Wenig brauchen ist besser als viel haben
"Ein Wirtschaften ohne ethische Grundlagen und ohne jede Form eines Maßhaltens richtet sich letztlich von selbst zugrunde und führt in den Ruin", sagte Maximilian Fürnsinn, Probst des Augustiner Chorherrenstiftes in Herzogenburg, im Ö 1-Wirtschaftsmagazin "Saldo". Vom neuen Papst erwartet sich Fürnsinn deutliche Worte dazu: "Er weiß, wovon er redet. Er merkt auch, was Unterdrückung, Ungerechtigkeit, Profitgier usw. bedeutet", so Fürnsinn. Der "Schrei nach Ethik ist sehr intensiv geworden" angesichts der Tendenz zur "totalen Ökonomisierung der Gesellschaft". Und die "Politik ist wieder mehr gefragt".
Politik hört zu wenig
"Wir haben ja in den zurückliegenden Jahren ein enormes Politikversagen gehabt, und heute akzeptiert man wieder viel, viel mehr, dass Politik Rahmenordnungen zu schaffen hat", so Fürnsinn, der vor allem unterstrich, dass ein sich von sozialen Aspekten abkoppelndes Wirtschaftssystem und ein solches, das "ununterbrochen nur auf das Wachsen hin angelegt ist", aus systemimmanenten Gründen scheitern muss. Aufgabe der Politik sei es, regulierend einer bloßen Ökonomisierung entgegenzuwirken, aber auch "viel mehr hörend zu sein" auf ethische Stimmen der Kirchen und vieler anderer gesellschaftlicher Gruppierungen. Verschließe sich die Politik dem "Schrei nach Ethik", werde sie selbstgefällig, und diese "gewisse Arroganz von Politik, die hängt mir zum Hals heraus", fand der Vorsitzende der Superionrenkonfernz deutliche Worte. Auch wenn sich die mikroökonomischen Prinzipien des Klosterlebens nicht unmittelbar auf die Makroökonomie anwenden lassen würden, so hätten auch im "makroökonomischen Bereich Prinzipien wie das Maßhalten, die Fairness im Umgang miteinander oder die Haltung, nicht alles bis zum letzten auszunutzen Sinn gehabt".
Schulden zerstören das Ganze
Gier, ein stetes Überziehen des faktisch Möglichen und das Ausnutzen "von allem bis ins Letzte" hätten uns wesentlich in die "Krise hineingebracht". "Und wir waren ja alle auch ein wenig dabei", nämlich solange, bis auf schmerzliche Weise entdeckt werden musste, dass Geldwirtschaft so lange bodenlos ist, solange sie nicht auf der Realwirtschaft fuße, erläuterte Fürnsinn. "Rote Zahlen" sind für den Probst des Stiftes deshalb unmoralisch, "weil sie das Ganze zerstören". Er selbst habe in vielen Gesprächen mit Unternehmern versucht, seine Grundhaltung einer notwendigen Begrenzung des Wachstums, zu verdeutlichen, so Maximilian Fürnsinn, der seit 1979 Abt in Herzogenburg ist. Mit der augustinischen Ordensregel "Wenig brauchen ist besser als viel haben" lasse sich auch Gesellschaftspolitik gestalten: "Augustinus sagt nicht, jeder soll das Gleiche bekommen, sondern jeder soll das bekommen, was er braucht", interpretierte Fürnsinn, der an erster Stelle zu einem maßvollen Umgang mit allen Dingen im ökonomischen Denken und Handeln mahnt. Zwar leben "wir in Österreich schon noch in einem guten Land", in dem das Zusammenspiel von Ökologie, sozialer Ausgeglichenheit und Wirtschaftsleistung verhältnismäßig gut funktioniere.
Gerechter verteilen
Dennoch wachse auch hierzulande das Armutsproblem und die gesellschaftliche Ungerechtigkeit. Fürnsinn fordert deshalb, das die Verteilung des Wohlstandes gerechter werden und ein sozialer Ausgleich gefunden werden müsse. "Dazu können die Kirchen viel beitragen. Ich denke, sie sollen ihren Einfluss in der Gesellschaft noch viel, viel stärker nützen, auch ganz klare Worte sprechen" so der Probst. Ein entscheidender Punkt gerade in der Vermittlung ethischer Grundwerte sei die Frage nach der "Gottes-Plausibilität in dieser Welt": "Damit kämpfen alle Religionen ganz, ganz stark. Es muss gelingen, diesen metaphysischen Hintergrund in allem zu zeigen. Ansonsten wird es schwer, Moral und Ethik zu vermitteln. Die Konkurrenzaussage zur Gottesfrage lautet: 'Es geht nur um mich'.
Ein Umdenken herbeiführen
Der Egoismus ist im Grunde genommen das Gegenüber von Gott", unterstrich Fürnsinn. Bei allen Schattenseiten der Krise könnte diese auch "zu einem Umdenken führen". Der Abt forderte "einfache Grundsätzen" ein, die dem Wirtschaften ein klares Maß, eine ethische Fundierung und Zielvorgabe auferlegen, z.B. "Nur ein faires Geschäft ist ein gutes Geschäft", "Jede Entscheidung impliziert eine große Verantwortung" oder "Man kann nur ausgeben, was man in der Lade hat". Dies habe Fürnsinn bereits aus seiner Zeit vor der Priesterweihe (1972), als er als Fleischhauergeselle zunächst in den beruflichen Fußspuren seines Vaters wandelte, mitnehmen können.
[fk]