ROMARIA 2019: Protest gegen die Ausgrenzung von Menschen
(c) P. Franz Helm
"Vor 10 Jahren, als immer restriktivere Fremdengesetze erlassen wurden, fiel in in einem Gespräch der Satz: Da hilft nur noch beten", erinnert P. Franz Helm in seiner Predigt. "Und es wurde die ROMARIA geboren, eine Art Wallfahrt, die bewusst machen will: Gott ist da, wo Menschen nach Leben und Zukunft suchen. Er ist anwesend in den Flüchtlingsheimen." Das sei auch der Grund, warum man die Romaria ins Lebengerufen hat und warum man gerade diesen 24 Kilometer langen Weg der Solidarität, vom Flüchtlingsheim der Pfarre Schwechat am Zirkelweg über das Haus des Don Bosco Flüchtlingswerkes bis zum Haus St. Gabriel der Caritas Flüchtlingshilfe hier in Maria Enzersdorf gehe - es sind Gnadenorte der Gegenwart Gottes.
(c) rsonnleitner
Flüchtlingssituation hat sich verschlechtert
Seither wären zehn Jahre und damit zehn ROMARIAs vergangen. Doch die Situation hätte ich wesentlich verschlechtert. "Es gibt eine zunehmende Kriminalisierung von Fluchthilfe, vor allem auch der Seenotrettung im Mittelmeer, mit fatalen Folgen", stellt der Steyler Missionar in seiner Predigt fest. "Die Asyl- und Sicherheitsagenden sind bei der FPÖ, hier in Niederösterreich stellt die FPÖ den Integrations-Landesrat. Es herrscht eine Law and Order Politik, es gibt eine Zunahme der Fremdenfeindlichkeit und des Rassismus, besonders gegenüber bestimmten Menschengruppen wie den Afghanen. Statt dem Anspruch auf eine „Mindestsicherung“ gibt es eine „Sozialhilfe neu“ mit, gezielter Benachteiligung von Migrantinnen und Migranten. Es gibt Pläne zu einer sogenannten „Sicherungshaft“, wo der bloße Verdacht, dass jemand straffällig werden könnte, genügen soll, um ihn oder sie wegzusperren. Es gibt verstärkte Abschiebungen, gerade auch von gut integrierten und für die Wirtschaft notwendigen Lehrlingen in Mangelberufen. Und es gibt die Frustration vieler Menschen, die sich ehrenamtlich für die Intergration von geflüchteten Menschen und Migranten einsetzen."
Und Helm stellt die Frage: "Gott rettet nicht? Hat er uns verlassen bei unserem Bemühen um eine offene, vielfältige und solidarische Gesellschaft? Kümmert ihn das Los schutzsuchender Menschen nicht, und ihre Anfeindung?" Doch es wäre zu einfach, die Verantwortung für das, was in unserem Land und in ganz Europa geschieht, auf Gott abzuschieben. Die Antwort findet Helm beim Propheten Jesaja: "Jesaja besteht darauf: Gott rettet, er verlässt sein Volk nicht. Gott selbst bewirkt eine Veränderung. Das Problem ist nicht, dass Gott nicht handelt. Sondern dass viel zu wenige an das wirkmächtige Handeln Gottes glauben." Damit die neue Zeit anbreche, müssten diese Tauben hören und die Blinden aus ihrer Dunkelheit hervorkommen und sehen. "Hallo, wacht auf, hört und seht hin, was passiert! Das ruft uns Jesaja zu", so der Steyler Missionar. Dann bestünde die Chance, dass die Verwirrten wieder klar werden im Kopf, dass die Widerspenstigen bereit sind sich wieder solidarisch in die Gesellschaft einzufügen. Aber das werde nicht ohne Auseinandersetzungen gehen, sagt uns Jesaja. Dieses Aufstehen sei im Sinn Gottes, denn er selbst steht auf der Seite der Entrechteten und der arm gemachten und ausgebeuteten Menschen.
