Orden sind Zeugnis gegen Vereinsamung, Ausgrenzung und Hektik
„Es ist das Streben nach tiefer innerer Verbundenheit mit Gott, das uns immer zu den Menschen hinausdrängt“, erklärt Sr. Beatrix Mayrhofer im Gespräch mit FURCHE-Redakteur Otto Friedrich ihr politisches Engagement. „Wenn politische Entscheidungen oder die öffentliche Meinung der Menschenwürde entgegenlaufen, müssen wir die Stimme erheben.“ Das Interview ist im Vorfeld des Ordenstags 2013 entstanden und in der FURCHE 47/2013 vom 21. November 2013 erschienen.
Wo ist die konkrete Not?
Neben den traditionellen Orden, die Sr. Beatrix auch das „kulturelle Gedächtnis der Gesellschaft“ nennt, erwähnt sie die vielen Gründungen aus dem 19. Jahrhundert, die aufzeigen, „wo in der konkreten Zeit die ganz konkrete Not ist, und wie Christen darauf antworten“. Diese Antworten seien enorm vielfältig. „Was uns eint, ist unser Bemühen in Gemeinschaft zu leben“, so Sr. Beatrix Mayrhofer. Die Gemeinschaften seien an sich ein Zeugnis – auch gegen die Vereinsamung, Ausgrenzung und Hektik in der Gesellschaft.
Kongregationen können stolz darauf sein, dass sie überflüssig geworden sind
Dass die großen Kongregationen, die im 19. Jahrhundert Schulen, Spitäler und Heime gegründet hatten, teilweise überflüssig geworden sind, weil der Staat diese Aufgaben übernommen hat, darauf sind sie eigentlich stolz, meint Sr. Beatrix. Gründerinnen und Gründer hatten Nöte entdeckt, die die Gesellschaft erst viel später als solche erkannt und darauf reagiert hat. Heute fragen sich Ordensgemeinschaften wieder, wo die Gesellschaft die Augen verschließt. Menschenhandel zum Beispiel, und Zwangsprostitution. Dort setzen sich Frauenorden ein, um Betroffene zu unterstützen.
Konsensfindung ist mehr als eine demokratische Wahl
Entscheidungs- und Wahlvorgänge in Ordensgemeinschaften beschreibt Sr. Beatrix Mayrhofer nicht als demokratische Wahl. „Demokratie setzt auf einen Ausgleich der Kräfte und auf Kompromiss.“ Ordensgemeinschaften streben hingegen nicht nach Kompromissen, sondern nach Konsens. Den zu finden, sei ein sehr langsamer und reinigender Prozess, bis eine Wahl stattfindet. „Es geht da nicht um den Sieg der größeren Lobby, … sondern es ist ein Prozess, in dem jeder und jede zunächst seine eigenen Interessen zurückstellt, um das Gemeinsame zu suchen.“
[ms]