Fertig sind wir noch lange nicht
Manche erinnern sich noch lebhaft an die Zeit vor dem Zweiten Vaticanum, andere haben noch eine leise Erinnerung aus Kindheitstagen an dieses kirchliche Großereignis, und für viele, die später geboren wurden, ist es mitsamt seinen kirchlichen Erneuerungsschüben eine unhinterfragte Selbstverständlichkeit. Alle Generationen von Dominikanerinnen sind zur Tagung nach Strahlfeld gekommen. „Der Austausch unter den Ordensfrauen mit diesen ganz unterschiedlichen Erfahrungen ist unglaublich spannend!“, erzählt Sr. M. Cordis Feuerstein, Generalsekretärin der Vereinigung der Frauenorden in Österreich (VFOE) und selbst Dominikanerin. In Leserunden und Workshops setzen sich die Frauen mit Texten des Konzils auseinander. Dabei gibt es immer wieder „Neuentdeckungen“. „Super, was da alles drinnen steht!“, stauen dann einige. Andere, die sich rund um das Konzil besonders aktiv damit beschäftigt haben, sehen es bereits als Teil der Vergangenheit. „Uns ist das Immer-Wieder-Lesen der Texte schon zu viel“, heißt es dann.
Es ist wie mit der Bibel
Einig sind sich die Dominikanerinnen, dass eine wesentliche Änderung, die das Vaticanum II in Bezug auf das Ordensleben gebracht hat, das neue Verständnis von Leitung und Gehorsam ist. Den Beitrag von jüngeren Schwestern zur Tagung erleben viele ältere Dominikanerinnen als erfrischend. „Während es für die ältere Generation zum Beispiel ein großer Aufbruch war, dass man das Verhältnis zwischen Kirche und den nichtchristlichen Religionen neu denken darf, können sich die Jüngeren gar nicht mehr vorstellen, dass es einmal anders war.“ Das gemeinsame Lesen der Konzilstexte soll jedenfalls nicht nur ein Rückblick sein. Im Blick auf die Zukunft stellen sich neue Fragen. „Das Leben hat sich in den letzten 50 Jahren weiter verändert, auch die Sprache ist anders geworden“, sagt Sr. Cordis Feuerstein. Man solle die Konzilstexte ganz genau lesen, neu hinschauen, nicht einfach sagen, das kenn ich schon. „Es ist wie mit der Bibel“, zieht die VFOE-Generalsekretärin Vergleich.
Mit Power und Ausstrahlung
Morgen, am 13. August 2013, geht die viertägige Beratung von Dominikanerinnen aus dem deutschsprachigen Raum wieder zu Ende. „Neben den Workshops sind natürlich auch hier die Pausengespräche das Wichtigste!“, schätzt Sr. Cordis Feuerstein das Netzwerk. Ursprünglich war die Tagung eine Elitetagung für Leitungspersonen, inzwischen ist sie offen für alle Interessierten. „Dadurch mischen sich die Generationen, und ich bin immer wieder froh, wie viel Power und Ausstrahlung die jungen Schwestern haben!“ Jedes Jahr findet dieses mittlerweile traditionsreiche Treffen statt, seine Wurzeln reichen etwa in die Zeit des Konzils zurück. Das Kloster Strahlfeld verfügt mit dem Haus der Begegnung über ein großes Bildungshaus, das die Ordensfrauen beherbergt. Die Kongregation der Missionsdominikanerinnen war Gastgeberin, nächstes Jahr wird das Treffen in der Schweiz stattfinden.
Fotos: Sr. M. Cordis Feuerstein
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