#10 Sr. Maria Schlackl: „Armut macht ausbeutbar!“
Sr. Maria Schlackl ist SOLWODI-Mitarbeiterin und Gründerin der Initiative „Aktiv gegen Menschenhandel – Aktiv für Menschenwürde in OÖ“. (c) privat
Vereine wie SOLWODI oder die Initiative “Aktiv gegen Menschenhandel – Aktiv für Menschenwürde in OÖ” (SOLWODI Linz) setzen sich aktiv gegen Menschenhandel und für Menschwürde ein. Im Verein SOLWODI engagieren sich seit 2010 eine Gruppe von Ordensfrauen gegen Frauenhandel. Das oberösterreichische Pendant wurde von Sr. Maria Schlackl gegründet. Der Einsatz beider Organisationen gilt besonders Frauen, die Opfer von Menschenhandel, sexueller Gewalt und Ausbeutung geworden sind. Die Mitglieder, darunter zahlreichen Ordensfrauen und -männer, betreiben Bewussteinsbildung in der Öffentlichkeit und helfen zum Beispiel mit Schutzwohnung den Betroffenen.
Veranstaltung mit Buchautor und Kriminalkommissar Manfred Paulus
Wie jedes Jahr veranstaltet die Initiative “Aktiv gegen Menschenhandel – Aktiv für Menschenwürde in OÖ” zum „Europäischen Tag gegen Menschenhandel“ einen medienstarken Event, der die Problematik Menschenhandel in den Fokus stellt. Die Veranstaltung findet in diesem Jahr bereits am 14. Oktober statt: Buchautor Manfred Paulus ist zu Gast im VHS-Wissensturm in Linz. Der ehemalige deutsche Kriminalkommissar war viele Jahre lang im Bereich der Rotlichtkriminalität, des Frauen- bzw. Kinderhandels und der Pädokriminalität tätig und berichtet über den neuesten Stand.
Eine NOT-wendige Aufgabe
Aber warum ist dieses Thema für Sr. Maria Schlackl so wichtig? „Vor zehn Jahren habe ich mir auch nicht gedacht, dass ich mich in diesem Bereich engagiere“, erzählt die Salvatorianerin. „Aber Gott hatte da offenbar ein Auge auf mich und er hat’s ziemlich gut getroffen, mich dafür zu gewinnen. Jetzt ist das eben eine Aufgabe für mich, die im wahrsten Sinn des Wortes NOT-wendig ist.“ Es sei absolut notwendig, gegen und alternativlos, gegen Ausbeutung, gegen Frauenhandel aufzustehen. Denn: „Den Menschen als Ware zu vermarkten, dadurch großes Leid zu verursachen, Wracks zurückzulassen und auf der anderen Seite Milliardengewinne zu scheffeln, da darf im 21. Jahrhundert doch niemand mehr wegschauen!“
Kriminelles Milliardengeschäft
Menschenhandel ist der zurzeit der am stärksten wachsende kriminelle Zweig des organisierten Verbrechens. Millionen Menschen werden „vermarktet, als Arbeitskraft ausgebeutet, als Sexobjekt missbraucht – und das betrifft Frauen, Männer und Kinder. „Manche skrupellosen Verbrecher schrecken nicht einmal davor zurück, Babys vor laufender Kamera zu missbrauchen“, so die Ordensfrau.
Armut macht ausbeutbar
Größtes Problem sei einerseits die Armut, die in vielen Ländern herrsche, und andererseits der wachsende Markt in ganz Westeuropa. „Armut macht ausbeutbar“, so die Salvatorianerin, „und Menschenhändler schrecken vor dieser Not nicht zurück, im Gegenteil, sie nützen sie aus.“ Diese Wechselwirkung sei aktuell seit Kriegsausbruch an der ukrainischen Grenze sichtbar: „Menschen fliehen vor Krieg und Bomben und landen, wenn sie Pech haben, direkt in Abhängigkeit, Unfreiheit und sexuellem Missbrauch“, so Schlackl.
Kollektives Wegsehen
Das zweite großes Problem ist das kollektive Wegsehen der Gesellschaft, das Nichtwahrhabenwollen. „Da herrschen tradierte Bilder, die der Realität des Lebens betroffener Frauen in keiner Weise entsprechen“, sagt die Ordensfrau. „Ein großes Übel ist es, dass die sogenannte freiwillige Sexdienstleisterin mit Frauen in Zwangsprostitution undifferenziert in Diskurs gebracht wird.“ Das Thema ist weitgehend tabu – in der Politik ebenso, wie in der Kirche! Doch Papst Franziskus sagt: Wer schweigt, stimmt zu! „Grade wir Ordensleute, Menschen der Kirche, müssen da einen kollektiven Aufschrei hörbar machen!“, so die Salvatorianerin.
Lösung Nordisches Gesetzesmodell?
Es braucht eine Gesetzgebung in Österreich und europaweit, die Frauenhandel eindämmt und vor allem das Delikt Menschenhandel strafrechtlich entschiedener angegangen werden kann. In acht Staaten gibt es bereits das sogenannte „Nordische Gesetzesmodell“. Hauptziel soll sein, dass Menschenhandel, vor allem Frauenhandel eingedämmt wird. „Wo Sexkauf legal ist, wird es Nachschub geben – ist ja logisch“, so. Schlackl. „Daher sieht das Gesetz vor, den Sexkauf zu verbieten und alle, die darin verwickelt sind zur Verantwortung zu ziehen und auch zu bestrafen!“ Aktuell traut sich kaum eine Frau, Missbrauch zur Anzeige zu bringen, weil sie alle Todesängste vor ihren Peinigern haben.
Am 14. Oktober seine Stimme erheben
Ziel der Veranstaltung am 14. Oktober sei es, die Problematik in das Bewusstsein der Bevölkerung zu bringen. Denn kaum jemand merkt etwas – es spielt sich ja weitgehend im Dunklen ab. Doch man muss seine Stimme gegen die Verletzung von Menschenwürde erhaben. „Denn jeder Mensch soll sich die Frage stellen: Möchte ich im 21. Jahrhundert als WARE vermarktet werden?“, so Sr. Maria Schlackl.
Veranstaltungshinweis: Zuhälterei - gestern und heute
Diskussion mit:
Manfred Paulus, Autor: „Zuhälterei gestern und heute“ & „Menschenhandel und Sexsklaverei“
Sr. Maria Schlackl SDS, SOLWODI Linz
Wann & Wo
Freitag, 14. Oktober 2022, 19.00 – 21.00 Uhr
VHS-Wissensturm, Kärntnerstraße 26, 4020 Linz
Anmeldung unter linz@solwodi.at oder 0676 545 95 19
"Orden on air“ – der Podcast der Ordensgemeinschaften Österreich
Das Medienbüro hat im März 2022 mit dem Podcast „Orden on air“ einen neuen Medienkanal der Ordensgemeinschaften Österreich ins Leben gerufen. Und der Name ist Programm: Der Podcast der Ordensgemeinschaften Österreich holt Ordensfrauen und -männer vor den Vorhang und – im wahrsten Sinne des Wortes – vor das Mikrofon. Ziel ist es, interessante Persönlichkeiten und besondere Talente vorzustellen sowie das Engagement von Ordensleuten in den vielfältigen Bereichen des Lebens zu zeigen.
Der Podcast der Ordensgemeinschaften Österreich ist auf allen größeren Audioplattformen wie Apple, Spotify, Soundcloud, Amazon Music, Deezer, iHeart, JioSaavn, Listen Notes, Player FM, Podcast Addict, Podchaser und RadioPublic zu finden.
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[robert sonnleitner]