#otag19 – Sr. Jordana Schmidt: „Wir brauchen mehr Sensibilität gegenüber Machtmissbrauch“
„Dieser Ordenstag ist etwas besonders“, hob auch Abt em. Christian Haidinger, bis zur Approbation der neuen Ordenskonferenz Österreich durch Rom noch Männerorden-Vorsitzender, die Bedeutung dieses Ordenstags hervor. „Es gibt die Superiorenkonferenz der Männerorden nicht mehr, die Vereinigung der Frauenorden Österreichs nicht mehr. Seit gestern – aber von Rom noch nicht bestätigt – gibt es die Österreichische Ordenskonferenz. Wir haben uns gleichsam vermählt. Jetzt gehören wir wirklich zusammen, obwohl wir schon jahrelang zusammengearbeitet haben, auch am Ordenstag“.
Abt em. Christian Haidinger (c) magdalena schauer
Frauenorden-Präsidentin Sr. Beatrix Mayrhofer bedankte sich in ihrer Eröffnungsrede für die gute gemeinsame Zeit. Für sie sei die „Liturgisch kostbare Zeit zwischen Christkönig und Advent Umwenden der Wartezeit: Der wiederkommt in Herrlichkeit ist gekommen in äußerster Einfachheit“. Christen seien hier in einer Grundhaltung des Wartens, deshalb „trifft es sich gut, dass wir uns genau in dieser Woche zum Ordenstag versammeln.“
Sr. Beatrix Mayrhofer (c) magdalena schauer
Elisabeth Plach, scheidende Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der österreichischen Säkularinstitute, zitierte in ihrer Rede Nikolaus Harnoncourt: „Wir sind eine glückliche Entdeckergemeinschaft geworden!“ Dieser Ausspruch bezog der Musiker auf sich als Dirigent in Gemeinschaft mit den Musikern und dem Publikum. „Das trifft auch für die Institute des geistlichen Lebens zu, wenn sie sich zusammen den Herausforderungen der Gesellschaft stellen, Gelübde in die heutige Zeit mit Kommunikationskonzept einfach, gemeinsam, wach übersetzen“, so Plach. Zum Abschluss stellte sie noch Maria Christine Hochleitner als ihre Nachfolgerin vor.
Elisabeth Plach (c) magdalena schauer
Sr. Jordana Schmidt: sensibel gegenüber alle Formen des Machtmissbrauchs
Den Reigen der Vorträge am Ordenstag am 26. November 2019 im Kardinal König Haus in Wien XIII eröffnete Sr. Jordana Schmidt, Mitglied der Ordensgemeinschaft der Dominikanerinnen von Bethanien. Thema ihres Vortrages lautete „einfach da sein“ – was durchaus zum Tagungsmotto „Das [gar nicht so] einfache Leben“ passe. Jordana Schmidt, 1969 in Grevenbroich geboren, kam zum Ordensleben, indem sie als 17-jährige eine Freundin besuchte, die gerade ein freiwilliges Ordensjahr in einem Zisterzienserinnenkloster in Dänemark absolvierte. Die damalige Priorin meinte, auch Jordana sei berufen. Die junge Frau wollte eigentlich Kinderkrankenschwester werden und hatte einen festen Ausbildungsplatz. Dennoch: „Ich glaubte der Frau, dass ich genau hierhergehörte“, erinnerte sich Sr. Jordana in ihrem Vortrag. Allerdings musste sie noch das 18. Lebensjahr abwarten.
