Br. Thomas Hessler: "Mönche sind Pioniere"
Bruder Thomas Hessler vom Europakloster Gut Aich über "gegenwärtig und bedeutsam" aus der Sicht eines Mönchs. (c) öok/emw
Als Pioniere, die neue Lebensräume erschließen, hat der Leiter des Europaklosters Gut Aich, Br. Thomas Hessler, Ordensleute von heute bezeichnet. Er hielt am Dienstagnachmittag beim Ordenstag in Wien-Lainz einen Vortrag zum Thema "Als Mönch gegenwärtig und bedeutsam leben". "Gesellschaftlich, ökonomisch, ökologisch, kirchlich, ordensgeschichtlich und menschlich kommen wir immer mehr an Grenzen", so Hessler. Mönch zu sein heiße in diesem Zusammenhang wesentlich, an Grenzen und durch Begrenzungen leben zu lernen und zugleich neue Lebensräume zu erschließen.
Seit 1993 leben Mönche im Europakloster Gut Aich bei St. Gilgen in Salzburg, dem jüngsten Benediktinerkloster Österreichs. Das Kloster entstand zu einer Zeit, als Europa den Impuls des Zusammenlebens über die Grenzen von Ost und West hinweg nötig hatte. "Europa soll ein Ort der Freiheit und des Freiraums für die Menschen sein", so der Ordensmann. Diese Vision sei heute durch aktuelle Entwicklungen sehr in Gefahr.
Br. Thomas Hessler leitet das Europakloster, das sich den drei Ös - Ökologie, Ökonomie und Ökumene - verpflichtet weiß, seit Oktober 2021. Die drei Ös spielten auch in seinem Vortrag eine entscheidende Rolle, seien sie letztlich doch ein Gradmesser für jede Ordensspiritualität, zeigte er sich überzeugt. Hessler: "Mönche sind Pioniere, denn als Mönch und Mönchin galt es und gilt es, Lebensräume zu erschließen, um ökologischer - nachhaltiger und ressourcenschonender -, ökonomischer - gemeinwohlfördernder und sozial gerechter - und ökumenischer - dialogfähiger und alltagstauglicher - zu werden."
Ordensleute von heute sind Pioniere, die neue Lebensräume erschließen, so Br. Thomas Hessler. (c) öok/emw
Kostbarster Ort ist Komposthaufen
Der kostbarste Ort im Europakloster sei der Komposthaufen, so der Ordensmann, im Blick auf die Ökologie. Und das meine er im konkreten wie übertragenen Sinn. "Mist ist ist etwas Kostbares und zugleich braucht es einen Platz, wo die Menschen mit ihrem Scheitern hingegen können und wo dieses auch bleibt."
Im Blick auf die soziale Gerechtigkeit müssten Klöster Korrektive zu den Ungerechtigkeiten des kapitalistischen Wirtschaftssystems sein. Ein Kloster teile das, was es erwirtschafte. Das treffe auch auf das Europakloster zu, wo auf Grundstücken des Klosters beispielsweise zwei Demenzeinrichtungen entstehen.
Schließlich müssten Orden dialogfähig sein. Dies müsse sich etwa dann beweisen, wenn Werke, die von den Ordensleuten nicht mehr selbst geführt werden können, an Nicht-Ordensleute - "auf Augenhöhe!" - übergeben werden. Dialogfähigkeit müsse sich auch in den Strukturen und Entscheidungsfindungen innerhalb der Ordensgemeinschaften zeigen.
Schließlich plädierte der Ordensmann auch für die Begegnung mit Mönchen anderer Konfessionen und Religionen. Solche Begegnungen würden im Europakloster praktiziert und die eigene Spiritualität bereichern.
Br. Thomas Hessler spricht von den drei Ös - Ökonomie, Ökologie, Ökumene - denen sich das Europakloster Gut Aich verpflichtet weiß. (c) öok/emw
Relevante Dimensionen des Klosters
Hessler berichtete zudem von einer internationalen Studie, in der u.a. auch das Europakloster auf seine Bedeutung für die europäische Gesellschaft untersucht wurde. Drei relevante Dimensionen des Klosters seien demnach deutlich geworden: "Wir leben als Mönche bedeutsam, weil wir für die Kranken da sind, weil wir für die Kinder da sind und weil wir mit der Natur, den Geschenken von Mutter Erde, sorgsam umgehen." Ersteres beziehe sich auf das therapeutische Hildegard-Zentrum, das Zweite auf die Familiengottesdienste und das Kloster-Kasperltheater, wo Kinder auch lernen könnten, mit ihren Ängsten umzugehen, und Letzteres etwa auf den Klosterkräutergarten und Forstbetrieb.
Hessler wies abschließend noch darauf hin, dass für Mönche die Präsenz konstitutiv sei. So würden die ersten drei Stufen der Demut aus der Regel des hl. Benedikt lauten: "Ich bin da - Für dich - Hörend".
Klug haushalten, Kräfte richtig einteilen
Abgeschlossen wurde der Ordenstag mit einem gemeinsamen Gottesdienst in der Lainzer Konzilsgedächtniskirche, dem Erzabt Korbinian Birnbacher vorstand. In seiner Predigt ermutigte der Vorsitzende der Österreichischen Ordenskonferenz die Ordensleute, in Zeiten schwindender personeller und finanzieller Ressourcen klug hauszuhalten und die Kräfte richtig einzuteilen. Er verwies auf die hl. Märtyrerin Cäcilia von Rom, deren Gedenktag die Kirche am Dienstag feierte. Sie hatte ihre Jungfräulichkeit als Freiraum für Gott verstanden und war ihren Lebensweg in Klarheit, kompetent und konsequent gegangen.
Der Ordenstag, zu dem rund 400 Ordensleute und Mitarbeitende in Einrichtungen der Orden gekommen waren, stand unter dem Generalthema "gegenwärtig & bedeutsam". Ein zentrales Element beim Ordenstag waren auch Gespräche in Kleingruppen, in denen die Teilnehmenden ihre eigenen Lebenserfahrungen mit den angesprochenen Themen der Vorträge in Verbindung bringen konnten.
In Kooperation mit Kathpress
Br. Thomas Hessler zum Nachhören:
Die drei "Ös - Ökologie, Ökonomie, Ökumene
Der kostbarste Ort im Kloster: der Komposthaufen
Das Europakloster als Ort des Teilens baut ein Demenzzentrum
Studie über die Bedeutung des Europklosters
Weiterlesen:
Klara-Antonia Csiszar: "Schauen Sie dorthin, wo andere nicht hinsehen"
Ordensgemeinschaften Österreich verleihen Preis der Orden
"Ordenstag Young": "Auf dem Weg zu einer Kultur der Berufung"