Den Menschen Fragen in die Gedanken legen
"Ich habe immer weitergeblättert, wenn ich in der Zeitung etwas von Kindesmissbrauch- oder Kindesmisshandlung gelesen habe. Eigentlich ist das aber ein Thema, bei dem man nicht wegschauen darf", so Oskar Stocker, Künstler aus Graz, gegenüber "Kathpress". In seiner neuen Ausstellung "VERBO(R)GEN" widmet sich der Maler deshalb den Schicksalen von Kindern, die in herausfordernden Lebenssituationen stehen. Die Ausstellung wird am 8. Mai mit Landeshauptmann Franz Voves und dem deutschen Kunstexperten Guido Schlimbach eröffnet. Sie wird bis 3. November in der Basilika des steirischen Zisterzienserstiftes Rein gezeigt.
Den Prunk weggeräumt
Die Idee zu dieser Ausstellung entwickelte Stocker im Zuge von Gesprächen mit einer Gerichtsgutachterin aus Deutschland, deren täglich Brot es ist, sich mit schweren Schicksalen von Kindern auseinanderzusetzen. "Ich habe mich intensiv mit den Schicksalen dieser Kinder auseinandergesetzt und sie so gemalt, wie es mir ihre Geschichten erzählt haben", so der Maler. Ziel sei es nicht, das Leben dieser Kinder voyeuristisch auszubreiten, sondern viel mehr, die Menschen dazu zu bewegen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. "Eine wichtige Funktion von Kunst ist es, den Menschen Fragen in die Gedanken zu legen", erklärt Stocker. Was zunächst nur für den Altarraum geplant war, wird sich nun über den ganzen Kirchenraum erstrecken. "Ich habe den ganzen Prunk des Kirchenraums bewusst 'verborgen', um das Interesse auf die Schicksale der Kinder zu lenken", erklärte der Grazer Künstler.
Freie Hand gelassen
Dass die Ausstellung im Stift Rein stattfindet, verdankt sich einer langjährigen Verbindung zwischen Künstler und Kloster. Der Altarraum der Stiftsbasilika wird gerade renoviert, so Pater August Janisch, Tourismus- und Kulturbeauftragter des Stiftes. Dazu sei es notwendig, das Presbyterium staubdicht zum Hauptraum der Basilika abzuschließen. "Wir wollten den Altarraum so nicht belassen und haben uns deshalb um eine Lösung umgesehen." Auf die Bitte von Pater Janisch hat Stocker die Gestaltung der Kirche kostenlos übernommen. Man habe nicht oft die Gelegenheit in einem derart künstlerisch hochwertigen Raum auszustellen, so der Künstler. "Wir haben Herrn Stocker freie Hand gelassen, zu machen, was er für richtig und sinnvoll hält", meint P. Janisch. Das Thema liege außerdem in der Luft und die Ausstellung könne durch die Auseinandersetzung damit ein Stück weit Seelsorge sein.
Ältestes Zisterzienserkloster der Welt
Stift Rein ist das älteste noch bestehende Zisterzienserkloster der Welt. Seit der Gründung 1129 bis heute beten und arbeiten hier ununterbrochen Mönche. Derzeit leben 19 Mönche im Stift, dessen Architektonik von der Romantik über die Gotik bis zum Barock reicht. Das erst 2006 entdeckte Grab des Stifters von Rein, Markgraf Leopold I. aus dem Adelsgeschlecht der Traungauer, ist der Höhepunkt jeder Stiftsführung.
[fk]