Kaum eine Ordensgemeinschaft blieb von der Gestapo verschont
Der Kampf der Nationalsozialisten gegen die Orden war ein wesentlicher Bestandteil ihres Vernichtungsfeldzuges gegen Kirche und Christentum, wie die Kathpress in einem Bericht schreibt. Galten die Orden doch als "militanter Arm der katholischen Kirche" – so heißt es in einem internen Schreiben des NS-Sicherheitsdienstes von Anfang 1938. Ein weiterer Grund für den Griff der Nationalsozialisten vor allem nach den "reichen" Klöstern lag aber darin, dass mit der Beschlagnahme auch die Übernahme des jeweiligen Vermögens verbunden war.
Mehr als 1.500 Niederlassungen wurden aufgelöst
Laut dem Grazer Kirchenhistoriker em. Prof. Maximilian Liebmann gab es in Österreich "kaum eine Ordensgemeinschaft, die von den Repressalien der Gestapo verschont blieb". Insgesamt wurden 26 große Stifte und Klöster aufgehoben; 188 weitere kleine Klöster und Klosterfilialen und rund 1.400 katholische Bildungsstätten, Heime und Schulen fielen dem NS-Kalkül zum Opfer.
Zu den meisten Klosteraufhebungen und Vertreibungen von Ordensleuten kam es in der Steiermark. Zu den prominentesten "Opfern" zählte hier das Benediktinerstift St. Lambrecht, das bereits am 17. März 1938 wiederholt von mehr als 100 SA- und SS-Männern überfallen und bald darauf beschlagnahmt wurde. Ähnliches widerfuhr den Stiften Admont (19. Juli 1938), Seckau (8. April 1940), Vorau (19. April 1940) sowie dem Zisterzienserstift Rein (7. April 1941). Ferner verfielen 15 Männer- und acht Frauenklöster mit insgesamt 55 Niederlassungen der Aufhebung.
In Niederösterreich ("Niederdonau") wurde am 17. Februar 1939 als erstes Stift Göttweig unter Zwangsverwaltung gestellt. Die Beschlagnahme des Stifts erfolgte am 13. Juli 1939. Am 12. September 1940 kam es zur Beschlagnahme der Stifte Altenburg und Geras. Unter dem "gemäßigteren" Gauleiter von "Niederdonau", Hugo Jury, war es immerhin möglich, daß sechs niederösterreichische Stifte bestehen blieben: Herzogenburg, Melk, Seitenstetten, Lilienfeld, Heiligenkreuz und Zwettl.
Doch auch diese Stifte hatten unter den Nazis schwer zu leiden, wie das Beispiel Heiligenkreuz zeigt. Der fanatische Heiligenkreuzer "Bürgermeister" und NS-Ortsgruppenleiter Martin Spörk versuchte mit allen Mitteln, die Aufhebung des Stiftes zu erwirken. So beschlagnahmte er bereits 1940 einen Großteil des Stiftes, um dort "Umsiedler" und Kriegsgefangene unterzubringen. Dennoch kam es nicht zur Aufhebung, da das Stift stets darum rang, die Aufhebung durch die Erfüllung der zahlreichen NS-Auflagen zu vermeiden.
In Oberösterreich, das damals "Oberdonau" hieß, wurden bis auf Schlierbach alle Stifte aufgehoben. In Salzburg wurden am 6. Jänner 1941 Michaelbeuern und am 8. Jänner 1941 die Erzabtei St. Peter beschlagnahmt. Das Kolleg St. Benedikt war bereits am 29. Mai 1939 beschlagnahmt worden, ebenso wie das Franziskaner-und Kapuzinerkloster sowie sechs weitere Männer- und fünf Frauenklöster.
In Tirol-Vorarlberg wurden alle großen Stifte aufgehoben. Ferner verfielen 16 Männer- und 4 Frauenklöster der Aufhebung. In Kärnten wurden die beiden Stifte St. Paul (24. August 1940) und Tanzenberg (ebenfalls 1940) beschlagnahmt sowie drei weitere Klöster, darunter das Jesuitenkolleg St. Andrä im Lavanttal und das Mariannhiller Missionskloster St. Georgen am Längsee. In Wien, zu dem damals auch Klosterneuburg gehörte, wurde am 30. April 1941 das Stift Klosterneuburg aufgehoben. Vor der Beschlagnahme retten konnte sich das Schottenstift, weil in ihm Militär einquartiert war. Aufgehoben wurden in Wien der Deutsche Orden und das Steyler Missionshaus St. Gabriel bei Mödling, ferner 54 kleinere klösterliche Niederlassungen.
Ordensgemeinschaften durften keine Neumitglieder aufnehmen
Am 30. Juli 1941 verfügte Hitler ein vorläufiges Ende der Klosteraufhebungen, vermutlich begründet mit spürbarer Unruhe, die die antikirchlichen Maßnahmen unter der Bevölkerung auslösten. Zu diesem Zeitpunkt waren in Österreich freilich bereits fast alle Stifte beschlagnahmt. Die Unterdrückung des Ordenslebens ging allerdings auch nach 1941 weiter, wie etwa ein Erlass des Reichsarbeitsministeriums vom 29. September 1941 zeigt. Demnach war den Männer- und Frauenorden die Aufnahme neuer, "arbeitsfähiger" Mitglieder verboten. Vor allem die Krankenpflegeorden traf das hart.
Klostergebäude wurden umgewidmet
Die meisten beschlagnahmten Stifte in Ober- und Niederösterreich wurden 1940/41 zu Auffanglagern für rund 150.000 "volksdeutsche" Aussiedler aus Bessarabien, der Bukowina und Serbien. Als die Aussiedler die Stifte wieder verließen, folgten Gruppen von Flüchtlingen und Kriegsgefangenen. In Kremsmünster war eine Zeitlang die geflüchtete faschistische slowakische Regierung mit ihrem Ministerpräsidenten Jozef Tiso untergebracht. Tiso wurde nach Kriegsende von der US-Armee an die tschechoslowakischen Behörden überstellt und 1947 als Hochverräter in Preßburg hingerichtet.
Die Stiftsschulen wurden in staatliche Schulen umgewandelt (Melk, Seitenstetten, St. Paul, Admont, Rein und Mehrerau) oder in sogenannte Nationalpolitische Lehranstalten, wie Göttweig, Lambach, St. Paul, Seckau und Vorau. In Admont, Mehrerau und St. Gallus entstanden Landwirtschaftsschulen. St. Lambrecht wurde Lehrerbildungsanstalt.
Ordensgemeinschaften, die gezwungen wurden, ihre Räumlichkeiten an das Militär zu vermieten, blieben bestehen. Das bewahrte das Wiener Schottenstift und die Stifte Herzogenburg, Reichersberg und Schlierbach vor der Aufhebung. Stift Zwettl musste Grund und Boden für den Truppenübungsplatz Döllersheim verkaufen, blieb aber ebenso bestehen. Gegen Ende des Krieges wurden schließlich in vielen Stiften Lazarette eingerichtet.
[kathpress]