Gemeinsam gegen Lebensmittelverschwendung
Josef Moosbrugger, Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich, und Sr. Christine Rod, Generalsekretärin der Österreichischen Ordenskonferenz, machen anlässlich des "Internationalen Tages gegen Lebensmittelverschwendung" darauf aufmerksam, wie wertvoll Lebensmittel sind. (c) ÖOK/Mayr-Wimmer Download
„Als Ordensgemeinschaften und Landwirtschaftskammer wollen wir im Vorfeld des Internationalen Tages gegen Lebensmittelverschwendung (29.9.) darauf aufmerksam machen, dass Lebensmittel wertvoll sind – vom Feld bis auf den Teller. Beiden Organisationen ist ein bewusster Umgang mit Nahrungsmitteln ein zentrales Anliegen – sowohl im Sinne der Wertschätzung für bäuerliche Produkte, als auch für sozial schwächere Menschen, denen Lebensmittel nicht im Überfluss zur Verfügung stehen“, betonen Sr. Christine Rod, Generalsekretärin der Österreichischen Ordenskonferenz, und Josef Moosbrugger, Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich (LKÖ).
Laut einer Studie der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) landet weltweit rund ein Drittel der genießbaren Bestandteile von Lebensmitteln auf dem Müll. Schätzungen gehen von 1,3 Mrd. Tonnen pro Jahr aus. Auch in Österreich werden jedes Jahr 1 Mio. Tonnen Lebensmittel weggeworfen, was insbesondere in Zeiten weltweiter Verteilungsprobleme nicht zu akzeptieren ist. „Positiv ist, dass sich auch in Österreich bereits zahlreiche Organisationen, Initiativen und Vereine gegen Lebensmittelverschwendung einsetzen. Als Ordensgemeinschaften und Landwirtschaftskammer möchten wir einige davon vorstellen und wertvolle Tipps zur Vermeidung von Abfällen geben“, unterstreichen Moosbrugger und Rod gemeinsam.
Eine warme Mahlzeit für sozial bedürftige Menschen gibt es zum Beispiel bei der Elisabeth-Ausspeisung (Linz) oder dem Elisabeth-Brot (Wien) der Elisabethinen Linz-Wien. (c) elisabethinen linz-wien Download
Vielfältiges Engagement der Ordensgemeinschaften
„Ordensleute stehen für wertschätzendes Handeln und einen achtsamen Umgang in allen Bereichen des Lebens“, erklärt Sr. Christine Rod. So ist auch das Engagement der Ordensgemeinschaften im Einsatz gegen die Lebensmittelverschwendung höchst vielseitig und reicht von der eigenen, bewusst-achtsamen Versorgung bis zum Einsatz für Bedürftige. "Marienstüberl", „Katharinastube“, „Elisabeth-Brot“, „Elisabeth-Ausspeisung“, „Menschenfamilie“ „Speisekammerl“ etc. – hinter all diesen Namen verbergen sich Verpflegungsangebote von Ordensgemeinschaften für sozial schwächere Menschen. Um diesen helfen zu können, sind die Einrichtungen von Lebensmittelspenden abhängig. „Die Spenden können nie zu klein sein, denn unsere Gäste haben alle Hunger und auch kleine Gaben sind willkommen“, heißt es aus diesen Initiativen.
Oft sind es auch die Ordensgemeinschaften selbst, die Lebensmittel spenden. So unterstützt zum Beispiel das Schottenstift die Wiener Tafel und das Rote Kreuz Groß-Enzersdorf mit Obst und Gemüse aus der eigenen Landwirtschaft und dem Hofladen. Andere Ordensleute helfen wiederum ehrenamtlich bei Sozialeinrichtungen wie Caritas, Rotes Kreuz, Tafel, VinziWerken etc., spenden Lebensmittel für Hilfseinrichtungen oder kochen in ihrer Gemeinschaft für benachteiligte Menschen mit. „Das alles und noch mehr findet im Einsatz für ein gutes Leben aller und gegen Lebensmittelverschwendung statt“, betont die Generalsekretärin.
