Junge Menschen sollen sich mit ihren religiösen Zeichen identifizieren können
Eine Mutter hat kürzlich gerichtlich durchgesetzt, dass das Kreuz in der Klasse abgenommen werden musste. Propst Fürnsinn auf die Frage: Was schlagen Sie vor? "Mein Vorschlag wäre, dass die Zeichen aller Religionen, die es in einer Klasse gibt, vorhanden sind. Junge Menschen sollen sich mit ihren religiösen Zeichen identifizieren können. Es geht um das Einschließen und nicht das Ausschließen. Jeder soll sich mit den Zeichen des anderen auseinandersetzen. Nur so kann respektvoller Umgang und Integration entstehen."
Verzerrtes Bild zurechtrücken
Angesprochen auf die Bescheidenheit des neuen Papstes sagt Fürnsinn: "Seine Botschaft, die Armen nicht zu vergessen, ist etwas ganz Entscheidendes. Aber überlegen Sie, wie viel Sozialeinrichtungen die Ordensgemeinschaften haben. Es wird oft so getan, als hätte die Caritas mit der Kirche nichts zu tun. Aber sie ist eine Leistung der Kirche. Ich würde mir wünschen, andere gesellschaftliche Institutionen würden sich karitativ so betätigen, wie es die Kirche macht. Die würden schön schauen. Das ist ein verzerrtes Bild." Weiters betont Fürnsinn in diesem Inteview die Strahlkraft und Anziehungskraft der Orden: "Die Kirche ist eine der größten Kulturanbieter. Es gibt mehr Gäste in Klöstern als bei Sportveranstaltungen. Wir bieten viel – von Gesprächsforen bis zur Einkehr. Die Liste ist lang. Wir in Herzogenburg veranstalten das größte Kinderfest Österreichs. Jedes Jahr sind am Ende der Ferien 18.000 Kinder bei uns zu Gast. Wir stellen von den Gärten bis zu den Sälen alles zur Verfügung. Bei dem Fest ist die Strahlkraft alter Gebäude extrem spürbar. Es ist schön, dass sich gerade die Jüngsten in den alten Mauern wohl fühlen."
Rhythmisierung der Zeit gegen die neue Körperfeindlichkeit
Auf die Frage: Sie haben einmal in einem Interview von der Rhythmisierung der Zeit gesprochen. Was genau meinen Sie damit? meint Fürnsinn: "Klöster haben über fast ein Jahrtausend gelernt, dass man allen Dingen im Leben ihre Zeit geben sollte. Das fängt in der Früh an, wenn wir gemeinsam beten, meditieren und den Gottesdienst feiern. Wir haben einen Wechsel von Arbeit, Meditation, Besinnung, Erholung und Gemeinschaft, eine Rhythmus, der das Atem holen zulässt. Bernhard von Clairvaux hatte einen wunderbaren Satz dafür und hat gesagt: 'Gönne dir dein Leben.' Mir ist klar, dass sich die Arbeitsprozesse in der Gesellschaft verändert haben und wir im Kloster privilegiert sind. Aber ich glaube, dass viele Menschen auf der Flucht sind. Sie halten die Langsamkeit nicht mehr aus. Der moderne Mensch hat es schon morgens eilig, dann ist er oft zehn Stunden im Job, hat keine Zeit zum Essen, ist ständig online und kommt abends müde heim. Dort wartet dann der Haushalt oder die Familie. Ein paar Pausen kann sich jeder einbauen und sich für den Anfang Zeit fürs Essen nehmen. Das passiert leider immer öfter nebenher. Der Kirche wird oft Körperfeindlichkeit vorgeworfen, aber das ist eine neue Form der Körperfeindlichkeit. Ein Körper darf heutzutage auch oft nicht mehr sein, wie er ist. Klar, muss es Grenzen geben, sonst explodiert man. Aber es ist körperfeindlich, wenn man sieht, wie sehr sich Menschen für ihre Figur quälen."
Hier geht es zum ganzen Interview im Kurier.
[fk]