Wiener Ordensspitäler: Mehr Palliativmedizin statt Sterbehilfe
Die Forderung Grehers unterstrich auch Karlheinz Wiesinger, Ärztlicher Leiter des Hospiz Rennweg der Caritas Socialis: "Immer wieder gibt es in Palliativeinrichtungen verzweifelte Menschen, die den Tod herbeisehnen. Durch entsprechend wirksame palliativmedizinische Behandlung solcher Beschwerden verschwindet dieser Wunsch fast immer."
Wie Greher, selbst Arzt im Herz-Jesu Krankenhaus, betonte, würden die acht Ordensspitäler in Wien in weit überdurchschnittlichem Ausmaß zur Palliativ-Versorgung beitragen. Während insgesamt etwa jedes fünfte Spitalsbett in Wien in einem Ordensspital steht, gelte das für jedes zweite Palliativbett.
Zukunft: Mehr Palliativ-Stationen
In Zukunft sollen die Palliativ-Leistungen der Wiener Ordensspitäler, die derzeit in den Palliativstationen im Krankenhaus Göttlicher Heiland, im Krankenhaus St. Elisabeth sowie in einer Kooperation des Krankenhauses der Barmherzigen Schwestern mit dem CS Hospiz Rennweg angeboten werden, weiter ausgebaut werden. So wird im Rahmen des "Franziskusverbundes" am Standort St. Elisabeth (3. Bezirk) die größte Palliativstation Österreichs entstehen.
Palliativstationen seien, entgegen verbreiteten Missverständnissen, nicht der Ort für die Behandlung in den letzten Tagen vor dem Tod, so der Palliativmedizin-Experte Michael Preitschopf vom Krankenhaus Göttlicher Heiland: Während in Hospizen der Schwerpunkt auf die Pflege gelegt wird und der Aufenthalt mangels einer sozialen Struktur der Patienten bis zum Lebensende dauert, gehe das Palliativkonzept einen anderen Weg. Preitschopf: "Unheilbar Kranke sollen in eine Situation versetzt werden, die ihnen eine optimale Lebensqualität bietet. Ziel ist, sie wieder in ihre gewohnte Umgebung zurück zu bringen." Derzeit würden etwa 60 Prozent der Menschen im Krankenhaus sterben, was aber dafür keine geeignete Umgebung sei.
Durch den Wunsch der Betroffenen, möglichst viel zu Hause zu sein, und durch den Ausbau der mobilen Betreuungen kämen Patienten heute für immer kürzere Zeit auf die Palliativstation, so Primar Wiesinger: "Vor fünf Jahren blieben sie durchschnittlich etwa vier Wochen, diese Zeit hat sich auf die Hälfte reduziert und verkürzt sich weiter, wie internationale Daten zeigen."
Auch wenn eine optimale Schmerztherapie in der Palliativbetreuung eine zentrale Rolle spielt, gehe die medizinische Versorgung doch weit darüber hinaus. Es gehe zum Beispiel auch um die bestmögliche Kontrolle von - für Patienten oft sehr beschwerlichen und zermürbenden - Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Atemnot, Erstickungsgefühle oder Juckreiz. Psychotherapeutische und seelsorgerische Unterstützung hätten zudem einen hohen Stellenwert, zum Beispiel um den Leidensdruck zu lindern, so Wiesinger.
Der Bedarf an palliativer Versorgung werde schon deshalb zunehmen, weil die Gesellschaft immer älter wird, so Primar Greher: "Der Behandlungsaufwand in Palliativstationen ist allerdings sehr zeitaufwändig, personalintensiv und entsprechend kostspielig. Hier ist ein stärkeres öffentliches Investment wünschenswert." Es dürfe nicht dazu kommen, dass sinnvolle und dringend benötigte Palliativ-Angebote durch zu knappe finanzielle Mittel limitiert werden und hinter dem gesellschaftlichen Bedarf zurückbleiben.
Das habe auch gesundheitsökonomische Implikationen: Je länger etwa die Mobilität eines alten Menschen erhalten wird, desto billiger werde es für das System. Kompetente Palliativversorgung trage deshalb auch finanziell eine Entlastung für die Gesellschaft, hielten die Ordensspitäler fest.
Ergänzung zu diesem Artikel vom 7. November 2014:Das CS Hospiz Rennweg fordert Ausbau der Palliativbetreuung und will Rechtsanspruch im Gesetz verankern.
Quelle Foto: Vinzenz-Gruppe
Siehe auch Beitrag vom 4. September 2014: Wiener Ordensspitäler machen sich durch Spezialisierung fit für die Zukunft
[rs]