Sr. Elisabeth Knapp von den Franziskanischen Schwestern von der Schmerzhaften Mutter in Wien Simmering bringt übrig gebliebenen Speisen aus dem Kindergarten in den foodsharing-Fairteiler. (c) SSM Download
Landwirtschaft: Bewusstsein für Wert der Lebensmittel steigern
„Auch in der land- und forstwirtschaftlich geprägten Bevölkerung werden die gegenseitige Hilfe und der achtsame Umgang mit unseren Lebensgrundlagen großgeschrieben. Insbesondere die Bäuerinnen schaffen mit ihren vielseitigen Initiativen Bewusstsein für den Wert unserer regionalen, bäuerlichen Lebensmittel. Ziel ist es, dass die Menschen gezielt zu unseren Qualitätsprodukten greifen und diese seltener wegwerfen. Die Bäuerinnen-Aktionen zur Müllvermeidung reichen etwa von Rezepten zu Resteverwertung und Einkochen bis zu Tipps für den richtigen Einkauf und zur Lagerung. Großartig finde ich auch andere Initiativen, die beispielsweise aus gerettetem Obst und Gemüse noch wertvolle Verarbeitungsprodukte erzeugen. Regionale Verarbeiter legen auch großen Wert darauf, das gesamte Tier nach traditionellen Rezepturen zu verwerten“, so der LKÖ-Präsident.
„Ein anderes Beispiel ist, dass vermeintliche Abfallprodukte der Lebensmittelerzeugung, wie Obstkerne oder Trester, noch zur Energieerzeugung eingesetzt werden. Auch standortangepasste Landwirtschaft und Pflanzenschutz verfolgen das Ziel, Ernteverluste möglichst gering zu halten“, berichtet Moosbrugger. „Große Hoffnung punkto Handel setzen wir auch in die Digitalisierung. Warenströme bzw. Einkaufsverhalten könnten künftig noch besser analysiert, die Regale zielgenau bestückt und das Wegwerfen wertvoller Lebensmittel verhindert werden“, unterstreicht der LKÖ-Präsident und weiter: „Unsere bäuerlichen Produkte sind nicht selbstverständlich, sondern wertvoll und das Ergebnis harter Arbeit. Sie sollen auch tatsächlich dort landen, wo sie gebraucht werden – in den Händen und auf den Tellern der Menschen.“
Lebensmittel sind wertvoll - Vom Feld bis auf den Teller! Landwirtschaftskammer Österreich und Österreichische Ordenskonferenz machen darauf aufmerksam und geben Tipps. (c) ÖOK/Mayr-Wimmer Download
Was kann jeder Einzelne aktiv gegen Lebensmittelverschwendung machen?
- Vor Einkauf bereits Menüplan machen, gezielt einkaufen
- Portionsgrößen anpassen - nur so viel kochen, wie tatsächlich gegessen wird
- Etwaige Reste verwerten, z.B. Gericht variieren oder weiterverarbeiten (z.B. aus Kartoffeln Salat machen), einfrieren oder in Arbeit/Schule etc. mitnehmen
- Regional Einkaufen: kürzere Lieferwege = längere Haltbarkeit und klimaschonend
- Bereit sein, für regionale Produkte einen angemessenen Preis zu bezahlen
- Sich nicht von Sonderangeboten und Mengenrabatten täuschen lassen
- Abgelaufene Lebensmittel nicht gleich wegwerfen, sondern den eigenen Sinnen vertrauen – anschauen, riechen und evtl. schmecken
- An richtige Verpackung, Aufbewahrung und Lagerung denken
- Richtiges Kühlschrankmanagement
Viele Ordensgemeinschaften arbeiten mit Hilfsorganisationen zusammen. Zum Beispiel in der Katharina-Stube: Eine Kooperation der Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul in Innsbruck und der Caritas der Diözese Innsbruck. (c) Kongregation Barmherzige Schwestern-Innsbruck Download
Projekte und Initiativen aus der Ordenswelt
Eine Umfrage des Medienbüros bei den Ordensgemeinschaften hat ergeben, dass ein schöpfungsbewahrender Umgang mit Lebensmitteln Vorgabe und Ziel ist – egal ob in kleineren Wohngemeinschaften, in den großen Klöstern oder in den zahlreichen Einrichtungen der Ordensgemeinschaften wie zum Beispiel in Schulen und Krankenhäusern. Der bewusste Umgang mit Lebensmitteln beginnt bereits auf dem Feld, im Garten oder beim Einkauf. Die Ordensfrauen und -männer achten darauf, dass sie nur so viel einkaufen und kochen, wie sie auch brauchen. Falls einmal zu viel im Garten wächst, oder doch zu viel eingekauft oder gekocht wurde, wird es an Ausspeisungen und bekannten Menschen in der Umgebung weitergeben oder auch einfach weiterverarbeitet oder eingefroren.
