Archivtagung im Zeichen der Kommunikation
Das Leitungsteam begrüßte die rund 50 Teilnehmenden im Bildungshaus Schloss Puchberg: V.l.n.r. Klaus Birngruber, Iris Forster, Karin Mayer, Gerald Hirtner. (c) ÖOK/Mayr
Nicht nur das Wetter war heiß, sondern auch die Themen, die bei der Gemeinsamen Jahrestagung der ARGE Ordensarchive Österreich sowie der ARGE Diözesanarchive Österreichs im Bildungshaus Schloss Puchberg diskutiert wurden. „Tue Gutes und sprich darüber!“ lautete der Titel der Tagung, der zugleich auch Aufforderung war, sich mit der eigenen Öffentlichkeitsarbeit auseinanderzusetzen.
Organisiert wurde die Tagung von Gerald Hirtner, Karin Mayer und Iris Forster vom Vorstand der Ordensarchive sowie Klaus Birngruber, dem Leiter der ARGE Diözesanarchive. Auch der Vorsitzende der Ordenskonferenz, Erzabt Korbinian Birnbacher, war trotz eines immer vollen Terminkalenders anwesend und bekannte: „Ich war selber Archivar und nehme mir gerne Zeit für diese Themen“.
Mitten im Mediengewitter
Veronika Fehle, Leiterin der Pressestelle der Diözese Feldkirch, zeigte, wie in ihrer Diözese Öffentlichkeitsarbeit passiert. (c) ÖOK/Mayr
Auf das Thema „Wie kommunizieren“ stimmte Veronika Fehle ein, die die Kommunikationsagenden der Katholischen Kirche Vorarlberg leitet. In ihrem Vortrag zeigte sie die Möglichkeiten einer Öffentlichkeitsarbeit auf und gab Beispiele aus ihrer Diözese. Wesentlich sei vor allem der digitale Wandel, der sich in den letzten Jahren vollzogen hat: Täglich, stündlich, ja minütlich werden wir von Meldungen bombardiert, die alle nur eines wollen: unsere Aufmerksamkeit. „Wir sind mittendrin im Mediengewitter“, so ihr Fazit.
Ein wesentlicher Lernprozess in ihrer Diözese war es, die vielen separaten Kommunikationskanäle der unterschiedlichen Institutionen und Pfarren auf wenige, dafür gut sichtbare zu reduzieren. „Wir haben uns gegenseitig die Aufmerksamkeit abgegraben, jetzt haben wir einen starken einheitlichen Auftritt.“ Die Diözese setzt auch auf Social Media und haben eigens jemanden für Instagram angestellt, „aber eigentlich könnten es mehr Personen sein, die sich um Social Media kümmern“, so die Leiterin.
Am Schluss ermutigte sie die Teilnehmenden, den Schritt zu mehr Sichtbarkeit hin zu wagen.
Netzwerken & neue Inhalte
Christoph Brandhuber, der Leiter des Universitätsarchivs Salzburg, zeigte vor, wie Öffentlichkeitsarbeit mit wenig Ressourcen gelingen kann. (c) ÖOK/Mayr
Weiter ging es mit einem Best-Practice-Beispiel aus der Praxis: Der Leiter des Universitätsarchivs Salzburg, Christoph Brandhuber, zeigte Möglichkeiten auf, wie Öffentlichkeitsarbeit für das Archiv gelingen kann. Dabei gebe es Themen und Archivalien, die von Medien immer wieder aufgegriffen werden, wie etwa das erste Jedermann-Stück, das 1632 uraufgeführt wurde.
Aber für andere Inhalte sei die eigene Initiative ganz wesentlich für eine gelungene Öffentlichkeitsarbeit. An oberster Stelle stehen dabei die Vernetzung und Kooperationen, sowohl intern mit Mitarbeitenden als auch extern, mit anderen Archiven, historischen Einrichtungen sowie Journalisten. „Der Archivar ist fast in der Pflicht, das Wissen aus seinem Archiv zu verbreiten“, so Brandhuber.
Für die Öffentlichkeitswahrnehmung sind Publikationen „ein wahrer Booster“, vor allem, wenn sie disziplinenübergreifend sind. So entstand ein Werk über die Krankheiten und medizinischen Behandlungen der Salzburger Fürsterzbischöfe in der Barockzeit in Zusammenarbeit mit einem Historiker, einem Philologen und einer Gerichtsmedizinerin.
Wichtig war natürlich auch der Austausch untereinander in den Pausen. (c) ÖOK/Mayr
„Mit jeder Publikation geht natürlich Medienarbeit einher“, so der Archivar. Verlage bekommen Pressetexte für die Frühjahrs- oder Herbstvorschauen, später wird eine Buchpräsentation geplant. Parallel werden auch Texte in den Zeitungen veröffentlicht.
Brandhuber setzt auf „konstantes Netzwerken und ständiges Beliefern mit neuen Inhalten“. Im Endeffekt sei auch die Masse ausschlaggebend.
