Gegen Kinderarbeit
1908 war in Österreich ein Drittel aller Kinder erwerbstätig. Auf dem 3. Delegiertentag der Internationalen Liga Katholischer Frauenbünde im Jahr 1912 erzählte Hildegard Burjan vom Elend von Kindern, das mit der Not der Heimarbeiterinnen verbunden war: „So sah man zum Beispiel in der Heimarbeiterausstellung in Brüssel im Jahre 1910 Photographien von 3-4jährigen an Masern und Scharlach erkrankten Kindern, die damit beschäftigt waren, Bonbons einzuwickeln!" Den Kindern war eine solide Schul- und Berufsausbildung von Vornherein nicht möglich. Im Jahr 1913 sprach die junge Hildegard Burjan über das Thema Heim- und Kinderarbeit: „Die Kinder werden nachweisbar dadurch in den meisten Fällen abgehalten, ein richtiges Gewerbe zu erlernen, das ihnen später eine anständige Existenz sichert. In der Schule können sie dem Unterricht nicht folgen, da sie übermüdet, abgestumpft und schlecht ernährt sind. An schulfreien Tagen gehören Arbeitszeiten von 10 Stunden nicht zur Seltenheit, an Schultagen 6 - 8 Stunden, die Nacht- und frühesten Morgenstunden werden vielfach zur Hilfe genommen, Sonn- und Feiertagsarbeit ist gang und gäbe.“
Kinderelend ist eine „bedenkliche Krankheit unserer modernen Kultur“
1912 gründete sie bereits den Verein christlicher Heimarbeiterinnen, der für die Mitglieder eine gemeinsame Interessensvertretung, Versicherungsschutz, Unterstützung im Krankheits- und Sterbefall, Rechtsschutz sowie die Organisation von Fortbildung und Großaufträgen bot. Seit einem Jahr (Hildegard Burjan wurde 2012 seliggesprochen) wird ihr Gedenktag am 12. Juni begangen, da sie am 11. Juni 1933 verstarb. Seit 11 Jahren begehen die Vereinten Nationen ebenso am 12. Juni den Welttag gegen Kinderarbeit. Ein Zusammenfall, der nicht besser passen könnte. Bereits vor 100 Jahren, im Jahr 1913, formulierte Burjan, was heute für fast 200 Millionen Kinder weltweit aktuell ist: „Kinderarbeit und Kinderelend, das sind so die Hauptcharakteristika der Heimarbeit. Jeder, der ernst denkt, muss deshalb in der Heimarbeit von heute eine bedenkliche Krankheit unserer modernen Kultur sehen, ein krasses Beispiel, wie sehr es uns noch an Menschenliebe und gegenseitiger Förderung fehlt, wie mit der äußeren Entwicklung die Verwirklichung christlicher Ideale nicht immer Hand in Hand gegangen ist.“
Gegen das Elend gründete die verheiratete Hildegard Burjan die Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis, die auch heute in Wien aktiv ist. Am 11. Juni 2013 feierten die Schwestern der Caritas Socialis mit Dr. Christoph Benke und Freunden der Gemeinschaft einen Gottesdienst im Gedenken an Hildegard Burjan. Vor 80 Jahren starb Hildegard Burjan, die Sozialpionierin, Gründerin der Caritas Socialis und erste Frau auf christlich-sozialer Seite im österreichischen Parlament. Am 29. 1. 2012 wurde Hildegard Burjan als erste demokratisch gewählte Politikerin von der Kirche im Wiener Stephansdom selig gesprochen.
Quelle/Text und Bild: Caritas Socialis
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