„Uns ist wichtig, dass nichts von dem, was wir geschenkt bekommen, verdirbt und wir sorgfältig mit dem Reichtum unserer Erde und den Ressourcen umgehen“, lautete eine der vielen Rückmeldungen von Ordensgemeinschaften.
Krumm, und trotzdem gut: Seit bestehen des Klosters (130 Jahre) ist es es Brauch, dass die Franziskanischen Schwestern von der Schmerzhaften Mutter in Wien Simmering von den Gärtnereien Gemüse bekommen, "das nicht perfekt" ist. Hier im Bild: Sr. Elisabeth Knapp und Postulantin Jana Roschitz mit den krummen Gurken. (c) SSM Download
Essensangebote
Zahlreiche Verpflegungsangebote wie "Marienstüberl", „Katharinastube“, „Elisabeth-Brot“, „Menschenfamilie“, „Elisabeth-Ausspeisung“, „Speisekammerl“ etc. helfen bedürftigen Menschen. Oft sind es Ordensgemeinschaften selbst, die Lebensmittel an die Verpflegungseinrichtungen spenden oder in anderen Sozialeinrichtungen wie Caritas, Rotes Kreuz, Tafel, VinziWerke ehrenamtlich aushelfen. Viele Ordensgemeinschaften kochen in ihrer Gemeinschaft für benachteiligte Menschen mit. Alles im Einsatz für ein gutes Leben aller und im Einsatz gegen Lebensmittelverschwendung.
Ordensmann P. Wolfgang Pucher gründete die VinziWerke und damit auch die VinziMärkte. (c) Jugwirth Download
Pionier
P. Wolfgang Pucher, Ordensmann der Lazaristen/Vinzentiner, hat die Vinzenzgemeinschaft Eggenberg (Graz) und 40 VinziWerke gegründet. In den VinziMärkten werden alle Waren, welche bisher einfach weggeworfen wurden, zu einem Maximalpreis von 30 Prozent des Normalwertes verkauft. Mit dieser Initiative retten die 10 VinziMärkte in Österreich täglich rund 12 Tonnen an kostbaren Lebensmitteln.
Schüler:innen beschäftigten sich im Projekt "Brotject" mit dem Thema "Altbrot weiterverwenden". (c) Schulschwestern VfFB Download
Brotject
Schüler:innen der HLA für Landwirtschaft u. Ernährung des Vereins für Franziskanische Bildung in Graz-Eggenberg haben sich im Unterrichtsgegenstand „Ernährungsökologie“ vor ein paar Jahren gezielt mit dem Thema Brotverschwendung beschäftigt und ein Rezeptbuch mit dem Titel „Bis zum letzten Brösel – Altbrot kreativ weiterverwendet“ kreiert.
Ordensspitäler – United against waste
Ordensspitäler wie die Elisabethinen Linz-Wien, die Elisabethinen Klagenfurt, das Krankenhaus St. Josef, Göttlicher Heiland, das Herz-Jesu-Krankenhaus, das Ordensklinikum Linz und das Barmherzige Brüder Krankenhaus St. Veit/Glan sind Partner der Initiative „United against waste“. Die Krankenhäuser der Barmherzigen Brüder legen im Zuge ihrer EMAS-Zertifizierung im Bereich der Speisenversorgung besonderen Wert auf die Reduktion von Lebensmittel- und Speiseabfälle. Das Krankenhaus der Elisabethinen Graz hat ebenso mehrere Initiativen gesetzt, um der Lebensmittelverschwendung den Kampf anzusagen. Das betrifft u.a. die Umstellung des Mittagessens für die Mitarbeiter:innen oder auch eine Optimierung der Essen bei Patient:innenentlassungen.
Ein Blick über die Grenzen
Der Jesuit P. Jörg Alt aus Deutschland setzt sich seit einiger Zeit dafür ein, dass das so genannte Containern, das Retten von Lebensmitteln aus verschlossenen Müllcontainern, nicht mehr unter Strafe gestellt wird. Er praktiziert es selbst und war bereits mit einer Klage konfrontiert.
Die Salvatorianer betreiben in Rumänien eine Lebensmittelbank. Seit ihrer Gründung vor zwei Jahren wurden mehr als 400 Tonnen Lebensmittel vor der Vernichtung bewahrt und an sozial bedürftige Menschen verteilt.
[renate magerl]