Jubiläum für mehr Sichtbarkeit
Derzeit spiele ihm für die Öffentlichkeitsarbeit auch das 400-Jahr-Jubiläum der Universität Salzburg in die Hände, zu der es neben einer umfangreichen Publikation auch eine Ausstellung gibt, an der Brandhuber mitgewirkt hat: „Die Ausstellung erhielt viel Lob, dafür muss man auch dankbar sein, auch wenn es viel Arbeit ist.“ Aber damit sei zumindest die Sichtbarkeit seines Archivs gewährleistet.
Präsent - relevant - wirksam: Das Motto der Ordenskonferenz begleitete die Tagung der kirchlichen Archive. (c) ÖOK/Mayr
Keine Angst vor digitaler Transformation
Der Nachmittag wurde vom Vortrag von Thomas Aigner, dem Direktor des Diözesanarchives St. Pölten, über die Möglichkeiten von Archiven und Öffentlichkeitsarbeit abgerundet.
Aigner sprach sich klar für die Nutzung von digitalen Inhalten aus und zeigte innovative Beispiele aus seiner Diözese. Er sieht in der digitalen Transformation eine Chance für die Archive: „Jedes Archiv kann sichtbar, ja sogar ein globaler Player werden.“
Matricula: eine internationale Größe
Thomas Aigner, der Leiter des Diözesanarchivs St. Pölten, ist Pionier der digitalen Transformation der Inhalte aus den Archiven. (c) ÖOK/Mayr
Um sich bei der Auskunft und den Nutzern bei der Recherche Zeit zu sparen, begann man 1999 die Matrikenbücher der Diözese zu digitalisieren, die 2008 auch ins Internet wanderten. Was klein begann, ist mittlerweile zu einer international anerkannten Datenbank mit Beständen aus Österreich, Deutschland, Slowenien etc. und Zugriffen aus der ganzen Welt angewachsen. Auch das überwiegend positive Feedback der Nutzer*innen sei überwältigend.
Weiterer Bonus des Projekts: „Die Kirche wurde für die öffentliche Wahrnehmung zu einem Ort der Innovation.“
Auch die Kommunikation zu den Nutzer*innen hat sich gewandelt. Früher eine Einbahnstraße, agieren beide nun auf Augenhöhe. Crowdsourcing sei gefragt. „In manchen Projekten profitieren wir ganz stark vom Wissen der User, wie etwa in der Topothek.“
Tragend für die Zukunft sieht er die Kooperation zwischen den Archiven und die laufende Digitalisierung der Bestände. „Der Pergamentzettel ist eigentlich ein Gefängnis für die Information, weil das Wissen nur jenen vorbehalten ist, die ihn lesen können“, so Thomas Aigner. Es gebe bereits innovative Lösungen, die Daten aus den Matrikeln und dem Kataster vereinen: „Jeder, der sich dafür interessiert, erhält Zugang zu historischen Informationen.“
Von der Theorie zur Praxis
Am zweiten Tag widmete man sich am Vormittag ganz der Praxis.
Mike Kraml sprach über die praktischen Aspekte der Medienarbeit in der Diözese Linz. (c) ÖOK/Mayr
Michael ‚Mike‘ Kraml, der Leiter der Kommunikation der Diözese Linz, gab Einblicke in die praktische Medienarbeit einer Diözese und wie Archive davon profitieren und an Sichtbarkeit gewinnen können.
Ein Tipp sei es etwa, mit den Journalisten, die in den Zeitungen und Zeitschriften zu historischen Themen schreiben, in Kontakt zu treten und ihnen „Geschichten aus Ihrem Archiv anbieten“. Auch gebe es in vielen Print- und Onlinemedien eine historische Kolumne, die befüllt werden muss. „Werden Sie hier aktiv“, so seine Aufmunterung.
Ein Glücksfall sei etwa, wenn es einen Sensationsfund gebe. 2016 wurden etwa von einem Heimatforscher die Original-Handschrift von „Es wird schon glei dumpa“ im Stiftsarchiv Kremsmünster gefunden, das erregte natürlich Aufsehen. Herausfordernd sei hier, dass das Archiv oder Archivar*innen nicht im Rampenlicht stehen. „Journalisten wollen eine Geschichte erzählen und das Archiv spielt darin oft nur eine Randnotiz.“ Wichtig sei eine Erwähnung trotzdem.
Mike Kraml empfiehlt auf jeden Fall, die Pressestelle der Diözesen oder das Medienbüro der Ordensgemeinschaften einzuschalten, die beratend und unterstützend wirken können.
Der Ort der Tagung: Schloss Puchberg bei Wels. (c) ÖOK/Mayr
Workshop Social Media und Presseaussendung
Nach den vielen Inputs konnten die etwa 50 Teilnehmenden in Workshops ihr Wissen vertiefen.
