Abt Haidinger: Dialog ist Grundbedingung für das Funktionieren einer Gemeinschaft
Für eine Klostergemeinschaft sei es wichtig, dass sich Ordensgeistliche "nicht als dicke Freunde, doch zumindest als Brüder" begegnen, so Haidinger. Erst so sei eine herzliche, freundschaftliche Beziehung auch nach konfliktgeladenen Situationen möglich. Ähnlich wie in einer Familie, seien dafür Geduld, "absolute Toleranz und Achtung vor der Würde jedes Menschen und dessen Anderssein" nötig. Besonders schätze er dabei das Wissen, "sich auf jeden verlassen zu können, wenn es darauf ankommt".
Für jeden die richtige Aufgabe
Ein kritischer Punkt sei in der Praxis auch die Autorität. Anweisungen von Ordensoberen an Mitbrüder seien immer wieder eine "dringende Bitte, Aufgaben zu übernehmen - in der Hoffnung, dass es auch für den Betreffenden recht werde", erklärte Haidinger. Immer wieder stehe er als Abt in Grenzsituationen, "in denen ich mich fragen muss: Kann ich das dem anderen auch zumuten?" Schließlich müsse man sich in der Entscheidungsposition wenigstens darum bemühen, jedem die zu ihm passende Aufgabe zu geben.
Ich habe von mir aus keine Aufgabe angestrebt
Entsprechend bewertete Haidinger, der auch Abtpräses der Benediktinerkongregation ist, seinen bisherigen Weg seit dem Ordenseintritt vor 50 Jahren. Keine einzige der ihm übertragenen Aufgaben habe er angestrebt, "gegen das meiste habe ich mich zunächst gewehrt", doch wolle er rückblickend keine der Herausforderungen vermissen. Dem vehementen Einsatz seines Volksschullehrers verdanke er, dass er überhaupt ins Gymnasium gehen konnte. Der Priesterberuf sei dann nahe gelegen, denn "was anderes war damals für einen Bauernsohn kaum denkbar, wenn er ins Gymnasium geht und studiert". Als kleine Anekdote erzählt Haidinger von der ersten zarten Freundschaft mit einem Mädchen in der Gymnasialzeit. Schon beim ersten Gespräch mit ihr habe sie ihm gesagt: "Ich freu mich so, dass du Priester wirst - und bete jeden Tag, dass du das Ziel erreichst". Haidinger sei selbst betroffen gewesen, sein Kommentar: "Jetzt hab ich einmal im Leben eine Liebeserklärung auf den Lippen gehabt, und dann komm ich gar nicht dazu."
Zuhören und entscheiden
Sich selbst beschrieb der Vorsitzende der Superiorenkonferenz als guten Zuhörer, als entscheidungsfreudig, spontan und angstlos gegenüber Problemen: "Wenn welche da sind, muss man sich mit ihnen auseinandersetzen". Manche schätzten seine kurzen Predigten, deren Vorbereitung stets auf ein A5-Blatt passen müssen. "Ich weiß, dass Menschen bei uns oft nicht fähig sind, 15 oder 20 Minuten lang zuzuhören", so Haidinger. Als besonderes Anliegen bezeichnete er den ökumenischen und interreligiösen Dialog. Eine konkrete Initiative ist hier etwa die "Summer University" in Stift Altenburg, deren vierte Auflage derzeit vorbereitet wird.
Stift Altenburg
[fk]