Oberinnen beraten über altersgemäßes Leben in ihren Gemeinschaften
Bernadette ist 35 Jahre, war 13 Jahre Krankenschwester, hat einen großen Freundeskreis und war immer in der Pfarre aktiv. Sie ist in einen kontemplativen Orden eingetreten. Durch die vorgegebenen Gebetszeiten hat ihr Leben die Hektik verloren und sie erzählt, dass ihre Gottesbeziehung tiefer geworden ist. Sr. Klara ist 24 Jahre und war Kindergärtnerin, hat zuletzt in einer Zweier-WG gewohnt. Ihr Zimmer im Orden hat sie sich bunt ausgemalt und die jungen Ordensfrauen singen beim Gebet eigene Lieder. Ihr Leben hat sich von hektisch-oberflächlich zu strukturiert-ruhiger weiterentwickelt. Das sind zwei der fünf Beispiele, die Sr. Ruth Pucher von den Missionarinnen Christi und Leiterin des gemeinsamen Novizinnen-Lehrganges der Frauenorden erzählt.
Angemessene Räume für Individualität und Freiheit
„Der Freundeskreis ist heute jungen Ordensfrauen genauso wichtig wie die Herkunftsfamilie“, weiß Sr. Ruth Pucher von den Novizinnen, die heute in einen Orden eintreten. Sie legt den Verantwortlichen in den Gemeinschaften daher nahe, „die Kontakte zum Freundeskreis nicht abzuschneiden, sondern zu überlegen, wie der Kontakt und die Beziehung weitergepflegt werden kann.“ Als weiteres Charakteristikum nennt Pucher: „Der Wunsch nach Freiheit und Individualität ist heute ganz normal und jede Gemeinschaft muss sich fragen, wie angemessene Räume geschaffen werden, damit Individualität gelebt werden kann.“ Wer heute als Novizin, Postolantin oder Kandidatin in das Ordensleben eintaucht, bringt eine gute Ausbildung und reiche Lebenserfahrung mit. „Die jungen Frauen erwarten, dass ihre bisherige Lebensgeschichte und Lebenserfahrung gesehen und gewürdigt wird“, weiß Pucher und ermutigt die anwesenden Oberinnen und Leiterinnen von Ordensgemeinschaften: „Es braucht heute eine großherzige Haltung , ein Aufmerksam-Sein und Verstehen.“ Am heurigen Noviziatslehrgang nehmen 20 Novizinnen aus ganz Österreich teil.
Lebensphasen verstehen
Carina Spernbour-Näpflin erläutet bei der Tagung der Oberinnen die verschiedenen Lebensphasen: „Sie spielen auch in Ordensgemeinschaften für eine gute altersgemäße Lebensgestaltung eine große Rolle.“ „Etwas auf die Beine stellen und aufbauen ist für das Alter von 25-35 Jahre von besonderer Bedeutung“, betont die Pädagogin und Psychologin: „Zwischen 40 – 60 Jahren wird es etwa wichtig, eine neue Balance von außen und innen zu finden.“ Spernbour-Näpflin unterscheidet auf Basis der Lebensalter von Romano Guardini nach der Kindheit die Lebensphasen „Junger Mensch“ (bis 30), „Mündiger Mensch“ (bis 45), „Reifer Mensch“ (bis 63), die neue Lebensphase „Weiser Mensch“ (bis 80) und schließlich bis zum Lebensende „Alter Mensch“. Die Übergänge sind fast „krisenhafte Zeiten“, die von der „Haltung des Loslassens“ geprägt sind. Am bekanntesten ist die Midlife-Krise geworden.
Mut zur Veränderung
Lebensqualität, Lebensbilanz, Mut und Mut zur Veränderung sind zentrale Begriffe. In vertiefenden Arbeitsgruppen tauschen sich die Verantwortlichen aus, wie sie in ihren jeweiligen Gemeinschaften und Provinzen konkret mit diesen Lebensphasen umgehen. Immer ist im Raum Tagungsraum spürbar, dass sich die Gemeinschaften dem Neuen, das durch junge Ordensfrauen geprägt wird, Raum gegeben werden soll.
In den 115 Frauenorden leben 4.100 Ordensfrauen mit einem Durchschnittsalter von 75 Jahren.
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Quelle Fotos: Medienbüro der Ordensgemeinschaften Österreich
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