Mehrerau’s Klosterbibliothek auf Verjüngungskur
Die Bücher, die nicht verbrannt wurden, holten sich Bregenzer Bürger, um sie als Isoliermaterial unter die Schiffbodenbretter zu legen. Dort wurden sie teilweise bei Renovierungsarbeiten im 20. Jahrhundert wiedergefunden. Die restlichen Bände aus der Klosterbibliothek erreichten unversehrt das Brixener Priesterseminar. Als nach den napoleonischen Kriegen und der Nutzung des Klosters als Kaserne zehn vertriebene Zisterziensermönche aus Wettingen in der Schweiz das Kloster Mehrerau im Jahr 1854 kauften, gab es keine Bücher in der Bibliothek. Einige Drucke aus der Zeit vor 1500 (sogenannte Inkunabeln) brachten die Wettinger Mönche mit nach Mehrerau. Bis heute haben die Zisterzienser von Mehrerau 125.000 Bände in der Bibliothek versammelt, darunter 21.000 historische Bände, die älter sind als das 1854 wiederbesiedelte Kloster Mehrerau. Dem Konvent war die Bibliothek ein Anliegen, und so entstand in knapp 160 Jahren durch Tausch, Ankauf oder Nachlässe wieder eine wertvolle historische Klosterbibliothek.
Überschaubarer und online auffindbar
Bis heute leben und arbeiten die älteren Mönche mit „ihrer“ Bibliothek, sind gewohnt, die Bücher selbst zu nutzen und zum wissenschaftlichen Gebrauch für Externe zu öffnen. Die jüngeren Ordensmänner haben einen anderen Zugang zur Bibliothek, sagt der Leiter des großen Mehrerauer Bibliotheks-Verjüngungs-Projekts, Dr. Karl Heinz Lauda. „Die jüngere Generation greift verstärkt auf neue Informationstechnologien und Medien zu.“ Da kann es schon vorkommen, dass das gleiche Buch mehrmals über Internet bestellt wird und sich Parallelbibliotheken in den Mönchszellen ansammeln. „Unser Projekt, das seit 2006 läuft, soll den Gemeinschaftscharakter der Bibliothek stärken. Wir sind dabei, die gesamte Klosterbibliothek zu reorganisieren, damit sie wieder überschaubarer wird und dann leichter zu benützen ist.“ Das Projekt geht gut voran. Bisher gelungen sind die Inventur des gesamten Buchbestandes, die Katalogisierung neuerer Mehrerauer Bestände (nach 1850 gedruckt), die bauliche Adaptierung der Bibliotheksräume und die Modernisierung der Sicherheitstechnik. Von den historischen Buchbeständen (bis 1850 gedruckt) sind bereits 12.000 Bände elektronisch katalogisiert, 9.000 Bände warten noch darauf. „Wir wollen den historischen Buchbestand auch online auffindbar machen“, erklärt Karl Heinz Lauda. „Im Idealfall im Rahmen einer Verbundlösung mit anderen österreichischen Ordensbibliotheken.“ 2016/17 soll das Projekt in Mehrerau abgeschlossen sein.
(Foto: Bibliothekar Pater Karl und Projektleiter Karl Heinz Lauda in der Barockbibliothek von Mehrerau)
Neue Räume erschließen
„Dann sollen alle Bücher dort stehen, wo sie hingehören. Gereinigt und restauriert.“ Der historische Buchbestand ist bereits in der baulich adaptierten Barockbibliothek der 1806 vertriebenen Benediktiner untergebracht, dort herrschen hinter dicken Mauern bessere klimatische Bedingungen für alte Bücher. Zusätzlich gibt es die „Große Bibliothek“, die Ende des 19. Jahrhunderts gebaut wurde und eine für Klosterbibliotheken in Österreich untypische, reizvolle Stimmung einer englischen College-Bibliothek vermittelt. Dort findet sich der neuere Buchbestand (ab 1850). Um mehr Platz für die neueren Bücher zu schaffen, hat man nun auch den Dachraum über der Großen Bibliothek ausgebaut. Der damalige Abt von Mehrerau, P. Dr. Kassian Lauterer, hat das Projekt zur Reorganisation der Klosterbibliothek 2005 angeregt und Dr. Lauda zur Unterstützung des Bibliothekars, P. Karl Peter, ins Team geholt. Zehn Jahre werden dem Projekt gewidmet, jedes Jahr kostet das Bibliotheksprojekt im Schnitt 100.000 Euro, die zu einem Drittel von der Öffentlichen Hand getragen werden, zu zwei Dritteln vom Kloster und Gönnern und Sponsoren.
[fk]