Graz: Ordensleben heute mit den Herausforderungen und Entwicklungspotentialen
„Das Ordensleben ist zu jeder Zeit im jeweiligen gesellschaftlichen Rahmen und Umfeld zu sehen“, betont die Soziologin Isabelle Jonveaux in ihrem Vortrag, die in Europa und Afrika viele Ordensgemeinschaften besucht und analysiert hat: „Die Attraktivität hängt immer von den Umfeldern ab, die eine gesellschaftliche Plausibilität zeigen. Die Gründungen waren immer auch gesellschaftliche Anlässe.“ Als Beispiel nennt sie das Handwerk. „Den Orden ist das Handwerk immer ganz wichtig gewesen, das aber heute mehr oder weniger ausgelagert wird, auch in der übrigen Gesellschaft.“ Jonveaux spricht ebenso von den neuen Technologien, „die bis in die Klausur hineinreichen. Das Internet bringt die ganze Welt in die Klosterzelle und es stellt die Frage: Wie gelingt hier Distanz.“ Jonveaux sieht in der Annäherung heutiger Menschen an Ordensgemeinschaften vor allem fünf Zugänge: die Gottsucher, die Traditionssucher, die Selbstsucher, die Ursprungssucher und die Exotiksucher, die sich zum Beispiel durch die Frage - „Leben hier noch Mönche, Nonnen?“ - zeigen. Jonveaux sieht auch ein großes Interesse an den Orden und ihren Erfahrungen im Wirtschaftsumfeld, wenn immer mehr Vorträge oder Seminare zum Thema – Was kann Wirtschaft von den Klöstern lernen? – „auftauchen“.
Schule für den Dienst des Herrn
P. Winfried Schwab vom Stift Admont stellt in seinem Statement die wichtige Frage: „Ist das Kloster und die Gemeinschaft die Schule für den Dienst des Herrn?“ Er lässt den hl. Benedikt zu Wort kommen, der für diese „Schule des Lebens“ vier Kriterien sieht: „Achte darauf, ob er oder sie Gottsucher ist. Dann prüfe den Eifer für den Gottesdienst. Ist der Wille zum Gehorsam gegeben und ist dieser Mensch bereit, niedrige Dienste zu tun.“ Schwab betont, dass es Benedikt immer um die „Schulung zum Leben“ geht und nie um die Brechung einer Person. „Das ist aber heute nicht oben auf: Gott suchen, der Dienst an Gott, gehorchen und niedrige Dienste tun. Deshalb ist die Frage: Wie können wir Lebenshilfe und diese Lebensschule zugänglich machen.“
Loslassen für das Neue
Sr. Silke Mallmann vom Missionskloster Wernberg sieht in der Frage – „Was brauchen die Menschen wirklich?“ – die zentrale Fragestellung. „Ordensleben als Selbstzweck hat ausgedient. Ordensleben hat mit Hingabe zu tun. Diese Hingabefähigkeit den Jungen zu erschließen ist unsere besondere Herausforderung.“ Mallmann sieht im Loslassen den Schlüssel: „Wir müssen nicht, sondern wir dürfen Häuser, Aufgaben hergeben. Wir übergeben diese an MitarbeiterInnen, an neue Kooperationen und an Frauen und Männer, die auf ihre Art unsere Spiritualität weiterleben lassen.“ Mallmann sieht in der „Gottsuche und in der lebendigen Christus-Beziehung“ die Zukunft. Gerade die Überalterung vieler Gemeinschaften mit den „alltäglichen Gebrechlichkeiten“ sieht sie als „besonderen Dienst an der Gesellschaft, die genau damit schlecht umgehen kann“. Menschen spüren heute neu, „dass Klöster Orte der Gebrochenheit sind, wo nicht alles perfekt sein muss. Wir rühren hier am tiefsten Grund christlicher Spiritualität.“
Einladung zum Studien
Der Dekan der Fakultät Reinhold Esterbauer hob am Beginn des Abends die besondere Verbindung der Fakultät Graz zu den Orden hervor: „Es ist uns wichtig, auf Berufungen zu achten und Studierende anzuleiten, die je eigene Berfung zu leben.“ Er hob die besondere Kooperation mit den Franziskanern hervor und er sprach in Richtung Frauenorden die besondere Einladung aus: „Wir laden vor allem Ordensfrauen ein, hier an der Fakultät ihre Studien und Bildung zu erweitern und zu vertiefen.“ Schwab sprach auf die Frage nach einem Wunsch aus: „Geben sie dem Gebet Raum.“ Mallmann auf die Frage nach ihrem Wunsch bat um gut begleitete Praxis: „Schicken sie die Menschen hinaus und reflektieren sie die Erfahrungen gut.“
Katholisch-theologische Fakultät Graz
[fk]