Sr. Jordana Schmidt (c) magdalena schauer
Ein wenig halbherzig trat sie 1990 mit 21 Jahren in die kontemplative Ordensgemeinschaft ein – eine Fehlentscheidung, wie sie ehrlich zugab: „Im ersten Kloster wurde mir gesagt, was ich zu lesen, wann ich zu schweigen hatte, wann ich beten durfte, sogar wann ich zu Bett gehen sollte. Radio, Internet und Handys waren verboten.“ Und weiter: „Fragen und Zweifel waren nicht erwünscht. Kritik galt als Versuchungen vom Teufel, gegen die man beten musste. Das Wort der Priorin galt in allem.“ Auch andere Schwestern wurden permanent gedemütigt, gerügt und sogar zur Strafe ausgesperrt; eine demente Mitschwester starb deswegen, was lange vertuscht wurde. Schmidt: „Erst nach meinem Austritt wurde mir bewusst, dass das nicht das normale Klosterleben war. Sehr viel später fand ich einen Namen dafür: Machtmissbrauch!“
Dennoch: Jordana Schmidt blieb dem Ordensleben treu und wechselte 1994 zu den Dominikanerinnen von Bethanien. „Die Zeit im vorherigen Kloster hat mir eine Kraft in meinen Gebetsleben gegeben, eine Verbundenheit mit diesem Gott, den ich immer als Ich bin da gespürt habe, egal wie schlecht es mir ging. Ich wusste, er ist da, verlässt mich nicht, auch wenn mir das die damalige Priorin weißmachen wollte. Seither bin ich höchst sensibel für alle Formen des Machtmissbrauchs.“
Dieses Thema verfolge sie bis heute, noch immer würden sich Mütter von Schwestern an sie wenden und hilflos fragen, was sie tun sollten. Das sei auch die Klammer zum gar nicht so einfachen Leben. Denn jede und jeder würden in ihrem Leben, in ihrem Beruf, in ihrer Ehe, in ihrer Erziehung und in ihren Ordensgemeinschaften ähnliche Erfahrungen machen. „Sich diesem zu stellen, sich fragen, was können wir tun, um das zu verändern? Das ist unsere Aufgabe.“
Klöster: oft geschlossene Systeme
Klöster und Stifte seien oft „geschlossene Systeme“. Die beste Prävention gegen geistlichen Missbrauch sei der vorsorgliche Blick darauf, „welche Menschen eintreten - geschieht dieser Schritt in Freiheit, und sind es gestandene Persönlichkeiten?" Ordensobere hätten die Verantwortung, höchst achtsam zu sein: "Wir müssen auch Sprache und Worte finden für Missbrauch, damit Betroffene das einordnen können und nicht nur ein komisches Gefühl dafür haben müssen, das sie ihr Leben lang beeinflusst. Denn das Leben jetzt ist dafür zu kostbar und wichtig.“
Leben als Kinderdorfmutter
Jetzt wirkt Schmidt im Rahmen ihrer Ordensberufung als Erziehungsleiterin und "Kinderdorfmutter". Das Zusammenleben mit derzeit vier Kindern, die sie 24 Stunden am Tag betreut, sei für die ausgebildete Kinderkrankenschwester, Diplom-Heilpädagogin und System- und Familientherapeutin eine große Herausforderung. Denn viele der im Kinderdorf lebenden Kinder hatten Misshandlung bis hin zu Missbrauch hinter sich und seien „hoch bindungsgestört“. Dennoch erfahre die Ordensfrau durch sie eine "intensive Gotteserfahrung". Die beim Ordenseintritt verspürte große Liebe zu Gott gelte es täglich wie bei einem alten Ehepaar aufzufrischen. Voraussetzung dafür sei es aber, sich „trotz vielseitiger Beschäftigungen Zeit für Gott zu nehmen“.
Sr. Jordana Schmidt ist Mitglied der Ordensgemeinschaft der Dominikanerinnen von Bethanien. Sie wurde 1969 in Grevenbroich geboren, ist gelernte Kinderkrankenschwester, Diplom-Heilpädagogin und System- und Familientherapeutin. 1990 trat sie in ein Zisterzienserinnenkloster in Dänemark ein. 1994, zwei Wochen vor ihrer Ewigen Profess wechselte sie zu den Dominikanerinnen von Bethanien. Von 2002 bis 2012 arbeitete sie als Erziehungsleiterin im größten der drei Bethanien Kinderdörfer in Schwalmtal- Waldniel. Seit 2012 lebt sie als Kinderdorfmutter in einem der Häuser.
[rsonnleitner]