Kongress der Oberösterreichischen Ordensspitäler: Räume der Solidarität schaffen
Die Spitalsmedizin von heute ist beherrscht von einem starken Aktionismus. Dies und die Anreizsysteme zu immer mehr Umsatz, Durchfluss und Steigerung bewirken, dass die Zuwendung zum Patienten immer mehr zu kurz kommt.
Aber nicht nur die PatientInnen leiden darunter, auch ÄrztInnen und Pflegekräfte. Und diese brennen zusehends aus. Gerade die „helfenden“ Berufe haben überdurchschnittlich oft Burnout und psychische Erkrankungen. Es krankt im System, die Menschen werden krank. Natürlich müssen Krankenhäuser als erfolgreiche Krankenhäuser der Zukunft laufend auf wirtschaftliche Qualitätsverbesserung schauen, auch Ordensspitäler müssen auf Wachstumsstrategien setzen. Dies darf aber nicht auf Kosten der PatientInnen und Gesundheitsberufe gehen. Es darf beim Eintritt in ein Krankenhaus nicht heißen: Come in, burn out. Burnout entsteht sowohl durch ungünstige Arbeitsplatzfaktoren als auch durch individuelle Faktoren.
Der Beruf darf jedenfalls nicht zum Lebensmittelpunkt werden, es gilt eine stabile Geben-Nehmen-Relation zu leben. „Mach’s den anderen recht“, „Sei stark“: Anforderungen, die in den Gesundheitsberufen zwar stark gefordert sind, die aber als prototypische Grundhaltungen zu überdenken sind. Die Kommunikation innerhalb von Berufsgruppen und mit den PatientInnen ist wieder in den Mittelpunkt zu rücken.
Ohne Zuwendung ist alles nichts – für eine Medizin der Zwischenmenschlichkeit
Medizin ist eine soziale Errungenschaft. Sie muss das richtige Maß für jeden Patienten finden und nicht permanent die Steigerung der Leistung anstreben. In der Medizin müssen Zuwendung und Beistand wieder mehr Stellenwert bekommen. Zuwendung heißt Aufwertung des Patienten in seiner Hilflosigkeit, dem Patienten zeigen, dass er wertvoll ist, auch wenn er nicht mehr den Leistungsansprüchen unserer Gesellschaft entspricht. Zuwendung bedeutet Erleben der Gemeinschaft, es soll dem Patienten die Angst genommen werden, aus der Gesellschaft herauszufallen. Die Kostbarkeit der Heilberufe besteht darin, anderen Menschen in ihrer Bedrängnis zu helfen und Gemeinschaftsgefühl zu geben.
Die Zukunft der Ordensspitäler liegt in der Hinwendung zu den Kranken, zu den Armen, den Marginalisierten. (c) Wolfgang Simlinger
Gute Zuwendung hat aber durchaus auch einen ökonomischen Aspekt. Ein Krankenhaus mit guter Kommunikation und Beistand ermöglicht ein gutes „Patientenerlebnis“. PatientInnen von heute wählen das Krankenhaus zunehmend danach aus, ob die Gesprächskultur gut ist, ob Nachsorge und Schmerzmanagement zufriedenstellend sind.
Ordensspitäler – Zuwendung versus Maßlosigkeit
Zuwendung und Beistand sind seit alters her die Markenzeichen von Ordensspitälern. Diese genießen deshalb in der Bevölkerung hohen Zuspruch bei Vertrauenswürdigkeit und Wärme. Auf diese Stärken müssen die Ordensspitäler setzen, diese Stärken müssen sie verstärken. Ihre Werte und ihr Auftrag sind dafür die individuelle Basis.
Wachstum mit Maß und Ziel muss die zukunftsfähige Unternehmensstrategie für Ordensspitäler sein. Der Geist der Ordensspitäler kann Antwort geben auf die zunehmende Maßlosigkeit, auf das Nicht-Zulassen der Grenzen des Machbaren. Die Zukunft der Orden und damit der Ordensspitäler liegt also dort, wo die Zukunft der Orden und Ordensspitäler schon immer war, in der Hinwendung zu den Kranken, zu den Armen, den Marginalisierten – ihnen muss Gerechtigkeit widerfahren. Gerade für Orden und Ordensspitäler ist es möglich, Räume der Solidarität zu schaffen, Veränderungen von unten auf den Weg zu bringen.
[rs]