Sr. Beatrix Mayrhofer: Ordenschristen sind Munter-Macher
„Ein Jahr der Orden – brauchen wir das? Ein JAHR der Orden? Würde vielleicht ein Tag auch genügen – so ein ORDENS-Tag wie heute?“ Die Fragen, die Sr. Beatrix stellt, klingen angesichts der Tatsache, dass im Rahmen einer feierlichen Eucharistiefeier mit einem kunstvollen Lichtritual und ihrer Festpredigt dieses JAHR DER ORDEN 2015 offiziell eröffnet wurde, durchaus provakant. Wo es doch schon so viele Wichtigkeits- und Gedenktage gäbe; Wikipedia nenne allein schon für den November 30 Tage …
Ist das Ordensleben schon so un-schein-bar geworden, dass es künstliche Scheinwerfer benötigt, gibt Sr. Beatrix zu bedenken und fragt auch gleich selbstkritisch weiter. „Und was soll denn da beleuchtet werden? Unsere kippende Alterspyramide? Sollten wir nicht unser verglimmendes Licht eher unter den Scheffel stellen und sagen: Unsere Zeit ist vorbei in der Geschichte der Kirche?“ Also, braucht die Gesellschaft Menschen, die ihr Leben Gott geweiht haben?
Der althochdeutsche Ursprung des Wortes „brauchen‘“ heißt eigentlich „Nahrung aufnehmen“. Und Nahrung, Brot, braucht jeder. Seit Jahrtausendenden bitten die Menschen darum: Gib uns heute das Brot, das wir brauchen! „Der Vater hört die Bitte“, sagt Sr. Mayrhofer, „aber der Sohn braucht, um das Brot zu teilen, die Jünger.“ Und weiter: „Gott braucht, um sich mitzuteilen, um seine Liebe zu schenken, uns Menschen.“ Es sei die tiefste Jüngerbewegung: Alles riskieren, alles verlassen und nachfolgen. So wie die Jünger, die dem Nazarener folgten.
Freilich, auf den ersten Blick scheint es, sie hätten alles riskiert und alles verloren, denn Jesus scheiterte und starb am Kreuz. Sr. Mayrhofer: „Aber durch die Verfolgung hindurch sind sie in den Geiststurm des Auferstandenen geraten und haben schließlich alles gewonnen.“ Diese Nachfolge Christi würde allen angeboten; jede und jeder hätte in der Gemeinschaft der Kirche seinen Platz, seinen ganz persönlichen Auftrag. Jede und jeder wird gebraucht. „Menschen brauchen das Evangelium,“, ist sich die Ordensfrau sicher, aber „das Evangelium braucht auch Menschen. Das Evangelium muss verkündet, muss gelebt, muss geweckt werden.“
Die Ordensleute hätten dabei den Weckdienst übernehmen, damit die Kirche nicht schläfrig, nicht schwerhörig und schwerfällig wird. Ordenschristen sind Munter-Macher, die ehelos, arm und gehorsam leben dürfen, um den Menschen zu dienen – wenn es sein muss, auch in dunklen Zeiten. Denn „das Licht ist uns anvertraut, das Licht der Hoffnung, der Zuversicht.“
Als Nach-Folger seien die Ordensleute Vor-Denker; deshalb brauchen sie die Menschen. Und umgekehrt. „Brot ist wichtig. In der Einfachheit der gelobten Armut dürfen und müssen wir Ordenschristen bei den Menschen sein, denen das Brot fehlt“, bringt es Sr. Mayrhofer auf den Punkt. Und weiter: „Freiheit ist wichtig. Im frei gewählten Gehorsam dürfen und müssen wir bei den Menschen sein, die versklavt werden von so vielen Herrschermächten der Erde.“ Die Ordensfrau würde nicht wie der Apostel Paulus dem Siegespreis, der himmlischen Berufung nachjagen. „Aber gehen will ich, weitergehen, zum Mitgehen einladen. An einem Tag? Ein Jahr lang? Ein Leben lang!“
Die gesamte Predigt finden Sie hier.
[rs]