Der Glaube gegen das Nirgendwo
„Es gibt welche, die werden an uns verwiesen und sind am Anfang sehr still. Und nach einer Zeit erkennt man, was sie für ein unglaubliches Potenzial besitzen. Wenn man das nicht fördert, dann bleiben sie sozusagen ein Nichts, verloren in einem fremden Land, verloren im Nirgendwo.“ Veloren im Nirgendwo – das waren die minderjährigen Flüchtlinge, die Sr. Teresa Hieslmayr betreut, lange genug. Nirgendwo, das liegt in Afghanistan, in Somalia, in Syrien, in Tibet. Nirgendwo, das bedeutet, vor Hungersnöten, Bürgerkrieg oder politischer Verfolgung zu flüchten und monatelang vom Nirgendwo ins Ungewisse zu laufen. Manchmal sind die Flüchtlinge von Anfang an ohne ihre Eltern unterwegs, manchmal verlieren sie sie auf der Flucht.
„Oft sind die Gefahren und die Not im Heimatland so groß, dass die Eltern einem ihrer Söhne, dem tapfersten oder dem jüngsten, die Flucht in ein besseres und vor allem sicheres Leben bezahlen“, erzählt Sr. Teresa. Es sind deshalb die Burschen, die diesen Schritt wagen, weil Mädchen die Strapazen der Flucht allein nicht überleben würden. Wenn die Jugendlichen dann endlich in Österreich angekommen sind, sind sie wieder im Nirgendwo, in einem Land, dessen Kultur und Sprache sie nicht kennen, ohne Geld und ohne Ausbildung, wortwörtlich mutterseelenallein.
Sr. Teresa arbeitet in zwei Wohngemeinschaften, die von der Caritas Wien finanziert werden: Die WG Ponte bietet 10 Plätze für Burschen zwischen 13 und 18 Jahren. In der WG Nuri wohnen 13 junge Erwachsene. Hier dürfen sie bleiben, bis sie 21 Jahre alt sind. „Wir bemühen uns darum, dass das Asylverfahren gut verläuft und dass sie in Österreich bleiben können“, sagt Sr. Teresa, „das steht bei uns an erster Stelle.“ Aber das ist nur ein Teil ihrer Betreuungstätigkeit. „Die Burschen in der Wohngemeinschaft leiden unter Heimweh, Sehnsucht nach ihrer Familie und haben teilweise traumatische Fluchterfahrungen hinter sich. Viele können nur bei Licht schlafen und haben immer noch Angst“, erzählt Sr. Teresa. „In der Arbeit kommt auch meine mütterliche Seite zum Tragen.“
Die Entwicklung und Förderung der persönlichen Stärken, hin zu einem selbstständigen Leben in Österreich hat in den beiden Wohngemeinschaften oberste Priorität. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei eine geregelte Tagesstruktur. „Wir schauen darauf, dass sie Deutschkurse absolvieren und in der Folge regelmäßig eine Schule besuchen. Wir begleiten sie auf Behördenwegen oder wenn sie zum Arzt müssen“, so Sr. Teresa. „Wir unterstützen sie dabei, eine Ausbildung zu absolvieren, damit sie eine Zukunft in Österreich haben. Vor kurzem hat einer meiner Schützlinge erfolgreich eine Gärtnerlehre absolviert; ich war unglaublich stolz auf ihn.“
Die Kraft für ihre Arbeit findet Sr. Teresa in ihrem Glauben. „Ich halte mich fest an dem Glauben, dass Gott einen Weg für alle Menschen weiß. Das macht auch demütig. Gott hat den Überblick, nicht ich.“ Er habe sie luxuriös beschenkt und dieses Geschenk möchte sie weitergeben.
Fotos: Manu Nitsch
[rs]