Renate Magerl, Leiterin des Bereichs Kommunikation und Medien der Ordensgemeinschaften Österreich, widmete sich im ersten Workshop dem Thema Presseaussendung. Gemeinsam gingen die Teilnehmer*innen den Fragen nach: Wann schreibe ich eine Pressaussendung? Wie schreibe ich eine Presseaussendung? Und an wen sende ich die Presseaussendung?
Magerl ermutigte die Archivar*innen: „Seien Sie mutig und kreativ, denken Sie auch mal um‘s Eck.“ Und sie nahm die Scheu vorm Schreiben einer Presseaussendung: „Es ist Handwerk. Jede*r kann das lernen. Es geht um eine gute Botschaft, den Aufbau und den Stil und natürlich um einen guten Verteiler.
Elisabeth Mayr führte durch den Social-Media-Workshop. (c) ÖOK/Forster
Im zweiten Workshop brachte Elisabeth Mayr, Referentin für Digitales im Medienbüro der Ordensgemeinschaften, den Teilnehmenden das große Feld „Social Media“ näher. Gemeinsam warf man etwa einen Blick auf die unzähligen Plattformen von Facebook über TikTok zu Twitter und überlegte, wie ein Archiv in diesen digitalen Welten präsent sein kann und auch, welcher Content dafür geeignet wäre. Die Teilnehmenden sahen anhand vieler Beispiele, welche Themen aus dem Archiv sich für Social Media eignen würden und was überhaupt gute und was schlechte Postings sind.
Wichtig sei es, dass es bei Social Media immer um die soziale Interaktion mit der Community geht: „Es ist kein einseitiger Kommunikationskanal, sondern Sie agieren direkt mit einer Community. Das schafft unglaublich großartige Möglichkeiten“, so Mayr.
Exkursion nach Wilhering
Während die Diözesanarchivar*innen einen Konferenzteil abhielten, berichtete Clemens Brodkorb, stellvertretender Vorsitzender im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft der Ordensarchive in Deutschland, über Neuigkeiten (Veranstaltungen und Handreichungen) und verwies dabei die neu gestalteten Webseiten https://ordensarchive.de/ und https://www.katholische-archive.de/
Abt Reinhold Dessl führte die Teilnehmenden durch sein Stift. (c) ÖOK/Forster
Danach besuchten die Tagungsgäste gemeinsam das Zisterzienserstift Wilhering, wo sie von Abt Reinhold Dessl empfangen wurden. Er führte durch das Museum, Festsaal und Kirche während Klaus Birngruber, der dort Stiftsarchivar ist, das Rundarchiv zeigte und einen Überblick über die Geschichte des Stiftes gab.
Interner Austausch am dritten Veranstaltungstag
Der letzte Tag der Tagung startete mit den Erfahrungsberichten aus einzelnen Orden:
Miriam Trojer berichtete Neues aus dem Stiftsarchiv Wilten, das sie seit einigen Monaten leitet. Armin Bernauer stellte das Archiv der Kreuzschwestern in Linz sowie den III. Orden der Franziskaner vor. Nora Pärr erzählte davon, wie es ist, bei den Ursulinen Öffentlichkeitsarbeit zu machen. Den Abschluss machte Sr. Irene Felder von der Geistlichen Familie „Das Werk“. Sie hat erlebt, dass die Arbeit im Archiv auch die eigene Gemeinschaft stärkt und so die Vergangenheit ins Jetzt wirkt.
Im Stiftsmuseum von Wilhering gibt es einiges zu entdecken. (c) ÖOK/Forster
Franz und Franziska Jägerstätter Institut
Im Anschluss daran stellte Andreas Schmoller das Franz und Franziska Jägerstätter Institut der Katholischen Privatuniversität Linz vor, das er leitet. Vor kurzem wurde ein neuer Brief von Franz Jägerstätter gefunden, der neue Einblicke in seine Person gewährte – und auch für internationales mediales Aufsehen sorgte.
Schmoller hielt fest, dass das Institut sich mit der gesamten Zeit des NS-Widerstandes befasst und nicht auf die Person Jägerstätters beschränkt ist. Er lud insbesondere die Orden zu einer stärkeren Vernetzung ein.
Neuer Vorsitzender und Abschluss
Im Rahmen ihres Konferenzteils wählte die ARGE Diözesanarchive turnusmäßig einen neuen Vorsitzenden: Karl Kollermann aus dem Diözesanarchiv St. Pölten wird diese Aufgabe bis 2025 übernehmen.
Im Rahmen des Konferenzteils der ARGE Ordensarchive berichtete Gerald Hirtner über die Umfrage unter Ordensarchiven.
Das Leitungsteam freute sich über den dynamischen Austausch der Tagung. 2026 soll die nächste stattfinden. (c) ÖOK/Mayr
In der Abschlussrunde zeigten sich alle dankbar für den Austausch, die Vernetzung und die Wissensvermittlung. Die nächste gemeinsame Jahrestagung der ARGE Ordensarchive Österreich sowie der ARGE Diözesanarchive Österreichs soll 2026 stattfinden.
[elisabeth mayr]