Resilienz – Widerstandskraft und Glaubensstärke
„Schwierigkeiten brechen manche Menschen, und andere machen sie erst zu Menschen!“ Als der Verfasser diese Zeilen schrieb, saß er bereits seit mehr als zehn Jahren unschuldig im Gefängnis. Sein Name: Nelson Mandela. Allen Ungerechtigkeiten zum Trotz blieb er unbeugsam, kämpferisch, widerstandsfähig. Er blieb resilient.
Resilienz bedeutet Widerstandsfähigkeit
Resilienz ist eigentlich die Fähigkeit von Stoffen, sich verformen zu lassen und dennoch in die ursprüngliche Form zurückzufinden. In den Humanwissenschaften erfährt der Begriff jedoch eine inhaltliche Erweiterung: Resilienz ist die psychische Widerstandsfähigkeit, die einige Menschen gegenüber traumatisierenden Situation entwickeln. Sie können Schicksalsschläge gut bewältigen und gehen oft sogar gestärkt daraus hervor. Doch die Frage ist, warum sich manche wieder „zurechtbiegen“ und manche zerbrechen.
Werners „unverwundbare Kinder“
Der Ursprung der Resilienz-Forschung geht auf die amerikanische Entwicklungspsychologin Emmy E. Werner zurück. Sie beobachtete seit 1955 über einen Zeitraum von 40 Jahren auf der Hawaii-Insel Kauai die Entwicklungsverläufe von fast 700 Kindern. Rund 200 Kinder kamen aus extrem schwierigen Verhältnissen, die durch Armut, Drogenkonsum und Gewalt geprägt waren. Zwei Drittel davon entwickelten später massive Schul- und Drogenprobleme. Aber ein Drittel wuchs offensichtlich unbeeinflusst zu erfolgreichen Bürgern heran und wurden später liebevolle Eltern. Hatten sie einfach nur Glück? Jein! Es zeigte sich, dass diese Kinder das Glück hatten, vertrauensvolle Beziehungen zu Verwandten, Lehrern oder Freunden aus Jugendgruppen oder Kirchen aufbauen zu können. Sie fühlten sie sich gefördert, dazugehörig; sie fühlten sich sicher.
Kohärenz als Basis für Resilienz
In Folge filterte der Medizinsoziologe Dr. Aaron Antonovsky die Faktoren heraus, die auf eine starke Fähigkeit schlossen, trotz widriger Umstände gesund zu bleiben. Er nannte diese Fähigkeit „Kohärenzgefühl" - die Grundhaltung des Individuums gegenüber seinem eigenen Leben. Neueste Forschungsergebnisse zeigen, um ein gutes Kohärenzgefühl und Resilienz zur Bewältigung schwieriger Lebenssituationen zu entwickeln, sind die ersten drei Lebensjahre in einer durch Sicherheit und Wärme gekennzeichneten Umgebung prägend. Wichtig ist das Vorhandensein von Schutzfaktoren im Umfeld, auf die das Kind zurückgreifen kann. In späteren Jahren kann der Platz einer konkreten Person auch durch eine unterstützende Gemeinschaft oder den Glaube an eine höhere (politische oder religiöse) Macht eingenommen werden.
Glaube verbindet sich oft mit Resilienz
Widerstandskraft durch Glaubenskraft? Ja, durchaus zutreffend! Christlich orientierte Menschen entwickeln sehr oft ein ausgeprägtes Verantwortungsgefühl gegenüber anderen; sie vermitteln ein Gefühl der Sicherheit und der Stärke. Auch Nelson Mandela sagte später, der Ursprung seiner Kraft lag in seinem liebevollen Elternhaus und in seiner festen Verwurzelung im christlich-methodistischen Glauben. Menschen, die Resilienz aus ihrem Glauben gewonnen hatten, gab und gibt es viele. Eines der bekanntesten Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit ist Franz Jägerstätter, der in seiner Überzeugung bis zu seinem Tod stark blieb.
Im Glauben verbunden, getragen von der Gemeinschaft haben Menschen oft eine fast unerschöpfliche Kraftquelle. Foto: Stift Seitenstetten
Auch Gemeinschaften sind resilient
Doch nicht nur einzelne Persönlichkeiten, sondern auch ganze Gemeinschaften können eine kollektive Resilienz entwickeln. Wirtschaftswissenschaftler der Universität Zürich untersuchten, warum (Benediktiner-)Klöster nachhaltig gut „funktionierten“ und langlebiger seien als Aktiengesellschaften. Einer der wesentlichsten Gründe war die Einbettung der Mitglieder in ein gemeinsames (christliches) Wertesystem. Während die durchschnittliche Lebensdauer eines Benediktinerklosters in Deutschland rund 500 Jahre ausmachte, liege die Lebenserwartung von erfolgreichen Firmen zwischen 40 und 50 Jahren.
Foto Teaser: Katrin Bruder
[rs]