„Mönche sind keine guten Work-Life-Balance-Redner“
Das Stift Michaelbeuern feiert in diesem Jahr 950-jähriges Jubiläum. Im Podcast „Orden on air“ erzählt Abt Johannes Perkmann was zum Jubiläum alles geplant ist (siehe auch: Abtei Michaelbeuern feiert 950 Jahre Stiftskirche) und was es heute bedeutet, ein fast 1.000-jähriges Kloster zu führen. „Die Herausforderungen bestehen auf jeden Fall darin, das vorhandene große geistliche Erbe, in die heutige Zeit zu übersetzen.“ Die 13 Mitbrüder in der Abtei leben nach der Regel des Heiligen Benedikt, „die heute noch genau so aktuell ist“, ist Abt Johannes Perkmann überzeugt und berichtet von einem Gespräch mit einem Manager, der regelmäßig ins Stift Michaelbeuern kommt, und der zu ihm meinte, „wenn eine Firma 1.000 Jahre alt ist, dann müssen sie etwas richtig machen.“ Aber: „Diese Regel gilt es immer wieder weiterzudenken und weiter zu vermitteln.“
Das Streben nach dem rechten Maß
Zugute kommt den Benediktinern, dass „Benedikt ein großer Praktiker war – er hat Lebenserfahrungen einfließen lassen, den Menschen dahinter gesehen und darauf geachtet, dass seine Regel lebbar ist.“ Der Heilige Benedikt hat dem Alltag eine Struktur gegeben und setzte großen Wert auf Gemeinschaft und Liturgie: Das Gebet steht an erster Stelle in der Tagesstruktur und Arbeit gehört zum Leben dazu. „Wir Mönche sind keine guten Work-Life-Balance-Redner, weil wir meinen, dass die Arbeit zum Leben dazu gehört, das sie Teil der Schöpfung ist.“ Gebet und Arbeit sollen in Balance sein, aber auch Lesen, Bildung und Reflexion brauchen ihren Platz. Das „Streben nach dem rechten Maß“ ist zentraler Gedanke der Benediktusregel.
Das Stift Michaelbeuern liegt inmitten der herrlichen Naturlandschaft. (c) ÖOK/Mayr
Ziel: 100% eigene Energieversorgung
Im Stift Michalbeuern wird auch das Thema Nachhaltigkeit großgeschrieben. „Unser Ziel ist es, bald wieder 100 Prozent des Strombedarfs selbst decken zu können. 50 Prozent kommen aktuell aus der Photovoltaikanlage, an den anderen 50 Prozent tüfteln wir gerade“, so Abt Johannes Perkmann über das ambitionierte Ziel der Gemeinschaft im Sinne der Schöpfungsverantwortung. Mit der hauseigenen Hackschnitzelheizung werden zusätzlich zum Stift auch 39 Privathäuser geheizt. Und in Kürze zieht das erste Elektro-Auto in der Abtei ein, der Strom dafür kommt von der Photovoltaik-Anlage.
Das ökologische Denken im Stift Michaelbeuern geht noch weiter. Abt Johannes Perkmann legt Wert darauf, dass Lebensmittel regional und saisonal gekauft werden, und er legt den Zuhörer*innen auch die klösterlichen Fasttage, an denen auf Fleisch verzichtet wird, ans Herz. Zum Thema Nachhaltigkeit rät er: „Manchmal muss man sich auch einfach etwas trauen. Und manchmal braucht es etwas Liebhaberei.“
Das Benediktinerkloster Michaelbeuern zählt zu den ältesten Benediktinerklöstern in Österreich und feierte am 17. Juli 2022 sein 950-jähriges Jubiläum. (c) Benediktinerabtei Michaelbeuern
Nägel mit Köpfen für die Schöpfungsverantwortung
Seit 2018 ist Johannes Perkmann auch Abtpräses der österreichischen Benediktinerkongregation. Ihr gehören 14 selbstständige und autonome benediktinische Klöster an, geeint durch die Regel des heiligen Benedikts. In der Kongregation trifft man sich zwei Mal im Jahr, um „über den Tellerrand zu schauen, um uns gegenseitig zu beraten, zu inspirieren und zu motivieren.“ Bei dieser Gesamtkonferenz der benediktinischen Ordensgemeinschaften beschließen die 14 Klöster auch gemeinsame Projekte. So stand bei der letzten Konferenz das Thema „Laudato Si“ im Fokus – und damit zusammenhängend auch die spirituelle Verankerung: Was sagt der Heilige Benedikt zum schöpfungsgemäßen Leben mit Blick auf den Rhythmus des Tages, auf die Regionalität und Saisonalität? Dazu blickte man auf drei Bereiche: Ernährung und Wohnen, Energieversorgung sowie Mobilität. „Zu diesen Schwerpunkten setzt nun jedes Kloster Projekte in die Tat um und zusätzlich wird der CO2-Fußabdruck jedes Klosters erhoben – zur Selbstkontrolle und um zu schauen, wo man noch etwas tun muss.“ Abt Johannes Perkmann war vor allem wichtig, „dass wir Nägel mit Köpfen machen! Keine frommen Absichtserklärungen, sondern Projekte, die möglichst weit greifen und überprüfbar sind.“
Eines dieser großen gemeinsamen Projekte wird im Benediktinerkloster in Uganda umgesetzt. Die österreichische Benediktinerkongregation unterstützt das Kloster dort mit einem Aufforstungsprojekt sowie mit Photovoltaik- und Solaranlagen, damit sie ihr Haus selbstständig versorgen können.
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[renate magerl]