(c) rsonnleitner
Gottes Gerechtigkeit will das Wohl für alle Menschen
"Gott wird eine Klimaveränderung hin zum Positiven bewirken", zeigt sich P. Franz Helm überzeugt. "Weil seine Gerechtigkeit eine ist, die das Leben und das Wohl für alle Menschen will. Weil sein Recht nicht zum Verteidigen von Privilegien da ist, sondern zum Schutz des Lebens der Schwachen, darum gibt es Hoffnung. Und diese Hoffnung lassen wir uns nicht nehmen! Wir sind Gottes Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Mit ihm wollen wir aufstehen und einstehen für Recht und Gerechtigkeit, für die Verteidigung der Würde eines jeden Menschen, für Solidarität und Menschlichkeit, Demokratie und Menschenrechte."
Klaus Schwertner: schleichende Erosion in der politischen Kultur
Unter den Impulsgebern war auch Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas der Erzdiözese Wien. Er erinnerte bei einer Station in der Wiener Pfarre Neuerlaa an über 14.000 Tote, die im Mittelmeer ertrunken seien. Und erfrage sich: ob unser gesellschaftliches Langzeitgedächtnis tatsächlich so schlecht ausgeprägt sei, dass es so rasch vergisst - "die Toten vor Lampedusa, die brennenden Städte in Syrien und die marodierenden und folternden Banden in Libyen?" Schwertner diagnostizierte in diesem Zusammenhang eine "schleichende Erosion in der politischen Kultur", wenn etwa ein Erstaufnahmezentrum in Ausreisezentrum umbenannt wird oder geflüchtete Jugendliche eingesperrt und hinter Stacheldraht untergebracht werden. "Wer sagt: Stopp, bis hierhin und nicht weiter?" Er verstehe, wenn Menschen nach geordneten Vollzügen und auch nach einem geordneten Zugang zu Asyl und Schutz verlangten - er glaube nur nicht, "dass es hierzu nötig ist, gesinnungslose Politik zu machen", so Schwertner. Das "christliche Abendland" gerate nicht durch Flüchtlinge in Gefahr, sondern vielmehr durch jene, die eine solche Politik der Abschottung betrieben und die sich der gebotenen Schutzpflicht entschlagen: "Die Schutzpflicht von Menschen ist als ethisches Prinzip ein Kernelement des Christentums, der Humanität und der modernen Menschenrechtskultur", so Schwertner.
(c) rsonnleitner
Grußbotschaft Konstantin Wecker
"Allen die sich bei der Caritas jeden Tag, jede Nacht für andere Menschen einsetzen, einfach so, weil es für sie selbstverständlich ist, danke ich aber sowas von herzlich und demütig", schreibt Konstantin Wecker in seiner Grußbotschaft, die im Rahmen des Politischen Abendgebetes vorgelesen wurde. Der Liedermacher will auch Mut machen: "Vielleicht erscheint der Widerstand vielen sinnlos. Und mancher mag sich sagen: 'Was kann ich denn schon tun, alleine, ohne Gleichgesinnte?' Denen gilt es nun Mut zu machen, denn die mit dem Herzen denken sind – und da bin ich mir sicher – immer noch in der Überzahl. Aber schrecklich verunsichert und vor allem: nicht annähernd so lautstark." Sein Fazit: "Widerstehen wir mit all dem, was uns als menschlichen Wesen gegeben ist an Mitgefühl und Verstand, Poesie und Zärtlichkeit!"
(c) P. Franz Helm
Initiiert wurde die "Romaria"-Wallfahrt, die heuer zum 10. Mal stattfand, gemeinsam vom Don Bosco Flüchtlingswerk, den Steyler Missionaren, der Pfarre Wien-Schwechat, den Salesianern Don Boscos, der Katholischen Aktion der Erzdiözese Wien und der Salesianischen Jugendbewegung. Der 24 Kilometer lange "Weg der Solidarität mit Flüchtlingen" führt über die Pfarrkirche Schwechat bis zur Hl.-Geist-Kirche der Steyler Missionare im Missionshaus St. Gabriel bei Mödling. Als Unterstützer der Wallfahrt fungieren neben Frauenordens-Präsidentin Sr. Beatrix Mayrhofer auch Sr. Beatrix Baier von den Don Bosco Schwestern, der islamische Pädagoge Galib Stanfel sowie mehr als 60 Pfarren, NGOS, Vereine und Initiativen.
[rsonnleitner]