P. Srholec: In der Kirche darf es nie um Karriere gehen
Anton Srholec wurde am 1929 als Sohn einer Kleinbauernfamilie in Skalica in der Slowakei geboren. Schon als Jugendlicher trat er in den Salesianerorden ein. 1951 misslang ihm ein Fluchtversuch aus der damaligen Tschechoslowakei, den er unternahm, weil ihm das kommunistische Regime kein Theologiestudium erlaubte. Die Folge waren zehn Jahre Haft, den Großteil davon im berüchtigten Uranbergwerk Jachymov.
In dieser Zeit der Haft habe sich sein Ordensleben radikalisiert, so Srholec. Freiheit sei ein besonderes Gottesgeschenk, Gehorsam hingegen berge große Gefahren in sich, wenn dieser für ideologische Zwecke ausgenützt wird. Er habe sich jedenfalls nie mit dem Regime engagiert, um früher aus der Haft entlassen zu werden, betonte der Ordensmann. Eigentlich hätte er als Missionar in ein Entwicklungsland gehen wollen, nun sei er zum Missionar im Gefängnis geworden, habe mit vielen anderen Häftlingen Leid und Not geteilt und ums Überleben gekämpft.
Schon in der Haft hatte Srholec illegale Gebetskreise und karitative Zirkel gegründet. Er baute eine geheime Jugendorganisation auf und schmuggelte religiöse Bücher in die Arbeitslager. Oftmals von Spitzeln verraten, verbrachte der Pater viel Zeit in Einzelhaft und musste zahlreiche zusätzliche Schikanen der Behörden über sich ergehen lassen. Nach seiner Haft arbeitete Srholec in verschiedenen Fabriken, setzte aber seine verbotenen Aktivitäten und auch Studien fort und hatte immer wieder Schwierigkeiten mit dem Regime.
Erst 1969 erhielt Srholec die Erlaubnis zu einem Aufenthalt in Italien, wo er in zwei Semestern an der Salesianeruniversität in Turin das gesamte Theologiestudium nachholte; 1970 wurde er in Rom von Paul VI. zum Priester geweiht. Nach dem "Prager Frühling" widmete sich Srholec der Seelsorge vor allem an Jugendlichen, wurde aber nicht nur von der staatlichen Obrigkeit schikaniert, sondern hatte auch viele Konflikte mit der Amtskirche in der Slowakei, die sich seiner Meinung nach zu sehr mit dem Regime arrangiert hatte. Er durfte zunächst nur als Mesner, dann als Kaplan in entlegenen Pfarren wirken. 1985 wurde ihm die Arbeitserlaubnis als Priester gänzlich entzogen.
"Die Kirche in der Slowakei hat aus der Zeit des Kommunismus nichts gelernt. Sie befindet sich in einer Sackgasse", so die Bilanz des Ordensmannes, der sich von seinen Bischöfen nicht verstanden fühlt. Die Situation in der Slowakei sei "traurig", er wolle jedoch nicht mehr lautstark und radikal Kritik üben, so der 85-jährige Salesianer. Nach seinem Pensionsantritt blieb Srholec weiterhin in Menschenrechtsorganisationen und Sozialinitiativen aktiv, vor allem im Obdachlosenzentrum Resoty. Diese Einrichtung existiert seit 1991, 40 Bedürftige werden derzeit dort betreut, von ihm, einer irischen Ordensschwester und zwei Pensionistinnen, die sich um die Küche und Buchhaltung kümmern, wie Srholec erzählt. Die Bewohner müssen für Unterkunft und Verpflegung pro Tag fünf Euro beisteuern, es gelten strenge Regeln in punkto Ordnung und Sauberkeit.
Wichtigstes Prinzip ist laut Srholec aber, den Betreuten ihre Würde wiederzugeben: "Sie werden aufgenommen und respektiert als Menschen, wie sie sind. Wenn wir versuchen würden, neue Menschen aus ihnen zu machen, würden wir sie nur quälen und hätten doch keinen Erfolg." Stattdessen solle es eine Art Oase sein, in der Eigenverantwortung, aber auch Gemeinschaft hochgehalten wird. Heute ist der bereits mit dem Kardinal-König-Preis ausgezeichnete Ordensmann Vorsitzender der Konföderation politischer Häftlinge in der Slowakei und Mitglied im Helsinki-Ausschuss für Menschenrechte.
Für seine Verdienste wurde Anton Srholec mehrfach im In- und Ausland ausgezeichnet, zum Beispiel mit Ehrendoktoraten der Universität Trnava und der Slowakischen Universität der Heiligen Elisabeth. Er ist zudem Kardinal-König-Preisträger des Jahres 1999 und er wurde 2013 für sein Engagement im Bereich Demokratie und Menschenrechte mit dem Preis der "Jan-Langos-Stiftung" ausgezeichnet.
Foto: Katrin Bruder
[rs]