewesen. Nachdem der Kardinal nun wieder genesen sei, werde hoffentlich auch die Umwelt-Initiative der Bischöfe bzw. der katholischen Kirche in Österreich wieder mehr Aufmerksamkeit finden. Letztlich gehe es um ein Kernthema im Einsatz gegen den Klimawandel, betonte Appel.
"weltkirche.tagung"
Ein weiterer Programmpunkt beim Missionstag war ein Rückblick auf die "weltkirche.tagung" - vormals "Fachtagung Weltkirche" - im vergangenen Juli in Lambach. Katrin Morales von der Jesuitenmission berichtete die wichtigsten Ergebnisse. Die von den Ordensgemeinschaften, der KOO und der Missionsverkehrsarbeitsgemeinschaft MIVA getragene Veranstaltung stand heuer ganz im Zeichen der damals noch bevorstehenden Amazoniensynode.
Quelle: kathpress
[mgsellmann]